Aufruhr der Meerestiere

Schon Buch achtzehn des heurigen dBps, der zweite Roman, der 1992 in Graz geborenen Marie Gamilkscheg, die jetzt in Berlin lebt und von deren “Alles was glänzt”, das beim öst Debut gewann, ich bei Lesungen nicht so begeistert war, was sich dann als ich es gelesen habe, änderte.

Jetzt ist der Unterschied zwischen dem Gehörten und Gelesen nicht so groß und von dem Buch habe ich bevor ich zum Lesen kam auch schon viel gehört.

Das erste Mal glaube ich auf dem blauen Sofa in Leipzig, dann wurde es glaube ich in der “Gesellschaft” besprochen und bei “Nachhallendes Nachhaltiges”, wurde es auch präsentiert und da kam man natürlich darüber spekulieren, was das Nachhaltige an dem Buch ist und wie es zu dem “Literatur im Herbst” Thema passt, aber der war ja überhapt sehr vielschichtig variabel oder schwammig und bei dem neuen Buch geht es, glaube ich, um eine Coming of age Geschichte oder um die Midlifekrise einer Einunddreißigjährigen, denn das ist die Meeresbiologin Luise. Die stammt aus Graz arbeitet, aber an der Uni in Kiel, bzw. forscht sie an der Meereswalnuß, das ist eine offenbar sehr gefährliche Quallenart und da werden jetzt die Parallelen gezogen und Naturliteratur ist ja, wie ich auch im “Odeon” merkte, derzeit sehr in.

Luise, die einen Freund namens Juri hat, beruflich offenbar sehr erfolgreich ist, die junge Wissenschaftlerin des Jahres, mit einer Neurodermitis und einer Eßstörung, die gezeigt, nicht beschrieben wird und die bekommt jetzt den Auftrag ihre Forschung im Tierpark von Graz vorzustellen und für zwei Wochen dort hinzureisen, denn der ist sehr berühmt und sein Direktor Rainer Schilling, war mit seiner Tiersendung im Fernsehen offenbar das Idol ihrer Jugend.

Die Beziehung zu ihrer Familie scheint nicht so gut zu sein, insbesondere, die zum Vater ist sehr schwierig, wie ich überall hörte und sie zieht auch in die Wohnung des Vaters ein. Der ist aber, obwohl er Toastbrot für sie besorgte und ihr den Schlüsselcode bekannt gab, nicht anwesend. Bei einem Kongreß in Wien, wie er ihr sagte. Er war Biologielehrer. Der Bruder, der in Nürnberg lebt, sagt ihr aber, der Vater ist bei ihm, weil er einen Herzinfarkt hatte.

Der Vater ist also abwesend und so reflektiert Luise über ihre Kindheit und ihr Leben. Da gibt es einige Geheimnisse. Im Tierpark wird ihr eine Jahreskarte und eine Fankappe überreicht. Da wird sie von einer Frau Popeschka betreut, muß einen Vortrag halten und wird interviewt. Den Direktor bekommt sie auch erst spät zu Gesicht, da bietet er ihr an, im Tierpark eine Forschungsstelle zu übernehmen, denn das soll in dem Zoo, der eine afrikanische Zone, ein südamerikanisches Restaurant und eine Vorarlberger Stube hat, die von dort importier wurde, errichtet werden und so hasten wir durch das Buch.

Ein Wochenende mit einer ehemaligen Schulkollein Leo, Luise wird von ihr und der Mutter Luis genannt, auf einer Hütte gibt es auch und am Schluß kommt der Vater zurück und das Weitere kann man sich ausmalen.

Eine Stelle hat mich besonders fasziniert, die ich zitieren will:

“Vor der Tür passierte ein Montag, als wäre das Wochenende nie gewesen. Die Stadt berichtete weiter munter vor sich hin. Erzählte von den grossen und kleinen Schandtaten, die grossen im Ausland, die kleinen im Inland, im Ausland gab es Kriege, Waldbrände, Menschen, die mit Reformen warben, Menschen, die mit Reformen drohten, und auch in Brüssel, Washington, und Kairo schienen sich die Menschen weiter uneinig zu sein, im Inand gab es eine ausgebüchste Pythonschlange, die sich in der Klomuschel versteckte und einem Mann mittleren Alters in den Hoden biss, einen Geisterfahrer auf der A2, es gab auch ein Gespräch zwischen einen berühmten Schriftsteller und einem berühmten Dirigenten, die sich getroffen hatten, um über alles zu reden, wirklich alles, es gab den Auftakt der Skisaison mit Schnee-, Wetter- und Touristenprognosen.”

Scheinbar hochaktuell, aber dann wieder sehr unverbindlich. Kein Wort von Corona, Krieg und Wirtschaftskrisen, obwohl das Buchwahrscheinlich in Corona-Zeitengeschrieben sein dürfte.

Das ist vielleicht das Besondere am Schreiben der Marie Gamillscheg, die von Katja Gasser am “Blauen Sofa”, als eine der interessantesten jungen österreichischen Schriftstellerinnen bezeichnet wurde.

Auf die österreichische Buchpreisliste ist das Buch aber nicht gekommen.

Kangal

Jetzt kommt Buch vierzehn der deutschen Longlist, langsam, langsam werde ich fertig und es ist das zweite Buch das von einer jungen Deutsch-Türkin geschrieben wurde, das auch auf der Bloggerdebutliste steht “Kangal” von der 1990 in Frankfurt geborenen Anna Yeliz Schentke, die offenbar eine türkische Mutter hat und sie zeigt eine mir bisher eher unbekannte Perspektive auf, beschäftigt sie sich nämlich nicht mit dem ehemaligen Gastarbeiterleben und seinen Schwierigkeiten, sondern beschreibt das Leben der jungen kritischen Türken in Istanbul nach dem Putsch von 2016, obwohl sie, wie am Klappentext steht, seit 2015 nicht mehr in Istanbul gewesen ist.

