Bon Jour Saint Ex

Jetzt kommt wieder ein sehr interessantes Buch, das von dem Schriftsteller und Piloten Jörg H. Trauboth geschrieben wurde, der den 1944 abgestürzten Autor des “Kleinen Prinzen” Antoine de Saint – Exupery, auf seinen letzten Flug am 31. Juli 1944 begleitete beziehungsweise ihm nachgeflogen ist.

“Eine poetische Begegnung mit Antoine de Saint- Exupery auf seinen letzten Flug”, heißt es auch im Untertitel und es beginnt in Korsika, denn da begibt sich der fiktive Sohn des Jagdfliegers, der den Franzosen damals abgeschoßen haben soll, Fabian dorthin, besichtigt das Exupery Zimmer im Restaurant oder Hotel “Les Sablettes”, wo Exupery am Abend vor seinem Absturz gegessen hat und am nächsten Tag geht es zum Flughafen und da erzählt Fabian einem Oliver, was er von Exupery so weiß. Der wurde 1900 geboren, war also als er seinen letzten Flug antrat, nicht mehr jung. Er war, wie Jörg H. Trauboth schreibt, ein psychisches und physisches Wrack. Denn es gab vorher schon mehrere Abstürze und Verletzungen. So konnte er seine Hand nicht mehr bewegen und hätte auch den Fallschirm nicht benützen können. Aber er galt sowieso als depressiv, hat sich also bewußt in den Tod gestürtzt? Noch dazu, wo er wußte, daß es sein letzter Aufklärungsflug gewesen wäre, weil er für die Amerikaner und auch für die Franzosen, nicht mehr tragbar war. Er war aber damals wegen dem “Kleinen Prinzen” schon weltberümht und hat so einiges durchgesetzt, was den anderen Piloten nicht möglich gewesen wäre.

Er hat auch mehrere Fliegerromane geschrieben und sogar Gedichte, die mir Doris Kloimstein, bei unseren letzten Treffen am Markt im St. Pölten überreichte. Aber die werden bei der “Spurensuche” und im Werkverzeichnis von Jörg H. Trauboths Buch nicht erwähnt. Es gibt aber ein Kapitel, wo der letzte Flug Saint Exuperys fiktiv beschrieben wird. Er soll da an seine Mutter gedacht und in sein Notizbuch geschrieben haben.

Das Flugzeug ist jedenfalls abgestürzt und es wurde erst 1998 von einem Fischer vor der Insel Rijou sein Armband gefunden und die Überreste des Flugzeuges zwei Jahre später von einem Taucher.

Also sehr geheimnisvoll und so begibt sich auch Jörg H. Trauboth auf die Spurensuche und Fabian hat dann in der Luft eine seltsame Begegnung. Denn auf einmal ist die “Lightening” neben ihm und der kleine Prinz sitzt neben ihm im Cockpit. Er unterhält sich mit dem Schriftsteller, hält sich auch für verrückt. Da kann ihm nur die hübsche Pascale von dem Hotel, wo es das Exüpery-Zmmer gibt, ein wenig beruhigen beziehungsweise ihm die “Canapes de Saint Ex” servieren.

“Man sieht nur mit dem Herzen gut”, ist ja ein berühmter Satz aus dem “Keinen Prinzen”, den ich durch meine Französischlehrerin in der Straßergasse kennenlernte, die sehr von ihm schwärmte und immer das Bild von der Schlange mit dem Napoleonhut auf die Tafel malte und eigentlich habe ich gedacht, ich hätte einige seiner Fliegerromane in meinem Katalog. Dann aber außer den Gedichten nicht gefunden.

So war es sehr interessant sich in das Leben oder den letzten Flug des Dichterpiloten einzulesen und freue mich einen einer anderen Romanen einmal zu finden und inzwischen warten seine Gedichte in Harland auf mich.

