Aus der Schweiz

Wieder ein Anbend mit Unterstützung der Schweizer Kulturstiftung Helvetia in der “Alten Schmiede” und zwar stellten, der ebenfalls Schweizer Literaturwissenschaftler Fermin Suter, der an der Donau Universität lehrt und der “AS-Mitarbeiter” Johannes Tröndle drei Autoren vor. Zuerst war der mir unbekannte1987 in Zürich geborene Lukas Maisel, der in Olten lebt und in Biel studierte, seinen Debutroman “Buch der geträumten Inseln” vor und Fermin Suter oder war es Johanna Öttl, erzählten dazu, daß Lukas Maisel heuer beim “Klagenfurter Wettlesen” teilnehmen wird, also war er mir nicht ganz unbekannt, denn die Namensliste bin ich ja durchgegangen.

Das Buch aus dem der Autor drei Stellen las und dann viel darüber mit Fermin Suter sprach, scheint sehr originell zu sein oder einen originellen Protagonisten zu haben, der Robert Akeret heißt, ein Kryptozoologe ist und sonst vielleicht autistisch zu sein scheint. Der bereist jedenfalls mit zwei Kumpanen, die vielleicht auch ein wenig seltsam sind im Einundzwanzigstenjahrhundert, die Welt die ja schon entdeckt ist und machen seltsame Erfahrungen dabei.

Interesant, interesant, könnte man sagen und interessant sind wahrscheinlich auch die Verbindungen, die Johanna Öttl zur zweiten Lesenden, nälier1985 geborenenDorothee Elmiger und ihrem Journal “Aus der Zuckerfabrik” zog. Sie wurde von Johannes Tröndle moderiertundinteressant ist auch, daß Dorothee Elmiger mit einem Auszug aus “Einladung an die Waghalsigen” mit denen ich mir etwas schwer tat, auch beim “Bachmannpreis” gewonnen hat. Sie hat dann noch den “Fried-Preis” bekommen und “Aus der Zuckerfabrik” das beim letzten “Deutschen Buchpreis” glaube ich sogar auf der Shortlist gestanden ist, ist ein Buch ohne Gattungsbezeichnung, wie Johanna Öttl oder Johannes Tröndl erklärte. Es ist ein Journal der Recherche und beschäftigt sich mit den Produktionsbedingungen des Zuckers, aber auch mit einem Lottomillionär. Von dem war bei derLesung und dem Gespräch viel die Rede und der dritte, der nach einer Pause ebenfalls von Johannes Tröndl vorgestellt wurde, war mir ebenfalls schon bekannt. Hatte er er schon, wie er auch in seiner Einleitung erwähnte. öfterin Wien und in der “AS” gelesen. Er war auch Juror beim “Fried-Preis” und hat da Dorothee Elmiger vorgeschlagen.

Johannes Tröndle führte kurz und knapp durch das Werk, des 1947 in Graubünden geborenen. Dessen erstes Buch heißt “Ruch”. Das ist ein Anagram von Chur, wo der Autor, glaube ich lebte oder studierte und er hat auch in einem einzigen Satz in “Blums Schatten” den “Ullsses” nacherzählt und er übermalt oder überschreibt auch seine Bücher. So hat er das Buch “Flug” dreimal herausgeben. 1984 ,2014 und jetzt mit dem Titel “Sturz, Das dritte Buch vom Flug”, das sehr umfangreich ist und aus einigen Teilen besteht. Das jetzt in der “AS” vorgestellt wurde. Es geht um Flugpioniere, aber auch in einem biografischen Teil, um einen Ausbruch aus einem Schweizer Bergdorf und eine Entwicklungsgeschichte und lebt, wie Johannes Tröndle erklärte, man in der Lesung aber auch erleben konnte, von der Musikalität seiner Sprache und dann ist es in einem Schnellkurs, die Grassssche “Blechtrommel” um die Leseerfahrungen des Autors gegangen, der, das habe ich jetzt vergessen,1996 den “Bachmann-Preis” bekommen hat.

Was vielleicht ein eine Ermunterung für Lukas Maisel sein könnte, dem ich schon im Voraus alles Gute wünsche und der, das habe ich auch vergessen, derzeit Gastautor in Krems ist und für mich war es spannend in meinem Harlander Zweitwohnsitz einen Schweizer Abend zu erleben, weil es derzeit ja nicht so einfach ist, dorthin zukommen, wenn man etwas widerständig ist.

Ich war aber in den letzten Jahren einige Male dort und habe da auch ein wenig Literatur erlebt und die “Alte Schmiede” veranstaltet ja öfter Schweizer Abende und den Schweizer Literaturpreis gibt es ja auch, den ich einmal sogar im Literaturhaus und einmal live in Basel erleben konnte und Retro Hänny merkte wieder an, daß er obwohl ihm das Erzählen wichtig ist, eigentlich nicht an Plot und Handlung interessiert ist, sondern eigenlich immer dieselbe Geschichte vom “Hänschen”, das in die Welt hinaus geht, erzählt, was für einen “Alten Schmiede” Leser auch sehr typisch ist.

Schweizer Lesen und Bücherfunde

Ich habe mich ja, wie ich schon geschrieben habe, ein wenig auf unseren heurigen Schweiz Urlaub, knapp vierzehn Tage auf dem Campingplatz von Locarno und am Abend zum Filmfestival, vorbereitet, in dem ich schon ein paar Tage vorher mir einige Bücher, die von Schweizer Autoren stammten, aus meinen Regalen heraussuchte und in meine Büchertasche packte, die ich mitgenommen habe und ganz unvorbereitet war ich  da schon nicht, gibt es ja in Wien immer wieder Schweizer Literatur zu hören und im Vorjahr als wir in Bern, Zürich und Genf waren und dort die Bücherschränke, beziehungsweise Buchhandlungen besuchten, habe ich mir ja auch Schweizer Bücher mitgenommen, auch welche in Bern gekauft und in den Schränken gefunden, so daß ich eigentlich recht gut vorbereitet in den Urlaub aufgebrochen wird.

Ein Literaturkritiker wird es zwar vielleicht für ein Wald- und Wiesenlesen halten, aus jedem Dorf ein Hund sozusagen und das Ganze auch quer über den Tellerrand, aber das ist es ja, wie ich das Lesen verstehe und, wie ich es betreiben will.

Ich lese durchschittlich je nach Dicke und Zeitbedarf drei Bücher in der Woche, wenn sie dick sind und viel zu tun ist, nur zwei. Im Urlaub sollte man aber mehr Zeit haben, obwohl wir ja am Tag in den Bergen herumgefahren sind und am Abend auf der Piazza Grande waren, also habe ich mir vorsorglich acht Bücher eingepackt. Das Finden war auch kein Probem, ich hätte mir auch mehr mitnehmen können.

Mit Thomas Meyers “Wolkenbruch” habe ich das Schweizerlesen angefangen, es dann mit Catalin Dorian Florescu forgesetzt, Alain Claude Sulzers “Aus den Fugen” gelesen, danach sind Alex Capus Erzählungen daran gekommen. Peter Stamm folgte mit seinem “Nacht ist der Tag”, dann hätte ich noch Alain Claude Sulzers “Privatstunden”, einen Martin Suter und Adolf Muschgs “Das gefangene Lächeln” zur Auswahl gehabt.

Eine gute Mischung, wie ich denke und habe in den knapp vierzehn Tagen auch recht viel gelesen und als wir am vorigen Samstag in Andermatt waren und ich mich schon wunderte, daß es im Tessin keine Bücherschränke gibt, bin ich vor einem Geschäft auf eine Kiste gestoßen, auf der “Gratis, zur freien Entnahme!”, stand.

