Caffe in Triest

Historische Krimis scheinen derzeit ja sehr in Trend zu sein, so habe ich gerade den vierten gelesen und wanderte da von der Monarchie und Kaiser Wilhelm, ebenfalls zur Monarchie aber nach Triest ins Jahr 1907 hinauf oder hinunter.

“Caffe in Triest” heißt das Buch, das von Günter Neuwirth geschrieben wurde, der schon einige diesbezügliche Romane verfaßte. Schlampig oder legasthen, wie ich bin habe ich ihn mit Günter Neumann verwechselt und mir das Buch bestellt.

Es war aber ein Gewinn, obwohl es sehr langsam und bedächtig beginnt und ich mir ziemlich lang die Frage stellte, wo da jetzt die Krimihandlung ist?

Die gibt es, wird aber ein bißchen gespoilert erzählt und man braucht zu Beginn auch einige Vorkenntnis der vorigen Fälle, um die Handlung zu verstehen. Das Besondere an dem Buch sind aber die historischen Details, da erfährt man, was die Damen 1907 bezüglich ihrer Monatsblutung verwendeten und ,daß die Damen, die höheren wahrscheinlich, in Wien schon die Cafes allein oder mit ihren Freundinnen frequentierten, was in Triest noch ein bißchen ungewöhnlich war.

Historische Krims, die in Triest spielen, scheinen auch en vogue zu sein, so wurde ein solcher von Christian Klinge “Ein Giro in Triest” bei “Rund um die Burg”, vorgestellt und, um was geht es?, werden meine ungeduldigen Leser jetzt vielleicht fragen.

Es geht um Jure Kuzmin, das ist ein Slowene, der im Slowenenviertel der Stadt lebt, ja die Nationalitätenfrage und die Kämpfe zwischen den Donaumonarchisten, Italienern und Slowenen, spielt auch eine große Rolle und Jure ist aufgestiegen und hat sich jetzt vorgenommen Kaffee nach Triest zu importieren und damit sein Geschäft zu machen. Verliebt ist er auch in die Signorina Elena, die Tochter eines Geschäftmannes, die an der berühmten Berlitz Sprachschule Englisch studiert und dabei von James Joyce oder seinem Bruder Stanislaus unterrichtet wir. Er hat auch einen Nebenbuhler, das ist Dario Mosetti, ein Nichtstuer, der nationale Gedanken hegt, seine Tage bei Spiel und Billard im Cafe Tommaseo verbringt und Elena unbedingt heiraten will.

Dann gibt es wahrscheinlich bekannt schon aus den vorigen Fällen, den Inspektor Bruno Zabini, dessen Privatleben ich ein bißchen unrealistisch finde. Er unterhält nämlich Beziehungen zu zwei verheiraten Frauen, einer Baronin, die Novellen schreibt und der Gattin eines Seemanns, die er schon seit Jugendtagen kennt. Das ist noch nicht so ungewöhnlich. Eher, daß die beiden Damen Luise und Fedora nicht aufeinander eifersüchtig sind, sondern sich sogar gegenseitig einladen und unterstützen.Das heißt Baronessa Luise tut das und stellt den Beiden während sie familiären Angelegenheiten nachgeht, sogar ihre Villa zur Verfügung. Interessant ist auch, daß beiden Frauen von ihren Männern die Kinder weggenommen wurden und zu den Großeltern oder Verwandten in Pflege gegeben wurde, so daß man sieht, daß es die Frauen zu Beginn des vorigen jahrhunderts nicht leicht hatten, auch wenn sie der Oberschicht angehörten.

