Amsel-Strähnchen und der Killer

Jetzt kommt für mich eigentlich ungewöhnlich ein Thriller, aber Georg Bruckmann hat mir freundlicherweise angeboten mich in seine neue Serie einzulesen, die mich vom Titel her, einmal verwirrte, denn “Amsel” klingt nicht sehr thrillermäßig und was hat es mit dem “Strähnchen” auf sich?

Das erfährt man oder habe ich erst am Ende des ersten Bandes begriffen, denn es beginnt für einen Thriller sehr bedächtig, in einen Zug. Da informiert ein Enthüllungsreporter mit seinem Chef über seine Enthüllung, die er über einen Reeder Sohn gemacht hat und brissante Daten enthellt und bemerkt dabei nicht, daß er beobachtet wird.

Für einen Enthüllungsreporter vielleicht etwas naiv. Dann kommen wir zu einem Robert Capou, einen Serienkiller, der eigentlich auch sehr bedächtig agiert und Fehler macht. Der hat zwei Wohnungen in einer und lebt eigentlich sehr gesundheitsbewußt und wird vom Chef von Jan Oppermann aus Kapitel eins, beauftragt nach dem Reporter zu suchen, denn der ist verschwunden. Wenn der Preis stimmt, macht er es und dann kommen wir zur zweiten Hauptperson, einer Jugendlichen namens Elli, die Probleme mit ihrer Mutter hat. Denn die säuft sich zu Tode und kümmert sich nicht um ihre Tochter. So wird Elli zu einer Streunerin und hängt mit ihren obdachlosen Freunden am Brunnen herum oder verbringt ihre Zeit in einem Abbruchhaus. Da wird sie von drei Burschen angegriffen und fast vergewaltigt, so daß sie Rache schwört und nach einigen Alpträumen sich zu bewaffnen beginnt.

Zwei Handlungsstränge, die auf dem ersten Blick gar nichts miteinander zu tun haben, der eine thrillermäßig, der andere sozialkritisch und die jetzt kann ich das Geheimnis der “Amsel” auch verraten, denn, als Robert Capou klein war und mit seinem Bruder in einem Waisenhaus lebte, wollte er eine Amsel retten, wurde aber von einem Mitzögling daran gehindert, den trifft er, als er nach dem Reeder und dessen Sohn forscht, als Gegenauftragskiller wieder und entledigt sich ihm und, als alles erledigt ist, trifft er auf Elli und spricht sie mit “Sei nicht so aggressiv, Strähnchen!” an, obwohl die sich längst die Haare abrasiert und am Ende des Teil 1, Fortsetzung folgt oder kann man sich schon bei “Amazon” herunterladen, gibt es als Bonuspunkte noch zwei ältere Robert Capou-Geschichte, wo es in der ersten um einen illegalen Mülltransport, in der zweiten um einen Vergewaltiger und da fallen wieder die recht brutalen Methoden auf, die Superman Capou dabei verwendert. Dann gibt es noch einige Leseproben von Brückmann-Büchern, der schon einige von ihnen geschrieben hat, der Autor warnt, nicht weiterzulesen, wenn man es so brutal nicht will, so daß ich es unterlassen habe.

Salonfähig

Hurrah, hurrah, jetzt komme ich im Juli endlich zum Backlistlesen, beziehungsweise zu einem meiner Geburtstagsbücher zu Elias Hirschls “Salonfähig”, der beim letzten “Bachmannlesen” mit meiner Stimme den Publikumspreis gewonnen hat und über einen rasanten Sprachstil verfügt und wo mir lange nicht klar war, ob es sich dabei um einen Schlüßelroman über Sebastian Kurz und die türkise ÖVP handelt, die ist jetzt vorbei und Sebastian Kurz Geschichte. Der Korruptionsskandal ist noch da und ich, die ich ja auch sehr politisch schreibe, habe mich vor meiner Covid-Phase ja auch einmal mit Sebastian Kurz und auch mit den Identitären versucht, beziehungsweise schon in “Zwischen Hütteldorf und Heiligenstadt”, in der “Reise nach Odessa” und “Mathilde im Coronaland” mit den jungen ÖVP-Politikern versucht.

Zugegeben, ich habe keinen so rasanten Schreibstil, wie der noch nicht dreißigährige junge Mann, den man seine Poetryslam-Vergangenheit anhört oder ablesen kann. Trotzdem hat mich das Buch ein bißchen ratlos gemacht und es war auch meiner Meinung nach nicht ganz strigent. Es ist eher so, als wären rasante Szenen an rasante Szenen aneinandergereiht, die dann der eigentlichen Handlung widersprechen und so ganz logisch erscheint mir dieser junge ÖVP–Funktionär auch nicht, denn ob diese junge gestylten Supermänner wirklich alle einen Psychotherapeuten haben und ob sie, wie wenn man den Inhalt ernst nimmt dann psychotisch werden, weil sie so extrem unsicher sind?, sei dahin gestellt.

Es ist also kein Buch über Sebastian Kurz, der in dem Buch Julius Varga heißt, während der rasant rasende Ich-Erzähler keinen Namen hat. Er ist Funktionär in den hinteren Reihe der “Jungen Mitte”, gießt also seinem Idol Julius Varga, der im Laufe des Romans Bundeskanhzler wird, die Blumen und interessant ist auch und da würde mich interesseieren, wann Elias Hirschl das buch geschrieben hat, daß der Ich-Erzähler und Julius Varga, der eigentlich nur eine Nebenrolle spielt, einen Gehstock haben und leicht hinken. Aber den verwendet ja Norbert Hofer nach einem Flugzeugunfall und nicht Sebastian Kurz und der Erzähler hat sich seinen Unfall zugezogen, als er in Shaghai zu Silvester war und dort jemand Geldscheine von einem Hochhaus schmiß und ihn die daraufhin entstehende Maßenpanik erdrückte. Dann sind wir aber in Wien und da geht der Antiheld zu Silvester glaube ich auf den Stephansturm und schmeißt da die Geldscheine hinunter und auf einmal ist er selbst der Shanghai-Täter und das ganze wird dann noch Julius Varga in die Schuhe geschrieben, während ihm die Rhetoriktrainerin erklärt, wie man die Wirklichkeit verändert.

Rasant verwirrend. Beginnen tut es vergleichsweise langsam, in dem der Held seine Morgenhygiene betreibt und erzählt, daß er ein guter Mensch sein will. Seine Rhetoriktrinerin hat ihm einige Sätze in den Mund gelegt und weil er das werden will, gibt er täglich einem Bettler zwanzig Cent und belohnt sich dafür mit einem Stück Sachertorte. Dann stellt er das ein und zu seiner Freundin ist er besonders fies oder neurotisch unsicher. Die besucht ihm nämlich. Er läßt sie warten und dann doziert er stundenlang über Thomas Glavinicn und spult da eingelernte Sätze hiunter bevor er Moni hinausschmeißt, weil er Zeit für sich braucht.

Beesonders skurril die Szene, wo die Wahl stattfindet. Der Held betritt die Wahlkabine. Da hat jemand “Varga muß sterben!,” hingekritzelt und er gerät in Panik, versucht verzweifelt das wegzukratzen, fällt damit auf, die Polizei und die Rettung wird geholt und statt im Steinhof geht es und im nächsten Kapitel, wie gewohnt weiter.