Da habe ich natürlich hineingeschaut, sehr viel zeitgenössische Schweizer Belletritik habe ich dort zwar nicht gefunden, sondern, glaube ich, einen Comic. Ein Buch über eine Schweizer Politikern, das ich liegen gelassen habe und ein Motivationsbuch zur Organisationsberatung oder zur Verbesserung des Betriebsklimas. Aber dennoch freuen mich die Bücherfunde, dann habe ich noch in einem Park einen Bestseller auf Italienisch mit schönen bunten Com ic Bildern, so daß er leicht zu verstehen ist, gefunden.

“Il nostro Iceberg si sta sciogliendo” auf Englisch heißt das Buch “Our iceberg ist melting” und auf Deutsch “Unser Eisberg schmilzt”, wie ich herausgefunden habe.

Ein Bestseller von dem ich noch nie etwas gehört habe, aber vielleicht gut zur Klimafrage passt und dann sind wir, ich habe es schon geschrieben, am Montag in die Berge gefahren, wo es in einem kleinen Ort vis a vis von einem kleinen Kircherl mit schönen Fresken einen Bücherschrank fand, wo ich Silvia Götschis Krimi “Iltlimoos” gefunden habe, den ich dann als sechstes Buch gleich  begierig gelesen habe, neben einem Paul Auster, der sagen wir, wohl zufällig in der italienischen Schweiz geladet ist, lag dann noch ein Buch von einer Schweizer Autorin über ein Geheimnis in den Schweizer Bergen im Schrank, das ich mir wohl für den nächsten Schweizer Urlaub aufheben werde, aber der wird ja schon im November zum “Schweizer Buchpreis” gehen und da habe ich ja vor, die fünf Shortlistbücher anzufragen und dort oder auch schon vorher oder nachher zu lesen.

Eine schöne Schweizer Ausbeute also, die mein Wissen über die Schweizer Literatur noch ein bißchen ausgeweitet hat, obwohl es natürlich, das gebe ich schon zu und streite es nicht ab, ein Wald und Wiesen-Lesen durch den Schweizer Bücherwald geblieben ist.

In drei Buchhandlungen sind wir auch gewesen, in einer in Ascona, wo wir am ersten Sonntag mit dem Rad hingefahren sind, dort gab es bei den deutschen Büchern Marlene Streeruwitzs “Flammenwand”, die schon auf meinem Harlander Stapel liegt, aber auch die” Diogenes-Bücher” “Der Sänger” und ich glaube auch Jörg Fausers “Schlangenmaul” zu bewundern.

Im Hesse-Museum, das einen sehr umfangreichen Buchbestand hatte, waren wir auch, aber ich bin ja keine Hesse-Spezialistin, obwohl ich einige seiner Bücher in meinen Regealn habe und eigentlich das Facebuchbüchlein mitnehmen wollte.

Dann aber keine Zeit es zu suchen hatten und in Locarno waren wir auch in zwei Buchhandlungen, in einer sogar zweimal, das war, die beim Bahnhof, wo ich daran erinnert wurde, daß auch Milena Moser und Petra Ivanov Schweizer Autoren sind, ich Franz Hohlers “Päckchen” liegen sah, bei dem ich mich sehr beherrschen mußte, nicht danach zu greifen. Aber vielleicht steht es auf der “Schweizer Buchpreisliste” und dann hat es ja, wie schon erwähnt, die Götschi-Krimis dort gegeben und in der Buchhandlung auf der Piazza Grande hat mich der Alfred auf den Clemens J. Setz, der ja ein Grazer und kein Schweizer ist, aufmerksam gemacht und es gab auch ein Schild, das darauf hinweis, daß das Geschäft viele deutsche Bücher führt.

Das Schweizer Lesen ist ja vielsprachig und international, obwohl, was mich ein wenig wundert, der “Schweizer Buchpreis” ein deutscher ist und ich eigentlich keine italienisch oder französisch schreibende Schweizer Autoren kenne, trotzdem habe ich mich in den zwei Wochen, glaube ich, wieder ganz gut durch die Schweizer Literatur gelesen.

In Harland habe ich auch noch die Bücher, die ich mir im Vorjahr von meinen Bücherschrankfunden beziehungsweise von der Weltbuchhandlung mitgebracht habe.

Jetzt kommen aber schon die Herbstneuerscheinungen und da habe ich mir ja, bevor wir weggefahren sind bei “Diogenes”, das neue “Wolkenbruch-Buch bestellt und das könnte ja auch auf der Schweizer-Liste sthen.

Aber die kommt, glaube ich, erst im Oktober, während die deutsche Longlist ja schon am nächsten Dienstag bekanntgegeben wird und da bin ich schon ganz kribbelig und gespannt.

Ich bin zwar wieder keine “offizielle” Bücherpatin, wie das jetzt heißt, habe aber vor mein fünftes privates Buchpreislesen zu machen und die restlichen Bücher, die mal auf den Listen standen und die ich inzwischen gefunden oder gekauft habe, habe ich ja auch vor, demnächst zu lesen, so daß mein Wald und Wiesen-Gegenwartslesen immer umfangreicher wird.

Heimkehr nach Fukushima

Buch zwölf des dBps, allmählich wird es, denn die folgenden drei Bücher sind auch viel dünner und eines das mich an meinen Schweiz Urlaub erinnert, wurde doch Adolf Muschg, 1934 in Zürich geboren und sein Buc lag das mit der Italien-Schweizerin Gianna Molinari auch in der kleinen feinen Berner-Buchhandlung auf, die ich am Tag nach der Longlistverkündung, betreten habe, während der Alfred mit meiner vollen Büchertasche aus den Schränken und Arnos Geigers “Drachenwand” draußen auf mich wartete.

Was soll ich schreiben? Das ist jetzt das Buch des schweizerischen Philiph Roth oder Martin Walser? Das Alterswerk des Vierundachtigjährigen der sich in seinem Werk mit der Liebe und den Tod des alternden Mannes beschäftigt und interessiert das wirklich die mittelalterlichen Deutschlehrinnen, die noch Bücher kaufen und sie lesen?

Ich wollte das schreiben, ich gebe es zu, bis ich etwa bei Seite zweihundertzwanzig des zweihundertvierzig Seiten Buches war und suche auch noch vergeblich nach dem You Tube Video, wo eine sagte, sie hätte das Buch abgebrochen, weil sie die Szene wo sich der Protagonist mit der jüngeren Japanerin in der verseuchten Erde wältz, unerträglich fand.

Ich habe es nicht mehr gefunden, aber Adolf Muschg hat auf dem blauen Sofa in Frankfurt selber über diese Szene gelächelt und was ist das Buch dann? Ein geniales Alterswerk des vierundachtigjährigen bekannten Schweizer Dichters?

Das scheint mir nun doch übertrieben, weil es mir ja ganz ehrlich auch auf die Nerven geht, wenn die Achtzig- oder Sechzigjährigen, der Paul Neuhaus, der Held des Buches, ist, glaube ich, gerade darüber, auf ihre letzten Reisen gehen und dabei die Lieben ihres Lebens nochmals erleben und über den Tod resumieren.

Da denke ich natürlich, was ist, wenn ich das machen würde? Was würden die Verlage dazu sagen und wer würde das lesen?

Aber die Vehemenz mit der Adolf Muschg diese schon hundertmal geschriebenen Themen bearbeitet, dabei vom Hundersten in Tausendste kommt und alles,  alles, was ja gar nicht dazu passt, dazu vermengt, ist wirklich beeindruckend und als er verlassen und frustriert in seinem Hotel in Hakone sitzt, über die verlorene Liebe und den Tod nachdenkt, dabei den Fujiyama beobacht und plötzlich nach Wien-Ottakring und auf das Harry Lime Thema kommt, dachte ich zuerst “Das passt ja gar nicht dazu!” und dann “Das ist genial und warum soll er das nicht schreiben und so sein Leben bewältigen und zusammenfassen?”

Ob man das lesen will oder soll, ist eine andere Frage. Die bücher liegen aber in den Buchhandlungen auf, es stand auf der deutschen Longlist, auf der Schweizer nicht, da steht von den dBp Büchern nur die Gianna Molinair und sonst noch der Peter Stamm.

