Ihr seid noch nicht besiegt

Der “Wagenbach-Verlag”, der mir immer so getreulich seine Quartbücher schickt hat, mir vor ein paar Monaten, die ausgewählten Schriften des ägyptischen Freiheitskämpfer Alla Abd el-Fattah, der 1981 in Kairo geboren wurde, der Sohn eines Menschenrechtsanwalt ist und seit 2011, seit dem Beginn des arabischen Frühlings mehr oder weniger ununderbrochen im Gefängnis sitzt, zukommen lassen.

“Wagenbach” hat das Buch das von Utku Mogultay aus dem Englischen übersetzt wurde, herausgegeben, in dem Texte des berühmten Bloggers, der soviele Teewts geschrieben hat, daß sie mehrere Bücher füllen könnte, von 2011- 2021 enthalten sind.

Noemi Klein hat das Vorwort geschrieben, das die ägyptische Situation erklärt und ich habe beim letzten “Writers on prison day” der traditonellen vom PEN veranstaltet wird, auch von dem Autor, der mir bisher unbekannt war, gehört und es daraufhin gelesen.

2011 beginnt es mit der Geschichte der Revolution und dem Wunsch zu einer neuen Verfassung zu kommen.

Im Dezember kam es zum Protestmarsch von Maspero, wo bei dem sogenannten Maspero-Massaker selchsundwanzig Demonstranten darunter Mina Daniel getötet wurde, worauf Alaah Abd el Fattah das koptische Krankenhaus besetzte, um eine Oduktion der Getöteten zu erzwingen, worauf El Fattah in der Zeit, als sein erster Sohn Khaled geboren wurde ins Gefängnis kam.

2012 begab er sich mit seinem Sohn auf eine “Gaza-Reise und berichtete, umgeben von den Versen des palästinenischen Dichters Mahmd Darwisch, von den politischen Zuständen und den Überraschungen, die er dort erlebte.

“2013 wird dann schon getwittert oder die Artikel auf Facebook gestellt. So schreibt er zum zweiten Jahrestag der Revolution: “Pessimismus des Intellekts, Optimismus des Willens”, “Vier Tweets über staatliche Gewalt” gibt es im Jänner. Im April kommt es zu Solidaritätsstreiks und im Mai wird dann die Geschichte wiederholt und zwar wie Alaa schreibt “Zuerst als Tragödie, dann als Farce.”, weil es Angesichts des Jahrestages zu Massenprotesten kam.

“Schrödingers Coup” gibt es dann im Juni, da ging es, um die Proteste, “wo hunderttausende gegen die Bruderschaft auf die Straße gingen” und im August stellt er auf Facebook die Frage was in “Abu Zabaal” geschah, wo siebenunddreißig Gefangene in einem Gefägnistransporter ums Leben kamen.

In einem längeren Artikel räsumiert Alaa ab el Fatah dann “Wer die Bourgeois repräsentiert?”, während er im November twittert: “Lasst euch nicht vom Pfad der Gerechtigkeit abbringen, weil er mit Toten übersät ist.”

2014 beschäftigt er sich mit dem “Autismus”, der im Gefängnis entsteht und verläßt das Tora-Gefängnis nach drei Monaten Haft.

“Jeder weiss” schreibt er dann weiter “dass den überwiegende Teil der Gefangenen die Grundrechte verwehrt werden, die Gesetze verfassungswidrig sind, das Regime der Jugend nichts zu bieten hat”, etcetera.

“Games of Thrones ” gibt es auch “Ich wollte doch games of thrones weiterschauen#nieder mit dem Militärregime”, weil er am elften Juni verhaftet wurde, weil er an seine “Grenzen gekommen ist”. Im September gegen wurde er dann gegen Kaution freigelassen.

2015 wird Alaa Abd el Fattah wieder verhaftet und zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt, wo er sich 2016 in drei Texten mit “Der Geburt der schönen neuen Welt beschäftigt” und auch schreibt, daß er sich dabei behindert fühlte, weil ihm das Gefängnis den Zugang zum Internet und zu Bücher verwehrte, obwohl ihm das eigentlich zustehen würde.

2017 gibt es das “Portrait eines Aktivisten außerhalb des Gefängnisses” und den titelgebenden Text, den er an die “Menschenrechtskonferenz Rightscon in Silicon Valley” schrieb.

