Oben Erde, unten Himmel

Die erste Neuerscheinung in diesem Jahr. Bisher habe ich ja nur die Reste vom Vorjahr, bezieungsweise, die Bloggerdebuts gelesen.

Jetzt also Milena Michiko Flasars dritter bei “Wagenbach” erschienener Roman. Die zwei Ersten kamen bei “Residenz” heraus, woran man wieder sieht, wie das mit der österreichflucht der Autoren ist. Katja Gasser will ja durch den Leipziger Österreich Schwerpunkt die österreichischen Verlage nach <österreich holen, mal sehen, wie das gelingt.

Ich habe von “Ich nannte ihn Krawatte”, auch in Leipzig prominent erfahren, später hat sie den “Alpha” damit gewonnen. Da haben sie mich ja hinausgeschmissen. Deshalb habe ich das Buch noch nicht gelesen.

“Herr Kato spielt Familie” habe ich schon und “Okasaan”,, den Fund aus dem Bücherschrank, den ich glaube ich einmal während einer GV der IG Autoren besuchte und jetzt das neue Buch, das von “Wagenbach” prominent beworben wurde.

Milena Michika Flasar stand noch nie so im Mittelpunkt, hat mir Robert Huez am Donnerstag in der “Gesellschaft” gesagt. Da wurde das Buch ja im Literaturhaus wieder mit japanischen Spezialitäten, wie mir Robert Huez verriet, vorgestellt, aber das haben wir beide versäumt und sind mit der “Sprache unterwegs” gewesen.

Wobei so anders war es dann nicht, wenn es auch um die “Armut im Alter” und nicht um Japan ging. Aber sonst war die Einsamkeit und sogar die Bestattung das Thema. Die Wassergläser mit den Schlieren, die der mobile Pflegedienst hinterlässt, die dann die Bestatter, die die Leichen abholen, finden und Milena Michiko Flasar hat sich wieder einem Thema mit einem speziellen japanischen Namen nämlich dem “Kodokushi”, dem einsamen Tod, wie im Anhang steht und das ist auch, glaube ich, das besondere am Schreiben der 1980 in St. Pölten geborenen Milena Michiko Flasar, die eine japanische Mutter hat, dadurch wahrscheinlich Japanisch spricht und vielleicht auch öfter dort gewesen ist.

Sie hat sich, kann man sagen, der japanischen Kultur angenommen und nach Österreich gebracht. Deshalb fließen immer wieder japanische Wörter durch das Buch. Deshalb hat “Wagenbach” zum Japanisch essen eingeladen und während es im ersten Buch um die, die, weil vielleicht Schul- und Leistungsangst ihre Wohnung nicht mehr verlassen, den “Hikimori” ging und beim zweiten Buch, um einen Pensionisten, der sich als Familienmitglied vermieten läßt, geht es jetzt um die, die monatelang in ihren Wohnung liegen, bis dann die Briefträger oder die Hausmeister die Polizei verständigen und der Reinigungstrupp trifft ein, um die Wohnung zu putzen.

Als ich das Cordula Simon, die ja als Bestatterin tätig ist oder war, am Donnerstag erzählte, sagte sie, das kommt in Österreich nicht so oft vor. Wahrscheinlich ist das in Japan häufiger, das Menschen einsam und ohne Angehörige sterben und eigentlich geht es auch um etwas anderes.

Es geht um Suzu, fünfundzwanzig und auch alleine mit einem Hamster lebend. Sie hat zwar Eltern, mit denen sie telefoniert und die sie zu den Festtagen besucht. Hat aber sonst wenig Kontakt zu ihren Nachbarn, keine Freunde und jobbt als Kellnerin in Familienrestaurants. Sie hat auch das eine oder andere Date, aber sonst wahrscheinlich keinen wirklichen Sinn im Leben und ist vielleicht auch etwas schüchtern. Aber sonst ziemlich schlagfertig und die verliert ihren Job als Kellnerin und sucht nun, weil das Geld ausgeht, etwas anderes. Da landet sie bei der Reinigungsfirma des Herrn Sakai und da ist sie beim Vorstellungsgespräch nicht allein. Ein Takada, der denselben Nachnamen wie sie hat, bewirbt sich mit ihr. Der hat lange Haare, die ihm ins Gesicht fallen und schreibt sich ständig Wörter in ein Notizbuch auf, um später vielleicht einen Roman zu schreiben und wahrscheinlich auch sehr einsam und hat seine Traumen. Er wohnt, auch das ist wahrscheinlich typisch japanisch in einer Kabine in einem Internetcafe und so beginnt Suzu mit dem Reinigungsdienst.

Da wird zuerst ein Gebet gesprochen und dann der Tote, der gar nicht mehr anwesend ist, begrüßt. Das erinnert an die “Bestatterin von Killcross” und nach der Arebei, an die man sich erst gewöhnen muß, deshalb liegen auch Speibetüten bereit, geht es ins Sento, das japanische Badehaus, wo Suzu einer Mrs Langfinger genannten Alten begegnet, die Drops stiehlt, damit sie ins Gefängnis kommt, um nicht mehr einsam zu sein, obwohl sie eine Tochter hat und dann zum Absacken in ein chinesisches Restaurant.

Man sieht Herr Sakai kümmert sich sehr fürsorglich um sein Team und veranstaltet zum Kirschblütenfest auch ein Picknick, wo er alle seine Bekannten einlädt. Also die Kassiererin im Badehaus, Frau Langfinger und ihre Tochter und da ist dann zu erwähnen, daß das Buch im Winter beginnt und bis zum nächsten Winter geht.

Takada wird im Sommer, glaube ich, krank. Da wird Suzu von Herrn Sakai in seine Kabine geschickt, um nach ihm zu fragen. Ihr fällt das schwer. Sie kauft eine riesige Melone, die sie dann zu diesem Cafe schleppt und findet einen hochfiebrigen Takada, den sie dann in ihre Wohnung bringt und da ist interessant, daß der Hamster, der sich bisher immer vor ihr versteckte, plötzlich aus seinem Untergrund kommt und interessiert das Geschehen beobachtet.

Suzu freudet sich auch mit ihren Nachbarn, auch zwei alte Menschen, an und besteigt mit dem gesund gewordenen Takada dann das Plateau ihres Hauses von dem man eine wunderbare Aussicht auf die Stadt hat und im nächsten Winter kommt es, wie es kommen muß.

Herr Sakai entschuldigt sich für drei Tage und kommt dann zurück, um seinen Team zu erklären, daß er nur mehr drei Monate zu leben hat. Er stirbt zuerst von seinen Freunden umgeben und letztlich doch allein im Spital und die vier Übergebliebenen räumen seine Wohnung auf.

Das heißt, sie glauben zu einer Messiewohnung zu kommen, aber die ist leer und blitzblank und so gehen sie wieder zu ihrer Arbeit.