Es ist aber überhaupt die Frage, wer heute noch Bücher liest und wen das wirklich interessiert, daß hier ein sechzigjähriger Architekt und Schriftsteller namens Paul Neuhaus, der mit seiner Freundin Schwierigkeiten hat, plötzlich einen Brief von Freunden aus Japan mit einer Einladung nach Fukushima bekommt, weil dort der Bürgermeister eine Künstlerkolonie aufbauen will, um die Leute in das verseuchte Land zurückzubringen und die Wirtschaft zu beleben.

Weil ihm seine Suzanne gerade verlassen hat, fliegt er hin, hat und das ist auch ein wenig verwunderlich, aber warum nicht, als ich einmal nach Amsterdam geflogen bin, habe ich im Flieger auch Elias Canettis “Blendung” gelesen, die damit ja nichts zu hat, Adalbert Stifters Werke mit und die werden in dem Buch immer wieder so zwischendurch zeilenlang zitiert und ich glaube im Anhang auch nicht extra ausgeweisen, aber das ist ein verlegerischen Problem.

Im Hotel Imperial in Tokyo wird er von den Freunden, der Germanistin Mitsuko und ihren MannKen erwartet, die ihm eröffnen, daß Mitsuko ihn durch die verseuchten Gebiete begleiten soll, da Ken an Leukämie leidet und sie also nicht begleiten kann.

Es kommt, wie es kommen muß. Die Beiden fahren mit dem Shinkansen, dem japanischen Schnellzug, eßen  ihre Bento Box, haben Geigerzähler und Schutzanzüge dabei, werden dann von dem bürgermeister erwartet und fahren ein paar Tage lang durch die versuchten und verlassenen Dörfer und interviewen dabei Familien, worüber sich Paul Neuhaus seine schriftstellerischen Gedanken macht. Sie müssen vor Wildschweinen flüchten, wälzen sich, wie schon beschrieben in der verseuchten Erde, was ich eigentlich auch nicht sehr nötig finde, deshalb habe ich das Buch aber nicht abgebrochen, denn ich will mich ja gern und freiwillig durch die dBp Longlist lesen.

Am Ende gibt es noch ein Abschiedsessen, da taucht dann der Ehemann auf. Der muß ins Krankenhaus, so begleitet seine Gattin ihn. Paul bleibt allein zurück, beziehungsweise sind  schon zehn Tage in einem anderen Hotel gebucht, wo er verlassen auf der Hotelterrasse sitzt, den Fujiyama beobachtet und über Gott und das Leben sinniert.

Dann kommt der Tag der Abreise, Mitsuko erscheint natürlich im Hotelbuffet, gesteht, daß sie schwanger ist und zu ihrem Mann ins Krankenhaus muß und ich habe wirklich nicht verstanden, von wem das ist? Denn, um eine Schwangerschaft festzustellen, braucht man wahrscheinlich mehr als zehn Tage oder irre ich mich da?

Es gibt auch noch einige andere beeindruckende schöne geschriebene Szenen, denn Adolf Muschg versteht ohne Zweifel sein Handwerk, obwohl, wenn ich schon wieder beim Motzen bin, mir ein Zweiundsechzigjähriger als fast Fünfundsechzigjährige nicht wirklich alt erscheint und, daß sich der Gedanken über eine mögliche Demenz macht, erscheint mir zu literarisch aufgesetzt.

Es gibt aber noch eine eher peinliche Szene von einem früheren Abendessen mit dem Bürgermeister, wo er sich nachher nackt im Bet vorfindet und nicht weiß, wer ihn ausgezogen hat?

Träume und Fieberfantasien gibt es auch und eine geheimnisvolle Karte, die ihm der Hotelportier nachträgt, als er ins Taxi steigt. Es gibt eine antike Schale, die er dem Paar mitbringen soll und dann einem Hotelangestellten schenkt und, wie schon beschrieben noch hunderttausend andere Einfälle, die eigentlich nicht zusammenpassen, so daß ich schon das Obige formulierte und dann innehielt und plötzlich dachte:

“Es ist ein geniales Buch, vielleicht oder gerade deshalb, weil man die Zusammenhänge nicht versteht. Aber sie sind auf jeden Fall bewußt oder unbewußt, das, was Adolf Muschg beschäftigte und daher für die Leserin interessant und jetzt noch ein paar Japan- oder andere Buchbezüge, weil das Japanthema in der Literatur derzeit sehr modern ist und ich, schreibe ich noch dazu, ja auch schon zehn Tage dort war, wenn auch natürlich nicht als Stipendiatin, wie die anderen, die dann ihre Japan-Bücher geschrieben haben.

Alina Bronskys  “Baba Dunjas letzte Liebe”, auch ein dBp Buch hat, das mit Tschernobyl versucht und Marion Poschmanns “Kieferninsel” führt uns in ein anderes, sehr lyrisches Japan und in einen Selbstmörderwald.

Festland

Ich habe mich ja schon ein paar Wochen vor unserer Reise auf die Schweitzer Literatur vorbereitet, mir das Schweizerische aus meinen Regalen hervorgeholt und auf den Badezimmerstapel gelegt und dann bin ich an einem Donnerstag davor in die Seestadt hinausgefahren, weil ich die dortige Buchhandlung aufsuchen wollte und habe in dem Nachbarschaftsregal, das es dort gibt, Markus Werners “Festland” gefunden.

Seit ich so viele Neuerscheinungen bekomme, tue ich mir  mit den Büchern, die ich dort finde, etwas schwer, denn keine Chance sie zu lesen oder erst in ein paar Jahren. Aber Moment Mal, bei diesem ist es anders, dieses gleich auf die heurige Leseliste, zwischen den Neuerscheinungen und Buchpreisbücher gesetzt und das Buch mitgenommen, habe ich den 1944 in der Schweiz geborenen Autor, doch in meiner Schweizer Rundschau vergessen, aufzuzählen, obwohl ich von ihm schon “Am Hang” und “Zündels Abgang” gefunden, aber noch nicht gelesen habe.

Also das 1998 bei dtv erschienene Büchlein, das ursprünglich im “Residenz-Verlag” herausgekommen ist, auf die Reise mitgenommen und in Genf zu lesen angefangen.

Da passte zwar nicht ganz die Sprachgrenze, aber egal, die Schweizer sind ja eine mehrsprachige Nation und lernen, glaube ich, sowohl Deutsch als auch Französisch in der Schule, wenn auch das Deutsch, das sie dann sprechen, vielleicht nicht immer zu verstehen ist und das Buch erinnert von der Thematik her, auch ein bißchen an das Debut von Donat Blum, denn da hat ein junger Mann über seine Großmutter geschrieben, während hier ein älterer  in einejr sehr abgehobenen, fast ein wenig altmodisch klingendes Sprache “Was mich so berürht hat:der wunderbare Ton dieses Buches”, hat Marcel Reich Ranicki im literarischen Quartett über das Buch besagt, wie am Buchrücken steht, eine Tochter über ihren ihr bisher unbekannten Vater erzählen läßt.

Es ist auch ein eher kleiner Roman, den man fast Novelle nennen können, die Tochter, bei den Großeltern aufgewachsen, weil sich ihre Mutter frühzeitig umgebracht hat oder war es doch ein Unfall, hatte bisher kaum Kontakt zu ihrem Vater, als sie der kurz nach ihrer Abschlußprüfung plötzlich anruft und sie zu sich bestellt.

Er bestellt sie in sein Haus oder in seine Wohnung, empfängt sie dort im Schlafanzug und im abgedunkelten Raum, erzählt ihr dort etwas von einer Geschäftsreise, die ihn kürzlich nach Wien und auf die Kärntnerstraße führte, wo ihn ein Hund verfolgte. Als ihn sein Chef anruft, läßt er sich verleugnen und, als der Rauchfangverkehrer kommt, um die Wohnung zu kontrollieren, zuckt er ebenfalls aus.