2019 wird er dann auf Bewährung entlassen

“Ich bin das Gift, ich bin das Gegenmittel

ich bin die Medizin, ich bin der Auslöser

ich bin das Gespenst des vergangenen Frühlings”, schrieb er da und wurde im September wieder verhaftet.

Es gibt einen Artikel in dem er beschreibt, wie wichtig es ist, trotz der schlechten Gefängnisbedingungen gesund zu bleiben und er bedauert, daß sein Vater während seines Gefägnisaufenthaltes verstorben ist. Seine Schwester hat über seine neuerliche Verhaftung geschrieben und Alaa Abd el Fattah ist mehrmals in Hungerstreik getreten, um gegen seine Haftbedingungen zu protestieren.

Es gibt Listen wo er über die “Metaphern der Heilung” und den “Sieben Wegen zum Wandel” reflektiert.

2021 gibt es noch einen Palästina-Text, mit dem das Buch auch beendet wird.

Das heißt, es gibt auch eine ausführliche Chronik der ägyptischen Geschichte von 1952-2019 und viele Buchhinweise, wenn man sich mit der arabischen Revolution weiterbeschäftigen will, von denen ich “Die Stadt der Rebllion” schon gelesen habe.

Liebe ist gewaltig

Das letzte Buch der Bloggerdebutshortlist ist dem vierten, “Nordstadt” sehr ähnlich, wie es überhaupt bei drei oder vier Büchern auf dieser Liste umd die Identitätsfindung und das Aufwachsen in häuslicher und gesellschaftlicher Gewalt geht.

“Liebe ist gewaltig” der 1986 in Tübingen geborenen Cludia Schumacher ist erzählender und vielleicht auch ein wenig kitschiger, als Annika Brüsings Debut. Es schweift mehr herum und ist vielleicht auch ein wenig unglaubwürdiger. So wirkt die Anwaltmutter manchmal wie eine Hausfrau, die zu Mittag zu Hause ist und für ihre Lieben kocht und der wahrscheinlich dreißigjährige Bruder wird gleich Bürgermeister des Städtchen.

Die Einstiegsszene, die 2007 spielt, ist aber schon mal sehr gewaltig. Da ist die Heldin, Juli, Jules genannt, die sich später Julia nennt, siebzehn und ist von ihren Eltern in ein Sanatorium gebracht worden, wo sie sich erholen soll und ist hier mit Dementen und Bunouts zusammen, passt also nicht hin.

Vielleicht passt sie auch nicht nach Ederfingen, das ist ein Vorort von Stuttgart, wo sie in einer Vorzeigefamilie, beide Eltern Anwälte mit drei Geschwistern aufwächst. Eine Vorzeigefamilie mit dem reinen Glück, dabei ist der Vater sehr gewaltig und der Teppich hat Blutflecken, die Mutter beschwichtigt, lächelt immer und versucht alles mit neuen Klamotten und McDonald Besuchen auszugleichen.

Juli fliegt, weil sie auch gewalttätig sein kann, aus der Kur hinaus, soll in eine Psychiatrie kommen, die Mutter holt sie aber ab und bringt sie in die Villa zurück und hier findet Juli vorläufig ihr Glück in einer kleinen Maus, die sie aufzupäppeln versucht. Der Vater erlaubt ihr zuerst sie zu behalten. Später setzt er sie in Beisein der Mutter aus, aber von Menschen aufgezogene Mäusen können in der freien Wildbahn nicht überleben, “weil sie den Katzen gleich ins Maul marschieren”.

Juli rastet also wieder aus und verläßt das Elternhaus. Später, 2014, da ist sie erfolgreiche Gamerin, lebt in Berlin und soll ihr Mathematikstudium abschließen, kehrt sie zum sechzigsten Geburtstag des Vaters zurück. Was auch in einer Katastrophe endet. Sie beschimpft den Gratulanten. Der älteste Bruder ist inzwischen Bürgermeister des Städtchens geworden und sehr aufstiegsorientiert. Nur der Bruder Bruno ist ihr Halt. Sie klagt den Vater in Beisein aller der Gewalttätigkeit an. Schweigen folgt, der Vater sagt sie ist hysterisch und bildet sich das nur ein und niemand glaubt ihr.