Er schreibt unzählige Mails oder SMS an sein Idol, das ihm nicht antwortet, entschuldigt sich dafür besorgt sich dann die ganze Auflage der Varga-Biografie und gerät noch einmal und noch mehr in Rage. Er stellt die Bücher um sich auf und verwandelt sich immer mehr in die Person seines Idols. Am Ende zerstückelt er ihn und man weiß nicht, ist er jetzt der neue Bundeskanzler und wie es es weitergehen wird? Es geht ins Hotel Sacher weiter und dann fliegt er nach China und wandelt dort herum.

Interessant, interessant, die Frage, wie schreibt man ein Buch über lebendige Personen? Da war ich ja erst kürzlich einer diesbezüglichen Veranstaltung. Man tut es offenbar in dem man sehr verfremdet. Die Rollen wechselt und die anderen offenbar interpretieren läßt, was man jetzt gelesen hat und das jetzt bedeutet und als ich mich schon fragte, wieso das Buch ausgerechnet “Salonfähig” heißt, finde ich das Wort dann auf Seite zweihundertfünfundvierzig: “Ich bin salonfähig. Mein Hugo-Boss Anzug, slim fit betont beiderseitig meine schlanke Figur und den Ansatz an wohltrainierter Muskelmasse.” und wer es jetzt wissen will “250 Seiten unterhaltsamer Irrsinn auf ziemlich hohen Niveau”, hat Cathrin Kahlweit, von der “Süddeutschen Zeitung” auf den Buchrücken geschrieben.

Selbstbestimmt leben

“Erzählungen aus dem Leben mit Persönlicher Assistenz”. Den 1966 in Kärnten geborenen Franz-Joseph Huanigg, der nach einer Impfung im Babyalter mit gelähmten Beinen, mit Elektrorollstuhl, Beatmungsgerät und Persönlicher Assistenz lebt, habe ich, glaube ich im Radio Kulturcafe im Rahmen der “Sozialmarie” oder sonstiger Preisvergabe kennengelernt, als ich mich gerade auf meinen WGPV- Vertrag vorbereitete.

Damals war er, glaube ich, Kinderbuchautor, der auf das Leben mit Behinderung aufmerksam machte. 2007 hat er anläßlich seines vierzigsten Geburtstag den “Ohrenschmaus” gegründet, in deren Jury ich j durch den Otto bin. Er war, glaube ich, auch Behindertenvertreter der ÖVP, deshalb fanden viele Jursitzungen im Parlament statt und ist jetzt, glaube ich, Behindertenbeauftragter im ORF. Ein sehr engagiertes Leben also und in einem seiner Büros hängt auch ein Foto wo er im Rollstuhl durch die Lüfte oder Klippen springt und während der Pandemie hat er sich entschlossen ein Buch über das Leben mit Persönlicher Assistenz zu schreiben.

Einen personal Essay oder personalisiertes Sachbuch könnte man so sagen und das Buch hat mir auch neue Seiten auf Franz-Joseph Huainigg, den ich bisher als sehr verbindlich eingeschätzt hätte, eröffnet. Er hat auch viel Humor, muß er wohl, kann manchmal, was mich erstaunte, bissig sein und beschreibt sich selbst als ungeduldig. Das untermauert auch das Vorwort, wo er schreibt, was er sich durch seine Behinderung alles erspart. So muß er beispielsweise keinen Müll hinunterschleppen, will es also gar nicht anders.

“Scherz!”, fügt er gleich hinzu und interessant auch, daß in seiner Patientenverfügung steht, daß er mit allen Mitteln medizinisch versorgt werden will. In meiner steht etwas anderes. Aber ich bin ja nicht körperlich behindert. Kann mir das auch nicht vorstellen und hätte höchstwahrscheinlich, die größten Schwierigkeiten damit, was man ja schon an meiner Weigerin eine Maske zu tragen, was höchstwahrscheinlich auch neurotisch ist, sehen kann, als ich mir aber damals den Knöchel gebrochen habe, hatte ich nichts gegen eine Spitalseinweisung und habe mich auch widerspruchslos gegen Tetanus impfen lassen.

Ein sehr interessantes und wichtiges Buch, auf das ich aufmerksam wurde, als mich Franz-Joseph Huainigg zu seiner Präsentation und Geburtstagsfeier, fünfzehn Jahre selbstbestimmtes Leben oder so, ins Badeschiff am sechzehnten Juni einlud. Aber da waren wir in Harland und einen Tag vorher hatte die Lia ihren dritten Geburtstag. Also habe ich “Vielleicht kann ich das Buch besprechen!”, zurückgeschrieben und die “Bibliothek der Provinz”, die auch die “Ohrenschmaus-Bücher” macht, hat es mir freundlicherweise geschickt.

Am Anfang gibt es ein Vorwort, in dem Franz-Joseph Huainigg, der eine Frau und zwei Kinder hat, das alles beschreibt und schildert, wie sich seine Lähmung fortschritt. Am Anfang ist er mit Krücken gegangen und konnte auch Autofahren. Er hat Germanistik studiert und immer herausfordernde Aufgaben gehabt. Dann mußte er beatmet werden und brauchte ständige Persönliche Assistenz, um sich.

Wo bekommt man die her und was für Ausbildungen haben die?, habe ich mich auch schon gefragt. Es sind meist Studentinnen, die wie bei Frau Fallenstein, etwas anderes als Medizin studieren, werden aber eingeschult und müßen, was den Umgang mit den Beatmungsgräten betriff, auch eine Prüfung machen und auch dann können sie nur an dem von ihnen betreuten Patienten arbeiten.

Das ist so, wie ich meinen Vater damals Insulin spritzte. As Angehöriger darf man das alles, glaube ich, auch ohne Einschulung tun und Franz- Joseph Huainigg schult seine Betreuerinnen auch selber genau ein. Das heißt, er lädt sie zu einem Kennenlerngespräch. Am Anfang hat er ein Inserat “Junger Mann im Rollstuhl sucht eine Studentin zur Begleitung durch den persönlichen Alltag” aufgegeben. Da habe ich mir schon gedacht, das kann im Sinn der Me too debatte anders aufgefaßt werden und die Assistentin, die sich meldete, kam auch in Begleitung ihrer Freudnin, die ein Messer im Rucksack hatte.

Jetzt formuliert er genauer und lädt die Bewerberin, es sind meistens Frauen, die sich melden, auch zu Schnuppertagen ein, wo sie dann den betreuenden Assistentinnen zuschauen und überlegen können, ob sie das machen wollen. Man kann aber, wenn die Chemie stimmt, alles lernen.

Das Buch ist aber eine Einschulung in die Persönliche Assistenz, wo die veschiedenen Betreungsstufen genau erklärt werden, unterbrochen von vielen schwarzweiß Fotos mit Franz-Joseph Huainigg und seinen Betreuerinnen, die auch jeweils einen Essay geschrieben haben, wo sie über ihre Erfahrungen, Ängste, Zweifel, Gefühle, etcetera, berichten.

Ein Problem ist die Abgrenzung der Assistenz von der Betreuung durch Pflegefachkräfte. So berichtet Franz-Joseph Huainigg von einer U-Bahnfahrt mit seiner Assistentin, wo ihm eine Pflegerin angepflaumt hat, weil er im Parlament die Persönliche Assistenz durchsetzte und sie um ihren Berufsstand fürchtete. Sie verschwand aber bald als Franz-Joseph Huainigg sie aufforderte sie abzusaugen. Denn das können auch die normalen Krankenschwestern nicht und immer eine Diplomkraft, um sich herum zu haben, wäre zu teuer und die würde dann auch nicht kochen oder die Kinder betreuen.

Es gibt ein Beispiel, wie Frau Huainigg zu einem Spitalsaufenthalt eine Menge Polster mitbrachte, um blaue Flecken zu vermeiden, die Diplomschwester lehnte ab, war aber später dankbar dafür, als sie die Blessuren sah.