Die Tochter versucht den Meister zu beruhigen, gibt sich als des Vaters Pflegerin aus und läßt sich von ihm die Geschichte ihrer Mutter und die Beziehung, die der Vater zu ihr hatte, erzählen.

Der scheint immer schon ein eigenbrödlerischer Mann gewesen  sein, der noch bei seiner Mutter lebte, als er eine Reise machte und darauf hin jemanden rettete. Dafür wurde er von seiner Firma geehrt. Es kam in die Zeitung und Lena, die Mutter, eine Dolmetscherin ruft ihn an, um ihn zu treffen, obwohl sie bereits einen Freund hatte.

Es kommt zu einem Beischlaf der Beiden, obwohl vom Anfang an klar ist, daß die Mutter keine Beziehung will. Die Großeltern schirmen auch ab, seine Mutter ist ebenfalls dagegen. Trotzdem ruft dieMutter ihn, als sie in den Schnee hinausgeht und sagt “Julia braucht dich!”, der Kontakt war dann aber offenbar später nicht sehr dicht.

Jetzt übergibt der Vater, der Tochter den Schlüßel einer Wohnung und verschwindet dann wieder und als sie in seiner Firma anruft, sagt die Sekretärin “Ach Sie meinen wegen seiner Grippe, ich kann Sie beruhigen, er scheint sehr auf dem Damm, darf ich ihm etwas ausrichten? – Ja bitte, habe ich gesagt, er soll mich bitte anrufen, wenn das möglich ist – Geht in Ordnung , hat sie gesagt, und ich habe zu warten begonnen. Gegen Mitternacht habe ich zu warten aufgehört und den Koffer gepackt, langsam versonnen, fast schlafend schon.”

So endet das Buch und es hat wirklich einen sehr bedächtigen und sehr literarischen Ton, so daß es gut war, daß ich das dünne hundertvierzig Seiten Büchlein  rechtzeitig fand und so in der Schweiz einen mir bisher unbekannten Schweizer Autor kennenlernen konnte.

Nur einmal Reto Hänny

In der “Alten Schmiede” hats am Montag wieder einmal eine “literarische Erleuchtung” gegeben. Der 1947 geborene Schweizer Reto Hänny, den ich, glaube ich, von einem der “Fried-Preise” kenne und der einmal auch Bachmannpreisträger war, referierte über den mir unbekannten Robert Pinget, den ich auch nicht näher kennenlernen durfte, denn ich hatte um fünf Uhr eine Stunde eingetragen.

Der Klient ist dann sehr spät gekommen, der Alfred hat  auch noch angerufen, so daß es sich nicht ausgegangen wäre, rasch noch in die “Alte Schmiede” zu hetzen und vielleicht in die letzte Minute beziehungsweise zur Pause zurechtzukommen.

Also schön langsam und als ich dann die “Alte Schmiede” kurz vor halb acht erreichte, kam mir eine Stammbesucherin gerade entgegen, ein paar andere standen vor dem Eingang und in der Zeitschriftengalerie lag ein Haufen meist fremdsprachiger Literaturzeitschriften zur freien Entnahme auf.

Nun bin ich ja kein Sprachgenie und habe bekanntlich auch nur wenig Platrz, so daß ich mir nur ein paar der “99 Nummern -Neues Formum Literatur” nahm und mich dann eine Reihe vor Evelyn Holloway setzte, die jemanden gerade erzählte, daß sie zu wenig zum Schreiben kommen würde, weil sie zuviel lese.

Das passiert mir geigentlich nicht, daß mich das Lesen wirklich vom Schreiben abhält, das wäre eher das Surfen, das Bloglesen, die Weihnachtsfilme oder die You Tube Videos und als ich Montag Morgen vom Wochenende in Harland zurückkam, hatte ich auch zwei Zettel von den deutschen Postdiensten am neiner Wohnungs-Praxistür und da muß man sich die Packerln jetzt ja immer von irgendwelchen Geschäften abholen.

Also zuerst in eine Pizzeria, da bekam ich dann ein Buch von “Klett-Cotta”, auf das ich schon vergessen hatte und da der Weinhändler, bei dem ich mir schon einmal eines meiner neuen Bücher abholte, am Montag geschlossen hat, muß ich noch ein bißchen warten, bis ich erfahre, wer mir ein  Bücher schickte?

Es könnte das der Olga Grjasnowa sein, auf das ich schon warte oder die vom “Hommunculus-Verlag”.

Mal sehen und am Abend habe ich Reto Hänny zugehört, der in seiner Schweizer Aussprache gar nicht leicht zu verstehen war.

Johannes Tröndle hat eingeleitet und erzählt, daß sich, no na, “Blooms Schatten” auf den “Ulysses” bezieht und, daß den Reto Hänny schon mit Fünfzehn schreiben wollte und ein diesbezügliches Vorläuferbuch gibt es auch und dann kam die Lesung aus dem Buch, das, wenn ich die Beschreibung richtig verstanden habe, aus einem einzige Satz besteht und ich habe, obwohl ich schon ein paar mal an den Bloomes-Tage mehr oder weniger intensiv teilnahm, den “Ulysses” nicht gelesen, obwohl ich es einmal versuchte, weil der Patrick, das Buch ja einmal den Alfred schenkte. Aber als ich endlich soweit war, kam die Anna und borgte es sich aus und was tut man nicht alles um das Leseverhalten seiner Töchter zu fördern?

Inzwischen hat sie es mir zwar wieder zurückgegeben, aber keine Zeit, keine Zeit.

Ich habe mich aber vielleicht in dem “Wiener Stadtroman” auch an dem Thema probiert, denn da rennen ja ein paar Leute einen Tag lang durch Wien im Viertelstundentakt und der Leopold Bloom tut das in Dublin auch.

Wo “Blooms Schatten” herumläuft, habe ich nicht ganz verstanden, vermutlich in der Schweiz und der versucht sich außer an den fast koscheren Nierndln oder ist es eine Leber, an einem Gorgonzolasandwich und trinkt dazu ein Glas Burgunder.

Sehr schmackhaft also und das anschließende Gespräch das Johannes Tröndle mit dem Autor führte war auch sehr interessant.

Denn der erzählte viel von seiner Art des Überschreibens und sagte, glaube ich, auch etwas, wie, daß man je öfter man den “Ulysses” liest, ihn immer weniger verstehen würde. Was vielleicht als Aufforderung zu verstehen ist, es doch nicht zu versuchen.

Am Schluß gabs noch eine Zugabe und der Autor bedankte sich beim Publikum, das zum Teil aus seinen Freunden oder Fans zu bestehen schien mit einem Knicks, beziehungsweise tiefen Verbeugung und ich habe wieder einen interessanten Ausflug in die Literatur erlebt, auch wenn ich die Erleuchtung versäumte.

Über den Winter

Der Endspurt naht, Rolf Lapperts “Über den Winter” ist das achtzehnte Longlist- sowie, das fünfte auf der Shortlist das ich lese, eines das die Bücherblogger, nicht auf ihtre Shortlist setzten und dann, als sie es gelesen hatten, vermehrt den Preis zusprachen und ich schließe mich ihnen, glaube ich, an, obwohl ich Frank Witzel noch nicht gelesen habe und meine persönliche Shortlist eigentlich schon sechs Titel hat.

Jetzt könnte ich die Alina Bronky als zu flapsig, zu sehr Allgemeingeschmack, wieder hinunterstreichen. Ich könnte sie aber darauf lassen, denn wer sagt, daß eine Shortlist nur sechs Bücher hat und meine Meinung ist auch ohnehin trivial und scheint niemanden zu interessieren.

Einer der Bücherblogger hat es, glaube ich, als ein tieftrauriges Buch bezeichnet oder das trauigste, das er je gelesen hat, ein anderer, daß das nur ein Buch für Fünfzigjährige sei und hätte er es mit zwanzig gelesen, hätte er es weggeschmissen.