So verläßt sie die Party und fliegt nach London, um ihre Exfreundin Sanyu, die eigentlich Sandy heißt, zu treffen, die sie aber gar nicht hineinläßt und in einer Disko hat sie auch jemand zusammengeschlagen und muß mit einer Anzeige rechnen. Der Vater, der das öfter macht, boxt sie hinaus und 2016 heißt sie dann Julia, was mich Anfangs beim Lesen sehr verwirrte, weil ich mich nicht auskannte, wer diese Julia ist jetzt ist?

Sie ist, wird ihr ihr Bruder Bruno später schreiben, eine “runtergedummte Barbie-Version”, denn sie hat sich ihren Freund Thilo, einen Aufsteiger aus Sachsen, sehr angepasst und sich äußerlich sehr verändert, kocht und backt für ihren Freund, hat die Wohnung umgestaltet und ihr Inneres total verdrängt.

Sie wird sich aber wieder finden und nach Berlin zurückkehren und wie es weiter geht, können wir nur ahnen oder uns erhoffen, daß es nicht in dieser Art und Weise weitergeht.

Sehr viel Gewalt also, die die Dreißig bis Verzigjährigen, die heute Bücher schreiben, in ihrer Jugend erlebten.

Ronja von Rönne, die das Buch sehr lobte, ist wahrscheinlich auch eine davon, Helene Hegemann, etcetera und die Danksagung, wo man den Schreibverlauf gut verfolgen kann, ist sehr lang.

Nordstadt

Buch vier der Bloggerdebutshortlist Annika Büsings “Nordstadt” ist ein kleines dünnes “Steidl- Taschenbüchlein” mit einem sehr eindrucksvollen Cover. Eine Schwimmerin mit Kopf nach unten und das ist Nene, fünfundzwanzig Jahre alt. Bademeisterin von Beruf und für die meisten Romane ungewöhnlich, eine Protagonistin aus der Unterschicht und die Nordstadt scheint auch eine Art Großfeldsiedlung zu sein. Sie wurde von ihrem Vater grün und blau geschlagen und wenn den Vertrauenslehrerinnen, die blauen Flecken auffielen, haben sie das Jugendamt verständigt und die haben sie dann für ein paar Tage in ein Heim gesteckt.

Es gibt eine ältere Halbschwester namens Alma, die sich um Nene kümmert, deren Mutter früh gestorben ist. Die ist eine erfolgreiche Goldschmiedin und schwimmt im Geld während Boris, der an Kinderlähmung erkrankte und daher hinkt, weil seine Hippiemutter eine passionierte Impfverweigerin ist. Man sieht oder ich würde es vermuten, das Buch wurde während der Pandemie geschrieben, vom “Geldamt” lebt, das ist ein Ausdruck Nenes und das ist manchmal so knapp, daß er nichts zu essen hat und Nene dann für das Popcorn und die Kinobesuche sorgt.

Aber das ist schon vorgegriffen. Nene lernt Boris im Schwimmbad kennen, wo er sich das Schwimmbrett ausleiht und sie gehen fünfmal ins Kino und dann klappt es mit dem Sex nicht so ganz, wie Nene es sich vorstellt. Denn Boris ist diesbezüglich sehr verschlossen und Nene wurde auch einmal auf einer Schaukel vergewaltigt.

Die Geschichte wird rückwirkend und sehr lakonisch von der Ich-Erzählerin erzählt. Die Sprache wirkt manchmal ein wenig altmodisch und manche eindrucksvolle Metaphern werden mehrmals zitiert

“Alma sagt: “Du teilst die Welt immer so in Häppchen ein.”

“Boris sagt “Jeder denkt in Klischees. Sonst überleben wir doch gar nicht.”

“So nennen wir das manchmal: Optionen”, beispielsweise.”

Eine Metaphernerklärung bietet die 1981 geborene in Bochum lebende Annika Büsing, die Theologie und Germanistik studierte auch an:

“Mein Mitschüler Marius verstand nicht, was das sein sollte, eine Metaphernkeule.

“Ein Mordwerkzeug”, sagte mein Deutschlehrer, “man killt damit jede Poesie.”

Und weil Marius es noch immer nicht verstand, erklärte er es so “Wenn du einen Roman schreibst über einen Zug, der mit einem Waggon eine Liebesbeziehung führt, und der Zug Schluss macht und du den Waggon sagen lässt “Du hast mich abgehängt”, das ist eine Metaphernkeule.