“Wir schlüpften in unsere Schuhe, die nebeneinander aufgereiht im Eingang standen. Dann – mit einem letzten Blick auf das, was hinter uns lag – machten wir uns auf den Weg.”

“Leben probiert man nicht aus. Man lebt es einfach. Es gibt keine Generalprobe. Keine Wiederholungen” – “Ein umwerfender Roman über Nachsicht, Umsicht und gegenseitige Achtung”, steht am Buchrücken.

“Wagenbach” hat mir auch eine Liste von Michiko Milenas Flasars Lesetour geschickt. In Leipzig, das diesmal im April stattfindet, tritt sie sicher auf und dann auch bei “Literatur und Wein”, sowie an anderen Orten.

Mit Milena Michiko Flasar japanisch essen

Am zweiten Februar erscheint Milena Michiko Flasar neues Buch und dazu hat der “Wagenbach-Verlag” zu einer Vorpremiere eingeladen. Die offizielle Buchpräsentation findet dann am Donnerstag im Literaturhaus statt und das ist gut, daß ich schon vorher daraus lesen hören konnte, denn da wird zeitgleich in der “”Gesellschaft” der dritte Teil der “Mit Sprache unterwegs-Reihe” vorgestellt.

Die Präsentation fand im “Mari´s Metscha Matscha” in der Kaiserstraße statt und das ist offenbar eine Kette, denn in der Operngasse gibt es auch ein solches Lokal, an dem ich immer vorbeigehe wenn ich in die “Alte Schmiede” oder in die “Gesellschaft” möchte und habe mir da immer gedacht, daß ich da gerne einmal hingehen will und jetzt hat sichs ergeben und ich kenne die 1980 in St. Pölten geborene Milena Michiko Flasar, die eine japanische Mutter und einen österreichischen Vater hat, schon lange, wahrscheinlich seit sie zu schreiben angefangen hat.

Ihr zweites noch bei “Residenz” erschienenes Buch habe ich mal im Schrank gefunden. “Ich nannte ihn Krawatte” hat dann “Wagenbach” herausgebracht und ich war in Leipzig, als es prominent vorgestellt wurde. Dann war ich bei der Präsentation, ich glaube, in der Hauptbüchereie und bin dann zur Festwocheneröffnung gegangen.

“Herr Kato spielt Familie” hat mir schon “Wagenbach geschickt. Es stand auch auf der Öst und das interessante an Milena Michiko Flasar, das was sie interessant macht, ist, daß sie immer japanische Besonderheiten beschreibt, die auch einen speziellen Namen haben.

Beim Ersten, mit dem sie beim “Alpha” gewonnen hat, ging es um japanische Jugendlichen, die das Haus nicht mehr verlassen, im zweiten läßt sich ein Pensionist als Großvter mieten und jetzt geht es um die, die in ihren Wohnungen sterben und ein paar Wochen später rückt dann der Reinigungstrupp an, um die Wohnun zu säubern. Das finde ich orginell und das Thema tot und sterben interessiert mich sehr.

Also eine interessante Neuerscheinung, ein interessantes Thema und Japan ist auch ein interessantes Land. 1991 bin ich einmal, weil ich es unbedingt sehen wollte, zehn Tage hingeflogen und jetzt wieder japanisch essen und ein paar Bekannte habe ich unter den Buchhändlern, Bloggern und Pressegrössen, die gekommen sind, auch gekannt und habe ehrlich gesagt nicht gewusst, daß es außer mir in Wien noch andere Literaturblogger gibt. Das heißt, da gab es ja einmal ein Bloggertreffenin einer Buchhandlung und die Buch-Wien hat auch einmal zu einem solchen eingeladen, aber da war ich schon bei der Buch-Basel und konnte daher nicht teilnehmen.

Sonst Katja Gasser, Kristina Pfoser, die nächste Woche moderieren wird, Zita Bereuter, die gestern auch im Literaturhaus war. Eigentlich hätte ich auch Robert Huez erwartet, die Anna Jeller war aber da, Linda Stift und noch viele andere.

Zuerst gab es ein paar Häppchen, damit man nicht hungrig zuhören muß, wie Anette Wassermann launig einleitete und es ist wieder ein Buch, das während der Pandemie geschrieben wurde. Nachher konnte man zwischen vegetarisch und mit Fleisch wählen. Alles wurde in Schälchen serviert und jetzt heißt es lesen, lesen und ich kann mich entscheiden ob ich das Buch vor oder nach der Streeruwitz lese und beides ist sicher interessant und kommt auch in meinem neuen Buch vor, das jetzt “Bratislava, Prag, Budapest oder ein “Dreimäderlhaus” heißen wird. Den Handlungsfaden und die Szenenplanung habe ich schon, wenn auch noch nicht alle Szenen geschrieben und derzeit 32476 Worte, neunundsechzig Seiten und dreiunddreißig Szenen

Kintsugi

Buch elf des dBps und das fünfte auf der deutschen Shortlist hat sehr viel mit Buch zehn gemeinsam, spielt es doch auch in der Uckermark oder in Brandenburg und es könnte sogar um das Dorf gehen, in dem Lola Randl ihren “Großen Garten” hat, gibt es dort doch, haben wir gelesen, viele Japaner, die sich angesiedelt haben und dort ihre Kuchen und ihre Tees zubereiten, denn Kintsugi kommt aus dem Japanischen und bedeutet, die Technik aus Porzellanscherben mittels Gold wieder etwas Neues und Wertbolleres herzustellen und die 1992 in Gotha geborene Miku Sophie Kühmel, die es mit einem anderen Manuskrit im Vorjahr auf die Shortlist des Blogbusters schaffte, könnte, wenn man nach dem Namen geht japanische Vorfahren haben, auf jedenfalls kennt sie sich mit dem Japanischen gut aus, tragen ihre Kapitel doch japanische Überschriften.

Das weiß ich nicht so genau, auf jedenfall finde ich die Verbindung zwischen Japan und der Uckermark, der wir jetzt in gleich zwei Longlistbüchern begegnen, sehr interessant.

Das Buch wird von den Bloggern sowohl gelobt, als auch verteufelt, manche wünschen sich stattdessen Angela Lehner auf die Shortlist, manche sind begeistert, manche fragen sich warum das Buch darauf kam und bezeichnen es als Kammerstück und das ist es auch.

Ein Kammerstück in einem sehr frischen jungen Gewand. Kunststück ist die Autorin doch auch unter Dreißig, obwohl der Inhalt wieder nichts wirklich Neues ist oder doch vielleicht, die Beziehung zwischen drei Männern, von denen einer  eine Tochter hat, die eigentlich ohne Mutter, dafür von allen drein aufgezogen wurde, habe ich in dieser Form noch nicht gelesen und was noch  interessant an dem Buch ist, war für mich der Leistungsdruck, da steht doch an mehreren Stellen, daß es nur das Besondere macht und der Durchschnitt oder das Mittelmaß zu verachten ist.