Sie schildert in kurzen knappen Passagen das Leben von drei Protagonisten. Da gibt es Dilek, Tekin und Ayla, die abwechseln ihre Stimmen heben und das Buch beginnt, damit, daß Dilek Istanbul verläßt und nach Frankfurt zu ihrer Cousine Ayla flieht, denn eine ihrer Freudninnen ist verhaftet worden und so fürchtet sie, die sich im Netz “Kangal1210” nennt, daß ihr das Gleiche passieren könnte.

Ihr Freund Tekin bleibt zurück und wußte gar nichts von ihrer Ausreise und hat in Folge Schwierigkeiten Kontakt mit ihr aufzunehmen, da sie ihr Profil gesperrt hat. So sucht er befreundete Anwälte auf, um sich zu erkundigen, ob Dilek auf der Verhaftungsliste steht und Ayla ihre Cousine, lebt in Deutschland ein ähnliches Leben, wie es vielleicht Fatma Özdemir schildert.

Es beginnt, daß sie ihren Mann Yusuf verläßt, weil er sie geschlagen hat, obwohl ihre Mutter ihr davon abrät, denn das tut eine gute Türkin nicht. Ayla hat auch gegen den Willen ihrer Eltern studiert, die eigentlich wollten, daß sie in ihrem Lebensmittelhandeln arbeitet und Dilek und Alyas Mütter haben sich zerstritten.

Alyas Mutter war die von Dilek zu progressiv. Ihr gefiel es auch nicht, daß Dilek mit Tekin unverheiratet zusammenlebt.Jetzt ziehen die beiden Frauen zusammen und ich fand es sehr interessant einmal etwas von den jungen progressiven Türkinnen und ihren Schwierigkeiten, die sie in Istanbul haben, wenn sie politisch tätig sind, zu hören.

Ein spannendes, dünnes Büchlein, das leicht und schnell zu lesen ist und da kann ich auch anführen, daß ich das letzte Drittel in der Buchhandlung “Morawa” gelesen hatte. Da bin ich nämlich nach dem kulturpolitischen Arbeitskreis und der GAV-Neuerscheinungslesung gegangen, habe es aus dem Regal genommen, weil es nicht auf den Bücherstapeltischen gelegen ist. Ich kann es aber sehr empfehlen und finde es aus den schon erwähnten Gründen vielleicht sogar interessanter als “Dschinns”, denn dessen Inhalt war mir von meinen Beschäftigungen mit Gastarbeitern schon bekannt, während ich seit 1987 nicht mehr in Istanbul gewesen bin und das politische Geschehen dort auch nicht wirklich mitgekommen habe.

Rombo

Buch zehn des deutschen Buchpreises, ist, denke ich, wieder kein Roman, sondern eine sehr poetische Skizzenansammlung über die Erdbeben die 1976 in Friaul passierten, der 1956 geborenen Esther Kinsky, die schon 2011 auf der deutschen Liste gestanden ist, auch, als Übersetzerin tätig ist und die ich auch schon bei der “H C Artmann Biennale” im Juni, glaube ich auch, aus dem Buch lesen gehört habe.

Landschaftsproeme” hieß dort das Thema und das passt zu dem Buch, das wie schon beschrieben, eine sehr ästhetische Beschreibung der Landschaft und ihrer Gewalten ist.

Und “Rombo” ist das Geräusch, das kurz zu hören ist, bevor ein Erdbeben beginnt. in sieben Abschnitten erzählt Ester Kinsky sprachgewaltig dieses Naturgeschehen. Beschreibt, wie es so schön heißt, die Flora und die Fauna. Also die Vögel und die Schlangen, die es dort in größeren Mengen zu geben scheint. Jedem der Teile ist ein Abschnitt aus einem geologieschen Buch vorangestellt und dann gibt es auch noch Ortsbewohner, Anselmo, Gigli, Toni, Olga, Mara, Lina, Silvia genannt, die erzählten, wie es damals war.

Da gibt es Ziegenhirten, eine Tankwartin, die nebenbei den Mittagstisch besorgt, Familien deren Väter nach Deutschland zum Arbeiten auswandern und Olga, die aus Venezuela ins Land gekommen ist.

Märchen werden erzählt, da ist mir das von dem “Glücklichen” in Erinnerung, der einem kranken Königskind sein Hemd geben sollte, damit er gesund werden kann, was aber nicht gelingt, weil der kein solches besitzt und die Sozialstruktur des kleinen Örtchen, wo die Mütter auf Saison in Hotels ans Meer gehen, während, die Väter die Kinder zu versorgen haben, werden auch genau erzählt. Die Mädchen wollen Scheiderinnen oder Friseurinnen werden oder fahren mit dem Bus in die nächste Kleinstadt ins Büro und haben sonst noch nicht viel von Italien gesehen. Die Burschen werden Mechaniker oder ziehen als Scherenschleifer mit ihren Vätern durchs Land.

Nach dem Erbeben werden die “Erdbebenkindern” mit ihren Müttern und Omas in die verlassenen Hotels zur Erholung geschickt, die für die Wintersaison gar nicht ausgerüstet sind, während die Väter, die zerstörten Häuser wieder aufbauen oder mit ihren Familien wegziehen.

Interessant diese Skizzen, die sowohl in die italienische Sozialstruktur der Neunzehnsiebzigerjahre, als auch in die Flora und die Fauna und in die geologischen Bedingungen einführen, alles in einer ästhetisch schönen Sprache in sehr kurzen Abschnitten beschrieben.

Plot und Handlung gibt es dabei nicht. Ich habe das Buch gern gelesen, es mir eigentlich auf der Shortlist erwartet und bin auch ein bißchen erstaunt, daß es nicht darauf gekommen ist. Aber vielleicht haben sich da die Buchhändler in der Jury durchgeesetzt, da die meisten LeserInnen ja gerne eine spannende Handlung haben.

