Der Mann, der E.T.A. Hoffmann erfand

Der 1976 geborene Ernst Theodor Amadeus Hoffmann wird am fünfundzwanzigsten Juni seinen zweihundertsten Todestag haben. Zeit eine Biografie über ihn zu schreiben und auch Zeit für mich diese zu lesen. Habe ich in meiner Studentinnenzeit doch sehr viel den Romatiker, der auch Jurist, Komponist und vieles anderes war, gelesen und den “Kater Murr,” den “Meister Floh”, die “Elixiere des Teufels”, das “Fräulein von Scuderi”, die “Serapionsbrüder” und noch andere Reclamheftchen in meinen Ragelen und war oder bin eine große Fanin von ihm.

Daß es einen Julius Eduard Hitzig gab, der ursprünglch Isaak Elias Itzig hieß von 1780-bis1849 lebte und ebenfalls Jurist, Schriftsteller und dann noch Verleger war, habe ich nicht gewußt. Ser 1965 geborene Kulturjournalist Norbert Kron hat aber in seinen Briefen und seiner Hoffmann-Biografie geforscht und einen “Roman einer Freundschaft” in drei Akten, einer Ouverture, drei Akten und einer Zugabe daraus gemacht und mehrere Künstler und Künstlerinnen haben Zeichnungen dazu angefertigt und sie den Kapiteln vorangestellt.

Interessant, interessant, wenn auch vielleicht gar nicht so einfach in das Leben der beiden Freude einzusteigen, denn, daß E. T. Hoffmann in Königsburg, heute Rssland geboren wurde, habe ich nicht so präsent gehabt und auch nicht, daß er in Warschau Gerichtsrat war. Da haben sich die beiden kennengelernt.

Zumindestens beginnt die Ouverture dort, der eine hatte eine polnische Frau, Mischa genannt, der andere eine Johanna, die bald und auch Hitzigs Kinder bis auf eine Tochter gestorben sind.

Die Beiden sind dann nach Berlin gegangen, Hoffmann war aber glaube ich auch in Bamberg tätig und Hoffmann der mit seiner “Undine” einer romantischen Zauberoper und als Musiker Erfolg hatte, verschmähte ihn, denn seine Liebe galt, wie es es auch bei mir der Fall ist, der Lteratur.

Die Inspirationen hat er sich dazu wahrscheinlich im Weinhaus “Lutter und Wegner” geholt. Das kann man glaube ich, der phantastischen Offenbach Oper “Hoffmanns Erzählungen” nachempfinden und als er da einmal betrunken nach Hause wankte, hat er eine Katze, beziehungsweise den “Kater Murr” gefunden, der offenbar den Haushalt dominierte und dem sich auch die Gattin Michelina unterordnen mußte und dort haben sich dann auch die Freunde, Hitzig, Adelbert von Chamisso, Fouque, David Ferdinand Koreff, etcetera, besser bekannt, als die “Serapionsbrüder” eingefunden und für Hitzigs Kinder wurde ein Weinachtsmärchen mit den berühmten Nußknacker erfunden, denn eine der Töchter, die auch gestorben ist, hat Marie geheißen.

Mit dem “Meister Floh” hat er, glaube ich, einen politischen Skandal ausgelöst und als er 1822 gestorben ist, war er hochverschuldet und sein Freund Hitzig hat ihm versprochen, sich um seine Frau zu kümmern, sie juristisch zu beraten und auch eine Biografie über ihn geschrieben.

Nun gibt es ein Buch über die Beiden, die mich an den runden Todestag erinnern. E. T. Hoffmann wieder zu lesen wäre fein, wahrscheinlich komme ich nicht dazu, denn die Backlist warten und die Jurien bezüglich des deutschen und österreichischen Buchpreises lesen sicher auch schon.

Also vielen Dank für das blaue Büchlein mit den schönen Illustrationen und noch etwas ist interessant und ungewöhnlich, was meinen Freund Uli wahrscheinlich an die Decke springen läßt, denn Brot und Not und vieles andereswerden da mit “th” geschrieben. War die damals übliche Orthographie und ich halte das auch aus, auch wenn es ein wenig ungewöhnlich und gar nicht so leicht zu lesen ist, dafür aber authentisch und so weiß man, wie man damlas geschrieben hat und das ist ja auch sehr interessant.

Ingo Schulze, von dem ich schon einiges gelesen habe und der vielleicht als eine Art Nachnachfolger des romantischen Meisters bezeichnet werden kann, hat am Buchrücken “Beim Lesen kam mir immer so vor, als wäre ein Stummfilm aus E. T. A. Hoffmanns Zeiten aufgetaucht, dem Norbert Kron seine Sprache leiht. Am Ende glaubt man schon immer gewußt zu haben, daß Schriftsteller ohne jene, die an sie glauben und die sie vielleicht besser kennen, als sie sich selbst, nicht zu jenen Genies geworden wären, als die wir sie heute ansehen.”

,Wiewahr und interessant, daß Schulze “daß” auch mit scharfen “ß” schreibt. Also bin ich da noch nicht ganz allein und eine “E.T.A. Hoffmann-Gesellschaft” gibt es natürlich auch, bei man sich sicher über die geplanten Jubiläumsfeierlichkeiten erkundigen kann.

Zeit Zuflucht

Jetzt kommt ein Bestseller oder jedenfalls das Ö1 Buch des Monats “Zeit Zuflucht” des 1968 geborenen bulgarischen Autors Georgi Gospodinov, von dem ich schon ein Buch aus dieser zweisprachigen “Wieser-Edition” bei einem Gewinnspiel der Bank Austria gewonnen, aber nicht gelesen habe.

Jetzt ist er offenbar zum Literaturstar aufgestiegen und ich muß sagen das Buch ist sehr interessant, obwohl es mehr locker dahin geschrieben, als eng geplottet scheint, denn es geht um alles oder nichts. Falsch, es geht um alles. Um die Zeit und wie man mit ihr umgeht und da sind einmal zwei große Themenbereichen in denen der Autor locker hin- und herspringt. Das eine das große Thema Demenz und Vergessen, etwas womit ich mich in meinen Büchern auch schon beschäftigt habe. Im anderen Teil geht es, um die Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts, wie schon oft beschrieben. Die Bulgarische ist es zumindestens im deutsprachigen Raum weniger, also wieder besonders interessant.