Interessant, würde ich sagen, das von einer so jungen Frau zu lesen und schüttle  gleichzeitig den Kopf, denn wenn sie das so erlebt und auf diese Art und Weise vielleicht von Stufe zu Stufe, die literarische Karriereleiter hinaufhetzt, ist das nicht dasm was ich will, trifft aber vielleicht den modernen Ton des Lebens und das finde ich auch nicht gut.

Aber schön der Reihe nach. Das Buch spielt an einem Wochenende in einem Häuschen in der Uckermark, das Max und Reik gehört. Das ist ein schwules Pärchen, das sein zwanzigjähriges Zusammensein feiert. Max ist Archäologe und wahrscheinlich der Japanbesessene, denn er hat das Haus und  den Garten in diesen Stil eingerichtet. Reik ist ein berühmter Künstler. Maler oder Bildhauer wahrscheinlich oder einer, der seine Scheiße auf einen Teller drückt und dann teuer verkauft.

Das ist ein Zitat aus dem Buch und sie haben zu ihrem Fest nur Tonio und Pega eingeladen. Tonio ist ein begabter Musiker italienischer Abstammung, der sein Talent aber Nachts als Barpianist verschleudert, war früher mit Reik zusammen, dann hat er Bettina in einer der Bars, wo er spielte kennengelernt und von ihr Pega bekommen, die ihm die Tochter sozusagen zur Erziehung überlassen ist und nach, glaube ich, Mailand verschwunden ist.

Wie das mit dem jugendamt geklärt wurde, wird nur am Rande erwähnt. Pega ist jetzt jedenfalls zwanzig und studiert Psychologie und das erste Kapitel schildert die Ankunft, der vier in dem Häuschen.

Dann ist je ein Kapitel je einem der vier Protagonisten gewidmet, die ihre Sicht der Dinge erzählen und am Schluß gibt es jeweils und das ist interessant und finde ich sehr ungewöhnlich, einen Dialog, wo sich die vier zerstreiten und die Fetzen fliegen, so daß die Scherben am Ende, wie der Titel sagt, mit dem Gold gekittet werden muß oder auch nicht, denn Tonio hat eine neue Freundin gefunden, die so alt wie Pega ist und wünscht sich von ihr ein Kind. Max und Reik entzweien sich und Max haut ab, um ins Ausland, nach Japan wahrscheinlich zu gehen und läßt die Freunde oder den Scherbenhaufen zurück.

Aber der wird ja, wie wir schon wissen, mit Gold gekittet oder das Leben geht weiter,  jeder macht vielleicht das Beste daraus und entwickelt sich trotz der Narben und der Traumen, die übergeblieben sind, weiter, würde die Psychologin sagen und vermuten, daß Miku Sophie Kühmel vielleicht nicht die nächste Buchpreisträgerin wird, bin aber sehr gespannt, was ich  von ihr noch lesen und hören werde oder, wie weit es ihr gelingt, die literarische Erfolgsleiter am besten ohne Narben und Traumen, die gekittet werden müßen,hinauf zu kommen.

Im Internet gibt es übrigens einige Filmchen, wo Miku Sophie Kühmel über das Buch erzählt oder an einem See spazieren gehend daraus gelesen wird.

Und das kann ich schon verraten, das zwölfte dBp Buch spielt auch in der DDR und ist heuer das wahrscheinlich, was in den Vorjahren das Schwierige war.

Heimkehr nach Fukushima

Buch zwölf des dBps, allmählich wird es, denn die folgenden drei Bücher sind auch viel dünner und eines das mich an meinen Schweiz Urlaub erinnert, wurde doch Adolf Muschg, 1934 in Zürich geboren und sein Buc lag das mit der Italien-Schweizerin Gianna Molinari auch in der kleinen feinen Berner-Buchhandlung auf, die ich am Tag nach der Longlistverkündung, betreten habe, während der Alfred mit meiner vollen Büchertasche aus den Schränken und Arnos Geigers “Drachenwand” draußen auf mich wartete.

Was soll ich schreiben? Das ist jetzt das Buch des schweizerischen Philiph Roth oder Martin Walser? Das Alterswerk des Vierundachtigjährigen der sich in seinem Werk mit der Liebe und den Tod des alternden Mannes beschäftigt und interessiert das wirklich die mittelalterlichen Deutschlehrinnen, die noch Bücher kaufen und sie lesen?

Ich wollte das schreiben, ich gebe es zu, bis ich etwa bei Seite zweihundertzwanzig des zweihundertvierzig Seiten Buches war und suche auch noch vergeblich nach dem You Tube Video, wo eine sagte, sie hätte das Buch abgebrochen, weil sie die Szene wo sich der Protagonist mit der jüngeren Japanerin in der verseuchten Erde wältz, unerträglich fand.

Ich habe es nicht mehr gefunden, aber Adolf Muschg hat auf dem blauen Sofa in Frankfurt selber über diese Szene gelächelt und was ist das Buch dann? Ein geniales Alterswerk des vierundachtigjährigen bekannten Schweizer Dichters?

Das scheint mir nun doch übertrieben, weil es mir ja ganz ehrlich auch auf die Nerven geht, wenn die Achtzig- oder Sechzigjährigen, der Paul Neuhaus, der Held des Buches, ist, glaube ich, gerade darüber, auf ihre letzten Reisen gehen und dabei die Lieben ihres Lebens nochmals erleben und über den Tod resumieren.

Da denke ich natürlich, was ist, wenn ich das machen würde? Was würden die Verlage dazu sagen und wer würde das lesen?

Aber die Vehemenz mit der Adolf Muschg diese schon hundertmal geschriebenen Themen bearbeitet, dabei vom Hundersten in Tausendste kommt und alles,  alles, was ja gar nicht dazu passt, dazu vermengt, ist wirklich beeindruckend und als er verlassen und frustriert in seinem Hotel in Hakone sitzt, über die verlorene Liebe und den Tod nachdenkt, dabei den Fujiyama beobacht und plötzlich nach Wien-Ottakring und auf das Harry Lime Thema kommt, dachte ich zuerst “Das passt ja gar nicht dazu!” und dann “Das ist genial und warum soll er das nicht schreiben und so sein Leben bewältigen und zusammenfassen?”

Ob man das lesen will oder soll, ist eine andere Frage. Die bücher liegen aber in den Buchhandlungen auf, es stand auf der deutschen Longlist, auf der Schweizer nicht, da steht von den dBp Büchern nur die Gianna Molinair und sonst noch der Peter Stamm.