Fedoras Gatte bekommt Wind von der Affaire, verstößt die Frau zuerst, versöhnt sich aber später mit ihr und gibt ihr auch vielleicht die Söhne wieder zurück. Es droht dem Inspektor aber eine Anklage, als Ehebrecher und zwischen all dem wird Jures Bruder Joze mit diesen verwechselt, denn Dario hat seine Freunde angwiesen, ihn zusammenzuschlagen, weil er italieneische Frauen betapschte. Aber der wehrt sich, denn er ist ein Boxer und stößt den Angreifer ein Messer in den Bauch, der daran stribt, weil er nicht ins Spital gegangen ist. Joze versteckt sich zuerst, will sich dann stellen, weil sein Bruder schon zur Polizei gegangen ist und Bruno alles erzählte, wird aber von der Bande ermordet.

Das ist die Krimihandlung, die Bruno aufklären muß und der Thronfolger Franz Ferdinand kommt mit seiner Gattti nSophie auch auf Besuch nach Triest, was natürlich auch organisert und überwacht werden muß.

Ein sehr interessantes Buch vor allen wegen seiner Details des Alltagsleben von 1907. Ob man damals wirklich so freizügig war und so tolerant, wage ich, wie beschrieben, zu bezeiweifeln. Freizügig wahrscheinlich schon, so offen wurde aber wahrscheinlich nicht darüber gesprochen und auffällig ist vielleicht auch, daß manche Passagen und Dialoge sehr umständlich geschrieben scheinen, es gibt aber, was ich als sehr hilfreich empfand, am Beginn ein Personeninventar, in dem ich mich öfter informierte.

Abels Auferstehung

jetzt wäre es sich wahrscheinlich ausgegangen,Thomas Ziebulas zweiten Leipzig-Krimi mit in diese Stadt zu nehmen, wenn es die Buchmesse, wie geplant gegeben hätte. Hat sie aber nicht, denn sie wurde schon lange auf Mai verschoben, weil da das Wetter ja schöner ist und man die Messe auch im Freien abhalten hätte können. Jetzt gibt sie angesichts der steigenden Zahlen aber doch wieder nur Online oder überhaupt nicht und Thomas Ziebulas zweiter Stainer-Roman spielt im März 1920 und schließt sich nahtlos an den ersten an.

Also ein richtiger Fortsetzungsroman, denn einige Personen außer dem Inspektor kennen wir schon und der kommt zu Beginn vom Begräbnis seiner Frau zurück. Wir erinnern uns, so endet der “Rote Judas”, betrinkt sich, flucht vor sich hin und auch die Rosa Sonntag, die Malerin, die auch in einem Nachtclub singt und ihren Bruder Hagen kennen wir auch, sowie die letzte Straßenbahnfahrerin Fine König, die jetzt, nach dem die Soldaten aus den Gefangenenlagern zurückkommen sind, wieder an den Herd zurück soll und vielleicht die Art, wie der Mörder sein Geständnis durch das ganze Buch hindurchzieht.

Der beschreibt zu Beginn, wie man dazu kommt, einfach vor sich hinzutöten. Man fängt einmal damit an, der Krieg hat es vielleicht auch beigebracht und die Hemmungen genommen, kann man nicht mehr aufhören und muß am Ende, wenn die Leichen schon den Weg säumen, selbst den Strick nehmen.

Es fängt auch für die, die den ersten Band gelesen hat, vielleicht ein unverständlich an, in die Handlung hineinzukommen, denn da wird einer zuerst in Basel in den Rhein gestürzt und man denkt “Wui!”

Dann kommt Paul Stainer vom Begräbnis seiner Frau zurück und wacht betrunken auf und von einem Fechtduell der Leipziger Burschenschafter der illegalen oder vielleicht schon legalen Nazis, ist auch schon im Klappentext die Rede.

Dann geht zu Marlene Wagner, das ist eine ziemlich freidenkende Journalistin der Leipziger Volks- einer linken – zeitung, die soll über das Fechtduell schreiben, ein Herr Thorwald kutschiert sie dorthin, der jüdische Student Fritz Sternberg, der es schon vor dem Krieg geplant hat, wird später tot in seinem Hotelzimmer aufgefunden und das Buch besteht aus drei Teilen.