Es geht dann um die Frage, wie weit sich die Assistentinnen abgrenzen oder in die Familie eingliedern können oder sollen? Franz-Joseph Huainigg hat schon einige von ihnen zu seinen anderen Mitarbeitern gemacht, beziehungsweise einer eine Polizeiausbildung durch eine Gesetzesänderung ermöglicht, weil sie eineinhalb Zentimeter zu klein war, als früher verlangt wurde.

Am Schluß werden dann noch Fragen beantwortet, wie man zu einer Persönlichen Assistentin kommt, wer das fördert, wo man sich hinwenden muß und welche Arten von persönlicher Assistenz es gibt.

Wichtig ist das selbstbestimmte Leben, das Leute, die beatmet werden müssen, durch persönliche Assistenz führen können, während sie in einem Pflegeheim wahrscheinlich schnell ihre Eigenverantwortlichkeit verlieren und sich entmündigt fühlen.

“Ich führe ein Leben inmitten der Gesellschaft, wo Pflege zwar wichtig ist, aber nicht meinen Alltag bestimmt.”, steht so am Buchrücken und Franz-Joseph Huainigg ist wegen seines Engagements und seiner Entschlossenheit sicher zu bewundern.

Die Jagd

Nach den “Roten Kreuzen” und den “Ehemaligen Sohn” kommt jetzt der dritte Roman, den ich von den 1984 in Minsk geborenen Sasha Filipenko gelesen habe, der sein Buch beim “Fried Festival” im Literaturhaus vorstellte und mich da verwirrte, geht es in dem Buch doch darum, wie ein Journalist in Moskau, glaube ich, von der russischen Mafia fertig gemacht wird und die Textstellen die projeziert wurden, waren ,wie ein Musikstück aufgebaut. Da gibt es eine “Einleitung”, eine “Exposition” und so weiter, zwischendurch immer wieder “Pausen” und der Autor erzählte im Gespräch von Masha Dabic gedolmetscht, glaube ich, daß er das bewußt machte, um den Leser zu verwirren und ihn so auf die Handlung neugierig zu machen.

“Wui!”, habe ich gedacht und, daß ich mir nicht vorstellen kann, wie das gehen könnte. Jetzt weiß ich es und kann sagen, Sasha Filpenko versucht auf ungewöhnliche Art, die Mißstände, die in Russland herrschen, hinüberzubringen. Er versucht es sanft, in ein Musikstück gekleidet und kommt erst langsam in die Handlung und es dauerte lange, bis ich mich auskannte.

Es geht um eine russische Oligarchenfamilie, die in Frankreich Urlaub macht und dort auch wohl Häuser besitzt, den Sohn zum Fußballspieler aufbaut und, um den Journalisten Anton Quint, wieso hat der einen nicht russischen Namen, der die Machenschaften des Oligarchen aufdecken will. Der hat eine kleine Tochter, versucht sich auch als Schriftsteller und da gibt es eine Stelle, wo einer einen leeren Text ins Internet stellt und dafür vom Fernsehpublikum und überhaupt verurteilt wird. Da kann man abstimmen, aber wenn man für einen Freispruch plädiert, muß man dafür zahlen, während Verurteilungen gratis sind oder wer schweigt sowieso schon zugestimmt hat.

Das ist offenbar eine Geschichte von diesem Quint und dann geht es nach Lugnano, wo ein Musiker sich auf ein Konzert vorbereitet. Der wird von seinem Bruder besucht, der ihm seine Geschichte erzählt.

Ende Achtzig hat die Familie ihr Geld verloren, musste in eine kleinere Wohnung, die Markenkleidung wurde im Discounter gekauft, der Sohn in der Schule und auf der Uni gemobbt. Der ist auch Journalist und in eine Alissa verliebt. Die lädt er auf teure Reisen ein, sonst passiert dort nichts. Gesponsert wird das alles von seiner reichen Frau und die geht in ihren Massagesalon und wird dort von Managerin Alissa in alles informiert. Sie schmeißt ihn hinaus und der Bruder wird von Onkel Wolodja und einem Freund angeheuert, Quint fertig zu machen. Sie machen, das auf subtile Art, heuern zwei Schauspieler an, die in der Nebenwohnung Dauerlärm machen, Quint schlägt die Warnungen in den Wind, glaubt auch nicht, daß der Oligarch dahinter steckt. Es wird aber immer ärger. Quint wird von einer Prostituierten ins Hotel geschleppt und dort gefilmt. Seine Frau wird vergewaltigt. Er wird als Pädophiler geoutet und Demonstraten schreien vor seiner Wohnung “An das Kreuz mit ihm!” und machen ihn solcherart zum psychischen Wrrack, so daß er seine kleine Tochter aus dem Fenster wirft.

Das alles wird dem Musiker von dem Bruder erzählt, der daraufhin sein Konzert versaut, während der Bruder Alissa wieder in die Schweiz mitgenommen hat und sie dort offensichtlich doch ins Bett bekommen hat.

Sehr ungewöhnlich und verwirrend, die Tatsache, daß Misstände, die auf diese Art und Weise erzählt werden. Aber das Leben geht weiter und während Menschen fertiggemacht werden und sich bekriegen, werden Konzerte gespielt, man vergnügt sich und versucht sein Leben zu genießen. Mir geht es in den Kriegs- und Coronazeiten auch nicht viel anders, denn was kann man wirklich gegen das Böse tun, als es aufzuzeigen? Und wenn man das literarisch tut, hilft das wahrscheinlich auch nicht viel weiter.

Ein Sommer in Niendorf

Jetzt kommt eine Neuerscheinung bei der in hin- und hergerissen bin, nämlich der neue Roman des 1962 geborenen Heinz Strunk, der im Vorjahr mit “Es ist immer so schön mit dir” auf der Longlist des dBps “gestanden ist und das mir nicht gefallen hat, weil wieder ein “weißer alter Mann”, der über seine Frauenerfahrungen schreibt, obwohl ich diesen Ausdruck ja nicht mag.

Jetzt ist es eigentlich wieder dasselbe, aber da hat mir am Anfang vor allem die Sprache und Heinz Strunk kann wahrscheinlich wirklich so schreiben, daß ich mir ein Vorbild nehmen könnte, sehr gefallen. Aber die Themen sind diesselben und da ist der Held über den sich Heinz Strunk wahrscheinlich auch lstig machen wollte, ein Arschloch oder vielleicht auch wieder nicht, denn ein armer Looser.

Irgendwo habe ich gelesen, daß es eine Parodie auf Thomas Manns “Tod in Venedig” sein könnte und Thomas Mann wird in dem Buch auch erwähnt.

Da ist jedenfalls ein Dr. Roth, ein Jurist, um die fünfzig schätze ich, der keine finanziellen Sorgen hat, sondern Geld offenbar in Hülle und in Fülle, geschieden und eine Tochter und der hat sich ein Sabbatical genommen und sich mit diesen für drei Monate nach Niendorf, wo auch die “Gruppe 47” tagte zurückgezogen, um dort ein Buch über seine Familie zu schreiben.

Und der Anfang, wo er seine Tage in dem Ostseebad und die Fischbrötchen, die er dort konsumiert schildert, ist sehr spannend. Er hat sich da ein Appartement gemietet, das von einem Herrn Breda verwaltet wird, den er für einen Alkoholiker hält und ihn deshalb verachtet und der läuft ihm am Anfang ständig übern Weg. Denn er hat auch einen Likörladen und dreht am Abend die Strandkörbe um.