Heinrich Steinfest im Gespräch

Heute habe ich mich eigentlich in die “Alte Schmiede” streamen wollen, weil es dort ein “DichtFest” gab, diesmal moderiert von Semier Insaif, weil es Christine Huber, die diese Veranstaltung erfunden hat, offenbar nicht mehr macht, um damit mein Interesse an der Lyrik zu beweisen, aber dann habe ich gesehen, es gibt ein interessantes Parallelprogramm, nämlich Heinrich Steinfest moderiert vom “Schule für Dichtung Leiter Fritz Ostermayer und das interessierte mich sehr, habe ich doch mehrere Bücher von dem 1961 geborenen, der glaube ich, in Stuttgart lebt und, wie ich ebenfalls glaube, ein sehr skuriller Autor ist, in meinen Regalen und zwei habe ich, glaube ich, gelesen.

“Die Büglerin” hat mir sehr gut gefallen und dann einen wie ich mich erinnern kann, eher skurillen Krimi und einmal bin ich von der Schreibgruppe gerade noch zu den O-Tönen zurechtgekommen, wo er, glaube ich, etwas von Flugzeugen vorgelesen hat.

Das Buch über die Proteste um den Stuttgarter Bahnhof habe ich damals in Basel gefunden, bin aber noch nicht zum Lesen gekommen und jetzt hat der offensichtliche Vielschreiber schon wieder zwei oder noch mehr geschrieben von denen er zwei im Literaturhaus vorstellte.

Die “Amsterdamer Novelle” und die “Möbel des Teufels” noch nie etwas davon gehört und Fritz Ostermayer, der mit einer Musikprobe von Satie begann fragte, ob die Bücher paralell geschrieben wurden, weil er Ähnlichkeiten in Beiden fand.

Das kenne ich von mir. So gibt es ja im “Seitengewitter” eine Oberschwester Elfriede Binder und im “Frauenleiden” ist sie OP-Schwester oder das Vorbild der “Effi Briest” und es sind zwei verschiedene Personenen.

Bei Vielschreibern üblich, würde ich generalisieren, und die Hedwig Courth-Mahler tat das, glaube ich, auch und Heinrich Steinfest sagte, er hätte zum Beginn der Pandemie mit den “Möbeln”, den barocken dicken Roman begonnen und vorher noch einen über zwei Kindern und den “Zauberberg” geschrieben und als er damit fertig war, kam der Sommer und die Schreibpause und da hat er dann die “Amsterdamer Novelle geschrieben. Offenbar wirklich ein Scriboholic und in der hundert Seiten Novelle mußte er sich verdichten und an einen Rahmen, weil er im barocken Roman freie Laufbahn hat und dann gab er eine Definition der Novelle, nämlich ein “Dingmotiv und ein unerhörtes Ereignis”.

Früher gab es offenbar häufiger die Form der Novelle, während heute die Verlage aus hundert Seiten Text Romane machen, weil sie sich angeblich besser verkaufen und ich muß gestehen, daß ich nicht weiß, was ein Dingmotiv ist, habe ich ja Psychologie und nicht vergleichende Literaturwissenschaft studiert, aber aus meinen Texte, wenn ich bei dreißig- oder vierzigtausend Worten fertig bin, Novellen machen , weil ich sie nicht Romane nennen will.

Die “Amsterdamer Novelle” basiert auf ein reales Erlebnis. Der Sohn von Steinfeld war in Amsterdam und hat da einen Radfahrer gesehen, der seinem Vater ähnlich war, so daß er ihm das Foto davon schickte und das ist jetzt das Motiv der Novelle, Roy Paulsen, ein Visagist, war noch nie in Amsterdam, ist auch kein Radfahrer und so fährt um das Foto zu erkunden und seinem Doppelgänger aufzuspüren. nach Amsterdam.

“Die Möbel des Teufel” hat Ende 2019 begonnen und da geht es um einen Mann, Leo Prager, der nach vierundvierzig Jahren von einer südpazifischen Insel, wo er Hausmeister war, nach Wien zurückkommt, weil seine Schwester Eva ermordet wurde.