Im Menschen muß immer alles herrlich sein

Buch sechzehn des dBps ist der zweite Roman der 1985 in Wolgograd geborenen Sasha Marianna Salzmann, die schon 2017 mit “Außer sich” ich glaube sogar auf der Shortlist gestanden hat, ich kann mich erinnern, daß ich Schwierigkeiten mit dem Buch hatte, weil ich es als sehr kompliziert emfpand.

Dieses hat mir zumindest zu beginne besser gefallen, vor allem, die wirklich gut gezeigten Stellen sind mir bei der Theaterautorin aufgefallen, so daß ich dachte, endlich kann ich mal das berühmte Show not tell wirklich in einem Text finden. Am Schluß ist es mir dann aber als zu wenig strukturiert erschienen.

Von dem Buch habe ich inzwischen viel gehört. Auf der FBM ist die Autorin, die sich, glaube ich, als divers bezeichnet, mehrmals interviewt worden. Sie scheint sehr selbstbewußt zu sein und das Buch erzählt von vier Frauen, zwei Mütter und zwei Töchter. So habe ich im Vorfeld öfter gehört und das ist es auch, was ich als zu wenig struktiert empfand.

Beginnt es doch, daß Edi, das ist die Tochter von Lena, zusammengeschlagen wird. Dann geht es, glaube ich, in die Siebzigerjahre und in die Ukraine zurück, wo Lena in Gorlowka aufwächst. Die Mutter arbeitet, glaube ich, als Chemikerin, der Vater ist Lehrer und Lena hat Schwierigkeiten mit der Mutter. Mit dem Vater versteht sie sich besser. Sie verbringt ihre ersten Sommer immer bei der Großmutter in Sotschi und hilft ihr da bei der Haselnußernte.

Bevor sie in die Schule kommt, erzählt ihr der Vater, während er ihr ein Eis kauft, das ist so eine dichte Show not tell Stelle, daß es diesmal anders wird. Denn er muß sie auf die Schule vorbereiten. So kommt die Großmutter zu ihnen. Da wird es dann aber eng in der Wohnung und für die Schule muß Lena auch lernen und in den Sommern ins Pionierlager fahren.

In der Ukraine herrschte damals die größte Korruption. Alle muß man schmieren. Lena muß oft der Ärztin ihrer Mutter Kuverts bringen, die sie dann trotzdem falsch behandelt und Lena will Medzin studieren, schon um die Mutter behandeln zu können. Aber ohne Beziehungen oder ohne Geld fällt man durch bei der Aufnahmsprüfung oder kann nur Zahnärztin werden. Lena will aber Neurologin werden. Also arbeitet sie ein Jahr bei einem Professor in der Klinik, als Sekretärin, der sie dann empfiehlt.

Inzwischen stirbt die Mutter und die Neurologin empfiehlt Lena in die Dermotologie auszuweichen. Dort muß sie aber nur die Geschlechtskrankheiten von Parteigenossen behandeln. So emigriert sie Ende Achtzigern oder Anfang Neunziger, als die Perestoika den Juden die Aureise ermöglicht mit ihrem ständig Witze erzählenden Mann nach Deutschland emigireirt, den Vater holt sie 2015 nach, auch eine sehr dichte Stelle und arbeitet als Krankenschwester. Das ist ein großer Teil des Buches den ich sehr interessant und dicht erzählt fand, mich ein wenig über die Korruption wunderte und das ganze im Vergleich zu “Außer Atem” als eher konventionell erzählt fand.

Dann geht es in die Jetztzeit oder zum fünfzigsten Geburtstag von Lena, die die Familie, m sich haben will. Wir sind in Berlin bei Edi, eine Journalistin, die prekär jobt, eine Frau oder Freundin hat, bzw. sucht und ebenfalls Schwierigkeiten mit der Mutter, die von ihr will, daß sie sich um Tatjana kümmern soll. Das ist eine Cousine von einer Kollegin, die Lena samt ihrem Kind bei sich aufnahm als sie ebenfalls nach Deutschland kam. Die liegt im Krankenhaus und will, daß Edi niemanden etwas von ihrer Krankheit verrät Dann fahren sie nach Jena zum Familienfest und erst am Schluß geht es bei ein paar Seiten, um Tatjanas Tochter Nina, ein paar jahre jünger als Edi, so daß sie immer ihre Strampler auftragen mußte.

Man erfährt viel über die Ukraine in den Sechziger- siebziger- achtzigerjahre und den Sorgen der jüdischen Emigranten und Sasha Marianna Salzmann erzählte auch bei ihren Interveiws daß sie sich viel mit ausgewanderten ukrainischen Frauen unterhalten hat und antwortete auf die Fragen, was sie als nächstes schreiben würde, daß sie sich nicht nur mit sowetischen Auslwanderern beschäftigen wolle.

Und ehe ichs vergesse der Buchtitel ist ein Zitat von Tschechow aus dem “Onkel Wanja”, den Sasha Marianna Salzmann vielleicht schon einmal inzensierte.

Es ist immer so schön mit dir

Buch neun des dBp ist das klassische Midlifekrisemännerbuch, die über ihre Liebe zu den jüngeren Frauen, ihre Sexualität und der Unzufriedenheit des Lebens schreiben und ich muß sagen, der 1962 geborene Schriftsteller und Musiker Heinz Strunk von dem ich noch nichts gelesen habe, macht das ähnlich, wie wahrscheinlich Christian Kracht, auf wirklich hervorragende Art und Weise, obwohl das, was er da beschreibt, nichts wirklich Neues ist, weil schon hundertmal gelesen und geschrieben.

Da gibt es einen sechsundvierzigjährigen Tonstudiobetreiber, dessen Musikerkarriere, wie bei vielen anderen gescheitert ist, jetzt sitzt er in seinem Ein Mann Studio und nimmt Hörbücher auf. Er hat eine Freundin Julia, die Mathematiklehrerin ist und das Buch beginnt, wenn nicht auf geniale, dann auf ungewöhnliche Art und Weise. Der Held liegt im Bett oder sitzt am Schreibtisch und denkt, während er trinkt, über seine Beziehung zu Julia und ihre Mittelmäßigkeit und schlechtes Aussehens, an Hand ihres Schnarchens auf und dann gibt es immer wieder scheinbanale Gespräche, so in etwa “Es ist immer so schön mit dir,” obwohl die Beziehung schon lange nicht mehr stimmt.