Ein Satz der mich, der ich es ja nicht so mit den Bücherwegschmeißen habe, bedenklich macht, aber ich habe auch etwas länger gebraucht, mich in das Buch hineinzufinden.

Zuerst hätte ich es, wie das von Ralph Dutli ein wenig aufgesetzt gefunden, dann aber gedacht, daß es das hat, was ich gerne könnte, die Realität nämlich so abgehoben, daß es als literisch gilt und was mir beim Kay Weyandt ein wenig fehlte, zu schildern.

Also da ist Lennard Salm, an die Fünfzig, ein Konzeptkünstler, offenbar erfolgreich, obwohl das nirgend so genau steht, in New York lebend. Zu Beginn des Buches, ist er aber an irgendeinem Stand, wahrscheinlich in Italien, wo das Schwemmgut der Bootsflüchtlinge herangetrieben wird und er ist da, um das zu fotografieren und ein Kunstprojekt daraus zu machen.

Deshalb wohnt er in der seltsam heruntergekommenen Feriensiedlung seines Mäzens Wieland und diese Siedlung ist wirklich irgendwie seltsam. Zwar gehört sie Millionären, aber es ist alles verlassen, kaum jemand da, außer ein paar der Besitzer, mit denen Salm pokert und schon seine Uhr, sein Handy, seine Kamera, etcetea an sie verloren hat.

In der Nacht kommen auch Jugendliche, um Steine auf die Siedlung zu werfen, und die Polizei scheint sich um all das nicht zu kümmern. Ein sehr verlorenes Endzeitbild, wie die LL ja einige zu bieten hat.

Salm geht, als er seine Kamera wieder hat, an den Strand um zu fotografieren und findet dort ein toten Baby, das einfach begraben wird, weil die Polizei für tote Kinder offenbar nicht mehr zuständig ist.

Dann bekommt er einen Anruf seines Mäzens, seine Schwester ist gestorben und er muß nach Hamburg, von wo er herstammt, zum Begräbnis.

Auch da geht es bizarr weiter. Der Mäzen schenkt ihm am Flugplatz ein Handy und einen Mantel, denn in Hamburg ist es Winter und sehr kalt, quartiert ihn in einem guten Hotel ein. Er geht aber in eines namens “Babylon”, kauft sich bei einem türkischen Tandler einen schwarzen Anzug und fährt auf den Friedhof, wo er seine Familie wiedertrifft. Die Schwester Bille, auch eine verkappte Künstlerin, Regieassistentin, die im Laufe des Buches ihren Job verliert, den Vater Albert, der im heruntergekommenen Stadtteil Wilhelmsburg mit seiner polnischen Pflegerin Bascha lebt und damit er sie sich leisten kann, hat er die meisten Mäöbeln verkauft. Die Mutter eine Norwegerin, zu der Salm wegen ihrer Strenge ein sehr schwieriges Verhältnis hat, ist aus Amerika, wo sie jetzt lebt, gekommen und dann gibt es noch den jüngerne Bruder Paul, der aber nicht das Kind von Albert ist.

Bille will, daß Salm bei ihr wohnt, der Vater will das ebenfalls, so kommt er in das herabgekommene Viertel, wo es nur mehr einen alten Friseur, ein leeres Reisebüro und eine imbßbude gibt und als er das Haus betreten will, wird er von einem Jugendlichen mit einem Revolver bedroht. Ja so ist das offenbar in den heruntergekommenen Vierteln in unseren Krisenzeiten.

Der Junge heißt Lorenz und lebt mit seiner Mutter in der Wohnung der Großmutter, die liegt im Bett und hört den ganzen Tag klassische Musik, dann gibt es noch eine andere alte Frau in dem Haus, die im Verlauf des Buches stirbt und die in ihrer Wohnung alte Zeitungen angesammelt hat, um sich von der Kälte zu schützen und den Hausherrn und dessen Sohn Armin mit der Hasenscharte, den der Vater, weil man das, was Gott gibt, nicht wegmachen soll, nie oiperieren ließ und der deshalb zum Gespött der anderen wurde. Armin versogt den alten Mann, der im Bett liegt und dreht ihm zur Strafe auf sieben Fernsehern, die Musik auf, die er die er als Jugendlicher nicht hören durfte.

Man sieht schon, die ganze Bandbreite des Schnitzerlischen “Weiten Landes” kommt hier zum Tragen und einen Koffer, der beim Flug nach Hamburg verloren gegangen ist, gibt es auch. Den schickt die “Alitalia” durch die ganze Welt und sendet Salm immer wieder Mails mit der Nachricht wo er sich gerade befindet. Am Schluß bekommt er ihn zurück, aber da hat sich schon einiges verändert.

Der Junge hat ein Pferd gefunden, das er und Salm aufpäppeln und im Hof verstecken. Er  beginnt auch eine flüchtige Beziehung zu seiner Mutter, aber beide verlassen das Haus, denn die Großmutter ist schon längst gestorben und Nadja hat nur, um den Hausherrn zu täuschen, die Musik laufen lassen.

Jetzt geht sie zu ihrem Mann nach Kiel zurück, der Junge will nicht mit, hat aber keine Wahl und Salm will sich mit seiner Mutter eigentlich nicht versöhnen, obwohl die einen Rückzieher macht und ihren Kindern jetzt das “mit fünfzig all das schnekt, was sie mit fünf nicht haben durften.”

Und Salm will eigentlich als Hausmeister in dem Haus bleiben, das Pferd pflegen, Geld ausgeben, das er nicht hat und nicht mehr Künstler sein. Sich nicht mehr mit dem Irrsinn der Welt beschäftigen, in dem er tote Kinder und das Strandgut von Flüchtlingen in Galerien ausstellt, das dann von der Haut Voile mit Sekt beklatscht wird.

Aber wie soll das gehen, da Armin nur mehr auf den Tot des Vaters wartet, um das Haus zu verkaufen und sein Vater mit Bascha nach Polen zieht, wo es wärmer, schöner, größer ist, um seinen Lebensabend zu verbringen oder ein neues zu beginnen?

Man weiß es nicht, aber ich denke, daß hier das “Bessere Leben” wahrscheinlich verständlicher geschildert wurde. Besser wahrscheinlich nicht, denn in einer Welt wie dieser, ist das wahrscheinlich gar nicht möglich.

Der 1958 in Zürich geborene Rolf Lappert, der schon einmal auf der Shortlist stand und von dem ich schon die “Gesänge der Verlierer” gelesen habe, ist das, ich will nicht sagen meisterhaft, weil mir das zu kitschig klingt und ich auch nicht die Phrase “überzeugt” mag, aber doch sehr eindringlich gelungen.

Also ein neuer Favorit in meinem Buchpreisranking und jetzt wartet  noch ein Buch eines in der Schweiz Lebenden mit Weltuntergangsstimmung auf mich.

Die Liebenden von Mantua

20150830-101109

Bei Buch fünf der LL, ich danke dem “Wallstein-Verlag” sehr für die beiden Rezensionsexemplare, geht es nach Italien und es geht, wie bei Kay Weyand wieder um Leben und Tod und natürlich auch noch um die Liebe, aber hat nicht schon MRR gesagt, daß das bei allen Büchern der Fall ist?

Ralph Dutlis “Die Liebenden von Mantua” war wahrscheinlich das Buch, das mich, als ich es auf der LL sah, am wenigsten ansprach, denn wen interessiert schon ein Roman über zwei Skelette aus der Jungsteinzeit, habe ich gedacht und mich wieder mal geirrt und Ralph Dutli, bestsellerverdächtig, wie ich einem Radiobeitrag entnahm, den man über die dBp-Facebookseite nachhören kann, der 1954 geborene Schweizer Autor ist schon 2013 mit “Soutines letzte Fahrt” auf der LL gestanden.