Es ist aber überhaupt die Frage, wer heute noch Bücher liest und wen das wirklich interessiert, daß hier ein sechzigjähriger Architekt und Schriftsteller namens Paul Neuhaus, der mit seiner Freundin Schwierigkeiten hat, plötzlich einen Brief von Freunden aus Japan mit einer Einladung nach Fukushima bekommt, weil dort der Bürgermeister eine Künstlerkolonie aufbauen will, um die Leute in das verseuchte Land zurückzubringen und die Wirtschaft zu beleben.

Weil ihm seine Suzanne gerade verlassen hat, fliegt er hin, hat und das ist auch ein wenig verwunderlich, aber warum nicht, als ich einmal nach Amsterdam geflogen bin, habe ich im Flieger auch Elias Canettis “Blendung” gelesen, die damit ja nichts zu hat, Adalbert Stifters Werke mit und die werden in dem Buch immer wieder so zwischendurch zeilenlang zitiert und ich glaube im Anhang auch nicht extra ausgeweisen, aber das ist ein verlegerischen Problem.

Im Hotel Imperial in Tokyo wird er von den Freunden, der Germanistin Mitsuko und ihren MannKen erwartet, die ihm eröffnen, daß Mitsuko ihn durch die verseuchten Gebiete begleiten soll, da Ken an Leukämie leidet und sie also nicht begleiten kann.

Es kommt, wie es kommen muß. Die Beiden fahren mit dem Shinkansen, dem japanischen Schnellzug, eßen  ihre Bento Box, haben Geigerzähler und Schutzanzüge dabei, werden dann von dem bürgermeister erwartet und fahren ein paar Tage lang durch die versuchten und verlassenen Dörfer und interviewen dabei Familien, worüber sich Paul Neuhaus seine schriftstellerischen Gedanken macht. Sie müssen vor Wildschweinen flüchten, wälzen sich, wie schon beschrieben in der verseuchten Erde, was ich eigentlich auch nicht sehr nötig finde, deshalb habe ich das Buch aber nicht abgebrochen, denn ich will mich ja gern und freiwillig durch die dBp Longlist lesen.

Am Ende gibt es noch ein Abschiedsessen, da taucht dann der Ehemann auf. Der muß ins Krankenhaus, so begleitet seine Gattin ihn. Paul bleibt allein zurück, beziehungsweise sind  schon zehn Tage in einem anderen Hotel gebucht, wo er verlassen auf der Hotelterrasse sitzt, den Fujiyama beobachtet und über Gott und das Leben sinniert.

Dann kommt der Tag der Abreise, Mitsuko erscheint natürlich im Hotelbuffet, gesteht, daß sie schwanger ist und zu ihrem Mann ins Krankenhaus muß und ich habe wirklich nicht verstanden, von wem das ist? Denn, um eine Schwangerschaft festzustellen, braucht man wahrscheinlich mehr als zehn Tage oder irre ich mich da?

Es gibt auch noch einige andere beeindruckende schöne geschriebene Szenen, denn Adolf Muschg versteht ohne Zweifel sein Handwerk, obwohl, wenn ich schon wieder beim Motzen bin, mir ein Zweiundsechzigjähriger als fast Fünfundsechzigjährige nicht wirklich alt erscheint und, daß sich der Gedanken über eine mögliche Demenz macht, erscheint mir zu literarisch aufgesetzt.

Es gibt aber noch eine eher peinliche Szene von einem früheren Abendessen mit dem Bürgermeister, wo er sich nachher nackt im Bet vorfindet und nicht weiß, wer ihn ausgezogen hat?

Träume und Fieberfantasien gibt es auch und eine geheimnisvolle Karte, die ihm der Hotelportier nachträgt, als er ins Taxi steigt. Es gibt eine antike Schale, die er dem Paar mitbringen soll und dann einem Hotelangestellten schenkt und, wie schon beschrieben noch hunderttausend andere Einfälle, die eigentlich nicht zusammenpassen, so daß ich schon das Obige formulierte und dann innehielt und plötzlich dachte:

“Es ist ein geniales Buch, vielleicht oder gerade deshalb, weil man die Zusammenhänge nicht versteht. Aber sie sind auf jeden Fall bewußt oder unbewußt, das, was Adolf Muschg beschäftigte und daher für die Leserin interessant und jetzt noch ein paar Japan- oder andere Buchbezüge, weil das Japanthema in der Literatur derzeit sehr modern ist und ich, schreibe ich noch dazu, ja auch schon zehn Tage dort war, wenn auch natürlich nicht als Stipendiatin, wie die anderen, die dann ihre Japan-Bücher geschrieben haben.

Alina Bronskys  “Baba Dunjas letzte Liebe”, auch ein dBp Buch hat, das mit Tschernobyl versucht und Marion Poschmanns “Kieferninsel” führt uns in ein anderes, sehr lyrisches Japan und in einen Selbstmörderwald.

Japanische Textlupen

Text.Lupe heißt eine neue Reihe, die die vierte Veza Canetti-Preisträgerin Lydia Mischkulnig in der “Alten Schmiede” veranstalten wird, zu der sie die Autoren von ihr ausgewählten Bücher einladen und mit ihnen darüber sprechen wird.

Die erste Veranstaltung, die heute stattfand war der Dissertation, der inzwischen in Berlin lebenden, 1960 in Tokyo geborenen Autorin Yoko Tawada gewidmet, die ich 1996 in Klagenfurt kennenlernte, als sie dort gemeinsam mit Lydia Mischkulnig gelesen hat.

Lydia Mischkulnig hat damals, glaube, ich mit ihrer rasant erzählten Geschichte einen der Preise gewonnen. Yoko Tawada hat einen Text gelesen, wo sie oder ihre Protagonistin mit einem Fahrraad und einer Katze durch Hamburg fährt. Ein Text, der mir sehr beeindruckt und sehr gefallen hat und dem ich am liebsten den Preis gegeben hätte.

Da aber auch Josef Winkler in einer rosa Hose oder einem rosa Hemd und einem Baby auch dort gelesen hat, habe ich mir gedacht, das wird sich die Jury nicht trauen, Josef Winkler ist der Preisträger und Yoko Tawada bekommt einen der anderen.

Was dann kam war eine Enttäuschung, denn der ziemlich zum Schluß lesende  Jan Peter Bremer hat mit seinen Text “Der Fürst spricht”, der mir überhaupt nicht gefallen hat, gewonnen und Yoko Tawada ist mir im Gedächtnis geblieben.

Im Vorjahr habe ich sie, glaube ich, bei einer Veranstaltung im Literaturmuseum gehört und jetzt stellte Lydia Mischkulnig ihre Dissertation “Spielzeug und Sprachmagie” vor und begann die Veranstaltung mit einem kurzen Text von Franz Kafka über einen Kreisel, weil am Cover des im “Konkursbuch Verlag” herausgekommenen Buches ein Kreisel abgebildet ist.