Dann lernt er Vanessa, eine junge Schauspielerin kennen und ist von ihr begeistert, wird aber immer wieder abgestoßen, denkt oder spricht schlecht über sie. Also die ganze Ambivalenz, soll ich mich in diese Beziehung einlassen oder nicht? Er beendet aber die Beziehung zu Julia, obwohl es länger dauert, bis Vanessa ihn in ihr Zmmer bzw. Bett hineinläßt. Dann ist aber der Sex großartig und außerdem läßt sie sich von ihm alles bezahlen.

Sie ist auch sehr dünn, ißt nichts, trinkt aber viel und fährt auch dauernd zu ihrer Mutter, wo er dann natürlich Julia trifft, die dann in seinem Bett ein rotes Höschen vergißt, das Vanessa dann natürlich findet. Wieder eine der drei vier oder vielleicht noch mehr brillanten Szenen und richtig einen Mißbrauch gibt es natürlich auch.

Szene drei, ausführlich und treffend beschrieben, denn Vanessa wurde natürlich von ihrem Religionslehrer mißbraucht, was dann eh schon wissen zu ihrer Eßstörung führt.

Trotzdem kommt es nach dem Finden des Höschen zu einem Heiratsantrag, Verwandtenbesuche. Die Braut verschwindet immer wieder, der Held weint sich bei seinem Freund Frieder aus, der ihm rät, die Affaire zu beenden und am Schluß ist es aus. Er kommt in seine leere Wohnung zurück und man hat, wie schon beschrieben ein brillant geschriebenes Buch mit immer wieder treffenden Formulierungen gelesen.

Ich habe mir vieles angestrichen und auch die Blogger und Podcaster waren durchaus begeistert, obwohl man auch da meinen könnte, sie hätten das alles schon hundertmal gelesen und interessieren sich, als junge Frauen nicht so sehr über die Selbstdarstellungen der “weißen alten Männer”, um diesen Ausdruck, den ich ja nicht mag, zu gebrauchen.

Auf die Shortlist ist es nicht gekommen. Auf meiner steht es, glaube ich, auch nicht. Daß aber Heinz Strunk ein hervorragender Schreiber, einer der Vlogger nennt es sogar, unverkennbaren Stil, den man gleich erdeckt, habe ich jetzt auch entdeckt.

Mitgift

Jetzt kommt Buch sechs des deutschen Buchpreises und das Spannende daran ist, daß es eigentlich sehr gut mit dem “Weg nach Hause” ist, wo ich ja behauptet hatte, daß man daran den Unterschied zu den Buchpreisbüchern gut erkennen kann und jetzt kommt Hennig Ahrens “Mitgift” und von den 1964 in Niedersachsen geborenen, habe ich ja knapp vor oder während der Longlistverkündung seine HemonÜbersetzungen gelesen und sonst habe ich ich über das Buch gehört, daß Henning Ahrens darin seine Familiengeschichte verarbeitet hat und das deshalb tat, weil der Bauernhof, um den es geht, verkauft wird und nochmals interessant im letzten “Paierstau-“Podcast”, den ich ja im Rahmen meines Buchpreisbloggens regelmäßig verfolge, wurde das Buch besprochen und dazu den Gstrein, den Loschütz und den Karoshi und da haben die drei Podcaster von den erwähnten drei Büchern etwas flapsig behauptet, das wären weiße alte männer Bücher und sie wüßten nicht, wozu sie auf der Liste stehen? Das würde sich zwar ziemlich mit meinem Eindruck decken. Ich würde es aber nicht so ausdrücken und dann haben sie das Ahrens-Buch sehr gelobt und es sogar, glaube ich, auf ihre Shortlist gesetzt und ich dachte, das ist doch dasselbe. Das ist ja wieder so eine Familienkriegsgeschichtenverarbeitung und da bin ich momentan so weit, daß ich fast denke, ich habe schon genug davon gelesen und jetzt interessiert mich mehr ider Sprung in die Gegenwart, als ein Zugsunglück um 1939 oder die Kriegserfahrungen der Leeb und nun zu den Ähnlichkeiten zur Sofia Lundberg, die es durchaus gibt.

Das buch spielt im August 1962 und hat zwei Handlungsstränge beziehungsweise abwechselnde Kapitelfolgen, wo der eine der Augusttag 1962 ist, wo die Totenfrau den Wilhelm Leeb Junior für sein Begräbnis waschen soll und der zweite Teil geht in die Familiengeschichte der Leebs zurück, die in der siebenten Generation den Hof bewirtschaften.

Hauptsächlich geht es aber um den Wilhelm Junior und Senior und der Senior 1902 geboren, mußte in den Krieg und war auch ziemlich Hinter affin und autoritär und sein Sohn 1931 geboren, der sich 1962 erschoßen hat, war bei der Hitlerjugend. Ansonsten wird der Bauernsohn ziemlich sensibel, wie sein Großvater, der auch eher unpraktisch und ein Leser war geschildert. Der Wilheilm Senior ist aber robust und ein Ungustl, war aber gut zu seinen Fremdarbeitern, die er aus Ukrainie mitgebracht hat. Zu der Übersetzerin Larissa hatte er aber wahrscheinlich ein Verhältnis oder klopfte ihr zumindestens auf den Po.