Und mit dem locker Dahingeschrieben meine ich folgendes. Da gibt es einen Erzähler, der offensichtlich der Autor selber ist und, um den Protagonisten Gaustin, begnadeter Flaneur, durch die Zeiten der offenbar schon in früheren Büchern Gospodinov eine rolle spielt, so heißt mein Buch “Gaustin oder der Mensch mit den vielen Namen”. Er flaniert durch die Zeit und trifft den Autor und da ist es auch nicht klar, ob das nicht vielleicht der Roman ist, den Godpodinov gerade schreibt und der seinen Protagonisten, was ja auch stimmt, erfunden hat und dieser Gaustin hat eine Klinik für Alzheimer und Demenzen in Zürich aufgemacht, wo jedes Stockwerk ein anderes Jahrzehnt darstellt, damit sich die Betroffenen wohlfühlen und in ihre Vergangenheit zurückgehen können. Da gibt es die Möbel, die Zeitungen, die Platten, die Filme aus den Dreißiger-, Sechziger, sogar Siebzigerjahre und das ist sicher eine spannende Idee, die wahrscheinlich zum Teil auch verwirklicht ist. Denn wir können ja mühelos in diese Zeiten zurückgleiten, deren Bücher lesen, jeder Roman ist eine Zeitreise, etcetera.

Gaustin macht den Autor zum Verwalter oder Materialbeschaffer dieser Klinik. Es gibt, glaube ich, auch eine Dependance in Sofia und dann werden Geschichten erzählt, Fallbeispiele genannt und man reist locker durch die Zeiten.

Bei einer Diskussion habe ich das Bedauern gehört, daß der Anhang fehlt, so daß man vieles, was hier beschrieben wird, ständig nachgooglen muß und im nächsten Teil ergreift dann die ganze Welt diese Zuflucht und jedes Land Europas kann sich sein Jahrzehnt aussuchen in das es flüchtet.

Da gibt es dann eine Landkarte, wo das beschrieben steht und spannend, die Szene, wo sich der Erzähler am ersten Mai in Sofia entscheidet gleich auf zwei Maiaufmärsche oder Feste zu gehen. Einmal, das der Kommunisten und auf das, wo die Trachtenträger, die inzwischen Mode geworden sind auftreten und interessant dabei, daß er einen Schulfreund trifft, der ihm erzählt, daß er beide Festivitäten inszeniert hat.

Spannend, spannend und sehr interessant und weil das Buch jetzt so viel rezensiert wird, kann man davon ausgehen, daß es bei vielen den Zug der Zeit getroffen hat. Die einen werden sich vielleicht, wie ich, mehr um das persönliche Vergessen, die anderen für die Weltgeschichte interessieren. Aber beides gehört ja, wie uns Gospodinov zeigt, zusammen und ich bin ja eine, die sich schon von jeher sehr für die Vergangenheit interessiert, also ein sehr gutes Buch.

Im Auge der Pflanzen

Das zweite Buch aus dem Überraschungspäckchen des Gastlandes Portugal auf der nicht stattgefundenen letzten Leipziger-Buchmesse, stammt von der 1982 in Luanda geborenen Djaimilia Pereira de Almeida, die schon mehrere Literaturpreise gewonnen hat und es führt uns in einen verwunschen Garten, zu einem alten Piraten mit einer Augenklappe, der in seinem Leben schon viele Grausamkeiten begangen hat, ein kleines holländisches Mädchen ,das ihn vorher pflegte mit verbundenen Augen an einen Baum gebundenen zurückgelassen und viele Schwarze, Nege steht auch zweimal in dem von Barbara Mesquita übersetzen Buch ermordet hat. Jetzt ist er alt, hat einen Bart und pflegt, manchmal vom Pfarrer besucht, der ihm zum Beichten überreden will, den Garten. Die Kinder weichen ihn zuerst aus, nennen ihn einen Teufel und fürchten sich vor der Vogelscheuche, die er ihnen im Garten aufgestellt hat. Später besuchen sie ihn, um die Fledermäuse zu sehen und der alte Celestino wird auch vom Schatten der Vergangenheit besucht, eine alte Schwarze mit einem bunten Glockenrock taucht auf und das kleine holländische Mädchen mit den roten Zöpfen oder ist es der Tod ,der viel Zeit für ihn hat und ihn langsam zum Sterben bringen will?

In einer sehr schnöen metaphernreichen poetischen Sprache wird das in hundertfünfundzwanzig Seiten erzählt. Roman steht auf dem im “Unionsverlag” erschienenen Büchlein, das auch Pflanzen im Cover hat, ich würde es wieder Novelle nennen. Gibt es ja Seiten, die aus kurzen Abschnitten bestehen und ich habe mir, ähnlich wie bei Valerie Fritsch wieder viel angestrichen und hätte noch viel mehr der schönen Sätze gefunden, die wahrscheinlich auch von der Übersetzerin stammen.

“Gesegnete Nacht. Er erwachte zu Hause, wiederhergestellt, nach einem erfüllten Leben. – Im Halbdunkel gemahnte die Gestalt der Möbel an Gespenster.” Seite 11

“Die Toten des Hauses gaben ihm die Erlaubnis, wach zu werden.” Seite 13

“Vielleicht möchte er beichten. Meine Tante Aurora hat mir erzählt, dass er behauptet, er habe sechs Kindern die Zunge herausgeschnitten. Wie es scheint, trinkt er Blut und hat sie Seele dem Teufel verkauft. Die Mutter war auch kein guter Mensch, flüsterte der Küster”, Seite 28

“Der Wahnsinn ist das gnadenreichste aller Heilmittel.” Seite 30

“Ich überlegte ihn zu töten, aber ich war zu erschöpft vom Warten.” Seite 33

“Diese Nacht Blut und Licht. Kleine Mäuse in der Jackentasche. Eine Amsel ist unter die Tanne gefallen.” Seite 41

“Im Weinstock habe ich ein Problem entdeckt. Tee mit Padre Alfredo. Widerwärtiges Organ.” Seite 42