Neben mir saß ein junger Mann, der das Buch in der Hand hielt und mitgelesen hat und ich war anfangs ein wenig enttäuscht, weil viel zu viel theoretisch und ich habe die Beziehung, wie man mit Spielzeugen zur Sprache kommen kann, auch nicht so ganz verstanden, denn ich bin ja nicht experimentell, sondern eine realistische Schreiberin.

Yoko Towada hat dann einen Teil ihres Vorwortes vorgelesen, dann kam ein Text von Walter Benjamin den Lydia Mischkulnig las, denn Yoko Tawada hat  sich in ihrer Dissertation mit ihm beschäftigt und dann wurde es für mich interessanter, denn dann hat sich Lydia Mischkjulnig auf die “Verwandlungen” bezogen.

Das ist auch ein berühmter Text von Franz Kafka, nämlich der vom Gregor Samsa, der eines Morgens aufwacht und entdeckt, daß er ein Käfer ist und das hat im deutschen Sprachraum, wie die beiden erklärten, eine negative Bedeutung, während in Japan Käfer etwas Positives sind und es ist auch positiv, wie Yoko Tawda verschmitzt erklärte, wenn man ein Käfer wird, weil man dann nicht mehr arbeiten muß und weiter erläuterte, daß Verwandlungen in Japan eine große Tradition hätten.

Da habe ich an die “Fuchserscheinungen” gedacht und da ist interessant, daß ich darüber von zwei deutschen Autorinnen im Rahmen meines Buchpreislesens gelesen habe und Lydia Mischkulnig die ja in Japan einen Lehrauftrag hatte, erzählte noch, daß sie dort mit ihren Studenten die “Verwandlung” gelesen hatte, die die Tragik, die der Text hatte, eben nicht verstanden haben.

Und nochmals interessant, daß Yoko Tawada so den Vorteil der Verwandlung, weil man dann nicht mehr zu arbeiten braucht, erwähnte. Ist Japan doch, wie in dem Poschmann-Buch beschrieben wird, eine Kultur, wo sich sehr viele Leute umbringen, weil sie den Leistungsanforderungen, die an sie gestellt werden, nicht zu genügen glauben.

Aber Yoko Tawada lebt ja schon sehr lange in Deutschland und hat dann auch einigen ihrer Bücher vorgelesen und da war der erste Text der sich auf das Wort K bezog sehr spannend und lustig und Lydia Mischkulnig wies auf die Verwandlungen und Veränderungen hin, die in dem Text passierten, der vom Hundersten zum Tausensten sprang.

Spannend sich auf die japanische Literatur und  Kultur zu beziehen, die ich auch einmal so faszinierend fand, daß ich zehn Tage dort herumgereist bin und Yoko Towada hat noch ein Kapitel aus ihrer Dissertation gelesen, die sich auf die <puppensprache bezogen hat. Da ging es zwar um indoneische Schattenmarionetten, sie erklärte aber den Brauch in Japan, daß es dort einen Tag der Puppenverbrennungen gibt, denn Puppen sind ja heilige Wesen, die kann man nicht so einfach in den Mist werfen, wie die Leichen in dem Selbstmörderwald der Marion Poschmann, merke ich vorwitzig an, da gibt es einen Tag, wo sie mit einem Ritual verbrannt werden und als ich 1991 zehn Tage dort war, haben wir dort auch einen Schrein besucht, wo man kleine Stereoporpuppen kaufen und sie in einenKübel schmeißen konnte, dort lösten sie sich auf und die Schuldgefühle der abgetrieben habenden Mütter waren weg.

Ein  interessanter Abend also, der in die japanische Kultur einführte und  zu dem heurigenNobelpreisträger passt, wird den doch der 1954 in Nagasaki geborene Kazuo Ishiguro  bekommen, der 1960 nach London kam und 1989 für seinen Weltbestseller “Was vom Tage übrigblieb” den “Booker-Preis” bekommen hat.

Das Buch habe ich gelesen und es eher unauffällig gefunden und auf meinem Bücherstapel im Svhlafzimmer liegt seit einiger Zeit ganz oben “Der begrabene Riese”, ein Buch das vor zwei Jahren in den Blogs viel Beachtung fand und das ich mit acht anderen bei dem Gewinnspiel von Maria Giese gewonnen habe, es mit zwei anderen aber noch lesen muß

Die Kieferninseln

Nun kommt Buch vierzehn der LL und das dritte Buch der Shortlist, eines das ich mir darauf gewünscht habe, denn ich habe Marion Poschmann 2013 als sie mit der “Sonnenposition” nominiert war, sehr poetisch gefunden und es ist auch das Shortlistbuch, das mir bis jetzt am besten gefällt.

Die zwei österreichischen Bücher muß ich noch lesen und mir den Lehr erst schenken lassen, aber bis jetzt würde ich ihr den Preis wünschen, da ihn Ferdun Zaimoglu, mein ursprünglicher Wunschkanditat nicht bekommen kann.

Denn Marion Poschmann ist es mit den “Kieferninseln” gelungen, einen sehr poetischen Roman zu schreiben, einen in dem es um die Natur, um die vielen Grünschattierungen beispielsweise und die vielen Nadelbäumesorten geht, die es in Japan gibt, aber auch einer, so würde ich es mir  interpretieren, der sehr ironisch mit dem Janpanmythos, sie zeigt auch seine Schattenzeiten auf, als auch mit dem beliebten Longlistthema der Sorgen des mittelalten intellektuellen Schriftstellers oder Professors umgeht.

Denn hier haben wir auch einen solchen, Gilbert Silvester, Privatdozent, weil es ihm entweder wegen der prekären Verhältnisse, weil ja jetzt schon alle sutdieren und er auch kein betuchtes Elternhaus hat, er scheint aber jede Menge Geld zu haben, nicht gelungen ist, an eine Professur zu kommen und sich jetzt von Projekt zu Projekt hantelt.

Momentatn forscht er über die Beziihung zwischen Bart und Gott im Film, man sieht schon die Ironie, denn gibt es das überhaupt?

Er ist verheiratet mit Mathilda einer erfolgreichen Lehrerin und er ist offenbar sehr frustriert, denn er träumt  seine Frau würde ihn betrügen und bricht deshalb gleich nach Japan auf.

So beginnt das Buch und scheint auch in der Leseprobe enthalten zu sein, denn die Blogger oder You Tuber, die sie durchsahen, haben sich an dieser Formulierung gestört und auch mir schien es anfangs unrealistisch, daß das jemand wegen eines Traums gleich tun kann, also wieder einmal viel zu viel konstruiert.

Dann schlägt man das Buch auf, ich habe das PDF gelesen und versteht , daß das durchaus nachvollziehbar ist, denn dieser Gilbert Silvester ist sehr unzufrieden. So schnappt er seine Reisetasche begibt sich auf den Flugplatz und  bucht den ersten Langstreckenflug den er bekommen kann.