Dann gibt es seine Frau und die Großmutter, die den Hof, während der Abwesendheit des Seniors den Hof bewirtschaften und die Kapitel von Teil zwei gehen ziemlich durcheinander. Mal sind wir im achtzehnten Jahrhundert mal ,1944, 45 oder 47 und als die Amerikaner, glaube ich, kommen, müßen die Waffen und die Hhitlerbilder von den Frauen und den Fremdarbeiterinnen versteckt werden. Sie entscheiden sich für die Latrine. Aber einiges, darunter die Pistole mit der sich Willem erschoßen hat, wird hinter der Speisekammer versteckt und, um wieder zu der Totenfrau Gerda Derkin zurückzukommen, die, wie die Viola im Nachbarhaus, der Lilly im Lundberg-Buch, im Nachbarhaus der Lleebs liebt, die wollte oder hatte mal etwas mit dem Senior, aber der Hofebre konnte eine ohne Geld und Familie nicht heiraten und der Willem Junior wollte auch eine Försterstochter und das ging wahrscheinlich ebenfalls nicht.

Die Totenfrau ist 1962 auch um die sechzig und will mit ihrem Job eigentlich aufhören, als da der Senio,r als sie gerade mit ihrer Katze beim Frühstück sitzt, bei ihr klopft und sagt, er hat sie was für sie zu tun und das zieht sich dann den ganzen Tag dahin. Zuerst schmeißt die alte Frau Leeb sie hinaus. Dann ist die Polizei noch nicht fertig, die Gerda geht zu ihrer Helferin Llisbeth und die Förstertochter taucht auch noch auf und weint sich aus und während wir da den Tag hinunterwandert, springen wir im ersten Teil durch die Jahrhundert und erfahren auch etwas von den Vorfahren, die ebenfalls den Hof bewirtschaften.

Ein sicher gut gemachtes spannendes Buch und stimmt, es hat mehr Fleisch, als der Loschüthz, wo mir die Geschichte fast zu sehr recherchiert-dokumentarisch war, das absolut Neue habe ich darin aber nicht gefunden und auf die Shortlist das kann ich jetzt ja schon verraten, ist es auch nicht gekommen.

Besichtigung eines Unglücks

Wenn man die diesjährige deutsche Buchpreisliste durchleuchtet, so fallen neben den jungen Frauen, die über die Diversität und ihr Migrantenschicksal schreiben auch ein paar ältere (weiße) Männerauf, die über ihre Kriegserinnerung schreiben,beziehungsweise diese Geschichte aufschreiben wollen.

Alois Hotschnig der das auch getan hat, steht nicht auf der Liste, dafür aber der 1946 geborene Gert Loschütz, der schon einmal auf der Buchpreisliste gestanden ist und “Besichtigung eines Unglücks” ist der vierte Buch der LL, das ich gelesen habe. Ich weiß, ich bin spät daran, denn nächste Woche wird schon die Shortlist bekanntgegeben und da hätte ich eigentlich noch keine Tips, würde aber nicht auf Gert Loschütz tippen. Aber mal sehehen, ich habe mich diesbezüglich schon oft geirrt und hätte beispielsweise auch Yulia Marfutova nicht auf der LL gesehen.

Vor Weihnachten 1939 gab es in in Genthin, das ist, glaube ich in der Ex-DDR so zwischen Dresden und Magdeburg, ein großes Zugunglück, das mehrere Menschenleben forderte, gegeben und Thomas Vandersee ist ein Journalist, der in Genthin aufwuchs. Der bekommtin den Neunziger- oder Zweitausenderjahren einen Brief eines Nachbarn, der ihn auf das Zugunglück aufmerksam macht und Fotos schickt. Es dauert lange bis sich der Journalist des Themas annimmt, darüber schreibt und dann auch noch Beziehungen zu seiner Familiengeschichte entdeckt.

In fünf Teilen ist das Buch gegliedert, das ich zwischen Dokumentaton und eher farblos nzusammengestückelten Romangeschehen eingliedern würde. Der erste Teil “Vier Sekunden” versucht aus den Akten das Zugunglück zu rekapitulieren. In dem Zug saß eine Frau namens Carla, die mit einem Juden namen Richard verlobt war. Die war in Begleitung eines Ialieners und hat sich als dessen Frau ausgegeben.

Interessant, interessant, könnte man sagen und klar, daß sich ein Romancier daraufstürzt und das ausschlachet. Dann hat noch die Mutter des Journalisten, eine Lisa neben dem Bahnhof gewohnt, also von dem Zugunglück in ihrem Schlafzimmer etwas mitbekomen hat. Die hat Geige gespielt, hat aber auch in einem Kaufhaus, bzw einer Fabrik gearbeit und dieser Carla, die in einem Krankenhaus gelandet ist, Kleider gebracht.

Der zweite Teil ist dieser Carla und ihrer Beziehung zu Richard, beziehungsweise dem Italiener gewidmet. Der dritte dem “Violinenfräulein, also der Mutter, die ein Verhältnis mit einem “Begabten” hatte, einem Violinisten, der ihr Geigenunterricht gab. Dann aber in Cleveland Ohio ein Engagement annahm. Ein Brief der Lisas Verhältis zu diesem Mann andeutet, das war dann schon in den Fünfzigerjahren, hing auf dem schwarzen Brett im Haus, offenbar eine Methode der DDR, die Leute vor verbotenen Verhältnissen, sprich Westkontakten zu warnen. Der Schuß geht nach hinten los. Lisa emigrierte mit ihrem Sohn, glaube ich, nach Westberlin zu einer Tante und arbeitete in einem Blumengeschäft.

Der vierte Teil heißt “Aus den Notizheften”, dann wird das Ganze noch einmal schlagwortartig angeführt. Er hat zum Beispiel eine Freundin, die Yps, also Y oder Yvonne heißt und dann geht es wieder zu Carla zurück, die in der Gegenwart stirbt und aus ihrem Nachlaß bekommt man heraus, daß sie fünfmal verheiratet war und interessanterweise haben alle ihre Männer Richard geheißen und der erste Richard merke ich noch an, ist in einem Konzentrationslager umgekommen.