“Wissen Sie, Herr Pfarrer, Gott ist wie ein Aprikosenkern, wie Zyanid, Schimmel, giftiges Sekret. Haben Sie je eine Bittermandel gekostet?” Seite 54

“Wäre ich Bäcker, ich vergiftete einen ganzen Ofen voller Brot. Aber was soll ich diesen Seelen sagen. Sie kommen nach Hause und sind weniger als Wasser. Blut und Lcht. Grosse Hitze.” Seite 71

“Gegen acht Uhr abends erklärten die Fledermausmütter den Flugunterricht für beendet.” Seite 74

“Wenn er das Leben damit begonnen hatte, Seemann zu spielen, kopfüber von der Pontonbrücke zu springen, so beendete er es damit, den Gärtner zu spielen.” Seite 80

“Kommt her, Kinder, her zu mir, der ich Kehlen durchgeschnitten habe und den Schlaf der Gerechten schlafe. Wollt ihr wissen, wen ich alles getötet habe? Ich habe Affen und Pferde getötet. Schlangen, Wespen, einen Elefanten.” Seite 93- 94

“Und so schloss der Kapitän Freundschaft mit dem Tod, ohne zu wissen, ohne zu ahnen, dass er ihn rief.” Seite 106

“Mein kleiner Pirat, brachte er halb scherzhaft zwischen den Zähnen hervor. Die Worte hatten etwas Begehrliches. Unter seinen Händen gingen alle Pflanzen ein.” Seite 125

Das war ein poetischer Rundgang durch das Buch, das mir sicherlich entgangen wäre, hätte mir Buchkontakt nicht das Überraschungspakt zugesandt, beziehungwweise mich zum Infogespräch eingeladen und natürlich kann man darüber philosophieren, wie gewaltsam unser Leben und die Menschen sind und eigentlich auch ein bisschen pervers, das in wunderschöne Sprache zu verpacken.

“In Amerika”, sagte Jonathan

Während Katja Gasser und Benedikt Föger sich auf den Gastland Österreich Auftritt in Leipzig nächstes Jahr konzentrieren und Frankfurt wahrscheinlich auf das Gastland Spanien, gehe ich noch einmal zum Gastland Portugal zurck, denn da bin ich zwar nicht in Leipzig gewesen und die Messe hat überhaupt nicht stattgefunden, ich habe aber zwei Pressekonferenzen beziehungsweise Infoveranstaltungen gezoomt und da war das erste das, wo den Buchhändlern, die neben den Bloggern eingeladen waren, ein Goodiepaket versprochen wurde. Ich bin aber keine Buchhändlerin, also wieder nichts, habe ich gedacht. Dann ist das Päckchen mit einer schönen schwarzen Leinentaschen, einen kleinen Block, ein paar Karten und Lesezeichen und zwei Büchern doch zu mir gekommen und das erste habe ich gelesen und muß sagen, es war sehr interessant, ästhesich schön gestaltet und auch sehr ungewöhnlich und so steht auch am Buchrücken “Tavares hat kein Recht, im Alter von 35 Jahren so gut zu schreiben. Man möchte ihn schlagen”, unterzeichnet von Nobelpreisträger Jose Saramago geschrieben, das wurde, glaube ich, auch bei der Bloggersession so erwähnt und inzwischen ist der 1970 in Luanda, Angola, alle portugiesischen Autoren, die ich jetzt lese, scheinen von dort zu kommen, auch ein bißchen älter geworden und es ist, das Buch ist bei “kupido travelouge” erschienen, daher ein Reisebuch, aber ein sehr ungewöhnlich, denn da ist der Erzähler mit einem Jonathan und einem, wie es heißt “naiven Portrait Kafkas” nach Amerika gereist und hat es dort an den verschiedenen Orten fotografiert.

Am Klappentext wird natürlich das “Amerika” Buch Kafkas, das inzwischen, glaube ich “Der Verschollene” heißt, erwähnt. Im Text, der aus vielen kleinen Sequenzen, alle mit Ort und Datumsangabe versehen, findet man nicht viel davon und die meisten der Sequenzen beginnen mit dem titelgebenden Satz “..sagte Jonathan” und so geht es durch Kaliforinien, zum Grand Canyon, nach South Dakota bis nach Florida und wir finden immer wieder das Portrait. Mal wird es in einem Walmart ausgesetzt, mal auf einen Sessel, mal in einem Helm fotografiert, “Projekt Kafka” genannt und interessant ist die Geschichte, wo Jonathan sich in L.A befindet und dort aufgefordert wird, sich seiner Prothesen zu entledigen. So schnallt er zuerst ein Bein ab, dann das andere, dann ein Ohr und die Nase und als er beim Herz angekommen ist, wird er nicht mehr in die Studios hineingelassen. Das erinnert an Kafka könnte man sagen.

Tagebucheintragungen gibt es immer wieder auch und dann die “Spielarten von Bosheiten – durch elektrischen Strom – mit Schlaginstrumenten (akustische Bosheit) – mit Nahrung – mit heißen Gegenständen – mit eiskalten Gegenständen” und so weiter und so fort.

In “Idaho” geht es ins Kino. “Stell dir Kafka im Kino vor, sagte Jonathan. Kafka mit der Karte in der Hand, wie er im Saal einen Platz sucht. Reihe D, Platz 17. Kafka bittet um Entschuldigung, weil Leute aufstehen müssen, die bereits in derselben Reihe Platz genommen haben. Rücksichtsvoller Kafka.”

Im “Yellowstone Nationalpark”, in dem ich auch schon mal war, sind wir ja 1989 mit der damals kleinen Anna auch fünf Wochen dort gewesen und sowohl in New York, als auch in L. A, San Francisco, beim Grand Canyon, etcetera gewesen, wird Jonathan, wie das auch bei uns so war, vor den Bären gewarnt und der Ranger macht dann auch, als Jjonathan keinen getroffen hat, “einen Scherz, den er mit allen Kindern macht.”

Und am “Flughafen von Rapid City”, von wo nach Florida geflogen wird”, sagt ein Kind, während es den eben gekauften, verpackten Kuchen herzeigt: Oma, Oma schau auf das Verfallsdatum. Das ist morgen. “Dann iss schnell”, antwortet die Großmutter. Das fand ich lustig. Es ist sechs Uhr abends, das Kind muss schnell essen. Nach Mitternacht ist die Zeit abgelaufen. Jonathan lacht. “iss schnell, iss schnell”, sagt er.”