So weicht Roth ihm aus. Man erkennt aber bald, daß er auch viel trinkt, zu jeder Mahlzeit eine Flasche Wein und kommt mit seinem Buchprojekt nicht zurecht.

Die Stellen habe ich auch sehr schön gefunden, wie er über das Schreiben reflektiert und über die Gedenk,tafel, die an die “Gruppe 47” erinnert, stolpert.

Er holt sich dann eine Frau für ein Wochenende und geht mit ihr in ein Hotel. Das sind die Stellen, wie er über die Frauen spricht und mit ihnen umgeht, die mir nicht so gefallen.

Weil ihm Breda auf die Nerven geht, fährt er ein paar Tage in seine Wohnung, um dort die Wäsche zu waschen. Seine Tochter, die Geld von ihm will, trifft er auch. Da verhält er sich ziemlich gemein und als er wieder zurück in das Ostseebad fährt, wird es vollends grotesk und die Geschichte entgleitet, könnte man so sagen.

Er fährt einen Asylwerber nieder, der von ihm Hilfe will oder schleift ihn über die Autostraße, hat dann Angst, daß ihm die Polizei erwischt. Er bekommt auch neue Nachbarn, ein nettes altes Ehepaar, das ihm zum Essen eindädt und sich um ihn kümmert, als bei ihm der Strom ausfällt. Er verliebt sich in eine Kellnerin und steigt ihr ungut nach oder versteigt sich in Größenphantsien und dann kommt Breda mit einer Freundin, die von Strunk, als ungut und fett geschildert wird.

Dann wird es fast so, wie bei Elias Canettis “Blendung”. Er verfällt Breda und seiner Freundin Simone. Breda bekommt einen Schlaganfall. Er muß ihn vertreten und am Schluß scheint er seine Rolle einzunehmen. Also sozial abzusteigen. Er geht mit Simone eine Beziehung ein, betreibt den Schnapsladen und dreht die Strandkörbe um.

Exzellent geschrieben, denke ich, das Buch ist wahrscheinlich auch ein Gedenken der “Gruppe 47”, obwohl ich Heinz Strunk, der auch das Buch von Heinz Böttinger gelesen haben dürfte, darauf hinweisen möchte, daß die sich nicht 1990, wie auf Seite 29 und 77 steht, sondern, wie ich “Wikipedia” entnehme, 1967, aufgelöst hat.

Sonst gefällt mir das, was da beschrieben wird, nicht so sehr, weder, wie die “weißen alten Männer” mit ihren Frauen umgehen, noch, daß sie vielleicht doch nicht so großartig sind, wie sie denken, sich todsaufen und sozial absteigen und der Sommer dann sozusagen in einem Abgrund endet.

Die Eistaucher

Jetzt kommt es zum zweiten Roma der in Wien geborenen und zwischen Warschau und Wien aufgewachsenen Kaska Bryla, die ich durch die “Kri Lit” und “PS-politisch schreiben” kennengelernt habe und deren “Eistaucher” in der “Klassenliteraturereihe” von Sabine Gruber in der “Alten Schmiede vorgestellt wurde.

Ein interessanter Roman und ein interessantes Konstrukt, in dem vieles angeschnitten wird, der magische Realismus, die Zeitmaschine das Hin- und Zurückgehen in den Handlungsträngen, was dann doch nicht so ganz ausgearbeitet wurde. Die zwei Handlungstränge gehen von neun bis eins zurück und von ein bis neun nach vorn hinauf. Ein zehn gibt es auch und es beginnt, daß der Ich-Erzähler Sasa, der in einem Naturschutzgebiet einen Camingplatz betreibt, zu Saisonende von einem Polizisten namens Martin besucht wird, der sich dort einquartiert, die Friedhöfe besucht und man taucht langsam in das Geheimnis der Geschichte ein.

Bei eins beginnt es in einer katholischen Privatschule, ob Wien, der Standort ist, kommt nicht so klar heraus, wo zu Schulanfang drei neue Schüler kommen. Ras, Iga und Jess, die Außenseiter denn Ras oder Rasputin und Iiga haben einen migrantischen Hintergrund. Iga kommt aus Polen, Ras, der immer Schokokriegeln in sich hineinstopft, aus Russland. Jess ist sehr modebewußt und hat die Ferien in Frankreich verbracht, wo sie sich in Tifenn verliebte. Der schöne Sebastian und Rilke-Rainer sind schon in der Schule und bezeichnen sich als die “Avatgarde,” in die Ras, der für Jess ein Gedicht an Tifenn schreibt, zuerst nicht hineindarf und Iga, deren Vater in Polen arbeitet und nächtens, die ihn betrügenden Mutter durch Telefonarufe kontrolliert. Die Hochbegabte schwänzt die Schule schreibt aber trotzdem gute Noten und dann gibt es noch Franziska Fellbaum, die Französischlehrerin, in die sich Iga und sie in Iga verliebt. Man sieht Kaska Bryla sprengt alle Grenzen. Es gibt Mutproben und einen schulschwänzenden Museumsbesuch, wo dann Goldmünzen in die Taschen der “Eistaucher”, so nennt sich die Gruppe verschwinden und bei Rasputin wird es noch ein bißchen surrealer. Der sieht näämlich Müllberge, die in seinem Zimmer wachsen und ihn verfolgen, hört Stimmen, sammelt Fundstücke, die er beschriftet, darunter einen Zentralschlüßel, den Iga ihm stieht und für sich nachmachen läßt.

Kapitelweise wird das von vorn nach hinten erzählt und Sasa, der Jugendfreund Igas, der in den Neunzigerjahren, wo die “Eistaucher” Jugendlicher sind, Psychologie studiert, erzählt das zwanzig Jahre später, als der Polizist auftaucht, Tiere verschwinden und sein Hund Fipps schließlich am Spieß gebraten wird und überlegt, ob Martin gekommen ist, um ihn zu rächen?

Denn es gibt nicht nur die Liebesgeschichte zwischen Franiska Fellbaum und Iga, wo Iga eigentlich die Lehrerin verführt, sie dann mit Jess betrügt, also so etwas, wie ein positives weibliches Monster ist, was vielleicht von Kaska Brylla gar nicht so initiert ist, von mir aber so interpretiert wird und eines Nachts geht die “Avantgarde” auf die Straße, um verbotenerweise ein Plakat “Ohne Poesie keine Welt” aufzuhängen, vorher hätte die schulschwänzende und klauende Iga noch von der Schule geschmissen werden sollen, was die Klasse durch Sitzstreiks verhindert hat und beobachtet dabei, wie zwei Polizisten eine Gestalt über die Straße schleifen und dann im Park liegen lassen. Das ist die drogennehmende Maja, die von ihnen vergewaltigt wurde. Die Gruppe bringt sie zu Sasa, holt aber nicht die Polizei, sondern beschließt selbst zu rächen. Dabei kommt auch Franziska Fellbaum um. Am schluß wird auch noch Martin ins Feuer geschmissen und Ronya Rothmann hat am Buchrücken “Die Eistaucher” beginnt wie ein vorsichtiger Spaziergang über dünnes Eis, in das man jäh einbricht, und schon gerät man in die Fluten, in einen Strudel, dem man sich nicht mehr entziehen kann: spannend wie ein Krimi, zart und brutal zugleich, mit Figuren, die man nicht mehr vergisst, rätselhaft und grandios”, geschrieben und ich füge, interessant, wie die junge Frau, ein Geburtsdatum habe ich nicht gefunden, würde aber aufdie Achtizgerjahre tippen, die Genresgrenzen sprengt. Da denke ich wieder, ich hätte mir das nicht erlauben dürfen oder nicht getraut, vieles anspricht, vieles in Frage stellt. Wie das aber wirklich mit dieser Zeitmaschnie ist, kommt dann aber nicht heraus und wenn man nie in die Schule geht, wird es wohl auch nicht so einfach sein, alle Schularbeiten auf “sehr gut” zu schreiben, außer man sitzt dann halt zu Hause und lernt allein und warum Iga dort nicht hingehen will, habe ich eigentlich auch nicht verstanden.