Vater unser

Jetzt kommt Buch acht der deutschen Buchpreisliste, es ist jetzt Schluß mit den österreichischen Büchern darauf, dafür steht das Buch, der 1987 in Klagenfurt geborenen Angela Lehner auch auf der österreichischen Debutliste und sie hat bei dem O Tönen auch gemeinsam mit Marlene Streeruwitz vorgestellt. Da war ich nicht dabei sondern gerade beim Filmfestival in Locarno und hatte auch sonst zwar schon einiges über das Buch, das auch auf der Bloggerdeubtlonglist steht, gehört, aber noch nichts von der Autorin, die offenbar, als die neue Stimme, stark, wie Josef Winkler und Thomas Bernhard vom Feuilleton gehandelt wird und auch auf mehren Debutpreislisten, die es ja wie die Schwammerln zu geben scheint, steht.

Für den “Alpha” ist die nominiert, den “Franz Tumler Preis” hat sie vor kurzem gewonnen. Auf die deutsche Shortlist hat sie, was sie auf ihrer Facebookseite bedauert, beziehungsweise rotzig bemotzt, es nicht geschafft.

Denn die starke literarische Stimme ist eine sehr rotzige Erzählerin mit einem neuen frechen Ton und ihre Eva Gruber, die Protagonistin des Buches ist, wie ich überall lesen und hören konnte, eine unzuverläßige Erzählerin, der man nicht trauen kann und das macht es den Lesern wahrscheinlich nicht leicht.

Was passiert in dem Buch? Eva Gruber, eine junge Frau und das ist schon einmal unglaubwürdig, obwohl es die Eva so nicht erzählt, wird von der Polizei von Bayern über Kärntnen, denn da liegt ein Haider-Bild in einer Tankstelle, nach Wien aufs OWS besser unter Baumbartnerhöhe oder Steinhof bekannt gebracht, denn sie hat eine Kindergartenklasse umgebracht.

Da wird man wahrscheinlich eher in die Landespsychiatrie nach  München oder vielleicht auch in Klagenfurt wenn schon die Protagonistin oder ihre Autorin daher kommt, eingeliefert. Aber Evas Bruder Bernhard befindet sich auch dort, wird da wegen seiner Magensucht behandelt und deshalb bekommt man später heraus, hat sich Eva dorthin bringen lassen, um ihren Bruder zu retten.

Sie wird alsbald dem leitenden Psychiater Dr. Korb zugeführt, der mit ihr eine Gesprächstherapie oder Psychoanalyse macht und dabei das Zimmer zusperrt. Das erscheint mir in Zeiten, wie diesen auch nicht sehr realistisch oder ist eine Anspielung auf den dort sicher schon stattgefunden habenden Mißbrauch, aber um den “Spiegelgrund” geht es in dem Buch gar nicht.

Eva erzählt ihm jedenfalls ihr Vater hätte sich umgebracht und die Mutter ist auch gestorben, was, wie sich herausstellt auch nicht stimmt, denn die Mutter taucht später auf und macht mit dem Geschwistern und Dr. Korb eine Familien oder Grppentherapie.

Zuerst will aber der zum Skelett abgemagerter Bruder, der mit einer Adriana, wegen ihrer großen Ohren von Eva “Dumbo” genannt, im Garten arbeitet, von der Schwester nichts wissen.

Warum der Bruder magersüchtig ist, kann man sich aus den Rückblenden auf eine katholische Jugend in einem Kärntner Dorf, das sind sicherlich die Anspielsungen auf Josef Winkler, deuten.

Es gab Mißbrauch des Vaters an beide Kinder, die Ehe der Eltern wurde geschieden und jetzt fühlt sich die rotzfreche Eva für ihren Bruder verantwortlich und will ihm retten, indem sie ihm veranlaßt, den Vater zu töten.

Oder besser, sie will das für ihn tun. Deshalb entführt sie den Bruder sozusagen im dritten Teil, der “der heilige Geist” benannt ist, der erste hieß “Der Vater”, der zweite “Der Sohn”, aha und fährt mit ihm mit dem geborgten Auto der Fußpflegerin, mit der sie sich angefreundet hat, zuerst nach Schönbrunn in den Zoo, was diese Metahper aussagen will, habe ich nicht verstanden und dann mit ebenfall ausgeborgten dreißig Euro nach Kärnten.

Auf dem Weg flüchtet der Bruder, so bleibt  das Auto stehen, rennen durch einen Wald, kommen dann, wie Hänsel und Gretel zu einem Bauern. Die Bäuerin nimmt sie auf, bäckt mit Bernhard Brot, der Bauer geht mit Eva fischen. In der Nacht kotzt der Bruder die Forelle hinaus und die Geschwister flüchten mit einem Bus weiter, dort gibt eine alte Frau dem Bruder Wurstscheiben. Sie werden aus dem Bus geworfen, kommen aber letztendlich in das Vaterhaus. Dazwischen hat Bernhard noch die Schwester beschuldigt Doktor Korb ermordet zu haben, aber der taucht, wenn ich es richtig verstanden habe, mit der Mutter vor dem Haus auf, in dem Eva auf den Vater wartet und am Ende trägt Eva den schon sehr schwachen Bruder in eine Kapelle.

Psychoanalytiker oder Literaturwissenschaftler helft mir beim Deuten, da komme ich nicht ganz mit, mit den vielen Metahern, Schlingen und Irrwegen. Was will uns die Autorin sagen, die uns so rotzfrech durch die Seiten führt?

Es geht um einen Mißbrauch und eine verlorene Kindheit ganz klar, die Stellen im Steinhof sind sehr gut beschrieben und auch sehr gut recherchiert.

Der Dr. Korb ist kein Trottel, der von seiner Patientin hinters Licht geführt wird, wie man meinen könnte, sondern versteht was von seinem Fach. Der Ton ist frisch und klar, die Vergleiche mit Winkler scheinen mir etwas übertrieben. Ein paar Mal fällt ein leichter Thomas Bernhard Ton auf, aber der ist ja sehr leicht zu imitieren und animiert wahrscheinlich auch sehr leicht dazu.