“Der Maler” das ist jener Fritz Sternberg, ist der erste, “Die Journalistin”, die zweite, denn die wird später auch ermodet und der dritte heißt “Das Mädchen”, das ist die siebzehnjährige Tochter der Straßenbahnfahrerin und die kommt, spoilere ich, gleich, mit dem Leben davon und so geht es dahin und wir in die Handlung hinein.

Paul Stainer hat mmer noch Schwierigkeiten mit dem Gedächtnis und seiner “Kriegsneurose”. Deshalb soll er degradiert werden, denn die nationalen Vorgesetzen haben etwas gegen ihn und Rosa Sonntag, die auch Malerin ist, will ihren Bruder, der ihr ja im ersten Teil übel zusetzte, eines auswischen.

Sie ist nicht nur Sängerin, sondern auch Malerin und soll das Hochzeitsbild ihrer Frunddin Clara malen. Die war schon mal verheiratet, mit Adrian Adamek, der in Verdin gefallen ist. Jetzt will sie seinen Bruder Konrad, einen Pelzhändler heiraten und einen dritten Bruder, Roman gibt es auch. Der lädt Marlene Wagner zum Abendessen ein, die wird aber ermordet, weil den Nationalen ihr Burschenschaftsartikel nicht gefallen hat? Und vorher war sie in Basel, weil der tote Soldat ihr Bruder sein hätte können. War er aber nicht und der Tote hatte ein Zigarettenetu bei sich, dem Marlene nachspürt, weil sie einen Artikel über den toten Soldaten schreiben will.

Nach und nach klärt sich alles auf und man erfährt auch viel, wie es in Leipzig vor hundert Jahren ausgeschaut haben soll und, daß es schon damals schwierig war, wenn man mit einer Siebzehnjährigen im Bett erwischt wurde oder auch nicht, denn die konnte man damals noch schnell heiraten.

Mona König weiß aber nicht, ob sie das will? Geht sie doch noch zur Schule und verdingt sich als Komparsin im Theater, wo gerade “Macbeth” gespielt wird. Dort kommt es zu einer Verfolgungsjagd. Am Schluß klärt sich, wie schon beschrieben alles auf. Der Mörder, es war wieder eineÜberraschung und ein anderer als erwartet, hängt sich auf. Stainer entschuldigt sich bei dem Verdächtigen, der er vorher hart angefaßt hat und hat seine Gedächtnis wieder zurückbekommen und jetzt können wir gespannt sein, wie es weitergeht und ob ich jemals wieder ohne Maske und grünen Impfpaß nach Leipzig komme, um dort vielleicht den möglichen dritten vierten oder fünften Teil zu lesen?

Der rote Judas

Jetzt kommt ein Buch, das ich eigentlich erst in Leipzig lesen sollte, denn es spielt in dieser Stadt im Jännner 1920, als die letzten Kriegsheimkehrer mit nur einem Arm oder einen Bein von der Gefangenschaft zurückkamen, da man aber mit den Neuerscheinungen, wenn möglich nicht so lange warten soll und das Buch auch im Jänner bis Februar spielt, also auf zu Thomas Ziebulas “Roten Judas”, der offenbar vorher schon viele historische Romane und Fantasy geschrieben hat und es jetzt einmal mit einem historischen Krimi versucht und ich muß sagen, es ist ein sehr gutes Buch mit allen geforderten Spannungseffekten, auch wenn vielleicht darum, nicht alles so logisch erscheint, gut recherchiert scheit es aber  zu sein.

Ich habe ja schon einige Krimis und andere Bücher über das Jahr 1918 und dem Ede des World War ones gelesen, den ich ja auch literarisch die letzten Jahre begleitet habe, die spielten aber meistens in Wien und da kann ich noch anfügen, über die Weimarer Republik habe ich auch etwas gelesen.

Also wieder schön der Reihe nach, damit sich meine Leser nicht aufregen, daß ich schon wieder unverständlich schreibe, da ist der ehemalige Kommissar und jetzige Major oder so was, Thomas Stainer, der mit dem Verwundetentransport aus Frankreich heimkommt.