Es geschah im November

Jetzt kommt ein Buch, das ich, das heißt, einen Auszug daraus bei Stephans Teichgräbers Festival kennenlernte und, daß mir kurz darauf von Barbara Brunner angeboten wurde.

“Es geschah im November” in dem die 1963 geborene Alena Mornstajnova den Versuch unternommen hat, die Geschichte umzudrehen. Was wäre wenn die Novemberrevolution von 1989 nicht geklappt hätte und der Sozialismus in Tschechien geblieben wäre?

Bei der Lesung fragte ich mich noch, was dann gewesen wäre und konnte mir die Handlung nicht vorstellen. Habe aber begierig das Leseangebot angenommen und das Buch begeistert gelesen. Ein paar Fragen bleiben, denn das, was nach Alena Mornstajnova nach 1989 in der damaligen tschechoslowakischen Republik passiert wäre, ist wahrscheinlich das, was dort vorher passierte und das was vielleicht in China oder Nordkorea passiert. Vor 1989 wahrscheinlich, denn die sozialen Überwachungssysteme hat es damals nicht gegeben und in Alena Mornstajnovas Buch, das bis 2019 geht, ist das Internet auch verboten oder den obereren Sicherheitsschichten vorbehalten.

Die andere Frage ist, was sich Alena Mornstajnova beim Schreiben dachte, die das Buch wahrscheinlich während der Pandemie geschrieben hat und ich habe die darin beschriebenen Zustände natürlich mit denen von heute, der Scharfstellung der Impfpflicht beispielsweise oder dem Verbot auf Demonstrationen bei Covid verdächtigen Personen, beispielsweise, verglichen.

Es beginnt auch ganz erwartbar im November 1989. Da sind Marie oder Maja und Joska oder Josef, die in einem tschechischen Provinstädtchen leben und dort gerade die Wohnung renovieren. Die Kinder haben sie zu den Großeltern gebracht. Sie waren auch bei einigen Demos und dann wird in der Nacht plötzlich an der Tür gehämmert und die beiden aus dem Bett im Nachthemd und mit nackten Füßen in den zu großen Stiefel in die Lastwägen gestoßen und Marie sieht Joska nie wieder. Marie ist die Tochter eines Ingenieurs, der zum Lagerarbeiter degradiert wurde. Deshalb hat sie nicht Medizin studieren dürfen, sondern konnte sich nur zur Krankenchwester ausbilden. Sie hat zwei Kinder, das eine ist von einem Chefarzt, das zweite, die Tochter Lenka ist von Joska und es gibt in dem Buch immer wieder geschwärzte Briefe, die Marie aus dem Gefängnis an das Töchterlein geschrieben hat.

Sie glaubt sie bei den Eltern in guten Händen. Der Sohn wurde vom Chefarzt schon nach wenigen Tagen abgeholt, der mit ihm und seiner Frau in den Westen flüchtete. Lenka wurde wegen Unzuverläßigkeit der Großeltern in ein staatliches Heim gebrafht und sollte dort zu einer mustergültigen Sozialistin erzogen werden, während Marie zu zwanzig Jahre Gefängnis verurteilt wurde.

Die Kapitel schwenken bald zu Lenka oder Magdalena, Magda genannt, die das sozialistische Erziehungssystem erlebt. Es wird den Kindern immer wieder eingebleut, daß sie die Hoffnung für morgen sind. Dafür müßen sie sich nach den Regeln verhalten und alle anderen verraten, die das nicht tun und es wird ihnen auch vorgesagt, daß ihre Eltern sie verraten und sich nicht um sie gekümmert hätten, so daß der Staat das für sie tut.

Die Zimmergenossin Jana ist anderer Ansicht und verrät Magda daß ihre Mutter einmal mit ihr flüchten mußte aber von einer Erzieherin verraten wurde und Magda wird auch Zeugin, wie die kleine Zuzana von ihrer Mutter während eines Spaziergangs entführt wird.

Die Kinder werden älter und Jana gründet ,um Gutpunkte zum Studieren zu bekommen, einen Leseclub, da müssen die Bücher von der Erzieherin gegengezeichnet werden und als die Kontrolle kommt, wird der inspizierende Genosse Zeuge, wie einer der Zöglinge ein Referat über ein verbotenen Buches herunterstottert, so daß die Erzieherin versetzt wird.

Das war eine Intrige einer anderer, die einmal eine Verbrennung bei Lenka verursachte, als sie zwang ins zu heiße Wasser zu steigen und bei den Büchern ist interessant, daß eines, ein erlaubtes “Die junge Garde” von Fadejew ist und das hat Stephan Teichgräber in seinen Revolutionsworkshop besprochen, während das Verbotene, das die Erzieherin ihre Stelle kostete “Die Kinder vom Arbat” von Anatoli Rybakow stammt.

Lenka wird Kinderbuchautorin und Chefredakteuerin in einem Kinderbuchverlag und bekommt von Jana eines Tages die Adresse ihrer Mutter zugesteckt. Die wurde 2004 auf Bewährung entlassen und zur Arbeit in einen Schweinestall in ein Grenzdörfchen gestreckt. Wohnt dort aber ein bei einer alten kräuterkundigen Frau, die sie in die Kräuterkunde einführt und ihr das Haus verkauft. Das ist deren Tochter nicht recht. So kommt es zu recht “unsozialistischen Intrigen” und als Lenka, die Mutter besucht, kommt es zu Mißverstännnissen, denn die ist ja sehr mißtrauisch und die Briefe, die ihr Marie schickt, bekommt sie auch erst nach fünf Jahren, als sie ihre alten Sachen im Verlag abholt, weil sie inzwischen im Mutterschaftsurlaub war und, als die Gerüchte, um Marie zu stark werden, versucht sie mit ihrem nunmehrigen Lebenspartner in den Westen zu flüchten und wird dabei erschossen und das Buch endet ganz optimistisch in dem sich Lenka zum dreißigsten Jahrestag der niedergeschlagen Revolution mit einer Kerze in der Hand zu den Demonstranten stellt.

Ganz so versöhnlich wird das nicht sein, denn dann ist ja ihre mustergültige Karriere zu Ende aber mir hat das Buch sehr gut gefallen, obwohl ich immer noch nicht ganz verstehe, was Alena Mornstajnova damit ausdrücken wollte, da wir ja trotz erfolgreicher Revolution nicht wirklich in einem Schlaraffenland der Freiheit leben.

Ich bin eine Frau ohne Geschichte

Jetzt kommt ein Buch aus der “Edition W”, ein Monolog der 1986 in Alencon geborenen Alice Zeniter, die als Lehrerin und Dramaturgin arbeitete und schon einige erfolgreiche Romane geschrieben hat, der mich wegen seiner Form ein bisschen ratlos machte.

Was ist das jetzt? Ein Essay oder ein Schreibratgeber? Wahrscheinlich beides oder eine künstlerische Mischung davon. Denn es geht um das Erzählen und die Spannung, die dieses enthalten muß.