Das war der Einfall, den Heinrich Steinfeld hatte und er wollte auch vom Einsturz der Reichsbrücke vom August 1976, da war ich gerade in Hamburg, schreiben wollte. Da hat der Held Wien verlassen und jetzt kommt er nach Wien zurück und er oder Heinrich Steinfeld trifft in der Taubstummengasse auf die Detektei Cheng und so ist der sechste “Cheng und Frau Wolf Krimi” daraus geworden oder hat es der Verlag so beschrieben, um ihn wahrscheinlich wieder besser zu verkaufen.

Für mich interessant, weil mich das jetzt sehr beschäftigt, ist das Covid-Thema, kein Covid-Roman, aber wenn man im Jänner 2019 nach Wien kommt, dann drei Monate im Koma liegt und im März erwacht, was Steinfeld für seine Handlung brauchte, um in dieser Zeit die vierundvierzig Jahre seines Lebens zu erzählen und so hat er kleine Details von dem, was man im Lockdown machte, im Buch beschrieben, ohne einen Covid-Roman daraus zu machen.

Daß, das als nicht literarisch gilt, habe ich inzwischen auch begriffen, obwohl im Frühling 2020 Marlene Streeruwitz damit begonnen hat und ich habe in den “Hundert Seiten”, wo es ja um den Feminismus geht, die Krise verwendet, weil man im Somme 2021 ja Maske tragen mußte, wenn man aus einem Zug stieg.

Ein dicker barocker Roman mit einer offenbar sehr umfangreichen Handlung, die Steinfest wahrscheinlich nur angedeutungsweise erzählte, beziehungsweise ein Stück daraus gelesen hat und. Um das Rauchen oder das Aufgaben desselben scheint es im sechsten Cheng-Krimi auch zu gehen.

“Ich knie vor der wunderbaren Moderation!”, sagte Barbara Zwiefelhofer im Abspann und ich hatte mir schon gedacht, daß die Kombination des sehr skurillen erzählenden Autors mit dem wahrscheinlich eher experimentelle Ostermayer, sehr interessant war, was man den Fragen merken konnte, wo ich mir dachte, daß Fritz Ostermayer von Heinrich Steinfeld Schreiben vielleicht nicht sehr viel hält, aber so tut als ob und ich gerne wissen würde, was der immer sehr freundlich wirkende Steinfeld dazu dachte.

Eine gute Wahl der Lyrik heute Heinrich Steinfeld vorzuziehen, weil man da, wie ich schon beschrieben habe, dem Autor sehr gut über seine Schulter und seine Art des Schreibens gut ergründen konnte.

Revolver Christi

Obwohl noch fünf deutsche Bücherpreisbücher auf mich warten mache ich einen Schwenk auf die österreichische Lste und widme mich da den Debuts ,nämlich Anna Albinus achtundsiebz Seiten starke Novelle “Revolver Christ”, weil sich das Print leicht in der Badewanne lesen ließ und es am 20. a die Debutpreis-Lesung in der AK-Bibliothek gab, wo die drei Bücher vorgestellt wurde und die 1986 in Mainz geborene und in Wien lebende Theolgin war mir bisher unbekannt. Ich habe auch von ihrem Büchlein noch nie etwas gehört.

I der “edition foto TAPETA” ist es erschienen und fällt erstens durch ihren bedächtigen altmodischen Stil auf und zweitens durch die Idee die Kirchengeschichte in eine Art mystischen Krimi zu verwandeln, auf.

Sonst bin ich als Atheistin eher ratlos geblieben und habe die meisten theologischen Zusammenhänge und Anspielungen wahrscheinlich nicht verstanden. Es geht aber um Gewalt und wahrscheinlich auch darum aufzuzeigen, daß die nicht nur im Islam zu finden ist, sondern auch die Kreuzzüge, der dreißigjährige Krieg, etcetera, gewalttätig waren und um einen angeblichen Revolver Christi, eine Reliquie, die in einer Kathedrale ausgestellt ist, wohin es regelmäßige Wallfahrten gibt.