Ein interessantes, ungewöhnlichrs Reisebuch, kein wirklicher Führer, eher ein Stück Kunst mit originellen Aufnahmen und ich kann mich erinnern, daß ich 1989, als ich dort war, auch Tagebuch geschrieben habe. So künstlerisch ist es natürlich nicht geworden, denn ich schreibe nicht so so gut, wie Goncalo M. Tavares, obwohl ich damals schon sechsunddreißig war .

“Eine Entdeckungsreise der Gegenwart, nach Amerika, in die USA. Mit im Gepäck, ein naiv gemaltes Portrait von Franz Kafka”, steht noch am Buchrücken. Ich kann noch anmerken, daß ich einmal Wolfgang Koeppens “Amerikafahrt”, der ungefähr die gleiche Route, wie wir damals unternommen hat, in einer Abverkaufskiste fand.

Caffe in Triest

Historische Krimis scheinen derzeit ja sehr in Trend zu sein, so habe ich gerade den vierten gelesen und wanderte da von der Monarchie und Kaiser Wilhelm, ebenfalls zur Monarchie aber nach Triest ins Jahr 1907 hinauf oder hinunter.

“Caffe in Triest” heißt das Buch, das von Günter Neuwirth geschrieben wurde, der schon einige diesbezügliche Romane verfaßte. Schlampig oder legasthen, wie ich bin habe ich ihn mit Günter Neumann verwechselt und mir das Buch bestellt.

Es war aber ein Gewinn, obwohl es sehr langsam und bedächtig beginnt und ich mir ziemlich lang die Frage stellte, wo da jetzt die Krimihandlung ist?

Die gibt es, wird aber ein bißchen gespoilert erzählt und man braucht zu Beginn auch einige Vorkenntnis der vorigen Fälle, um die Handlung zu verstehen. Das Besondere an dem Buch sind aber die historischen Details, da erfährt man, was die Damen 1907 bezüglich ihrer Monatsblutung verwendeten und ,daß die Damen, die höheren wahrscheinlich, in Wien schon die Cafes allein oder mit ihren Freundinnen frequentierten, was in Triest noch ein bißchen ungewöhnlich war.

Historische Krims, die in Triest spielen, scheinen auch en vogue zu sein, so wurde ein solcher von Christian Klinge “Ein Giro in Triest” bei “Rund um die Burg”, vorgestellt und, um was geht es?, werden meine ungeduldigen Leser jetzt vielleicht fragen.

Es geht um Jure Kuzmin, das ist ein Slowene, der im Slowenenviertel der Stadt lebt, ja die Nationalitätenfrage und die Kämpfe zwischen den Donaumonarchisten, Italienern und Slowenen, spielt auch eine große Rolle und Jure ist aufgestiegen und hat sich jetzt vorgenommen Kaffee nach Triest zu importieren und damit sein Geschäft zu machen. Verliebt ist er auch in die Signorina Elena, die Tochter eines Geschäftmannes, die an der berühmten Berlitz Sprachschule Englisch studiert und dabei von James Joyce oder seinem Bruder Stanislaus unterrichtet wir. Er hat auch einen Nebenbuhler, das ist Dario Mosetti, ein Nichtstuer, der nationale Gedanken hegt, seine Tage bei Spiel und Billard im Cafe Tommaseo verbringt und Elena unbedingt heiraten will.

Dann gibt es wahrscheinlich bekannt schon aus den vorigen Fällen, den Inspektor Bruno Zabini, dessen Privatleben ich ein bißchen unrealistisch finde. Er unterhält nämlich Beziehungen zu zwei verheiraten Frauen, einer Baronin, die Novellen schreibt und der Gattin eines Seemanns, die er schon seit Jugendtagen kennt. Das ist noch nicht so ungewöhnlich. Eher, daß die beiden Damen Luise und Fedora nicht aufeinander eifersüchtig sind, sondern sich sogar gegenseitig einladen und unterstützen.Das heißt Baronessa Luise tut das und stellt den Beiden während sie familiären Angelegenheiten nachgeht, sogar ihre Villa zur Verfügung. Interessant ist auch, daß beiden Frauen von ihren Männern die Kinder weggenommen wurden und zu den Großeltern oder Verwandten in Pflege gegeben wurde, so daß man sieht, daß es die Frauen zu Beginn des vorigen jahrhunderts nicht leicht hatten, auch wenn sie der Oberschicht angehörten.

Fedoras Gatte bekommt Wind von der Affaire, verstößt die Frau zuerst, versöhnt sich aber später mit ihr und gibt ihr auch vielleicht die Söhne wieder zurück. Es droht dem Inspektor aber eine Anklage, als Ehebrecher und zwischen all dem wird Jures Bruder Joze mit diesen verwechselt, denn Dario hat seine Freunde angwiesen, ihn zusammenzuschlagen, weil er italieneische Frauen betapschte. Aber der wehrt sich, denn er ist ein Boxer und stößt den Angreifer ein Messer in den Bauch, der daran stribt, weil er nicht ins Spital gegangen ist. Joze versteckt sich zuerst, will sich dann stellen, weil sein Bruder schon zur Polizei gegangen ist und Bruno alles erzählte, wird aber von der Bande ermordet.

Das ist die Krimihandlung, die Bruno aufklären muß und der Thronfolger Franz Ferdinand kommt mit seiner Gattti nSophie auch auf Besuch nach Triest, was natürlich auch organisert und überwacht werden muß.

Ein sehr interessantes Buch vor allen wegen seiner Details des Alltagsleben von 1907. Ob man damals wirklich so freizügig war und so tolerant, wage ich, wie beschrieben, zu bezeiweifeln. Freizügig wahrscheinlich schon, so offen wurde aber wahrscheinlich nicht darüber gesprochen und auffällig ist vielleicht auch, daß manche Passagen und Dialoge sehr umständlich geschrieben scheinen, es gibt aber, was ich als sehr hilfreich empfand, am Beginn ein Personeninventar, in dem ich mich öfter informierte.