Etwas, was in jedem Schreibratgeber steht. Alice Zeniter führt als Beispiel an, daß sie sich in einem Zug langweilt, dann fällt ihr das Buch in ihren Koffer ein. Sie geht hin und da wären wir schon in der zweiten Station der Heldenreise. Im realen Leben nehme ich das Buch heraus und lese es, bis ich aussteige. Im Roman muß etwas Außergewöhnliches passieren. Sonst ist er nicht gut. Das Buch ist also nicht da, wurde gestohlen, etcetera und die Handlung geht los.

Alice Zeniter kommt dann zu Aristoteles beziehungsweise seiner “Sprachwerkstatt” und dann gehts schon zum “Erzählschema”.

Aha, denkt da die Teilnehmerin von Jurenka Jurks Webinaren, jetzt muß die “Heldenreise” her. Alice Zeniter macht es aber philosphisch und abstrahiert darüber, wo mir, ich gebe es zu, das Verständnis nicht ganz leicht gefallen ist. Das Wort “Heldenreise” kommt aber schon vor. Dann gehts schon um die Frage, was macht man jetzt, wenn das Ende oder die Spannung fehlt?

Um die Frauen geht es, wie schon der Titel sagt, auch und wie kommen die vor in der Literaturgeschichte vor? Was machen die Anna Karenina, die Madame Bovery, etcetera, wo wir beim Lesen weinen müssen? Sie betrügen ihre Ehemänner und sterben daran, wie es vielleicht im neunzehnten Jahrhundert üblich war. Heute würde man sich starke Frauen wünschen, die anders mit den Konflikten umgehen und da denke ich nicht an männermordende Emanzen, sondern an gewaltfreie Heldinnen der Literaturgeschichte.

Im “Sherlock Holmes-Spiel”, den Alice Zeniter sehr liebt geht es darum, wie man durch Beobachtungen Schlüße auf Personen ziehen kann, beispielsweise über Alice Zenters Frisur und Fingernägel, daß sie Feministin ist und wenn wir zu der Beschreibung der Frauenfiguren in der Literatur gehen, kann einen das Grausen kommen, denn da werden die “Knöchelchen” und die “Brüstchen” beschrieben.

Wie man mit dem “Semiotischen Dreieck” Emanuel Macron, den französischen Präsidenten, beschreiben kann, habe ich nicht ganz verstanden. Da sind wir dann schon in der Politik und, wie man da die Narritive gebrauchen kann, daß sich die Leute mehr um das Klima kümmern oder weniger Fleisch essen, ist sehr interessant, obwohl ich mir da nicht ganz sicher bin, daß das wirklich der Literatur zuschreiben ist, wenn man hier manipuliert und ob man das soll.

Die “Fiktion ist das Gegenteil von Grenzen”, schreibt Alice Zeniter, die diesen Text als Einpersonenstück in der Fabrique in Valencia im Oktober 2020 verfaßt hat und am Schluß wird mit Ursula le Guin, die schon am Beginn zitiert wird, aber auch mit Tomi Morrison, Sarah Kane, Virginie Despentes, Zadie Smith, Anne Carson, um nur die Namen zu zitieren die ich kennen, spazierengegangen.

Also spannend ist mein Schlußresume am Ende des achtzig Seiten Büchleins, der Versuch, die Geschichte mit literarischen Begriffen zu erklären, obwohl mir manches zu abstrakt war und ich in der Praxis wahrscheinlich nicht viel damit anfangen kann.

Auf diese Weise bin ich aber auf den Namen Alice Zeniter gestoßen, die mir bisher unbekannt war, die starke Sprache hat.

Von Asch bis Zelem

Ein “Lesebuch zu Geschichte der Juden in Burgenland”, herausgegeben von Gerald Grassl “in der Edition Tarantel,” das ich ihm bei der letzten “KriLit” in der Brunnenpassage abgeschnorrt habe, was gut ist, weil ich, als er als letzter Programmpunkt am Samstag das Buch vorstellte, so erschöpft war, daß ich gegangen bin, weil ich auch zu Andi Pianka ins Amerlinghaus wollte. So kann ich es jetzt durchlesen und mich durch die Geschichte blättern, von der ich nicht viel wußte.

Es beginnt mit einem Vorwort des Herausgebers, der meinte, daß er jüdische Sagen aus dem Burgenland sammelt, in dem er von den Arisierern spricht, die sich nach dem Krieg als Widerstandskämpfer outeten und alle einen “Juden” hatten, den sie geholfen hätte.

Dann geht weit in die Geschichte zu einem Kupferstich von 1750 aus Gerald Grassls Sammlung. Der “Artikel 7 des österreichischen Staatsvertrages” zu den “Rechten der slowenischen und kroatischen Minderheiten”.

Wie das mit dem Wort “Zigeuner- Komm Cigany” ist, wird auch erklärt. “Zigeuner” kommt von “Zieh-Gäuner, also “umher ziehende Gauner” und ist ebenso ein Schiimpfwort wie Jude.

Hugo Gold erzählt über die “Älteste Geschichte der Juden im Burgenland” und die “Ältesten Zeugnisse des jüdischen Lebens” werden auch angeführt. Dann kommen wir zum “Ghetto in Eisenstadt”. Da gibt es Fotos von den Ketten die am Schabbat vorgespannt wurden, damit die Feierlichkeiten nicht gestört werden konnte, so daß diese Ketten, als kein Zeichen der Unterdrückung, wie immer noch beschrieben wird, zu sehen sind.

Dann kommen wir, was mich ein bißchen erstaunte, zu Theodor Kramer und seinen Burgenlandgedichten. Dazu gibts schöne alte Ansichtskarten zu bewundern und dann kommen wir schon zu den Burgendland oder in diesen Fall jüdischen Witzen.

Um den Neusiedlersee geht es auch und da sollte im dritten Reich ein Truppenübungsplatz angelegt werden, was nicht verwirklicht wurde.

Es gibt ein Kapitel über die jüdische Gemeinde in Lackenbach. Da wird dann der namengebende Rabbi Asch erwähnt und der von 1921- 2009 lebende Israel A. Glück dessen “Neuen Weg”, einmal von der Sommerakademie heimbrachte, hat ein Buch über seine Kindheit in Lackenbach geschrieben, wo er, weil dort die Großeltern lebten, seine Sommer verbrachte.

Bei den Sagen gibt es den Fisch mit dem Grab im Judenfriedhof, weil der vor der Verzehrung “Schema Jisroel!” ausgerufen haben soll und zu Rabbi Lach oder Mendele Steinpilz, der den Bauern, die von ihm Französisch lernen wollte Hebräisch beibringen wollte.

Joseph Roth hat 1919 West-Ungarn beziehungsweise Sauerbrunn, Deutsch Kreuz und Ödenburg bereist und darüber und auch über den Anschluss West-Ungarn an Österreich im “Neuen Tag” geschrieben und sehr beeindrucken die Erzählung von Franz Werfel über den Pfarrer von Parndorf Ottokar Felix, den er 1941 in einem Hotel in Saint Louis traf und der ihm die Geschichte vom “Wiederhergestellten Kreuz” erzählte.

Alfred Lang beschreibt dann, wie es den vertriebenen Juden auf der Donau erging und die 2002 verstorbene Schriftstellerin Edith Foster berichtet von einem Klassentreffen an dem sie 1983 in Wien teilnahm, wo es einen Ausflug ins Burgenland und da ins jüdische Museum in Eisenstadt gab, das sie gar nicht besuchen wollte.