Der führt ihn nach Tokyo und das ist, so scheint es, gar keine gute Wahl, denn Gilbert Silvester ist ein Vegetarier und Kaffeetrinker. In Japan trinkt man aber nur Tee. Jedenfalls schenkt ihm schon die ewig lächelnde Stewardess mit dem Geishaknoten im Flugzeug sofort Grüntee ein.

Er versucht Mathilder telefonisch zu kontaktieren. Kann sie aber nicht gleich erreichen. Dann glaubt sie ihm nicht, daß er in Tokyo gelandet ist und legt auf. Da merkt man schon, daß der Traum mit dem Betrügen ein Vorwand war, denn warum sollte er  dann versuchen sie zu erreichen, wenn er sie verläßt, weil sie ihn betrogen hat.

Am Flughafen in Tokyo kauft er sich japanische Literatur und zwar ein Buch von oder über den Dichter Basho, dann ißt er Sushi, obwohl er rohen Fisch auch nicht mag und entdeckt am Bahnhof einen jungen Mann mit einer Sporttasche und einem Ziegenbart.

Vorher hat er schon darüber nachgedacht warum die Japaner sowenig Bärte haben und der junge Mann, es ist der Student Yosa Tamagotchi, man beacgte die Namen, die offenbar auch zur genialen Ironiekonzeptierung gehören, hat vor, aus Prüfungsangst auf die Gleise zu springen und aus Angst überhaupt zu versagen, hat er sich dieses Bärtchen angeklebt, denn damit wird ihn keine japanische Firma einstellen und er erspart sich den Frust.

Gilbert Silvester, den einige der anderen Leser, als unsympathisch erlebten, tut was man in solchen Fällen tuen muß. Er beginnt zu reden, um den Studenten von seinem Vorhaben abzulenken und nimmt ihn in sein Hotelzimmer, das nur aus einem Bett und zwei spartansichen Würfel besteht, in denen aber eine ganze Minibar mit Teekocher eingebaut ist., mit. In der Reisetasche des Studenten befindet sich ein anderes Buch, nämlich ein Ratgeber zum Selbstmord, denn offenbar werden die Japaner, wenn sie versagen, in diesen gewzungen und Gilbert überredet ihn nun mit ihm zu kommen und einen besseren Platz für den Selbstmord zu finden, als ein Eisenbahngleis.

Gilbert hat aber inzwischen ganz andere Pläne, will er doch auf den Spuren der beiden Dichter Basho und Saigyo, die einmal ausgestiegen sind, eine Pilgerreise nach den Kieferinseln in Matsuschima machen. Aber erst muß er den Studenten nach den besseren Selbstmordorten begleiten. Dazwischen schreibt er immer wieder Briefe an Mathilda, um sie von seinen Erlebnissen zu unterrichten.

Der erste Ort ist ein Dach eines japnischen Sozialwohnbausilos, das scheint es in Japan auch zu geben und ist ebenfalls erbärmlch, dann fahren sie in einen Selbstmordwald, der von Marion Poschmann sehr skurril beschrieben wird.

Zuerst gibt es überall Warntafeln, “Tun Sie das Ihren Eltern und dem Staat der Ihre Ausbildung finanzierte nicht an!”

Dann liegen dort die Leichen herum, weil es kommennur einmal im Jahr die Tagelöhner, um sie wegzuräumen. Den anderen Müll lassen sie aber liegen. Also auch kein sehr geeigneter Ort. Sie müssen aber, weil es schon finster ist, dort übernachten und als sie am nächsten Morgen vor der Busshaltestelle stehen, um nach Tokyo zurückzufahren, hält er Chauffeur, es ist derselbe mit dem sie hergekommen sind nicht an, weil er sie für Geister hält, denn aus diesem Ort ist noch keiner zurückgekommen.

Von Tokyo soll es weiter zu den Kieferninsel gehen. Gilbert Silvester will aber zuerst zu den Kirschbäumen, der Student will ihm den kaiserlichen Park zeigen und ins Kabuki-Theater gehen sie auch.

In der Nacht erzählt der sehr  unsichere Student von einer Begegnung mit einem Mädchen, das er in ein Restaurant einlud, dann aber so gehemmt war, sie anzusprechen und, als sie aufs Klo ging, hat er  ihren Rock rot leuchten sehen, so daß er sie für einen Fuchs hielt.

Über die Fuchserscheinungen in Japan hat mich der deutsche Buchpreis auch schon ein Buch lesen lassen und der etwas überhebliche Gilbert meint sarkastisch, daß seine Studenten ihre Hemmungen nicht so mythisch beschreiben würden.

Sie reisen also weiter zu den Kieferinseln, beginnen Haikus zu schreiben und an einer unscheinbaren Zwischenstation, die aber einen sehr mondänen Bahnhof hat, verliert Gilbert, den Studenten. Er scheint ihn dann zwar wieder zu treffen. Aber da ist es nicht ganz klar, ob es sich dabei nicht, um Visonen handelt und es sein Geist ist, der sich vor ihm verbeugt und verrät, daß er schon seint jahrhunderten tot ist, man sieht es ist ein sehr mystisches Buch, wo die Grenze zwischen Traum und Wirklichkeit sehr oft verschwimmt.

Gilbert bezieht inzwischen ein Hotel, auch hier verbeugt sich der Rezeptionist, läßt ihn aus einem Fächer eine Karte ziehen und sagt, die gezogene Insel gibt es nicht mehr, die sei bei dem Tsunami umtergegangen und das Erdbeben, das es gegeben zu haben scheint, scheint überhaupt die Touristen vertrieben zu haben, so, daß Gilbert der einzige Gast ist, der die Kieferninseln mit ihren verschiedenen Farbschattierungen besichtigen will, ansonsten sind nur Baukräne zu sehen.

Es werden Haikus geschrieben, dann kehrt Gilbert ins Hotel zurück, wo der Rezeptionist gerade eine verbeulte Reisetasche wegträgt und er begibt sich auf sein Zimmer, um Mathilda anzurufen.

“Liebste Mathilda!”, würde er sagen. “Wir treffen uns Tokyo, es ist ganz einfach. Die Laubfärbung beginnt”

So endet das Buch, das eine wirklich sehr eindrucksvolle poetische Mischung zwischen Sozialkritik, Landschaftsbeschreibung und japanischer Mystik ist und in dem Marion Poschmann, wie ich es mir interpretiere, auch den vielen lebensmüden Midlifekrisismännern, ein sehr ironisches Pendant in weiblicher Sprache gesetzt hat.

Echos aus Japan

Wieder einmal “Literatur im Herbst”, dem Nachfolger der “Literatur im März”, das Walter Famler von der “Alten Schmiede” seit einigen Jahren im November, meistens mit Literatur aus einem bestimmten Gastland macht.