Damals habe ich mir das Longlistenlesen angesichts meiner überlangen Leseliste ja noch verkniffen, von Buch und Autor aber während meines 2013 Leizpiger Buchmessensurfings gehört, ich war damals, glaube ich nicht in Leipzig und als ich ein Jahr später vom Begräbnis der Friedl Hofbauer kam und noch rasch den Flohmarkt besuchen wollte, die die zweite zusperrende Buchhandlung auf der Wiedner Hauptstraße veranstalte, habe ich das Buch um drei Euro entdeckt, gekauft, aber noch nicht gelesen.

Das wird wohl noch eine Weile ungelesen in  den Regalen meiner Bibliothek stehen bleiben und in Ralph Dutlis preisverdächtigen Roman, wo habe ich gelesen, daß er sicher auf die Shortlist kommt, geht es auch um eine Bibliothek und es geht, das kann ich eventuellen Unschlüßigen, die sich ebenfalls von zwei Skeletten abschrecken lassen, gleich verraten, um viel viel mehr als um das, eigentlich geht es gar nicht um die, obwohl die Frau, die in der Jungsteinzeit in die Arme eines Jünglings rutschte, wie an einer Stelle veraten wird, Barbarina heißen könnte.

Es geht natürlich um die Liebe und es geht um Italien, dieses herrliche Land, in dem man in den Straßencafes Espressi und Amaretti schlürfen, in den alten Palästen noch immer die Renausance erleben kann und in einem dieser Cafes  in Mantua treffen sich zwei alte Freunde wieder, Raffa und Manu, die “el” Silbe wurde bei beiden abgekappt und Raffa ist da, um über das Erdbeben zu forschen, das es im “verdammten Frühling” von 2012 gab, Manu, um über die “Liebenden von Mantua”, zwei Skelette aus der Jungsteinzeit, die 2007 gefunden und verschwunden sind, zu schreiben.

Die zwei Freunde haben einander vieles zu erzählen, Raffa fragt den Schriftsteller Manu nach seiner Laure und erfährt widerwillig, daß sie ihn verlassen hat, dann verabreden sie sich für die nächsten Tage und Raffa wartet vergeblich auf den Freund, der nicht zu kommen scheint.

Er geht in sein Hotel, erfährt dort nicht viel vom Besitzer oder Rezeptionisten, denn man will sich in Zeiten des schwindenden Fremdenverkkehrs nicht mit Vermißtmeldungen und Polizeibesuchen aufhalten, eine junge Frau namens Lorena rennt ihm aber nach und erzählt ihm von einer merkwürdigen Entführung.

Manu sei in ein Auto gestoßen worden und wurde auf das Schloß eines merkwürdigen Comtes gebracht, sein Handy und seine Uhr wurden ihm abgenommen, dafür erhielt er einen Laptop ohne Internetzugang und der Comte lädt ihm am Abend zum Essen ein.

Er hat den besten Koch und noch zwei Leibwächter, die Manu fortan bewachen werden und der soll eine Theorie über die Liebe, als neue Religion schreiben, denn der Comte hat genug von der, die einen Gekreuzigten als Symbol erwähnt, auf diese Idee hat mich schon einmal meine alte Schriftstellerfreundin Elfriede Haslehner gebracht.

Der Comte hat aber nicht nur Manu, sonder auch die zwei Skelette entführen lassen, die ruhen nun in seinem Keller, er stellt Manu seine Bibliothek zur Verfügung, die aber auch etwas merkwürdig ist, verschwinden doch die Bücher und es geschehen überhaupt sehr seltsame Sachen in dem alten Palais.

So liegt einer der beiden Leibwächter einmal in einem rosa Schwanenseekostüm, ein andermal in einem weißen Meßdienerkleid erstochen auf dem Boden, Manu beobachtet eine badende Frau, schreibt Briefe, die er aus dem Fenster wirft, bekommt merkwürdige Säfte ins Zimmer gestellt, die ihn wohl ins Halluzinatorische abgleiten lassen sollen und derweil marschiert Raffa mit Laurena, die auch Archäologie studiert hat,  aber nur den prekären Job einer Hotelhelferin bekommen hat, durch die Museen von Manuta.

Sie erzählt ihm von dem “Verlobungszimmer” und überhaupt viel von der italienischen Renaissacegeschichte, geht mit ihm auch nach Verona zu einer “Romeo und Julia” Aufführung und bevor Manu vollends verrückt wird, klopft eines Morgens  die Polizei bei ihm und befreit ihm aus seinem Gefängnis.

Der Comte steht mit Handschellen in der Halle, die junge Badende, eine Cousine Laurenas, die ihm gerettet hat, wurde von des Comtes giftigen Pfeilspitzen, wie vielleicht auch die Liebenden getötet wurden, wenn es nicht doch die Tollkirschen waren, getroffen und als Manu  zurückkommt, erwartet ihm ein Brief der Wissenschaft, der ihm erklärt, daß die Liebende vielleicht gar keine solche waren, sondern nur zufällig ineinander verrutschten.

Die bekommen dann auch einen Platz in einem Museum und die beiden Freunde können einander wieder treffen und ich habe eine sehr interessanten, wenn vielleicht manchmal ein wenig kitschig anmutenden Roman gelesen, der an vielen Stellen sehr erhöht war, das bewußte Radiointerview, nennt viele Genre, die in ihm enthalten sind: Reiseführer, Krimi, Liebesroman, Renaissancegeschichte etc, deshalb bestsellerverdächtig.

Er erspart wahrscheinlich eine Bildungsreise nach Italien und jetzt bin ich sehr gespannt, ob er auf die Shortlist kommt, mir ist aber höchstwahrscheinlich, der etwas ambivalente Realismus eines traumatisierten Bestattungshelfer und seine Leichenwäscherideen, in dem es ja auch um die Liebe und den Tod geht, lieber.

Im Kongo

Jetzt kommt das zweite Urs Widmer Buch auf meiner Leseliste, “Im Kongo”, 1996 erschienen und das erste Kapitel klingt für einen Urs Widmer erstaunlich realistisch, obwohl es fängt mit einem Traumgarten an, in dem der Altenpfleger Kuno, seine Kindheit verbringt. Es ist Krieg und er schwärmt hinaus zu den Vögeln und den Blumen, die es da in Zürich geben soll und eines Tages liegt die Mutter tot im Gras, von einem Bombenangriff wahrscheinlich getroffen, es dauert lange bis der Vater, in Uniform kommt, die Leiche entfernt, die größere Schwester übernimmt den Haushalt und das Leben geht weiter.

Dann, fünfzig Jahre später, schießt der Vater inzwischen über achtzig mit seiner Armeepistole ungedalden auf den Postboten, die Polizei erscheint und Kuno muß den Vater in das Altenheim bringen, in dem er Pfleger ist.

Dort gibt es eine Schwester Anne, der Vater zieht in das Zimmer aus dem gerade eine Frau gestorben ist und Kuno erzählt einmal dem Zimmernachbarn einen Herrn Berger von seinem besten Freund Willi und das er kein Schicksal hat.

Willi hatte eines und hat dem Kuno in der Schulzeit einmal die Pausenbrote weggegessen und sich von ihm einsagen sallen, dann ist er mit seiner Freundin Sophie in den Kongo, um dort Bierbrauer zu werden und als der Vater in das Zimmer kommt, fällt er Herrn Berger in die Arme, denn das war sein bester Mann und Kuno war sein Führungsoffizier, in dem Regiment, das “Wiking” hieß.

Denn der Vater war im Nachrichtendienst, wie er dem Sohn jetzt erst erklärt und Herr Berger die Geschichte erzählt, wie er, ein Erfinder eines optischen Gerätes, das die Nazis haben wollten, vom Führer nach Berchtesgarden eingeladen wurde, mit ihm soff, Eva Braun im Nachthemd saß und dann von Hitler auch noch seine Geheimtelefonnummer zugesteckt bekam, die ihm dann auch vor der Gestapo rettete.