Das ist einmal ein Elektriker erschoßen worden und nun passiert es wieder. Eine Johanna Wächter erscheint mit einem zweiten Revolver in der Kathedrale, wird festgenommen, der Kulturverein routiert, weiß nicht, was er mit der Wallfahrt anstellen soll? Ein Kommissar soll aufklären, gerät aber selbst in die Geschichte hinein, hat er doch eine Frau, die ihre Mutter früh verloren hat und eine Tochter, sowie ein Haus auf Kreta, das auch eine Rolle spielt.

Johanna Wächter, eine Rechtsanwaltangestellte wird entlassen und taucht mit Briefen, die ihr Großvater seinem Schwiegervater geschrieben hat, bei ihm auf. Sie trägt einen langen weiten Mantel und in diesem geht sie auch der Tochter Mara nach. Dann wird sie tot aufgefunden. Der Kommissar deponiert die Briefe beim Pfarrer, seine Frau erkrankt, er gerät in Erschöpfungszustände und die Tochter übernachtet heimlich im Haus des verstorbenen Großvaters, geheimnisvolle Fotos gibt es auch. Dann fährt die Familie nach Kreta, wo es ebenfalls eine Schießerei gibt und der Kommissar von einem alten Mann, weil er deutsch spricht, beschimpft wird.

Geheimnisvoll und dennoch erstaunlich wenig spannend geladen. Zumindest gibt es keine richtige Krimihandlung und auch keine wirkliche Aufklärung. Stattdessen geht der Versuch einer Theologin, die Kirchengeschichte, in einen Krimi zu verpackend fast anachronistisch langsam vor sich.

“Anna Albinus nimmt in ihrem klassischen, eleganten Erzählton unmerklich Anlauf, als wäre nichts, und unversehens findet man sich in einer anderen Welt. Christus? Es gibt Tote und einen Kommissar, und doch hat die Novelle wenig von einer Crime Story. Sie streift wie selbstverständlich allerlei ernsten Stoff: das Spektakel der Kirchen, die Inszenierung des Musealen; das Existentielle im Glauben mancher, die glauben wollen, die Zereißprobe zwischen Gewalt und Glauben. Oder vielleicht ist das alles doch nicht so ernst gemeint”, steht am Kappentext und hilft auch nicht wirklich weiter.

Interessant, daß das dünne Büchlein auf die öst Debutpreislistet gekommen it und ich bin jetzt auf die Preisverleihung, beziehungsweise auf die beiden anderen Debuts, von denen ich ebenfalls noch nicht sehr viel gehört habe, gespannt.

Frühling der Barbaren

Jetzt geht es wieder zum Backlistbuchpreislesen, dem letzen wahrscheinlich, bevor es ab achtzehnten August zum richtigen “Buchpreisbloggen” kommt, nämlich zum Jahr 2013, dem Jahr wo zwar nicht alles begann, ich mir aber zum ersten Mal überlegte, ob mich das nicht doch reizen könnte und ich das Leseprobenbüchlein besprochen habe.

Den 1976 in der Schweiz geborene Jonas Lüscher, der mit “Frühling der Barbaren” auf der Longlist stand, habe ich damals nicht gekannt und die Perfektionistin in mir bemängelt auch, daß er eigentlich nicht darauf stehen hätte dürfen, ist das Buch doch eindeutig als “Novelle” gekennzeichnet und wurde auch als solche geschrieben.

Sie stand trotzdem auf der Liste, die den besten deutschsprachigen Roman sucht und ich betone noch, daß Jonas Lüscher mit seinem Roman “Kraft” 2017 nochmals auf der DBp-Liste gestanden ist und auf die Longlist des Bloggerdebuts kam, denn dann war es ja der erste Roman, also eigenlich ganz schön verrückt oder ein Hinweis darauf, wie sinnlos diese Gattungsbezeichnungen vielleicht sind.