Weil es zeitlich öfter mit meinem Geburtstagsfest zusammengefallen ist, habe ich die Veranstaltung einige Jahre lang versäumt und bin, glaube ich, erst hingekommen, als Griechenland das Gastland war, dann kam die Ukraine, Ex-Jugoslawien, Angelika Reitzer kuratierte einmal für die Frauen, die Donau war einmal das Thema, voriges Jahr der Iran und heuer Japan ein interessantes Thema, nur  zeitgleich mit dem “Fried-Festival”, so daß man sich wieder teilen müßte und weil Japan so weit entfernt ist und wahrscheinlich auch zu teuer Huraki Murakami, dem ewigen Nobelpreiskanditaten einzufliegen, traten diesmal auch eine Reihe von österreichischen Autoren auf, die irgendwie einen japanischen Kontext haben und der ist sehr oft, daß sie dort als Gastlektoren, wie Leopold Federmair, an japanischen Universitäten unterrichten.

Begonnen hat es wieder am Freitag und da habe ich es wegen der “Literatur aus Niederösterreich” versäumt und am Samstag gings los mit einem Film “Tony Takitani” nach einer Erzählung von Haruki Murakami und der war sehr meditativ, sehr ruhig und, wie die japanische Literatur vielleicht meistens ist, sehr fremd.

Tony Takitani ist schon einmal wegen seines amerikanischen Vornamens ein Außenseiter, dann ist die Mutter bei der Geburt gestorben, der Vater ein Musiker, war meistens auf Konzertreisen, dann hat er eine Frau geheiratet, die obsessiv Designerkleider kaufte und, als er ihr das verbieten wollte, ist sie daran gestorben, das kommt in dem Film nicht sehr deutlich heraus, es tritt nur auf einmal eine andere Frau auf, die er als Sekretärin engagiert, sie soll aber die Kleider seiner toten Frau tragen, dann bläst er das ab, verkauft die Kleider seiner Frau und die Schallplatten, die er von seinem Vater erbte und bleibt allein.

Im Anschluß gab es eine Diskussion mit der Übersetzerin Ursula Gräfe, die den Skandal um die “Gefährliche Geliebte” zwischen MRR und Sigrid Löffler im damaligen literarischen Quartett in Erinnerung rief.

Die “Gefährliche Geliebte” habe ich gelesen, mein einziges Haruki Murakami Buch bisher, obwohl ich einige andere in meinen Regalen habe, dann schwenkte sie zum Namensvetter Ryo Murakami über. von dem ich  “Das Casting” gelesen habe und es gab eine Lesung aus dem Nachfolgerroman “Coin Locker Babies”, wo es um in Schließfächer weggelegte Kinder geht, beziehungsweise, um eine junge Frau, die mit Siebzehn mit ihrem Krododil, das im elterlichen Haus zu groß geworden ist, auszieht.

Danach kam, eingeleitet von Leopold Federmair Hitonari Tsuji, der 1959 in Hino geboren wurde, jetzt in Paris lebt, Filme gemacht hat und überhaupt, wie Leopold Federmayr erwähnte, ein “Tausendsassa” ist, er stellte ihm einige Fragen, die der Autor, glaube ich, anders als erwünscht, der von der guten österreichischen Küche, dem Schnitzel und dem Gulasch, schwärmte, beantwortete.

Dann aber etwas vom Buddhismus erzählte und es gab einen Auszug aus seinem Roman “Der weiße Buddah”, der wie der Autor dann doch erzählte, das Leben seines Großvaters schildert.

Danach kam die 1959 geborene Sabine Scholl, die jetzt in Berlin lebt, aber dreimal je ein Semester in Japan war und jetzt einen Roman herausgegeben hat, der die “Füchsin spricht” heißt, daraus las sie drei Stellen, die von Japan handeln und zwar ist die Protagonistin mit ihrer Tochter Kiki aus Japan nach Berlin zurückgekommen, der Vater ist dort geblieben und hat sich auch mit einer Japanerin verheiratet.

Fukushima wird thematisiert und die japanischen Mythologien, so ist das Fuchsmotiv ja ein beliebtes Thema und da stand ja auf der vorigen deutschen LL ein solches Buch, das es auch am Büchertisch gab und noch einiges anderes aus der Sicht von Personen, die Japan schon verlassen haben und nur mehr ihre Fiktion davon wiedergeben.

Zuletzt kam wieder eine Japanerin, nämlich, die 1983  geborene Nanae  Aojama, die ihren Roman “Eigenwetter” vorstellte, wo es um eine zwanzigjährige junge Frau geht, die, weil ihre Mutter nach China geht, in das Haus einer alten Verwandten zieht und dabei einige Erfahrungen macht, Beziehungen eingeht und schließlich einen Job findet. Der Fluß oder die Eisenbahnschienen werden dabei, als Metaphern des Lebens beschrieben und  Thomas Eggenberg, der zwar nicht sie, aber Banana  Yoshimoto übersetzte, fragte die junge Frau nach ihren Leseerfahrungen und, ob sie schon einmal in Österreich gewesen wäre?

Am Sonntag  gabs in der “Alten Schmiede” ein Werkstattgespräch zwischen Lydia Mischkulnig, Sabine Scholl, Miri Yu und Fuminori  Nakamura, der am Freitag gelesen hat, zum Thema “Global und Lokal”, aber da wurde zeitgleich im Literaturhaus der “Erich Fried Preis” an Leif Randt verliehen, so bin ich erst knapp nach zwei ins Odeon gekommen, wo der Film “Kirschblüten und rote Bohnen” schon gelaufen ist, den ich schon mit dem Alfred im Februar gesehen habe.

Der Film ist nach einem Roman des 1962 in Tokio geborenen Durian Sukegava und handelt von der Diskriminierung an Lepra erkrankten, die in den Fünfziger Jahren in Japan weggesperrt wurden. Er handelt auch von drei einsamen Menschen, einem Mädchen, das mit ihrem Vogel bei ihrer Mutter lebt, die aber nicht viel Zeit für sie hat, einen vorbestraften Dorayaki-Bäcker und einer alten an Lepra erkrankten Frau, die in den Neunzigerjahren wieder in die Freiheit durfte und ihm das Rezept der besten Bohnenpaste lehrte.

Danach gab es eine Pause mit den japanischen Autoren, das heißt, es wurden Lydia Mischkulnig und Anne Cotten vorgestellt, die wie Sabine Scholl und Leopold Federmair einige Semester an einer japanischen Universität lehrten und nun von Martin Kubaczek, der das auch einmal tat, genau zu den japanischen Einflüßen in ihren Werken, die dadurch entstanden, befragt.

Die 1963 in Klagenfurt geborene Lydia Mischkulnig, die ich persönlich sehr abgehoben empfinde, hat dazu wieder aus ihrem neuen Erzählband die Geschichte “Ein Tier wie jedes andere” gelesen, in dem es, um einen Heuschreck am Fenster einer Angestellten, in deren Firma abgebaut wird, geht, gelesen.