Eine gelungene “Coming of Age-Geschichte” würde ich sagen, wobei ich mir nicht ganz sicher bin, ob sie vielleicht doch flacher ist, als man auf den ersten Blick meinen könnte.

Die Zukunft wird es weisen, was wir noch von der offenbar sehr selbstbewußten jungen Autorin hören und lesen werden?

Also seien wir gespannt, ob sie auf die Bloggerdebutshortlist, dann hätte ich das Buch schon gelesen, kommt, ob sie den “Alpha” gewinnt, auf der Shortlist steht sie schon, dann bekäme ich das Printbuch, das einen sehr farbigen glänzenden roten Umschlag hat? So habe ich das PDF oder E-Book gelesen oder ob es den österreichischen Debutpreis gewinnt, wird sich Anfang November erweisen.

Und ehe ichs vergessen, Eva Schmidt, die auch nicht auf der Shortlist steht, hat  über eine andere “Lügnerin” geschrieben, die  auch erst ihr Leben meistern muß.

Die Katze und der General

Buch zehn des dBp und das vierte Shortlistbuch, ich weiß, ich bin spät daran, aber Nino Hartatischwilis Roman hat über siebenhundert Seite und es ist das erste Buch der 1983 in Tiflis geborenen, das ich gelesen habe.

“Ihr achtes Leben” ist ja durch alle Blogs gegangen und ich habe auch in Göttweig daraus gehört, bei diesem Buch waren die Blogger und Book Tuber etwas zurückhaltender, wahrscheinlich war es ihnen zu lang und auch bei “Amazon” gab es “Ein-Stern-Rezensionen”, Manfred Rebhandl im “Standard” hat es nicht gefallen. Er hat es für mißĺungen gehalten und ich habe mich die letzte Woche durch das Buch gelesen und bin zu dem Schluß gekommen, daß es den eBp gewinnen müßte, denn Maxims Billers wahrscheinlich schnell dahin geschriebenes Geschichtchen, das noch dazu bereits schon von seiner Schwester geschrieben wurde, kommt nicht dagegen an.

Gut man könnte sagen, daß man es wahrscheinlich kürzen hätte können und nicht alles so genau auserzählen hätte müßen. Man kann den Plot wahrscheinlich auch ktischig nennen. Er ist aber einer von denen, der mir gefällt und über Tschetschenien und den ersten und zweiten Krieg, den es dort gegeben hat und ich habe vor zehn Jahren sehr viel Traumadiagnostik mit Asylwerbern von dort gemacht, habe ich sehr sehr viel erfahren.

Es ist auch, glaube ich, hervorragend komponiert und ich gebe zu, daß ich mit fünfunddreißig Jahren und wahrscheinlich auch jetzt nicht so gut schreiben konnte und kann, würde es aber sehr gern.

Also voila, wieder ein bißchen vor mich hingespoilert, obwohl das meiste schon im Klappentext steht, denn, daß Nura, die junge aufrechte Teschetschenein, deren Ehrgeiz es ist, den Rubik-Kubik- Würfel zusammengebracht zu haben, vergewaltigt und ermordet wurde, ist von Anfang an bekannt und haben die Booktuber erzählt, die sich durch das Leseprobenheftchen gewühlt haben.

Der Prolog erzählt von der Achtzehnjährigen, die in ihrem mittelalterlichen Dorf Mehl holen geht, wo alle Frauen Kopftuch tragen müßen und von ihren Brüdern und Cousinns bewacht werden, sie will von hier weg und spart schon das Geld dazu, als sie nach Jause kommt und die Nachricht hört, die Russen sind hier.

Dann geht es in das Jahr 2016 und nach Moskau oder Berlin, denn der General, Alexander Orlow, der keiner ist, sondern ein Oligarch, hat sich dorthin zurückgezogen. Er ist der Sohn eines hohen Militärs, wurde von der ehrgezigen Mutter auch in eine solche Laufbahn gedrängt, will aber lieber Literatur studieren. So geht er zu den Aufnahmsprüfungen der Militärakademie nicht hin oder läßt sich durchfallen. Kommt aber im Jahr 1996 doch irgendwie nach Tschetschenien, in das Dorf und soll dort die Küche betreuen. Da hat er einen Kjumpel Aljoscha, der eigentlich in Frankreich das Kochgewerbe erlernen will und von Coq au vin träumt. So kaufen sie Nura Hühnchen und Eier ab und die besoffenen Obersten und Führer, die sie haben, wollen auch im Dorf Krieg spielen, halten Nura für eine Terroristin und vergewaltigen sie.

Orlow und Aljoscha werden gezwungen mitzutun, Nura stirbt, Alexander zeigt sich selber an. Es kommt sehr ungewöhnlich zu einem Prozeß, den er erzwingt, aber der aufrechte Anwalt, den er besorgen konnte, wird ermordet und Oberst Petruschow, der stärkste der drei Mittäter, bietet ihm eine hohe Stelle in einem Konzern an, wenn er schweigt. Er tut es schließlich, wird Oligarch, verliert seine Jugendliebe Sonja und auch seine Tochter Ada, die die Schuld ihres Vaters in den Selbstmord trieb und im Berlin des Jahres 2016, sieht Orlow  auf einem Plakat, eine Schauspielerin, die der ermordetetn Nura verdammt ähnlich sieht.

Er engagiert sie, Katze genannt, die aus Georgien kommt, für ein Video, das er den drei Mittätern übermitteln läßt. Es gibt dann noch Schapiro, den Orlow im Gefängnis kennenlernte und der sein Leibwächter ist oder für ihn die Kohlen wegräumt und einen deutschen Journalisten Onno Bender, die Krähe genannt, man sieht das Buch ist sehr gut komponiert, der sich auf Orlows Spuren setzte, in Ada verliebte und ihr auch von der Schuld des Vaters erzählte.