Den Essayband “Ins Erzählen flüchten” habe ich Anfang März gelesen und die Novelle, die sich in einem wahrscheinlich gewollt altmodischen Tonfall, sowohl der Finanzkrise, als sich auch dem arabischen Frühling annimmt, wurde überall hoch gelobt.

Man kommt in das hundertzwanzig Seiten starke Buch, zuminstest ist mir das passiert, nur schwer hinein, irritiert am Anfang doch der altmodische Tonfall, dann wird es aber packend und ich schließe mich den Kritikern an, eine köstliche Geschiche, die ja ein wenig an die Dystopie, die wir hier erleben, wo ein Virus die Wirtschaft zum Zusammenkrachen bringt, alle Masken tragen und im Frühling das Klopapier ausverkauft war, erinnert, obwohl das Buch ja schon früher geschrieben ist.

Ich habe ja nicht Literarurwissenschaft studiert, daß die Novellen früher, und ich nenne meine Sachen, der Länge wegen, auch manchmal so, obwohl sie nach den strengen wissenschaftlichen Kriterien wahrscheinlich keine sind, oft mit einem Erzähler beginnen, weiß ich aus den “Radiogeschichten” und oft er erzählt der dann eine Geschichte, die ihm von einem, den er irgendwo kennenlernte, erzählt wurde.

in diesem Fall ist es der Schweizer Geschäftsmann Preising, das heißt, er ist ein reicher Erbe, offiziell Vorstand seiner Firma, die ihm längst von einem Bosnier aus der Hand genommen wurde, der ihm, wie die Geschichte beginnt, auf Urlaub nach Tunesien geschickt hat.

Jetzt befindet Preising sich in der Psychiatrie und erzählt dem Mitpatienten seine Geschichte, wie er da mit dem von der Haushälterin gepackten Koffer, in der sich lauter helle Wüstensachen befinden, zum Fugzeug chauffiert wird, selbst hat er kein Auto. In Tunesien erwarten ihn Geschäftsfreunde, einer will ihm mit einer seiner sechs Töchter verheiraten und zu krummen Sachen überreden. Er entkommt und ffährt mit der Tochter eines anderen in ein Wüstenressort, das bezeichneterweise “Tousands and one night” heißt und nach der Phantasie aus Werbeprospekten nachempfunden wurde. Dort soll eine Hochzeit reicher britischer Finanzleute stattfinden. Preising freundet sich mit der Mutter des Bräutigams an und fährt am Vortag mit dem Vater auf Wüstenbesichtigung. Das wird ähnlich makaber geschildert, wie vorher die Kamele, die einen Bus zum Umstürzen brachten. Der Kameltreiber ist bankrott. Für Preising wäre es ein Knacks ihm das verlorene Geld zu geben, er überlegt und überlegt, tut es dann nicht.

Und während die Hochzeit stilvoll von statten geht, krachen in England, die Banken zusammen und die jungen Leute haben nichts mehr, um ihre Rechnung zu bezahlen, denn ihre Konten sind gesperrt. So läßt Saida, die Hotelmanagerin, das frugale Frühstückbuffet abräumen, nur Preising hat seinen Extratisch. Es kommt zu Plünderungen. Der Kärntner Hotelkoch ist mit dem Schlüßel zur Speisekammer abgetaucht. So beschließen die betrunkenen Engländer ein Kamel zu braten. Das führt zu einem Wüstenlbrand und überstürzter Flucht und der letzte Satz des Buch auf die Frage des Erzählers, was Preising damit beweisen wollte, lautet “Du stellst schon wieder die falsche Frage” und am Buchrücken steht “Eine Entdeckung, weil es ein so komplexes Thema, wie die Finanzkrise in einer schmalen ökonomischen Novelle bündelt, deren Schauplätze nicht besser gewählt sein könnten: eine psychiatrische Anstalt und die Wüste”, “Der Spiegel”, “Treffend beoabachtet, altmodisch und zugleich modern erzählt, urkhmisch und kühn”, “Die Welt” und “Ein absolut brillantes Buch. Für mich ist Jonas Lüscher die große Endeckung in diesem Jahr”, Ijoma Mangold, “Die Zeit”.