Pandemia

Im April 2021 ist der 1960 in Wels geborene Grünpolitiker und ausgebildeter Volksschullehrer Rudi Anschober als Gesundheitsminister wegen gesundheitlicher Überlastung zurückgetreten und hat irgendwann später angekündigt ein Buch über die Pandemie zu schreiben.

Zuerst habe ich, glaube ich, gehört, daß es eine Art Krimi werden soll. Jetzt ist ein fiktives Sachbuch daraus geworden und Bücher über die Pandemie interessieren mich natürlich sehr, habe ich selbst ja schon zehn darüber geschrieben. Acht sind davon schon veröffentlicht und unzählige “Literaturgeflüster-Artikel” gibt es bei m ir über dieses Thema und ich habe auch schon einige Covid-Bücher gelesen.

Fiktive, wie die “Mauern” oder “Corona in Buchenwald”. Das Erste war das von Paulo Giordano gewesen. Dann kam “Corona-Fehlalarm”, an dem ich ganz ehrlich nicht viel auszusetzen habe und das sich mit meiner Meinung über die Pandemie deckt.

Die “Pandemischen Zeiten” habe ich gelesen, den “Lockdown 2020” und die “Neue (Ab)Normailtät” von Robert Misik.

Also wie auch bei meinen übrigen Leseverhalten, ein Springen von links nach rechts und ein Blicken über den Tellerrand, denn ich bin ja an Vielen interessieren und bezüglich Pandemie interessieren mich alle Sichtweisen, wie ich auch außerhalb Covid denke, daß es wichtig ist, sich alles anzuhören und mit allen zu sprechen. Bei Covid und der gespaltenen Gesellschaft in die wir durch sie gekommen sind, gilt das ganz besonders.

Vor kurzem habe ich auch noch ein Sachbuch über die neue Volksskrankheit “LongCovid” gelesen und jetzt das neue Buch von Rudi Anschober, den ich für sehr symphathisch finde, das, wie ich gerade in einem Interview höre, eine ungewöhnliche Schreibweise hat und schwer in der Form einzuordnen ist.

Das finde ich an dem Buch sehr interessant, denn ich habe mir gedacht, daß es wohl nicht möglich ist, als ehemaliger Gesundheitsminister, der die Freiheits- und Grundrechte einschränken mußte oder das zu müssen glaubte, denn Schweden hat das ja viel weniger getan, aus der Schule zu plaudern. Daß er bedroht wurde und Personenschutz benötigte, steht auch in dem Text.

So ist das Buch also, was wahrscheinlich auch zu der harmonisierenden Persönlichkeitsstruktur Anschobers, wie ich einschätzen würde, passt, ein Versuch geworden, die letzten zwei Jahre oder die Zeit seiner Ministertätigkeit zusammenzufassen und am Schluß noch Ausblicke, wie man es besser machen könnte, zu geben.

Es beginnt also beschreibend, fiktive Erlebnisberichte gibt es auch und immer wieder mit genauen Datum versehen, die “Berichte aus dem Maschinenraum”.

Ganz schnell wurde er ins kalte Wasser geworfen, im März 2020 mußte er Entscheidungen treffen, die Freiheitsrechte beschränken, den Lockdown immer mit dem Wunsch Menschenleben zu retten, beschließen und stand dabei auch in Konkurrenz mit dem damaligen Bundeskanzler Kurz, als seine Beliebtheitswerte größer wurden.

So geht es durch das Jahr 2020, wo es noch das ursprüngliche Wuhan-Virus gab und man noch nicht viel über des Virus wußte, beginnend mit dem Krankheitsbericht, einer Frau, die an Covid erkrankte, wobei unklar war, wo sie sich ansteckte, war sie ja weder in Italien noch in China. Sie merkte aber schnell, eine normale Grippe ist das nicht und wurde später zur Long Covid-Patientin. Dann gibt es eine Buchhändlerin, die versucht online ihre Bücher auszuliefern und Onlinelesungen für Kinder veranstaltet, was mich sehr an die “Seeseiten Buchhandlung” erinnerte, die das im Frühling 2020 tatsächlich so machte und ich mir öfter auch ihre Videos angehört hatte.

Es gibt die Berichte einer Wissenschaftlerin, die versucht ihr Wissen über diese Krankheit weiterzugeben, was mir manchmal etwas unverständlich war, die einer Ärztin und noch unzählige Fallberichte, wie es beispielsweise in Ischgl und Beispiele von Menschen, die es nicht schafften, sondern an Covid gestorben sind. So geht es durch das Jahr und durch das, was da passierte. Die Einführung der Maskenpflicht, die Lockerung der Maßnahmen, Verschärfung ab Herbst, Einführung der Ampel, neuerlicher Lockdown, bis zur ersten Impfung Ende Dezember.

Rudi Anschober sieht natürlich vieles anders als ich, die ich ja sehr kritisch bin, versucht sich aber auch mit seinen Gegnern auseinanderzusetzen und hat die, die ihn beschimpften, auch angerufen um sie zu verstehen und ist jetzt auch sehr viel auf Lesereise, um sein Buch vorzustellen, wo er versucht, die Leute zusammenzubringen.

Das zweite Jahr beginnt mit dem Druck und der Unzufriedenheit bezüglich des Impffortschrittes. Hier kommt auch Kritik an Kanzler Kurz auf, der Anschober ja in Stich gelassen hat, als der im Krankenhaus lag und den russischen Impfstoff nach Österreich bringen wollte. Von den Massentests wird zu den Zugangstests, um zu den Dienstleisternzu dürfen, umgeschwenkt. Die Restaurants waren ja noch zu und Anschober versuchte verzweifelnd weitere Öffnungen, wie von der ÖVP gefordert, zu verhindern.

Im April kommt es, wie schon erwähnt zum Rücktritt mit Tränen, vielen Blumen und Mohnstrudel, Anschobers Lieblingsmehlspeise und Anschober kann endlich mit Partnerin und Hund spazierengehen, der wie ich bei dem schon erwähnten Interview hörte, inzwischen gestorben ist.