Er ist zwar nicht körperlich verwundet, aber traumatisiert, also doch, hat Gedächtnislücken, Schreikrämpfe, etcetera. Kann nachts nicht schlafen, weil ihm die Schrecken von der Front durch den Kopf gehen und wurde deshalb auch psychiatrisch behandelt. Seine Frau hat ihn auch verlassen, beziehungsweise lebt sie jetzt mit einem ebenfalls traumatisierten Oberarzt ihrer Klinik, sie ist Hebamme, zusammen.

Er wird aber trotzdem wieder in den Polizeidienst einberufen und da und das ist eine der Unlogigkeiten in dem Buch zum Inspektor hinaufbefördert und hat gleich einen oder mehrere Fälle aufzulösen, denn es werden einige Kriegsheimkehrer ermordet und langsam führen die scheinbar unabhängigen Fälle zu einem einzigen großen zusammen.

Tiere, was das Buch sehr sympathisch macht und ihm seine besondere Note gibt, kommen auch wieder vor. Als Stainer zum Dienstantritt fährt, muß die Straßenbahn stehenbleiben, weil Bengels ein Kätzchen in eine Blechdose gesperrt haben und über die Straße jagen. Das nimmt er zu seinem Dienstantritt mit und nennt es Eule. Es gibt dann noch einen Schäferhund, auch ein Symbol, einen die Internationale singenden und unflätig schimpfenden Papgei und einen Kanarienvogel, der zusehen muß, wie der, er ihn füttert, ermordet wird und die polizeilichen Ermittlungen werden durch die eigene Kollegenschaft auch immer wieder behindert. Akten verschwinden und tauchen später im Papierkorb auf, Verwandtschaftsverhältnisse zwischen Zeugen verschwiegen, etcetera, denn die Polizeimannschaft ist, wie offenbar das ganze Land in zwei Lager, in das Rote und das Nationale gespaltet. Paul Stainer gehört zu der roten Fraktion. Ich kann gleich spoilern, daß er der rote Judas ist, während sein durch den Krieg querschnittgelähmter Vater, der trotzdem mit seinen Orden und dem Uniformmantel im Rollstuhl herumfährt der nationalen Seite angehört und an der Front, wo unaussprechliche Grausamkeiten passierten und unnötige Schießbefehle gegeben wurden, hat es Leute gegeben, die sie verweigerten, deshalb zum Tod verurteilt wurden, trotzdemmehr oder weniger verwundet nach Leipzig zurückkamen, sich selbst anzeigen oder Bücher über die Greuel schreiben wollten und nun nach und nach erhängt oder erschoßen werden und nach einer Aktentasche im Kartoffelkeller, auch einer der Unlogikeiten oder Akten im Tresor einer Villa in Gohlis wird auch besucht

Rilkes Gedichte kommen immer wieder vor, die Straßenbahn fahrenden Schaffnerinnen, die auch in dem Buch “November 1918” erwähnt werden und auch etwas, was vielleicht, als das Moralisierende des Autors interpretiert werden könnte.

Denn Stainer will seine Edith zurück. Sie scheint das auch zu wollen, trotzdem werden aber sie und Dr. Brandt erschoßen, weil die Täter diesen für Stainer hielten, was diesen dazu veranlaßte, besonders scharf hinzusehen, seine Befugnisse übertreten und den Mörder seiner Frau schließlich im Wasser ertrinken läßt, weil man mit einem Arm ja nicht schwimmen kann.

Interessant, die traumatisierten Männer, so deutlich habe ich das noch nie gelesen, die Stainer schließlich in die Obhut eines Psychoanayltikers und auf die berühmte Coach führen, weil er so sein Amt nicht länger ausüben kann und viele weitere Details, die das Buch, das ich wirklich nur empfehlen kann, auch in Wien  sehr lesenswert machen.