Da hatte Marius es verstanden. Er meinte aber die Information sei für ihn nicht wichtig, denn er habe nicht vor jemals Romane zu schreiben.”

Die Beziehung zwischen Nene und Boris entwickelt sich als schwierig. Denn er lügt sie an, erzählt ihr er sei Hausmeister und hat vor eine Ausbildung als Mechatroniker zu machen, was aber nicht stimmt, denn er ist arbeitslos und bekommt sein Geld von “Geldamt”.

Dabei hat er einmal als Jugendlicher einen Preis gewonnen, denn er ist sehr begabt. Seine Hippiemutter behält das Geld aber so lange auf dem Konto, bis er eine Ausbildung macht. Man sieht auch ein wenig ungewöhnlich und gegen den Strich gebürstet und der Tod ist in dem Buch ein wichtiges Thema.

Zuerst oder zuerst beschrieben stirbt Frau Lübke, die Stammgast im Schwimmbad war und Nene bittet sich von ihrem Sohne ihre alte Badekappe aus. Eine alte Frau, die die Bademeister, um ein Handtuch bittet, weil ihr kalt ist, fällt auch plötzlich um und dann stirbt auch noch Nenes Vater, von dem sie ausgezogen ist, als sie achtzehn war und ihn dann erst bei seinem Begräbnis sehen wollte.

Ein sehr eindruckvolles ungewöhnliches Buch, dessen letzte Sätze nach dem Begräbnis lauten:

Boris nimmt seine Mütze ab und setzt sie mir mit einer Hand ungelenk auf den Kopf, und er sagt “Wenn du mit wem anders rummachst, stecke ich die Stadt in Brand.”

“Episch “, sagte ich.”

Auch diese Sätze kann kann schon vorher lesen und Elke Heidenreich hat am Buchrücken “Ein bemerkenswert eindringliches Debut ist entstanden, aus Liebe und Wut”.

Dem kann ich mich anschließen und überlegen, ob das Buch bei mir jetzt an erster oder zweiter Stelle kommt.

“Liebe ist gewaltig” ist aber erst zu mir gekommen und am Titel hätte ich auch etwas auszusetzen, da er mir nicht ganz passend erscheint. Ich hätte eher eine Schwimmmetapher dafür ausgesucht.

Interessant ist auch die Triggerwarnung am Buchbeginn: “In diesem Roman finden sich Beschreibungen körperlicher, psychischer und sexualisierter Gewalt”. So ist das Leben aber, würde ich meinen und wer das weiß und ihm nicht ausweicht, ist klug und bin als Verhaltenstherapeutin auch eine Anhängerin der Konfrontationstherapie.

Ist hier das Jenseits, fragt das Schwein

Buch drei der heurigen Bloggerdebutshortlist hat wohl den ungewöhnlichsten Titel und ist auch ein ungewöhnliches Buch, denn seine Helden sind Tiere. Alle ohne Namen und ohne Geschlecht, so daß einige Leser vermuten, daß die 1994 in Solothurn geobrene Noemi Salamlvico, die am Literaturinstitut in Biel studierte, die Genderproblematik und die Verunsicherung unserer Zeiten, wieviele Geschlechter es nun gibt, umschiffte.

Die junge Autorin selbst meinte bei einer Lesung, die vor ungefähr einem Jahr im Berliner Literaturhaus stattfand, daß sie von den Menschen genug hatte und deshalb zu den Tieren gewechselt hat und das Schwein der oder das Titelheld hatte sie zuerst im Kopf und mir macht es die junge Autorin mit der poetischen Sprache schwer.

Ist sie doch auch eine, die keinen Plot und keinen Handlung will , sondern, wie ich es interpretieren würde, mit viel Spaß vor sich hinschreibt und wenn man Tiere als Protagonisten hat, denkt man wohl an eine Fabel oder an Kinderbücher, denn da kommen Tiere meist als Menschen verkleidet auch gern vor und das Ganze hat dann meist auch eine mehr oder weniger moralinsaure Botschaft.