Mexikanische Novelle

Von Bodo Kirchhoff, der mit dem Novelle genannten Roman “Widerfahrnis”, den letzten deutschen Buchpreis gewonnen hat, habe ich mir einmal, des Titels wegen, den 2002 erschienenen “Schundroman” zum Geburtstag  von Judith Gruber-Ritzy schenken lassen und mich sogar ein bißchen dafür geniert, er hat mir aber, so weit ich mich erinnern kann, ganz gut gefallen.

Das Buchpreisbuch habe ich sehr künstlich und konstruiert, wenn auch sehr kunstvoll ausgearbeitet gefunden und es wäre nicht meine Wahl gewesen und jetzt hat der 1948 geborene und in Frankfurt lebende Autor, seine 1984 erschienene “Mexikanische Novelle” noch einmal neu umgearbeitet, herausgebracht und mein bei “Widerfahrnis” gemachter Eindruck hat sich bestätigt und es stimmt auch wohl, was am Buchrücken steht, “daß jedes Wort sitzt und Bodo Kirchhoff ein Meister seines Handwerks ist”, dennoch diese Novelle hat mir noch weniger gefallen, als “Widerfahrnis” und das liegt wohl am Sujet und der Handlung, die meiner Meinung nach kein Klischee ausläßt, sondern mit allem Bösen, wenn auch wahrscheinlich meisterhaft spielt und es ist wahrscheinlich wieder eine Altherrenphantasie, die hier ausgelebt wird und nichts, gar nichts, was man sich nur ausdenken kann, ausläßt.

Eine Altherrenschichte, also, obwohl vor dreißig Jahren, war Bodo Kirchhoff noch gar nicht so alt und sein Held, der namenlose Journalist, der nach Amerika fliegt, um dort eine Reportage über einen Kampfpiloten zu verfassen, ist wohl auch so um die vierzig.

Er soll, als die Reise beendet ist, mit den anderen Journalisten, offenbar war es ein Gruppenflug, wieder zurückfliegen. Er läßt aber seine Freundin allein in das Flugzeug steigen und fährt über die mexikanische Grenze. Dort mietet er sich in ein Hotel mit Pool ein und lernt an diesen, eine Schöne, Baby Ophelia, die Schwester des Hotelbesitzers kennen, die ihn einlädt, sie in Aclatan, das ist eine Küstenstadt, wo sie mit ihrer Mutter wohnt und offenbar auch als Journalistin, was von ihm ein wenig angezweifelt wird, zu besuchen.

Er soll sich da in ein Hotel einmieten und sie  in zwei Tagen in einem Cafe treffen, dann wird sie mit ihm in sein Zimmer gehen und mit ihm schlafen.

Das passiert auch, es taucht dann nur noch der Leutnant Ritzi, das ist der, über den er das Portrait schreiben soll, auf und weil in der Stadt gerade ein Fest gefeiert wird, bekommt er kein Hotelzimmer, so daß er sich bei dem Ich-Erzähler einquartiert und spazieren geht, wenn die schöne Ophelia am Nachmittag das Zimmer betritt.

Es gibt zwei sowohl sehr präzis beschriebene, wenn auch sehr sexistische Szenen. Die eine ist die, von dem Jungen, der am Klo des Cafes, in der er sich im Ophelia trifft, die Herren bedient. Er wischt ihnen die Flecken aus den Hosen und putzt die Schuhe. Die andere ist die, wie der Leutnant in das Hotelzimmer kommt, wo der Erzähler mit der nackten Ophelia im Bett liegt und die sich in das Laken einwickelt, um ihre Scham zu bedecken.

Schön beschrieben, nur nicht mein Geschmack.