Am nächsten Morgen begegnet Kuno vor dem Altersheim Willis Vater, der ihm in den Kongo schickt, denn es ist schon lange keine Nachricht und kein Geld mehr vom Sohn gekommen.

Die Hinfahrt erweist sich als etwas problematisch, am Zoll wird ihm sein ganzes Gepäck konfisziert, die Taxisfahrt ist überteuert und die Bootsfahrt nach Kisangani war auch recht abenteuerlich.

Der Weg in die Bierfabrik war schweißtreibend, schließlich sind wir ja in Afrika und der flotte Kuno schlägt auch noch eine Mitfahrgelegenheit aus.

Dann kommt er an, sieht eine flotte Schwarze namens Saba, die ihm erklärt, daß ihr Vater Willi und die Mutter Sophie, beide Schwarze, die Direktoren sind, Willi hat jetzt Mordsphantasien, sieht sich auch schon niedergemetztelt, als der tiefschwarze Wille, der auch noch abenteuerlich gekleidet ist, erklärt, er weiß auch nicht, wie er und Sophie schwarz geworden sind.

Er lädt ihn aber auf eine Stammesfete ein, das heißt, er muß als sein Wesir mitkommen und wird schwarz angemalt, dort trifft er einen Löwenkönig, der ihm genau, wie einstens Hitler bei Herrn Berger, eine geheime Telefonnummer gibt, aber erst einmal fliegt er wieder nach Hause, denn Willi schickt ihm mit einem Testament, das sein Vater unterschreiben soll, dorthin zurück.

Im Flugzeug erkennt er, er ist tiefschwarz mit weißen Bart, hat auch schon einen Paß mit einem solchen Foto und als er so in das Altenheim kommt, ist Schwester Anne, die ihm immer sagte, daß er warten kann, bis er schwarz ist, bevor sie ihn heiraten würde, gleich hingerissen.

Die Väter sterben und Kuno fliegt mit Anne, die sich auch transformiert, in den Kongo zurück. Willi fliegt mit Sophie dafür nach Zürich, um sein Erbe anzutreten und Kuno wird vom Löwenkönig zuerst bei einem Stammesüberfall gerettet, dann zieht er sich in den Busch zurück, um seine Geschichte und die des Kongos aufzuschreiben.

Eine abenteuerliche Geschichte, vielleicht könnte man sie auch rassistisch interpretieren oder satirisch auf jeden Fall und  hat mir sehr gut gefallen. Besser als der andere Urs Widmer, den ich vor kurzem gelesen haben.

Ich habe das Buch vor Jahren von einer meiner Psychologenkolleginnen zu meinem Geburtstagsfest geschenkt bekommen und es lange liegen gelassen, jetzt aber in einem kleinen “Urs Widmer In Memoriam Schwerpunkt”, wie man sagen könnte, gelesen, dessen “Reise an den Rand des Universums” 2013 auf der Longlist des dBp gestanden ist. Das und den “Herrn Adamson” müßte ich erst finden, aber jetzt geht es vorerst ohnehin an das neue Longlistenlesen.

Die Erlösung

Nach dem “Verhängnis” und dem “Schicksal” geht es im dritten Teil von “Via Mala” zu den Lauretz zurück, die recht wohlhabend geworden sind. Andi hat dem Schwager Geld zugesteckt, damit er in die Sägemühle investieren kann, Hanna hat ihre Beziehungen zu Georg wieder aufgenommen und würde ihn heiraten, wenn sie nur katholisch, wie er wäre, beziehungsweise der alte Lauretz, wie Niklaus bei Richter Bonatsch beantragt hat, schon für tot erklärt wäre.

Die Mutter besinnt sich ihrer katholischen Wurzeln und will in die Kirche gehen, vor Angst, daß sie beichtet, hindert Niklaus sie daran und richtet ihr in ihrem Zimmer lieber eine eigene Kapelle ein.

Silvelie, die mit Andi in einem Bauernhaus mit Köchin und Dienstmädchen lebt, hat ihm den kleinen Tristan geboren.

Da stirbt der alte Richter, der die Lauretz deckte, plötzlich. Andis Vorgesetzer muß sich in ein Sanatorium begeben und so bekommt And, der sich eigentlich auf Urlaub geeben will, von Präsident Gutknecht, der ein Hörrohr benützt, obwohl er angeblich ohnehin gut hört, Bonatsch Akten übergeben, um sie zu überprüfen.

Er kann das auch im Urlaub tun, so nimmt er sie mit auf das Bauerhaus und stößt auf den Fall Lauretz.

Er ist verletzt, daß Silvelie ihm nichts davon sagte, daß ihre Familie ihr wichtiger, als die seine war und beginntsie zu verhören.

Sieschweigt und verläßt ihn, um zu ihrer Familie, wo alle in Aufruhr sind, weil sich die Mutter vom Kirchenbesuch nicht zurückhalten lassen will und sich in einem Anfall von Wahnsinn sogar mit einem glühenden Schürhaken selbst am Mund verletzt, zurückzukehren.

Andi kommt nach, verhört Nikolaus und zwingt ihm, der Tagelöhner Jöry, der damals mit von der Partie war, ist inzwischen verstorben, alles zu sagen und auch die Grabstelle des alten Jonas zu zeigen. Hanna beginnt ihm  die  Untaten ihres Vaters aufzuzählen, der Niklaus zum Krüppel und zum Schwerhörigen machte, Silvelie einen steifen Arm, etc, bescherte.

Andi scheint unbestechlich zu sein und so beginnt sich Niolaus schon auf das Gefängnis vorzubereiten und versucht nur seine Schwester Hanna und die Mutter heraus zu lassen, er nimmt die Schuld auf sich allein und Andi kommt in Gewissensnöte, bringt sogar den Akt zu Präsident Gutknecht. Der ist aber gerade auf einem Begräbnis, was Andi als Wink des Schicksals versteht, so fährt er zu Niklaus, der die Mühle schon geschlossen hat und über den religiösen Wahn in dem nun auch Hanna, nachdem sie mit der Mutter in die Kirche gegangen ist, verfallen ist, beunruhigt ist undverspricht ihn  zu decken.

Silvelie ist wieder in ihr Chalet gegangen. Er holt sie zurück, damit die Leute nicht über sie reden. Die Stimmung zwischen den Eheleuten ist aber nicht gut und Andi hat noch nicht zu sich gefunden, geht aber zum Gerichtspräsidenten, erzählt ihm von drei Fällen, die wieder aufgerollt werden müssen und dann von dem Trinker Laur der verschwunden ist.

Niklaus soll wieder einen Brief mit dem Wunsch auf Toterklärung an das Gericht stellen. Andi unterschreibt und läßt den Rest des Namens weg und während Andi für den Fall, daß der Präsident den Betrug entdeckt, die Pistole in der Tasche trägt, werden in der Gemeinde mit einem Volksfest neue Glocken eingeweiht.

Das wird von John Knittel sehr genau geschildert. Schulkinder ziehen am Strang und werden vom fetten Pfarrer Uli dabei mit Würsten gefüttert, jedes fünfte Würstchen ißt er selbst und der Präsident hat Andi zu vor gefragt, ob er dabei einen Zylinder tragen muß? Die Schulkinder singen Schweizer Volkslieder und Strophen aus Schillers “Glocke” werden auch zitiert.

Am nächsten Tag liegt der Brief in der Schreibtischlade, Prädident Gutkneckt hat unterschrieben. Andi kann die fehlenden Buchstaben ergänzen, aus dem Akt die Seite mit Silvelies Namen hausnehmen und zu seiner Frau gehen. Vorher kauft er noch Krawatten für den Schwager und eröffnet für Mutter Lauretz ein Konto, damit sie auf Erholung gehen kann.