Das Ganze wird hin und hererzählt und schließlich landet man zu Silvester 2016 in einem wunderschönen verschneiten tschetschenischen Bergdörfchen, wouerst Coq au Vin, ohne Wein, weil Alkohol ja in Tschetschenien verboten ist, gegessen und schließlich bei Wodka, russisches Roulette gespielt wird.

Hier endet meine Nacherzählung mit der Wiederholung, daß mir das Buch sehr sehr gut gefallen hat, den Thome und  “Nachtleuchten”, die auch noch auf der Shortlist standen, muß ich noch lesen.

Was das so Besondere an “Archipel” ist, habe ich noch immer nicht begriffen, obwohl man beide Autorinnen in Frankfurt auf sämtlichen Sofas finden kann und ich mich demnächst in ein Georgien-Buch vertiefen werde, das, wie ein Wunder oder welche Energie, auch von Nino Haratischwili, die ja in Hamburg lebt, übersetzt wurde.

Wiener Strasse

Nun gehts nach Berlin und nicht ,wie der Titel glauben machen könnte nach Wien oder wenigstens St. Pölten und zu dem neunten Buch der dBp LL und einem das, was ich nicht nur aus Lokalpatriotismus sehr schade finde, nicht auf die Shortlist gekommen wäre, denn das wäre, glaube ich, zumindestens für Berlin der Verkaufshit, den sich die Buchhändler immer für den Buchpreis wünschen und beklagen, daß da soviel “Kunstscheiß” daraufsteht, aber das ist schon die Sprache von Kerstin, der reschen feschen Schwester von Erwin, dem Besitzer des Cafe Einfall und steht in der Wiener Straße in Berlin und wir gehen, was ich auch sehr sympathisch finde, weil es Erinnerungen an die “Jugend” weckt, in die Achtzigerjahre des vorigen Jahrhunderts zurück und den Erwin und den Frank kennen wir schon vom “Herrn Lehmann”, denn der heißt ja Frank mit Vornamen und will nicht Frankie genannt werden und das Buch könnte man so sagen ist ein einziger Klamauk, aber auch eine Satrie auf den Kustbestrieb und es ist, was ebenfalls sympathisch findet, sehr einfach, kein “Kunstscheiß” eben, geschrieben und reißt eine trotzdem mit.

Es beginnt in einem Baumarkt, denn dahin gehen die wackeren Kunden des Cafes, die eigentlich Künstler sind, um, was man erst später mitbekommt für eine Vernissage im Kunsthaus Werkzeug zu besorgen, während ins Cafe Einfall dauernd Leute kommen, die einen Job wollen.

Erwin Kächle ärgert sich mit seiner Nichte Chrissie und heuert dann Frank Lehmann zum Putzen an, was der mit großer Hingabe versieht. Chrissie wird dann als Kellnerin angestellt und soll am Morgen schon aufsperen und Kaffee ausschenken, denn es gibt ja eine alte, zwar unbrauchbare Kaffeemaschine in dem  Cafe. Sie soll auch Kuchen backen, der erste brennt an. Dann wird gleich ein Kunstwerk mit deutscher Fahne daraus gemacht und je für zwei Mark am Stück an Japaner verkauft, worauf sich die Diskussion entspinnt, ob sowas überhaupt geht und man den Verkäufer auf Schadenersatz klagen kann?

Sowas hatte, glaube ich, schon Beuys mit einer Putzfrau, die seine Kunst ahnungslos in den Mülleimer schmiß und richtig, österreichische Aktionskünstler, als Anklang wohl auf die Wiener Straße, gibt es auch und da eine urige Slapstickszene auf dem Dach.

Köstlich, köstlich und die Behauptung, daß es in Berlin keinen Tafelspitz zu kaufen gäbe. Ich weiß nicht, ob das stimmt, habe aber durch einen österreichischen Film erfahren, daß man das sogar in New York kann. Es geht aber gleich weiter, denn Kerstin, Chrissies Mutter und Erwins Schwester macht sich Sorgen, um die Tochter im geteilten Berlin und fährt deshalb, was man ja damals mußte transit durch die DDR, was natürlich auch zu Schwierigkeiten führt.

Indes wird im Cafe Einfall Apfelkuchen gebacken und Kakao ausgeschenkt. Die Vernissage wird vorbereitet, dafür ein Baum geklaut, was den Kontaktpolizisten, der sich, um seinen Bezirk kümmer soll, auf den Plan bringt. Frank Lehmann wird zum Weinausschank im Kunsthaus angeheuert und Erwin geht indessen mit seiner Freundin Helga, die schwanger ist, zum Geburtsvorbereitungskurs und rennt einen Tag lang mit einem Schwangerschaftsbauch herum, um auch mitzubekommen, was die armen Frauen so durchmachen müßen.

Köstlich, köstlich, die Satire, würde ich wieder sagen und am Schluß gibt es noch einen Knalleffekt im Kunsthaus, der damit endet, daß Erwin mit verrutschten Bauch und seinen Kellner Karl im Straßengraben sitzt. Der öffnet sein Kunstobjekt, nimmt eine Flasche Bier heraus und antwortet auf Erwins Frage “Und das soll Kunst sein?”, genüßlich “Jetzt nicht mehr!”

Das Buch ist es, würde ich sagen und auf jeden Fall sehr unterhaltsam, obwohl ich das ja an sich gar nicht so sehr mag und schadem schade, liebe Leute von der Jury, daß es nicht auf die Shortlist gekommen ist.

“Aber ihr habt ja nur Augen für das schwer Verständliche und Experimentelle!”, würden jetzt wohl die Buchhändler sagen.

Dem Buch ist noch ein Lesezeichen beiglegt, wo man Sven Regeners Lesetourneetermine ablesen kann. Er kommt für alle Interessten am sechzehnten und siebzehnten November in den Rabenhof.

Da muß man  sicher Eintritt zahlen. Aber das muß man in Deutschland auch und Erwin hat den Kaffee und den Kuchen im Cafe Einfall ja auch pro Portion um zwei Mark verkauft.