Es kommt auch noch eine geheimnisvolle Krankheit vor, die beide Herren packt und Emiliano, Ophelias Bruder, taucht auch h auf und verlangt von dem Erzähler, daß er die Schwester, wenn er sie schon fickt, gefälligst heiraten soll.

Der ist aber ein Unsympathler und verspricht es zwar, hat aber vor sich zu drücken und unter dem Vorwand, daß er beruflich zurück muß, wahrscheinlich nicht wiederzukommen. Er geht auch von Ophelia weg in ein Bordell oder läßt sich in einer Bar in ein diesbezügliches Zimmer führen. Dann kehrt er in sein Hotel zurück und findet Ritzi in seinem Blut und in der Hand hält er den zerfetzten Geldschein, den der Ich-Erzähler von Emiliano bekommen hat und damit, um die Handlung noch auf die kitschige Spitze zu treiben, auch noch die Prostiutierte bezahlte.

Es kommt, wie es kommen muß oder auch nicht, weil viel zu übertrieben und absolut unrealistisch. Er wird verhaftet und verhört. Baby Ophelia und Emiliano leugnen ihn zu kennen und in seiner Gefängniszelle trifft er auch noch den kleinen Roul, das ist der Junge von der Herrentoilette, der schon vorher wegen Drogenhandel verhaftet wurde und verfällt in seinen Armen.

Es tut mir leid, auch wenn die Novelle kunstvoll geschrieben ist, ist mir zuviel an Männerklischee darin, aber vielleicht bin ich nicht die richtige Adressatin für das Buch.

In Zeiten, wie diesen, wo die Amerikaner die Grenze zu Mexiko dicht machen und schon längst ansäßige Familien wieder zurückschicken, hätte ich mir bei einer Neubearbeitung eigentlich schon erwartet, daß diese Probleme aufgenommen werden, statt die Phantasien und Erlebnisse zu beschreiben, in die ein weißer Mittelschichtmann offenbar automatisch kommt, wenn er an einem Pool eines mexikanischen Abbruchhotel ein schönes Mädchen mit langen Haaren sitzen sieht.

Gemischter Satz

Jetzt gehts ans österreichische Buchpreis-Lesen, nach dem ich mit dem deutschen fast fertig bin und achtzehn Longlistbücher und fünf der Shortlist gelesen habe, damit lasse ich es vorläufig stehen, wer den dBp bekommt, werden wir Montagabend wissen und mache mit Buch zwei der österreichischen Liste weiter, ein Longlistbuch, entgegen meiner Vorsätze mache ich in der Reihenfolge des Eingetroffensseins weiter, lese Shortlist auf Longist, dann nochmal Shortlist und höre vorläufig bei Buch fünf wieder bei der Longlist auf.

Dreimal Longlist, zweimal Shortlist also und der Rest bleibt vielleicht ein Geheimnis, vielleicht auch nicht. Wir werden es sehen.

Jetzt geht es aber sehr poetisch weiter, mit einem kleinen dünnen Büchlein “Novelle” steht am Cover” und “Gemischter Satz” von Daniela Emmiger, die 1975 in Oberösterreich  geboren wurde und von der schon seit einigen Jahren ein “Ritterbuch” in meinen Regalen steht.

Sonst weiß ich nicht sehr viel über die Autorin und habe sie, soviel ich weiß auch noch auf keiner Lesung gehört.

Ein zweigeteiltes leichtverschobenes Hirn ist noch am Cover des Buches aus dem “Czernin-Verlag”, gepaart mit ein paar fünfblättrigen Kleestückchen zu sehen und wir wissen schon alles oder auch nichts.

So viel sei verraten, es geht um die Liebe, um, die von Agatha zu ihrer Nummer sieben, acht oder neun und die ist, verrät der Klappentext, ein Betriebs- oder “Liebesunfall bei dem alle Bteiligten mehr oder weniger heil davon kommen”, um es poetischer auszudrücken und dann steht noch darunter,  daß “Gemischter Satz ein literarisches Kunststück ist, in der die Autorin, die Erzähltradition mit unerhörer Feinheit verbindet und ganz nebenbei die großen Fragen nach der Wahrheit, der Liebe und der Vergänglichkeit streut.”