Dann geht es weiter mit den fiktiven bzw. anonymisierten Fallbeispielen. Da wird ein neunundsechzigjähriger Impfgegner angeführt, der auf Demos geht. Die sehe ich, die ich ja auch dort gewesen bin, anders, als der Ex-Minister und habe auch nicht gewußt, daß Heriberts Kickls Infizierung zu einem Spitalsaufenthalt führte, was mich, als ich das gelesen habe, erstaunte.

Es gibt ein rührendes Kapitel dreier Krankenschwestern, die sich Jahre nach ihrer Ausbildung in einer Konditorei bei Kaffee und Kuchen treffen. Einer ist es, wie Anschober gegangen. Sie hat, um sich selbst nicht kaputt zu machen, gekündigt. Die andere wurschtelt weiter und versucht mit ihrem Team sich gegenseitig zu unterstützen. Die Dritte hat das Kündigungsschreiben auch geschrieben, nimmt es täglich auf die Station mit und trägt es dann wieder nach Haus.

Als Anschober das Buch geschrieben hat, hat das dritte Pandemiejahr schon begonnen und am Schluß kommt es zu den Ausblicken.

Da empfiehlt Anschober zur weiteren Pandemiebekämpfung den dritten Weg. Es kann nicht mehr allein weiter gewurschtelt werden und ein Laufen lassen ist es auch nicht. Es braucht stattdessen gesamteuropäische Strategien.

Bei den Weltweiten hätte ich Schwierigkeiten, wenn ich an den Weg Chinas und den Lockdowns in Shanghai denke und das Buch schließt mit dem Beispiel einer Schule, wo sich alle Lehrer und Schüler solidarisch gegen Grippe impfen ließen, um einen immunsupprimierten Schülern den weiteren Schulbesuch zu ermöglichen.

Da hätte ich, so schön das auch klingt, auch meine Schwierigkeiten.

Aber Omikron ist inzwischen schon durchgelaufen und die Zahl der Covid-Patienten auf den Spitälern und Intensivstationen hat sehr abgenommen.

Vielleicht wird oder könnte es im dritten Jahr besser werden, die spanische Grippe hat auch einmal geendet. Warten wir, obwohl es jetzt offenbar schon ein neues Affenpockenvirus gibt, vor dem gewarnt wird, also ab und ich habe das Buch sehr interessant gefunden.

Vieles habe ich schon gewußt, einiges war neu für mich und einiges, wie die Impfpflicht und die Lockdowns für die Ungeimpften wurde nicht thematisiert und natürlich wünsche ich Rudi Anschober für seinen weiteren Lebensweg, seine Gesundheit und seine journalistische Karriere, die er anzustreben scheint, alles Gute!

Tell

Das Schweizer Nationalepos aus dem vierzehnten Jahrhundert von Friedrich Schiller erfolgreich dramatisiert wurde jetzt von dem 1981 Schweizer Joachim B. Schmidt, der in Island lebt nicht neu oder nachgeschrieben, wie am Buchrücken des “Diogenes-Buchs” steht, sondern “zu einem spannenden Thriller in beinah hundert Sequenzen mit zwanzig verschiedenen Protagonistenstimmen”, gemacht. “Modern, frisch, und mit einen unwiderstehlichen Sog.”

“Stimmt!”, kann ich schreiben, obwohl ich das Anfangs gar nicht glaubte und vor dem Lesen fast bereute, daß ich mir das Buch zuschicken ließ. Denn was soll ich mit einer Schweizer Heldensage und dem Nationalhelden aus dem vierzehnten Jahrhundert? Irgendwann habe ich das Schiller Drama ja wohl gesehen oder in der Schule gelesen.

Bestellt habe ich es mir, weil es da ja einmal einen “Diogenes-Talk” gab, den ich fast verschlafen habe, also vor Rudi Anschobers “Pandemia” auf das ich schon sehr warte, weil die Pandemie, wie ich überall höre, ja noch nicht vorbei sein darf, noch hinein in die Schweizer Alpen und wie schon geschrieben, ich wurde überrascht und kann das Buch nur sehr empfehlen, auch wenn man, wie ich bei dem historischen Romanen schon beim ersten Weltkrieg aufhören will.

Es beginnt mit einem Bären und den sieht Hedwig, die Frau des Wilhelm Tell, es gibt ja die fast hundert kurzen Kapitel, ich habe sie nicht nachgezählt, die immer einen Protagonistennamen tragen. Tell jagt mit seinem Sohn Walter, der eigentlich der seines Bruders Peter ist, der in den Bergen einmal verunglückte, ihm nach und hat das Pech dabei vom Llandtvogt Gessler erwischt und des Wilderns verdächtigt zu werden. Der schickt von seinem Helfer Harras angestachelt, dann die Soldaten um ihn zu bestrafen und klauen ihm den Leiterwagen, die Großmutter verhindert, daß es dabei zu etwas Schlimmen kommt, fällt aber um und stirbt, was Tell noch rasender macht. Mit seinem Buben Walter gräbt er die Leiche dann ins Tal zu Vater Taufer hinab und dann muß er eine Kuh verkaufen.

Dazu muß er in die Stadt und den berühmten Hut grüßen, tut er nicht, weil er ihn nicht bemerkt, die Schergen oder die jungen Soldaten, die meisten immer betrunken sind, tun das aber und Gessler erscheint mit Harras ebenfalls und gibt den Auftrag, daß er den Apfel von Walters Kopf schießt. Tell hat den zweiten Pfeil im Köcher, wird danach gefangengenommen und soll über einen See irgendwohin geführt werden. Das Boot kentert, Tell kann aber schwimmen, richtet alle und zieht dann los in die Berge, um dort weiterzuleben oder nach seinem toten Bruder zu suchen, der genauso, wie ein Gespenst über allen schwebt, wie auch die Tatsache, daß der frühere Priester Vater Loser, VaterTaufer und auch Tell, als sie Kinder waren vergewaltigt hat. Die Mißbrauchserfahrung muß natürlich auch noch in die Legende hinein, ist es ja ein spannender Thirller geworden und am Schluß scheucht Lotta, die jüngste Tochter, die damals noch ein Baby, jetzt aber schon Großmutter ist, den Schreiber weg, der sich nach all dem erkundigt, obwohl man sich ja jetzt, wie die Tochter sagt, nicht mehr fürchten und die Geschichte auch nicht mehr vertuschen muß.