Anne Cotten hat sich in einigen ihrer Büchern mit dem Japanthema beschäftigt und als sie dort war, auch versucht die japanischen Schriftzeichen zu erlernen, außerdem hat sie ihren Figuren japanische Kunstnamen gegeben, so zum Beispielen einen Studenten, der an der Hochschule für Bodenkultur studiert, Boku genannt.

Die 1980 in St. Pölten geborene Milena Michiko Flasar, hat durch ihre japanische Mutter und auch durch das Thema, ihres preisgekrönten Romans “Ich nannte ihn Krawatte”, wahrscheinlich einen größeren Japapbezug und interessant ist auch, daß ich heute im “Wortschatz” am Margaretenplatz, die Anthologie “schreibART AUSTRIA”- Das Literaturprogramm der Kultursektion  des Außenministeriums gefunden hat, wo unter anderen auch Milena Michiko Flasar mit einem Auszug aus ihrem “Krawatten-Buch” aus dem ich ja schon einige Lesungen hörte, da aber leider noch nicht zu mir gekommen ist, enthalten ist.

Am Schluß kamwieder eine japanische Autorin, allerdings eine mit koreanischen Wurzeln, die schon erwähnte, Miri Yu, 1968 geboren, sie stellte ihren auf Deutsch erschienen Roman “Gold Rush” vor, in dem es, um einen Vierzehnjährigen geht, der seinen Vater erschlagen hat und bevor er sich der Polizei stellt, noch einmal mit seinem behinderten Bruder in den Zoo geht.

Diese Stelle wurde von Robert Reinagl auf Deutsch gelesen. Im Gespräch erzählte die Autorin, daß sie jetzt an einer Fortsetzung schreibt, in der es darum geht, was mit dem Vierzehnjährigen zwanzig Jahre später, nachdem er aus dem Gefängnis entlassen wird, passiert.

Also interessant und spannend, vielleicht werden wir auch  etwas von dem Buch hören, inzwischen kann man sich auch so in die japanische Literatur einlesen, das “Kirschblütenbuch” war allerdings am Büchertisch, den wieder die Buchhandlung der Brigitte Salanda machte, bald ausverkauft. Es lagen aber andere darauf und ich habe auch noch einige ungelesene Bücher von  japanischen Autoren in meinen Regalen und die japanische Literatur ist auch, wie ich bei den Blogs, die ich gerne lese, bemerken kann, derzeit sehr modern und sehr geliebt.

Der Fuchs und Dr. Schimamura

Zwei Stunden Zeit zwischen der Fachtagung “Gewalt macht krank” und der Supervisions-Refexion und da bin ich in die Buchhandlung “Kuppitsch” gegangen, fehlten mir ja noch sieben Bücher für mein Longlistenlesen beziehungsweise Buchpreisbloggen und da gab es eine große Überraschung, im ersten Stock, wo es auch einen wunderbaren Ohrenlesesessel gibt, einen Tisch mit den zwanzig Longlistenbücher und einem Plakat mit den sechs Shortlistentitel daneben und da fiel mein Blick, weil ich in zwei Stunden ja wahrscheinlich weder für den Ulrich Peltzer, noch den Clemens J. Setz oder den Frank Witzel lesen kann, auf Christine Wunnickes kleines Büchlein “Der Fuchs und Dr. Schimamura”, erschienen im wahrscheinlich auch nicht sehr große “Berenberg-Verlag” und das interessierte mich sehr, obwohl im Netz bisher noch nicht viel darüber zu hören war.

Die Buchpreisblogger haben es, glaube ich, noch nicht gelesen, nur auf der Facebookseite des dBp gab es ein Interwiew und dem konnte ich entnehmen, daß die 1966 in München geborene Autorin eine ist, die gern die Wirklichkeit mit der Fiction verbindet und das, wie sie dort sagte, so gut macht, daß sie nachher selber oft nicht mehr weiß, was jetzt Sache ist.

Es geht jedenfalls um den in den Neunzehnzwanzigerjahren verstorbenen japanischen Psychiater Dr. Schimamura, den es wirklich gegeben hat und das kleine Büchlein, mit einem sehr japanisch wirkenden Cover, es hat, glaube ich, hundertvierzig Seiten, schildert in sechzehn Kapiteln, das Leben dieses Psychiaters und das springt von 1922 bis in in das Ende des Neunzehntenjahrhunderts zurück, wo er in Tokyo seine Studien abschloß und dann von seinem Lehrer mit einem Studenten nach Schimane geschickt wird, um die Fuchsbesessenheit zu studieren.

1922 ist er emeritiert, leidet an Schwindsucht und wird von vier Frauen betreut, der eigenen, der Mutter,  der Schwiegermutter und einer Magd, die er sich von Kyoto, wo er Professor war, mitgebracht hat und die er abwechselnd Louise oder Anna nennt, denn er spricht Deutsch und als ihm der Student, der ein leidenschaftlicher Fotograf ist, bei der Fuchsexpedition, wo er die Besessenheit einem Mädchen namens Kiyo austreiben soll, abhanden kommt, flieht er nach Europa, kommt über Alexandria nach Paris, wo er zuerst Schwierigkeiten hat, die Nervenabteilung zu finden, denn er spricht nur Deutsch und das wird nicht verstanden.

Später kommt er zu Charcot in die Salpetriere, wo der ja seine Studien zur Hysterie betreibt, es gibt da eine sehr makabre Szene, wo er im scheinbar hypnotisierten Zustand, eine Patientin hypnotisiert, die dann Japanisch spricht, er kommt auch nach Wien zu Dr. Freud und Dr. Breuer, nach Berlin kommt er auch, dann wird er in Kyoto Professor und in den letzten Tagen seines Lebens, er hat eine Scherenschnittsammlung und eine Spielzeugsamlung und seine Mutter beschäftigt sich damit seine Memoiren zu schreiben, kommt noch der Student und  Kiyo, die er geheiratet hat und  wegen der er damals geflohen ist und alles klärt sich auf.

Auch eine recht poetische Geschichte mit einem Thema, das mich ja schon beruflich sehr interessiert und die Buchhandlung “Kuppitsch” ist ja auch nicht soweit von der Berggasse 19 entfernt, obwohl Josef Breuer offenbar in der Brandtstätte gewohnt hat, aber vielleicht ist  das eine Fiction Christine Wunnickes.

Das Buch ist nicht auf die Shortlist gekommen, also bräuchte man sich vielleicht nicht mehr mit ihm beschäftigen.

Ich empfehle trotzdem es zu tun, denn es ist leicht und schnell zu lesen und einen sehr poetischen Eindruck über einen japanischen Psychiater, der sich mit der Hysterie und der Besessenheit zu Beginn des vorigen Jahrhunderts beschäftigt hat, gibt es auch.