Und das ist wahr, man könnte aber auch sagen, da spricht oder erzählt eine Quasseltante uns von einer Agathe, die mit allen Wassern, Poetiken und Erzähltraditionen gewaschen ist, schwankt zwischen Publikumsbeschimpfung und Feuchtgebieten hin und her und beginnt ganz lapidar mit der Definition des “Gemischen Satzes: bezeichnet einen Wein, der sich aus unterschiedlichen Rebsorten aus einem Weingarten zusammensetzt”, kommt dann bald auch zu Elfriede Jelinek: “Wer sich traut vor einem Misthaufen laut die Wahrheit zu sagen, der heißt entweder Jelinek oder aber der ist verrückt oder lebensmüde oder beides.”

Stendhal wird zitiert: “Marie-Henry Beyle (23. Januar 1783 – 23. März 1843) besser bekannt unter seinem Pseudonym Stendhal war ein französischer Schiftsteller, Militär und Politiker. Sein 1822 erschienenes essayistisch philosophisches Werk  De L` amour, eine Physiologie der Liebe, hat sich in den ersten zehn Jahren nur siebzehnmal verkauft.”

Es gibt einen Prolog und die Geschichte von Agatha und ihrem Liebesunfall mit der Nummer sieben, die sich daraufhin “metaphorisch die Brüste abschneidet” und sich in das Gästezimmer ihrer Eltern flüchtet, dort Prosecco trinkt, schließlich eine Ausbildung zur Köchin macht, das Gulasch mit ein kleinStückchen Bitterschokolade würzt und erkennt, daß  nur ein solches besser wird, in dem man es aufwärmt.

So kommt es zu einer Nummer acht und einer schnellen Hochzeit in Las Vegas, der Nummer sieben ist sie auch nach Berlin nachgereist. Briefe werden geschrieben und beantwortet, die Eltern und die Schwester machen sich Sorgen, um sie, und wollen sie bei “Liebesgeschichten und Heiratssachen” anmelden oder “mit Richard Lugner nach Sri Lanka” schicken, bis sie schließlich den Jahreswechsel allein verbringt, ihren “gemischten Satz” alleine trinkt,  sich auch die Brüste wieder wachsen läßt, weil sie sich nicht mehr verändern und verbiegen lassen wird.

Denn “Vielleicht bestand die Herausforderung des Lebens genau darin, sich mit dem abzufinden, wer und wie man war, sich in seiner speziellen Art und Weise zu begreifen, zu akzeptieren und schließlich auch zu akzeptieren, dass ein anderer war, wie er war und weder eine Agatha noch eine Nummer acht, das Recht hatten, sich gegenseitig zu ändern. Sie blätterte zur letzen Seite des Scheidungsvertrags und setzte zur Unterschrift an.  das Scheiden tat nicht mehr weh. Es war ganz einfach: Das Leben war gut”.

So endet Daniela Emmingers Novelle von der Liebe und den gemischten Sätzen auf Seite 112.

Eine sehr poetische Geschichte, nicht immer leicht zu verstehe, auch  gänhzlich ohne Plot und wenn man so will, vielleicht auch ohne den Sinn, der der Realistin an der Literatur so wichtig ist.

Ein l`art pour l`art und ein Spiel mit den verschiedensten literarischen Stilen, das ohne den österreichischen Buchpreis und der österreichischen langen Liste höchstwahrscheinlich an mir vorbeigegangen wäre.

So habe ich eine interessante Autorin kennengelernt, die die österreichische Gegenwartsliteratur auf eine sehr interessante Art, manchmal sanft und leise, manchmal aus sehr aggressiv und herausfordernd durcheinandermischt, wofür ich dem “Czernin Verlag” sehr dankbar bin und jetzt nur noch “Leben für Anfänger” lesen sollte.