Bon Jour Saint Ex

Jetzt kommt wieder ein sehr interessantes Buch, das von dem Schriftsteller und Piloten Jörg H. Trauboth geschrieben wurde, der den 1944 abgestürzten Autor des “Kleinen Prinzen” Antoine de Saint – Exupery, auf seinen letzten Flug am 31. Juli 1944 begleitete beziehungsweise ihm nachgeflogen ist.

“Eine poetische Begegnung mit Antoine de Saint- Exupery auf seinen letzten Flug”, heißt es auch im Untertitel und es beginnt in Korsika, denn da begibt sich der fiktive Sohn des Jagdfliegers, der den Franzosen damals abgeschoßen haben soll, Fabian dorthin, besichtigt das Exupery Zimmer im Restaurant oder Hotel “Les Sablettes”, wo Exupery am Abend vor seinem Absturz gegessen hat und am nächsten Tag geht es zum Flughafen und da erzählt Fabian einem Oliver, was er von Exupery so weiß. Der wurde 1900 geboren, war also als er seinen letzten Flug antrat, nicht mehr jung. Er war, wie Jörg H. Trauboth schreibt, ein psychisches und physisches Wrack. Denn es gab vorher schon mehrere Abstürze und Verletzungen. So konnte er seine Hand nicht mehr bewegen und hätte auch den Fallschirm nicht benützen können. Aber er galt sowieso als depressiv, hat sich also bewußt in den Tod gestürtzt? Noch dazu, wo er wußte, daß es sein letzter Aufklärungsflug gewesen wäre, weil er für die Amerikaner und auch für die Franzosen, nicht mehr tragbar war. Er war aber damals wegen dem “Kleinen Prinzen” schon weltberümht und hat so einiges durchgesetzt, was den anderen Piloten nicht möglich gewesen wäre.

Er hat auch mehrere Fliegerromane geschrieben und sogar Gedichte, die mir Doris Kloimstein, bei unseren letzten Treffen am Markt im St. Pölten überreichte. Aber die werden bei der “Spurensuche” und im Werkverzeichnis von Jörg H. Trauboths Buch nicht erwähnt. Es gibt aber ein Kapitel, wo der letzte Flug Saint Exuperys fiktiv beschrieben wird. Er soll da an seine Mutter gedacht und in sein Notizbuch geschrieben haben.

Das Flugzeug ist jedenfalls abgestürzt und es wurde erst 1998 von einem Fischer vor der Insel Rijou sein Armband gefunden und die Überreste des Flugzeuges zwei Jahre später von einem Taucher.

Also sehr geheimnisvoll und so begibt sich auch Jörg H. Trauboth auf die Spurensuche und Fabian hat dann in der Luft eine seltsame Begegnung. Denn auf einmal ist die “Lightening” neben ihm und der kleine Prinz sitzt neben ihm im Cockpit. Er unterhält sich mit dem Schriftsteller, hält sich auch für verrückt. Da kann ihm nur die hübsche Pascale von dem Hotel, wo es das Exüpery-Zmmer gibt, ein wenig beruhigen beziehungsweise ihm die “Canapes de Saint Ex” servieren.

“Man sieht nur mit dem Herzen gut”, ist ja ein berühmter Satz aus dem “Keinen Prinzen”, den ich durch meine Französischlehrerin in der Straßergasse kennenlernte, die sehr von ihm schwärmte und immer das Bild von der Schlange mit dem Napoleonhut auf die Tafel malte und eigentlich habe ich gedacht, ich hätte einige seiner Fliegerromane in meinem Katalog. Dann aber außer den Gedichten nicht gefunden.

So war es sehr interessant sich in das Leben oder den letzten Flug des Dichterpiloten einzulesen und freue mich einen einer anderen Romanen einmal zu finden und inzwischen warten seine Gedichte in Harland auf mich.

Vielleicht habe ich dich nur erfunden

Noch ein Buch aus dem “Haymon-Verlag”, das ich gleich nach der “Schwerkraft der Tränen” bekommen habe. Diesmal aber etwas ganz anderes, behandelt das Buch der mir bisher unbekannten Tatjana Scheel, die Drehbuchautorin und Schriftstellerin ist und in Berlin lebt, sehr viele und sehr aktuelle Themen.

Da wird gegendert und mit Sternchen* geschrieben. Es geht um Mülltrennung und um die Minimalisierung des Llebens. Um Yoga und um die verschiedensten Lebensformen und vor allem wahrscheinlich, um eine problematische Jugend, um die Traumen, die man sich während einer Mittelschichtjugend zuziehen kann, die zu Depressionen, Haltlosigkeit, Unsicherheit, Suchtverhalten und führen können, was einer fast siebzigjährigen Therapeutin mit vierzigjähriger Therapieerfahrung nicht unbekannt ist und hier spritzig frech politisch korrekt und manchmal auch etwas widersprüchig erzählt wird.

Da ist Alex, eine Frau mit einem eigentlich banalen Namen, sie heißt aber auch Olivia, kommt aus München, steht knapp vor ihrem Abitur, für das sie lernen sollte. Sie fährt aber stattdessen mit einer Micky Mouse, das ist der Freeund des Jungen auf den sie eigentlich steht und der sehr scharf auf sie ist und seiner Mutter in das Ferienhaus in Sizilien. Das geht gehörig schief, denn er will Sex von ihr, die Mutter fordert sie auf ihre Hemmungen zu überwinden, sie kotzt ihn an und verläßt das Haus und bevor sie zurückfliegen kann, trifft sie auf Sheela, ihren Bruder und seinen Freund Matteo und eine Haßliebe, die sich über drei Teile zieht, aber wahrscheinlich wenn es einen vierten oder fünften Teil geben würde, endlos weiterginge,beginnt.

Die Beiden ziehen sich an, Alex verliebt sich sofort in die Tochter eines iranischen Vaters und einer französischen Mutter, die ihre Kinder sehr frei aufwachsen lassen, es gibt aber auch viel Distanz zwischen ihnen und vielleicht verliebt sie sich auch in Sheelas jüngeren Bruder, einen Nerd, der Physik studieren will und solche Bücher liest. Es kommt zu einigen Parties und dann ißt Alex aus Versehen einen ganzen Sack Haschkekse auf, Ennis, der Bruder und Francoise, die Mutter pflegen sie, Sheela ist nach München zurückgeflogen, um dort einen Job anzunehmen.