Das fehlt bei der jungen Autorin und ich habe mir schon mit den vielen Tieren sehr schwer getan und mich nicht ausgekannt wer oder was das jetzt ist und tut und wohhin es in den sehr dünnen Buch geht und da passiert sehr viel. Werden doch Welten die das Dies- und Jenseits lustig gewechselt und eine Zwischenwelt, dort wo Gott wohnt, scheint es auch zu geben.

Es beginnt aber sehr weltlich, pardon tierisch natürlich, denn Schwein ist depri oder einsam, von seinem Freund verlassen. Dann ruft es im Radio an und gewinnt eine Reise in eine Wüste, die es aber stornieren muß, denn es hat keinen, der es es dahin begleiten würde.

Das klingt schon alles recht und menschlich. Die Tiere fahren Straßenbahn oder Bus, schminken sich und haben Handies und können dann auch nicht mit auf die Reise, weil sie ja arbeiten müssen.

Eine Reh und einen Hirsch gibt es auch und dann gibt es noch einen Dachs, der eine Erfinduung macht und der trifft dann Gott in seiner Zwischenwelt, der schläft, sowie eine Schwester hat und findet dann einen Fisch mit dem er mit Schwein und Dachs ins <jenseits aufbricht, weil dort die Toten wohnen.

Bei der Lesung in Berlin war eine Pfarrerin die Moderatorin und die hat Noemi Somalmvio gefragt, wie sie sich Gott denn vorstellen würde? Ist das jetzt ein alter Mann mit weißen Bart oder ganz wer anderer und die hat gesagt, daß sie da mit einer Antwort überfordert ist.

Also spazieren Schwein, Gott und Dachs im Jenseits auch auf einer Wüste herum, finden da eine Telefonzelle und dann ein Hotel. Dort wird Gott krank, stirbt vielleicht.

Man sieht Noemi Somalvico spielt mit allen Wirklichkeiten und Ordungswelten und bringt alles lustvoll durcheinander. Am Schluss kehrt er dann wieder in sein Haus zurück und die Leser werden aufgefordert ihre Welt zu verlassen und sich in Noemi Somalvicos schöne Sprachutopie einzulassen, die dann die Literaturexperten schreiben und die ist schon ein bißchen lyrisch, aber doch nicht so poetisch wie die Sprachwelt der Andrea Winkler beispielsweise.

Ich würde es eher kindlich nennen und auch so frech sein, das Buch einem Nonsensstil zuzuordnen. Da hat eine mit Literaturabschluß lustig vor sich hingeschrieben, ohne sich viele Gedanken zu machen. Die Kritiker geben dem Ganzen dann schon einen Sinn. Sprechen vom hohen Wert der Freundschaft und sogar Dennis Scheck, der von den hunderttausend ähnlichen Plotbüchern wohl schon die Nase voll hatm scheint begeistert. Die Debutfrauen sprechen von moderner Fabel und absurder Erzählung und ich bleibe ein wenig ratlols zurück und weiß wieder nicht, wie ich das sehr ungewöhnliche Buch mit der starken bildhaften Sprache einordnen soll?

Ich habe aber noch zwei der nominierten Bücher zu lesen.

Die Bestatterin von Killcross

Beim nächsten Buch kann man schön die Spannungsbögen, die ein guter Roman offenbar haben muß, ablesen. Das Genre ist nicht so ganz klar, ein Unterhaltungs- oder Liebesroman vielleicht oder auch eine alternative Form sich mit dem Sterben auseinanderzusetzen.

Die 1970 geborene irische Autorin Anne Griffin macht das vor und sie erzählt trotz aller Spannungsbögen eigentlich eine recht leise Geschichte und führt auch ein surreales Element ein, um die Handlung in Schwung zu bringen, die vielleicht auch eine Midlifekrisegeschichte ist oder nein, die Protagonistin Jeanie Masterson ist erst über dreißig und sie bricht gleich zu Beginn zusammen, als ihr Vater ihr bekannt gibt, daß er in den Ruhestand gehen und mit seiner Frau aufs Land ziehen und Jeanie die Bestattungsfirma übergeben will.

Das stürzt Jeanie in eine Krise. Dabei hat sie doch ein besonderes Talent. Se kann nämlich mit den Toten sprechen, während de für das Begräbnis hergerichtet werden, nach ihren Wünschen fragen und die dann an die Angehörigen weitergeben.

