Kangal

Jetzt kommt Buch vierzehn der deutschen Longlist, langsam, langsam werde ich fertig und es ist das zweite Buch das von einer jungen Deutsch-Türkin geschrieben wurde, das auch auf der Bloggerdebutliste steht “Kangal” von der 1990 in Frankfurt geborenen Anna Yeliz Schentke, die offenbar eine türkische Mutter hat und sie zeigt eine mir bisher eher unbekannte Perspektive auf, beschäftigt sie sich nämlich nicht mit dem ehemaligen Gastarbeiterleben und seinen Schwierigkeiten, sondern beschreibt das Leben der jungen kritischen Türken in Istanbul nach dem Putsch von 2016, obwohl sie, wie am Klappentext steht, seit 2015 nicht mehr in Istanbul gewesen ist.

Sie schildert in kurzen knappen Passagen das Leben von drei Protagonisten. Da gibt es Dilek, Tekin und Ayla, die abwechseln ihre Stimmen heben und das Buch beginnt, damit, daß Dilek Istanbul verläßt und nach Frankfurt zu ihrer Cousine Ayla flieht, denn eine ihrer Freudninnen ist verhaftet worden und so fürchtet sie, die sich im Netz “Kangal1210” nennt, daß ihr das Gleiche passieren könnte.

Ihr Freund Tekin bleibt zurück und wußte gar nichts von ihrer Ausreise und hat in Folge Schwierigkeiten Kontakt mit ihr aufzunehmen, da sie ihr Profil gesperrt hat. So sucht er befreundete Anwälte auf, um sich zu erkundigen, ob Dilek auf der Verhaftungsliste steht und Ayla ihre Cousine, lebt in Deutschland ein ähnliches Leben, wie es vielleicht Fatma Özdemir schildert.

Es beginnt, daß sie ihren Mann Yusuf verläßt, weil er sie geschlagen hat, obwohl ihre Mutter ihr davon abrät, denn das tut eine gute Türkin nicht. Ayla hat auch gegen den Willen ihrer Eltern studiert, die eigentlich wollten, daß sie in ihrem Lebensmittelhandeln arbeitet und Dilek und Alyas Mütter haben sich zerstritten.

Alyas Mutter war die von Dilek zu progressiv. Ihr gefiel es auch nicht, daß Dilek mit Tekin unverheiratet zusammenlebt.Jetzt ziehen die beiden Frauen zusammen und ich fand es sehr interessant einmal etwas von den jungen progressiven Türkinnen und ihren Schwierigkeiten, die sie in Istanbul haben, wenn sie politisch tätig sind, zu hören.

Ein spannendes, dünnes Büchlein, das leicht und schnell zu lesen ist und da kann ich auch anführen, daß ich das letzte Drittel in der Buchhandlung “Morawa” gelesen hatte. Da bin ich nämlich nach dem kulturpolitischen Arbeitskreis und der GAV-Neuerscheinungslesung gegangen, habe es aus dem Regal genommen, weil es nicht auf den Bücherstapeltischen gelegen ist. Ich kann es aber sehr empfehlen und finde es aus den schon erwähnten Gründen vielleicht sogar interessanter als “Dschinns”, denn dessen Inhalt war mir von meinen Beschäftigungen mit Gastarbeitern schon bekannt, während ich seit 1987 nicht mehr in Istanbul gewesen bin und das politische Geschehen dort auch nicht wirklich mitgekommen habe.