Dann geht es elf Jahre später nach Berlin. Da kommt Alex von irgendwoher zurück, ihre beste Freundein Helene, die eine sadomachosistische Beiehung zu dem dicken Türken “Gül”, das heißt “Rose”, hat, holt sie ohne Auto ab, denn auf das muß man jetzt ja verzichten. So schleppen sie den Koffer mit der U -Bahn in die Wohnung und stoßen dabei auf das Plakat der Filmpremiere der berühmten Regisseurin Sheela Shahbazi. Zuerst will Alex nicht hin, dann kommt es zum Wiedersehen der Frauen, die sich elf Jahre nicht gesehen haben. Das heißt, einmal gab es schon ein Treffen, das aber fatal endete. Alex hat inzwischen eine Depression erlebt und Helene in einer Selbsthilfegruppe kennengelernt, hat ihr Jusstudium, das sie nach dem Abi begann, die Mutter ist Juristin aufgegeben und studiert jetzt Regie. Sie geht auf eine wilde Party in Sheelas Wohnung, lernt da einen Schauspiel erund später die Frau kennen, die Sheela heiraten will. Eine wilde Hotelnacht gibt es auch und dann gehts noch ein paar Jahre später nach Island, da ist Alex mit einem Malek zusammen, hat ein sehr impulsives Kind, das seine Mama mahnt nicht wieder mit dem Papa zu streiten, hat ein Yogastudio, umarmt Bäume oder Flüße, nein, die wahrscheinlich nicht wirklich und Sheela tanzt auch wieder an, bevor sich die beiden für immer, weil das Buch dann zu Ende ist, trennen und der Satz “Vielleicht habe ich dich nur erfunden”, steht auch irgendwo geschrieben.

Am Buchrücken kann man “Tatjana Scheel erzählt vom überwältigenden Gefühl, verführt und geführt zu werden. Von Kontrolle und Macht. Von der Sucht und vom Suchen. Von der Notwendigkeit, die eigenen Bedürfnissen zu definieren. Und vom Glück nackt im Wald zu tanzen” lesen und eine Vivian Percovic hat “Bunt, laut, schnell: Zwischen Sizilien, Berlin und Island, zwischen Neurosen, Rausch und tiefen Gefühlen findet eine junge Frau ihre eigenen Identität”, geschrieben.

Das habe ich nicht unbedingt herausgelesen. Meiner Meinung nach würde es genauso schrill und widersprüchig weitergehen und das war der Therapeutin, die wahrscheinlich schon nach Halt, Struktur und Sicherheit sucht und versucht diese auch an ihre Klienten weiterzugeben, ein bißchen zuviel.

Schwerkraft der Tränen

Heuer war ja Portugal das Gastland der Leipziger Buchmesse oder hätte das vielleicht schon im Vorjahr sein sollen. Die Messe hat dann nicht stattgefunden, Gastlandauftritte gab es schon und ich bin da per Zoom auch bei zwei Veranstaltungen gewesen, bei einer hat die 1979 in Angola geborene und in Portugal aufgewachsene Yara Nakahanda Monteiro ihr Debut “Schwerkraft der Tränen” vorgestellt, das seltsamerweise bei “Haymon” herausgekommen ist und für mich war neu, daß Angola oder von dort stammenden Autoren zur portugiesischen Literatur gehören. Also wieder was gelernt, daß das eine portugiesische Kolonie war und es einen Befreiungskrieg gegeben hat, über den jetzt Romane geschrieben werden. Ein paar Tage oder Woche später wurde mir dann das Buch angeboten, das ich jetzt gelesen habe, das auch sehr interessant ist.

Ein interessantes Thema, ein interessanter Schreibstil, auch ein bißchen verwirrend, aber sicher wichtig sich in die Literatur der jungen aus Angola kommenden Autoren einzulesen und möglicherweise ist auch ein bißchen Autobiografisches dabei.

Da ist jedenfalls die Bibliothekarin Vitoria, in Angola geboren, mit den Großeltern als Zweijährige nach Portugal geflüchtet und dort aufgewachsen, die keinen Kontakt zu ihrer Mutter Rosa Chitula, eine angolische Freiheitskämpferin hat, die sich nie gemeldet und so fliegt Vitoria nach Luanda, der Hauptstadt, um nach ihrer Mutter zu suchen.

Sie wohnt bei einer Freundin ihrer Tante, die ihr auch den Tip gegeben hat, sich mit einem General in Verbindung zu setzen. Den trifft sie dann bei einer Hochzeit. Vorher war sie mit ihren Cousinen tanzen und ist auch ein bißchen in das soziale Leben Angolas, der Armut und der Unterdrückung eingetaucht. Der General läßt sie warten, beziehungsweise engagiert er sie mit ihr seine Gedichte vorzustellen. Er bezahlt aber die Inserate, die Vitoria aufgibt, um nach ihrer Mutter zu forschen und die kommt dann in Kontakt mit Mama Ju oder Juliana, die sie damals zu ihren Großeltern brachte.

So fliegt Vitoria nach Huambo, wohnt dort bei Mama Ju, die damals mit ihrer Mutter kämpfte, deren Haus angezündet wird und erfährt von ihr nach und nach die Geschichte ihrer Mutter und den Grund, warum die sich nie gemeldet hat, ist Vitoria doch wahrscheinlich das Kind einer Vergewaltigung und Folteropfer und Vitoria, deren Großvater inzwischen gestorben ist, beschließt nie mehr nach Portugal zurückzukehren, sondern in Angola zu bleiben um für die Freiheit zu kämpfen.

Ein interessantes Buch, das, weil es in wechselnden Perspektiven geschrieben wurde, gar nicht so leicht zu lesen ist. Hab aber wieder etwas über die portugiesische Literatur erfahren, in der ich, wie ich schon geschrieben habe, nicht wirklich firm ist. Da das Portugal Paket mit einer Tragtasche, Lesezeichen und anderen Goodies inzwischen doch zu mir gekommen ist, warten noch zwei diesbezügliche Bücher auf mich.