Der Vater kann es auch, seine Schwester Harry aber nicht, die balsamiert die Toten ein und das tut auch Jeanies Ehemann Niall und das löst eine Reise in die Vergangenheit aus und wir erfahren Jeanies Lebensgeschichte.

Sie hat Niall schon in der Schule kennengelernt, sich dann aber in den Fotografen Fionn verliebt, den sie nach London folgen soll. Kann sie aber nicht, ist sie doch Vollzeit in die Bestattungsfirma eingestiegen.

Es gibt auch einige Fallgeschichten, die uns berichten, was die Toten Jeanie oder ihren Vater erzählen. So gestehen sie beispielsweise, daß sie einen Kugelschreiber gestohlen haben oder gestehen ihre Liebe und wenn wir schon beim Schreibgeschehen sind, können wir auch nach den Prämissen fragen, den ein verdammt guter Roman ja haben soll.

Die Lebe zur Wahrheit könnte man sie benennen, denn Jeanie und ihr Vater geben nicht alles eins zu eins an die Angehörigen weiter, sondern beschönigen einiges, um die Angehörigen nicht zu verletzen. Jeanie lernt aber eine anderer Totenflüsterin kennen und die lebt ihr vor, daß man es auch anders machen kann.

Des Vaters Entschluss führt Jeanie jedenfalls in die Krise und sie überlegt, ob sie nicht vielleicht aussteigen und etwas ganz anderes machen soll. Ihr Mann tut das aus, denn er will ein Haus am Meer, einen Hund und ein Kind. Jeanie aber nicht. Denn was ist wenn das Kind dann ihre Gabe erbt und damit dann so überfordert wie sie selber ist?

Jea nie hat auch einen autistischen Bruder, der diese Gabe nicht hat und auf einmal liegt auch ihr Jugendfreund Fionn bei ihr im Bestattungszimmer. Das löst ein Fluchtverhalten auf. Liall hat sich schon früher zurückgezogen. Jeanie geht zuerst nach Norwegen zu einer Freundin, dann nach Frankreich zu der anderen Totenflüsterin und dahin kommt auch Tante Harry und verrät ein Geheimnis, nämlich, daß das Totenflüstern offenbar weiblich ist.

.Jeanie, Harry und die Französin können es. Der Vater nicht. Aber das hat der autoritäre Großvater nicht zulasen können, so mußte Harry dem Vater alles flüsternn und das löste dann die Mißverständisse aus, die Jeanie belasteten.

Es gibt natürlich ein Happyend und ich habe ein interessantes Buch einer irischen Autorin gelesen, das ein wenig abseits dem Buchpreisschema liegt.

Samson und Nadjeschda

Jetzt kommt etws zum Ukraine-Schwerpunkt, den ich mir für dieses Jahr vorgenommen habe, das neue oder letzte Buch des 1961 in St. Petersburg geborenen und auf Russisch schreibenden Andrej Kurkow, von dem ich schon einiges gelesen habe und den ich auch schon an verschiedeenn Orten hörte. So ist er, glaube ich, Stammgast auf der “Buch Wien” war bei der “Literatur im Herbst” und einmal in der Kunsthalle vor vielen Jahren bei einem Ukraine-Schwerpunkt hätte ich ihn fast zu meinen Geburtstagsfest eingeladen, mich das dann aber doch nicht getraut, obwohl ich mich intensiv mit ihm unterhalten habe.

Das erste Buch, das ich von ihm gelesen habe, war “Picknick auf dem Eis”, dann kam der “Volkskontrolleur” und jetzt “Samson und Nadjeschka” und der Stil in dem Kurkow schreibt, könnte man wahrscheinlich phantastischen Realismus benennen.

“Ein später Bulgakov, ein ukrainischer Murakami, steht am Buchrücken und der Roman oder der erste Teil davon, spielt 1919 in Kiew. Da ist der junge Elektrotechnikstudent Samson, der gleich zu Beginn des Buchs mit seinem Vater von Rotarmisten überfallen wurden. Der Vater wird getötet, Samson verliert ein Ohr und das besondere auch skurille an der Geschichte ist, daß er mit diesem abgeschnittenen Ohr hören kann. Ein Einfall Kurkows, überall erwähnt, aber eigentlich nicht das Hauptstück des Buchs. Samson bleibt jedenfalls allein in seiner großen Wohnung zurück, wird von der Portiersfrau betreut, die ihm rät, das er heiraten soll und dafür die strenge Nadjeschda aussucht, die in einer Art statistischen Zentralamt arbeitet.