In Deutschkreuz, das von der jüdischen Gemeinde “Zelem” genannt wurde, gibt es ein Denkmal, das an die Vertreibung von 1938 erinnert, während es in Oberschützen ein Anschlußdenkmal gibt, das ursprünglich 1931 zu zehn Jahre Einbürgerung des Burgenlandes errichtet wurde, dann von den Nazis vereinnahmt wurde und jetzt langsam verfällt.

Dann geht es nach Rechnitz, wo es 1945 das große Massaker gab, wo die betrunkenenen NS-Gäste der Gräfin Bhattyany, eine Reihe jüdischer Zwangsarbeiter erschossen haben, deren Leichen man offenbar bis heute nicht gefunden hat und über deren Verschwinden geschwiegen hat, wie auch Gerald Grassl erlebte, als er 1973 mit seiner Freundin dort Urlaub machen wollte und nach dem ehemaligen Gauleiter Tobias Portschy fragte, der offenbar dort lebte.

Sascha Batthyany hat das in einem Buch beschrieben, mit dem er 2016 auf der öst Bp stand, Eva Menasses “Dunkelblum” scheint auch davon zu handeln, aber das muß ich erst lesen.

Im Lesebuch folgen noch ein paar Artikel über das Massaker von Rechnitz von Dine Petrik und Doron Rabinovici.

Eleonore Lappin, die ich auch von den jüdischen Sommerakademien kenne, die ich einige Jahre besucht habe, hat einen sehr wissenschaftlichen Bericht über “Die Todesmärsche ungarischer Juden durch Österreich im Frühjahr 1945” mit vielen Zahlen und Amerkungen zusammengestellt.

Mattersdorf, wie Mattersburg früher geheißen hat, gibt es auch in Israel und Heribert Artinger hat eine genau Chronik über die jüdischen Familien und deren Vertreibung, die es in Rust gegeben hat, zusammengestellt. Die traurige Statistik Eisenstadts, das jüdisch Asch geheißen hat, ist, daß von den vierhundertsechsundvierzig 1938 ansäßigen Juden vierhunderteindvierzig vertrieben wurden.

Über den jüdische Lyriker David Ignatz Neumann, der 1994 in Rust geboren wurde und 1992 in Tel Aviv gestorben ist, gibt es auch einen Artikel. Seine Manuskripte liegen im Literaturarchiv Marbach auf und einige seiner Werke sind in der burgenlädischen “Edition Roetzer” erschienen. Eines der Gedichte oder der Band oder der Band in dem es abgedruckt ist, heißt “Bittere Melodie”.

“Zweigeteilt ist meine Seele. Österreich hat mich geprägt. Doch der Traum von Zion wurde in die Wiege mir gelegt.

Peter Paul Wiplinger, bei dessen achtzigsten Geburtstagsfest ich ja war und im Vorjahr zwei beeindruckende Gedichtbände von ihm gelesen, beziehungsweise ihn vor kurzem bei den IG der Autoren gesehen habe, hat 2005 die jüdischen Friedhöfen Burgenlands besucht. Interessant ist dabei, daß im germanistischen Institu in Warschau eine Diplomarbeit darüber geschrieben wurde und am Schluß des sehr interessantes Buches hat noch der Historiker Gerhard Senft über die “Pannonischen Ausbrüche” geschrieben.

Äußerst spannend sich durch den Band zu lesen, der das jüdische Leben von allen seinen Seiten, sagenhaft, literarisch, wissenschaftlich, historisch, bilderreich durchstreift, das” ich sehr empfehlen kann. Schade ist es dabei, daß es wahrscheinlich, da die “Edition Tarantl” ja ein Kleinverlag des “Werkkreises Literatur der Arbeitswelt, Werkstatt Wien” ist, ziemlich ungelesen bleiben wird und ich die Vielleserin merke noch bedauernd an, daß es für mehr als einmal lesen, vor allem, wenn man das in der Badewanne tut und viel unterstreicht, nicht reichen wird. Denn nachher stellt sich das Umschlagblatt ziemlich auf.

Neuerliche entdeckungsfreudige Erkundung des Grimmschen Wörterbuchs

Wieder so ein schönes Buch aus dem “Verlag das kulturelle Gedächtnis”, zwei davon habe ich schon gelesen und von ein paar anderen das PDF gekommen und eines das fast nahtlos an das Buch über E.T. A. Hoffmann anknüpft , habe ich jetzt gelsen und über das Grimmsche Wörterbuch, hat ja schon Günter Grass geschrieben.

Bei diesem Buch, das einen noch längeren Namen hat, denn es geht dann noch um den “Lebensocean und die Sprachmenschwerdung”, war ich am Anfang trotz der wieder schönen graphischen Gestaltung Anfangs ein wenig ratlos, denn der von Thomas Böhm und Peter Graf herausgegebe ne springt gleich in das Sujet hinein und erklärt nicht viel, wie es zu verstehen ist.

Es gibt zwar eine Einleitung mit Textzitaten von Jean Paul und aus dem “Wlhelm Meister”, dann geht es aber gleich los mit dem Wortalphabet und dem frommen Wunsch “Wir würden uns freuen, wenn Sie, liebe Leserin, lieber Leser, in der vorliegenden Auswahl viele Wortschönheiten fänden, in die Sie ihre Gedanken kleiden mögen. Sprachliche Feinheiten, mit denen sie ihre tägliche Sprache schmücken können. Worte, die eine der vornehmsten Aufgabe der Sprache erfüllen: andere einzuladen, sich über den Lebensocean und die Sprachmenschwerdung auszutauschen.”

Die habe ich zwar noch immer nicht so ganz verstanden. Es beginnt aber gleich mit dem Buchstaben “A” um zum “Z” zu kommen, so tauchen wir also ein und schauen wie am Ende mit den “Wortschönheiten” stehen wird?

“Alpensohn * euch stellt, ihr alpensöhne mit jedem neuen jahr des eises bruch vom föhne den <kampf der freiheit dar.” Das hat “Uland” so formuliert und dann gibt es noch, die “Abendlust”, den “Ahungsdrang”, die “Alraundlelberin”, “ansippen”, bis hin zum “Augenbraunrunzler”.

Bei “B” gibt es den “Bartstreicher”, die “Begehrungskraft”, “beseifen”, “beseufzen” und den “Betbruder”, das ist ein “simulator pietatis” und ein “frömmling”.

Bei “C” finde ich unter anderen das “Complimentierbuch” “ich habe mein ganzes Complimentierbuch ausgebetet” steht dabei.

“D” beginnt mit dem “Dieterlein” und bei “E” kommt man zum “Edelgesidel* weg, edelgsindel, pfui, stinkest mir an! du stinkest nach stinkender hoffart mir an”, das hat ein Bürger so gesagt.

Dann gehts zur “Flederwischjungfer”, das ist ein Ausdruck von Gryphius, Göthe, wie er sich damals wohl geschrieben hat, hat das “Familienlabyrinth” geprägt. Eine “Fernschönheit” ist eine, “die aus der ferne scheint: sie ist eine fernschönheit, sie ist in der ferne schön, nicht in der nähe”, aha und den “Fernschreiber” das ist der “telegraphus”, gab es damals auch schon.

Die “Galgenbekehrung” stammt von Lichtenberg “man fängt seine testamente gewöhnlich damit an, dasz man seine seele gott empfiehlt…solche recommandationen sind galgenbekehrungen”.

“Nüchtern bin ich immerdar nur ein Harfenstümpfer”, sagt beim Buchstaben “H” wieder ein Bürger.