Es ist alles in Ordnung, er wird zu gegebenfalls, wenn es nicht mehr auffällt sein Richteramt zurücklegen und Bauer werden, was er ohnehin sehr gerne ist.

“Weißt du warum ich es getan habe, Sivvy?”- lauten die letzten Sätze de Buchs.

“Nicht um ihretwillen, wie ich mir das auch manchmal eingebildet habe. Nein, Sivvy, ich habe es um deitwegen getan!”, lauten die letzten Sätze.

Sehr eindrucksvoll und bewegend dieser Dreiteiler um “Schuld und Sühne”, angesiedelt in den Schweizer Bergen, der Zwischenkriegszeit.

Bald darauf sind ja, wie wir wissen, noch ganz andere Untaten passiert, die sich in den Bücher schon andeuten.

John Knittel ist auch, wie ich “Wikipedia” entnahm, in Faschismusverdacht geraten und heutzutage, scheinen wir uns  in einer neuen Wirtschaftskrise zu befinden, die einen, wenn man so nach Athen, Syrien oder in die überfüllten Aufnahmelager von Traiskirchen oder sonstwo blickt, auch nur schaudern läßt.

Sehr spannende Bücher, sehr eindringlich, manchmal ein wenig kitschig, manchmal erstaunlich modern geschrieben, manches erscheint auch nur ungedeutet und schwer verständlich, vielleicht hat es in den Dreißigerjahren doch nicht so gute Lektorate gegeben, so daß manches durchgegangen ist, was man heute  genauer ausführen müßte und interessant ist auch, daß  Doris Lind, die mir im Rahmen ihrer Literaturagentur immer Lesetips schickt, den Namen John Knittel, noch nie gehört hat.

Wahrscheinlich ist er aus den Germanistiklehrplänen inzwischen verschwunden, obwohl die Romane mehrmals verfilmt wurden, die Bücher im “Büchergilde Gutenberg-Schrank” meiner Eltern standen und auch die offenen Bücherschränke, nach wie vor sehr voll davon sind.

Das Schicksal

Im zweiten Teil von John Knittels berühmter Trilogie, geht es in ein komplett anderes Miliau und es ist auch in einem anderen Ton geschrieben, moderner, sozialkritischer, härter, realistischer und für mich auch besser vorstellbar.

“Und jeden Tag werden neue Menschen geboren und in die Welt gesetzt, ob es ihnen passt oder nicht. Im besten Fall können sie sich schnell einmal in der Welt umsehen, dann müssen sie wieder gehen. Traurig, dachte Andi und äußerst lächerlich.”

Ein Satz der von Thomas Bernhard stammen könnte.

Es geht in das Städtchen Lanzberg, ins Gefängnis zum Untersuchungsrichter Dr. Andreas von Richenau.

Der ist aus einem großen Haus und ein Wunderwuzzi, Sohn eines Adeligen, der auf einem Schloß residiert. Er hat sich aber den Spleen herausgenommen, zu studieren und als einfacher Untersuchungsrichter selbst zu seinem Lebensunterhalt beizutragen und er ist verlobt mit einem Fräulein Luise Frobisch, die aus keiner so vornehmer Familie stammt, dafür ist sie aber reich und durch und durch Geschäftsfrau.

Sie haßt alle Sozialisten und alle Arbeiter, die Rechte wollen und möchte aus ihrem Andi am liebsten  einen Geschäftsmann machen. Er soll in Papas Geschäfte einsteigen und mit ihr nach England reisen.Er ist aber ein einfacher Bursche, der sich seine Hände und Füße gerne dreckig macht. Das heißt, er geht am Sonntag vor der Kirche in den Kuhstall und assistiert der Kuh beim Kalben.

Luise ist entsetzt und vorher gab es noch ein Abendessen mit der aristrokratischen Familie, da gibt es die Erbtante Isabella, eine Mutter mit der er sich aber sehr gut versteht, einen Vater der auch Geschäftsmann ist und infolge der Wirtschaftskrise einiges verloren hat und einen Bruder namens Uli, der Geistlicher ist und Unmengen ißt, hat Daniel Kehlmann ihn als Vorbild für seinen Geistlichen in dem Roman “F” genommen?

Andi steht zu Mittag um zwölf am Fenster in seinem Büro und wartet bist die Lanzberger mit ihrem Fahrrädern zu ihren Mittagstischen fahren, erst dann nimmt er seinen Alfa Romeo und fährt in die Bahnhofgaststätte zum Essen, denn da serviert jetzt Fräulein Silvelie Lauretz und in die verliebt er sich und sie sich in ihn.

Aber er ist verlobt und sie hat ein schreckliches Geheimnis und ist außerdem Angehörige einer ganz anderen sozialen Schicht.

Sie ist aber sehr selbstbewußt und reich ist sie eigentlich auch, hat sie ja von dem alten Maler sein Haus und alle seine Bilder geerbt. Das Bargeld hat ihr aber der Vater genommen, so verdingt sie sich als Kellnerin, wird aber von einem  Kommunisten und seltsamen Vogel namens Henri, einem Freund von Andi, dessen Existenz eigentlich auch nicht ganz er klärt wird, in eine Konditorei vermittelt. In die Konfiserie Robert in der “in seinem großen Hauptfenster waren alle Arten von Kuchen ausgestellt, Pfannkuchen, Biscuits, Pralines und Schokoladen sämtlicher Sorten, in hübsche Schachteln von nur jeder möglichen Form und Farbe verpackt. Und eine riesige Registrierkasse verbarg sich hinter drei gläsernen Regalen, die mit Flaschen beladen waren: Cointreau, Anisette, Abricot Brandy, Cherry Brandy, Creme de Bananes, Pfirsichschnaps, Creme de Chocolat, Creme de Menthe, Creme de Rose, de Noyaux, de Vanille (pourdames) und daneben die ölig süßen erzeugnisse von Bols und focking, ihre Curacos, Pfeffermine und Danzinger Goldwasser.”

Das alles und noch eine Seite mehr in der tiefsten Wirtschaftskrise, aber in den All inclusive Hotels in Kreta, habe ich auf You Tube gesehen, geht es auch hoch her, während in Athen Obdachlose auf den Straßen hausen oder aus den Fenstern springen.

Andi tritt auf und bricht Silvelies Widerstand. Das heißt, er fragt nach ihrem freien Nachmittag, führt sie zum Soupieren aus, löst aber dann die Verlobung, während sie immer denkt, daß sie ihm alles sagen müßte, es dann aber doch nicht tut.

Ihr Bruder kommt einmal in die Konditorei und sagt ihr, sie muß noch einmal zum Richter und eine Aussage machen und der hat auch alles nach einer möglichen Leiche untersuchen lassen und es gibt in dem Dorf auch Gerüchte, die der Wahrheit ziemlich nahe kommen.

Als Andi ihr den Brief von seiner Entlobung schickt, kündigt sie in der Konditorei und geht in ihr Chalet. Sie schickt ihm aber dann ein Bild von ihr, die anderen Bilder zu verkaufen hat sie sich immer geweigert und so kommt er in seinen Uralub zu ihr in Nagelschuhen. Sie quartiert ihn bei sich ein. Ihre Mutter, der Bruder und die Schwester kommen auf Besuch und er will sie immer heiraten, was sie verweigert und so mit ihm leben möchte.

Er ist aber ein sehr selbstbewußter Mann. So hat sie keine Chance. Er kauft ihr teure Sachen, führt sie durch die Schweiz. Die Hochzeit soll in St. Mauritz stattfinden, Henri und Madame Robert, die Besitzerin der Konditorei, sollen die Treuzeugen sein.

Ihre Familie ist nicht eingeladen, seine Mutter kommt dann doch und ist von Andis neuer Braut, die besser als, die erste zu ihm passt, begeistert. So endet der zweite Teil und ich bin auf die Fortsetzung der Geschichte, “Die Erlösung”, sehr gespannt.