Samson wird von einem Augenarzt betreut, der seine Verbände wechselt und in seine Wohnung dringen zwei Rotarmisten, Anton und Fjodor ein, die bei ihm wohnen wollen. Sie hauen den Schreibtisch aus dem Arbeitszimmer seines Vater hinaus. Der kommt auf die Milizstation und Samson wird dort gleich als Polizist eingestellt, weil er gut schreiben kann.

Dann passieren wieder ein paar skurille Dinge und welche die ganz realistisch sind, zum Beispiel, das Essen in der sowetischen Kantine und die Hafergrütze, die es dort auf Bons, aber ohne Brot gibt.

Dann bemerkt Samson, daß seine zwei Rotgardisten requirierte Säcke in seine Wohnung schleppen und abhauen wollen.

Er läßt sie verhaften und findet in den Säcken Silber und seltsam zusammengeheftet Stoffstücke. Die Spur führt dann zu einem deutschen Schneider und einen Belgier namens jakobson mit einer Knochenkrankheit, der von einem Arzt gesagt bekommen hat, daß ihn Silberknochen heilen könnten.

Nadjeschda zieht inzwischen bei Samson ein, der befördert wird und Fortsetzung folgt. Also haben wir etwas, auf das wir uns freuen können. Aber ich habe ja noch den zweiten Tel des “Volkskontrolleur” und ein “Ukrainisches Tagebuch” ungelesen in meinen Regalen liegen.

Die Masken nieder

“60 Corona-Dialoge und ein Märchen” hat der 1978 in Kattowice geborene Andi Pianka, der seit 1983 in Wien wohnt und seit der Jahrtausendwende literarisch tätig ist, im August in einem Buch herausgegeben, den ich, glaube ich, kennenlernte, als ich noch Corrnelia Travnicecs Blog und die Diskussion um ihre Nichtaufnahme auf die Hochschule der Sprachkunst verfolgte.

Dann haben wir wir gemeinsam am Volksstimmefest gelesen, ich habe ihn einmal glaube ich bei einem Poetry Slam in St. Pölten, wo auch der Robert gelesen hat, verfolgt und ihn dann als Corona kam immer wieder auf den Demos gesehen. Als es dann zur Impfflichteinführunga kam, hbe ich ihn um Infos angeschrieben, die er regelmäßig an Freunde verschickt, da bekam man auch immer seine Corona-Dialoge und als ich beim Volksstimmefest ausgeladen wurde, hat er sich auch kommentierend eingeschaltet.

Ein eifriger Kämpfer gegen die Maskenpflicht, der man ja auch herrlich satirisch begegnen kann, da habe ich ihn einmal im Amerlinghaus gehört, das erste Mal nach der KritLit war ich zu erschöpft dazu und das Corona Schreiben ist ja sehr interessant.

Da gab es ja schon im Frühling 2020 als die Maskenpflicht eingeführt wurde und der Lockdown herrschte, die ersten Texte. Das Buch der Marlene Streeruwitz zum Beispiel, das ich durchaus kritisch einordnen würde.

Dann kam über “Corona darf man nicht schreibe, bitte keine Corona Romane, die interessieren uns nicht!”

Ich bin ja, glaube ich, Top in Corona Texten und stehe da höchstwahrscheinlich an der Spitze. Zwölf Corona Bücher und unzählige Texte im “Geflüster”, der liebe Andi ist aber auch sehr tätig und wenn man über Corona lachen will, was sehr gesund sein soll, sind seine Dialoge sehr zu empfehlen.

Das Buch wurde von Nadia Baha, die, glaube ich, auch am Volksstimmefest gelesen hat, lektoriert, die Illustrationen stammen von Stephen Reeder und die Motti wurden von George Orwell aus dem berühmten “1984” und Nena gespendet:

“Die Frage ist nicht, was wir dürfen, sondern die Frage ist die, was wir mit uns machen lassen!”

Im Vorwort schildert Andi Pianka, daß er sich ab März 2020 in einem falschen Film fühlte, was ich nur bestätigen kann, denn da habe ich mich auch im dystopischen Raum gefühlt und mich gefragt, wie man darüber schreiben kann, wenn man mitten in der Satire steckt?