Und interessant oder zum aktuellen Anlaß ausgewählt, kommen wir beim “I” zum “Impfzwang * der vom staate aus an jedem seiner glieder geübte zwang, sich die kuhpocken impfen zu lassen”, das ist mir ja auch passiert und wurde, glaube ich, erst in den Neunzehnachtzigern abgeschafft. Jetzt können wir nur noch auf die endgültige Abschaffung der Corona-Impfung hoffen und gehen zu den “Jugendtrümmer” über “wie will ich dir, der mich in meinen jugendtrümmern unkundigen des wegs zum merkpfahl aufgestellt, die spötterei verkümmern in jener welt.”

Chr. Weise hat zu “Kalmäusern” geschrieben “willstu dem Pindus hier allein ergeben und verbunden sein?” Man beachte die Schreibweise, die dem lieben Uli wahrscheinlich wieder an die Wand springen läßt, aber nur erklärt, wie veränderlich diese ist und natürlich fällt es heute nicht leicht sich durch die vielen “th” etcetera zu lesen, was das Verstehen auf jeden Fall komplizierter macht, man aber damals wohl gewohnt war.

Dann gibts die “Kindverschnürung”, den “Kirchennachbar” und den “Kirchenschlaf”.

Dann kommen wir schon zum “L” und dem “Landschmarotzer”, das ist ein Ausdruck, der von Schiller geprägt wurde. Den “Lebensschreiber” gibt es auch und die “Lebenswärme” ,”liebeberauscht” und “liebebethört” und den “Liederjahn” sowie die “Liederwonne”.

Bei “M” gibts die “Menschenblutbespritzerin” und die “Manngeschichte”, natürlich klar, die “Menschendieberei” und das “Meuchelmaul” . “Mitmacherinnen” kennen wir heute auch, wie die “Mitmacher” hier ist abereine”frauensperson, die sich von mannsleuten küssen läszt”, gemeint.

“Neidischbleich” kommt wieder von Schiller: “staune weisheit auf des wahnsinns wunder neidischbleich herunter.”

Der “Ohrenflüsterer” stammt von Rückert. “nie wirrer war der kopf, der gücksstern düsterer, das glück verkehrter als dem ohrenflüsterer, der ..wirft mitten zwei befreundeten den zwist.”

Bei “P” finden wir den “Paradiesbaum” und die “Paradiesblume”, den Pelzneider” und die “Pfingstzunge”, was zur Jahreszeit passt. Die “Pflichtliebe” gibt es auch und interessant, die “Philosophin”. Das “Pflaumenauge”, die “Pflichtliebe” und die “Puppenlust”.

Den “Quäldämon” gibt es dann auch: “oft aber wird aus höllendunst gezeugt, mit seinen legionen von ungestalteten qual-dämonen, der hypochonder bei ihm wohnen. J. G. Jacobi.

Bei “R” wird die “Rauscheseligkeit” von Anette von Droste-Hülshoff zitiert “da klirrt aus des balkones thür ein mann mit gert und eisensporen, ihm nach ein anderer, flasch im arm, in rauscheseligkeit verloren.”

Die “Reinlichkeitspolizei” ist “der zweig der Polizei, welcher sich mit öffentlichen reinlichkeit zu befassen hat.”. Die “Religionsbeschwerde” ist eine “beschwerde in religionsangelegenheiten”.

Bei “S” gibts die “Streichelhand”, den “Sachenwalter”, die “Sauserei” und die “Sausprache “zottige, grobe zotten, unzüchtige zotten”. Der “Sprudelkopf” ist ein “sprudelnder, leicht aufbrausender kopf”. Es gibt den “Sprühbart” und das “Spukbedürfnis”. Der “Sterbeblick” ist “der brechende blick eines sterbenden” und die “Sterbeblume” wird “methaphorisch für einen todkranken menschen” gesetzt und ein “Stunzel” ist ein kleiner dicker mensch.” “sündengrau” ist, wer “in sünden alt geworden”, was wahrscheinlich uns alle betrifft. Den “Suppenkrieg” gibt es auch und höre und staune, die “Systemsucht” ist die “sucht, alles in ein system zu bringen.”, also erstaunlich aktuell.

Dann kommen wir zum “Tigerlächeln”, zum “Teigaffen” und zum “Thatgepräge”, das ist “zur schau getragenes thun.” Die “Tischzucht” ist die “wohlgezogenheit bei tisch und die anweisungen dazu.” Die “Titelsucht” hat man auch schon gekannt und der “todeskuss” stammt von Lenau: “all ihre pulse beben, in ihm, in ihm zu leben, von ihm zu sinken, den todeskuss zu trinken.” Dann kommen wir zum “Topfgucker * der sich um die kleinigkeiten der weiblichen hauswirthschaft bekümmert.” Den “Trägheitsteufel” gibt es auch und die “Trauerware”, die “Trauerwolke”, die “Trauerzitrone”, die “den toten in den sarg gegeben wird” und den “traumbart”, das ist ein unentschlossener, unaufmerksamer Mensch.” und das “Treppenglück”, die “Trinkpistole” und das “Tripelkinn”, die “Trostsonne”, sowie den “Trosthonig”.

“U” beginnt mit dem “Uselbst” Statement von A. V. Haller “ein unselbst, reich an ja, der seine stimme liest, und dessen meinung stets vorher eröffnet ist.” Dann gibts noch die “Umrede”, die “Umsprache” und den “Umstandsfritze”, das “Ungehör” und das “Ungetröll”, damit ist das “eingeweide” gemeint.

Jetzt kommen wir zum “vaterschweisz * der beste sohn hat immer zuviel vaterschweisz und mutterthränen auf dem kerbholz.” Fr. Müller.Das “Vaterglück” ist dagegen das “durch vaterschaft entstehendes glück.”

Dann kommen wir zum Wort “verficken* durch reiben, jucken, beschädigen, zusammensetzung mit ficken, die obscöne nebenbedeutung des einfachen zeitwortes.”

“verhanseln” bedeutet “eigentlich einen in eine gesellschaft als mitglied aufnehmen, da aber mit solcher aufnahme vielfach ceremonien und neckereien verbunden sind, so heiszt verhanseln an einem gewisse ceremonien vollziehen.”

Und bei “W” gibts den “Wächelwind”, den “Wahlkobold”, die “Wahnbraut”, die “Wahrheitsglut”, die “Wahrheitsperle” und die “Waldeslust”. “Wallerzen” heißt im steirischen “jodeln”. Ein “Wassersüppler” ist ein “schlaffer mensch”. Ein “Weigertrank” ist “ein trank, der sich vor dem munde des dürstenden zurückzieht”, oh weh, wie gemein und wohl ein bisschen mystisch und das “Wortgespenst” ist “eine ungeheuerliche wortbildung” und wer “wortkeusch” ist, ist “vorsichtig, streng mit dem wort umgehend.”

Bei “Z” gibts das “Zukunftsvorgefühl”, die Zanze”, das ist ein “unangenehmes frauenhimmer” und den “zarm”, das ist preussisch und eine “trauermahlzeit”. Das “Zärtelkind” ist ein “verwöhntes kind” und der “Zeitsplitterer” ist ein “zeitvergeuder”.

Das war es dann und was haben wir gelernt? daß sich die Sprach verändert, daß es interessant war, wie man damals sprach und schrieb und welches Lieblingswort bleibt mir im Gedächtnis? Da muß ich passen, habe mich über die Kleinschreibung gewundert und betone, es ist ein sehr interessantes Buch, das vor allem den Sprachpolizisten zu empfehlen ist und die schönen Illustrationen machen wahrscheinlich noch mehr Lust auf das Hineinschauen und darin Schmökern. Also ein großes Lob auf den Verlag, der immer wieder interessante Sichtweisen anbietet und originelle Ideen hat.