Es gibt inzwischen viele politische und gesundheitliche Corona Bücher, einige davon habe ich gelesen, schreibt Andi Pianka und sein Buch enthält sechzig Dramulette, die zwischen dem März 2020 und März 2021 entstanden sind.

Und jetzt hinein in die neue Skurrilität, die jetzt hoffentlich ein bißchen vorüber ist und die damalige Normalität mit ihrer Überspitzung.

Da gibt es gleich eine Liveschaltung mit einem deutschen Virologen “Corona ist unser aller Tod. Billionen, ach nein, Billiarden Menschen werden daran erkranken und Trillionen davon stäääärbn”

“Herr Doktor, wie valide sind denn ihre Prognosen?”

“Na glauben Sie ich wäre invalide?”, sind wir gleich in den März 2020 hineingesprungen.

Dann geht es in den Supermarkt und als der erste Lockdown vorrüber war, in ein Wiener Cafehaus, wo eine alte Dame endlich wieder ihr Kaffetscherl und ihre Sachertorte genießen will. Das wird vom Kellner Rudi mit der Spritze subkutan bze. rektal serviert.

In einem Park wird mit nötigen Abstand Schach gespielt, was aber dem Inspektor Karl nicht gefällt, wenn sich der König mit den Bauern vermischt.

Dann fliegt der Schüler Nils, der auf einen Outdorrausflug einer Wildgans eine Maske aufsetzen soll, mit ihr noch schnell davon, bevor der Schweden-Route geschlossen wird.

Man sieht Meister Andi hat es faustdick mit der Satire hinter den Ohren und ist auch literarisch sehr bewandert.

Im Frühling 2020 durfte man ja nur im selben Haushalt auf der Parkbank sitzen oder Händchen halten und Räuber mit ohne der Maske haben da ja, glaube ich, auch Banken überfallen.

Das Gläschen Wein unseres Bundespräsidenten, der dieses einmal nach der Sperrstunde konsumierte, wird thematisiert und wenn man ohne Handy und ohne App ein Magistrat besuchen will, wird gleich die Psychiatrie informiert, damit sie mit der Zwangsjacke kommen kann.

Der Vermieter Rudi bringt der Mieterin Corona-Impfplätzchen und spielt dabei russisches Roulette und das Einkaufen ist in Corona-Zeiten und die der Klimakrise auch recht schwierig geworden.

Die Journalisten verhalten sich bei Andi Pianka bei den Wahrheitskonferenzen des virologischen Quartetts kritischer, als ich das bei den PKs erlebt habe, denn da haben die, soweit ich mich erinnern kann, von den Politikern immer strengere Maßnahmen gefordert, so daß Kanzler Kurz einmal sogar eher hilflos sagte “Aber strenger gehts nicht mehr!”

Wenn das Kind “Mama” statt “Maske” als erstes Wort sagt, wird der Mutter vom Inspektor gleich die Abnahme angedroht, ja so wars und habe ich gehört, daß das passieren kann, wenn man die Quarantäneregeln nicht vorschriftsmäßig beachtet und in der Schule wird inzwischen das richtige Verhalten bei der Corona Ampel eingeübt, die gilt auch in den Restaurants, was dazu führen kann, daß der Gast wenn die Ampel auf rot geschaltet wird, nicht mehr zahlen darf und der Wirt hat das Nachsehen .

Die trendy Pam und ihre Umfaller wird auch verarscht und der Ex-Kanzlersager, daß das Virus mit dem Auto kommt und wenn die Bäuerin in Quarantäne ist, darf sie ihre Kühe nicht mehr versorgen.

In die Psychotherapiepraxis geht es auch, wohin die Mütter kommen, wenn die Kinder Schwierikeiten mit den Masken haben, eine Erfahrung die ich bestätigen kann, wenn ich auch anders reagierte, als die skizzierte Psychotherapeutin und wenn man beim ärztlichen Notdienst anrief und kein Corona hatte, wird einen geraten sich dringend anzustecken, denn sonst wird man nicht versorgt.

Dann gehts zu Pippi Langstrumpf, die über die Maskenverordnung lachen kann und man sieht Antonio Fian hat in Andi Pianka einen wahren Dramulette Meister gegenübergestellt bekommen und den ersten Meister habe ich ja einmal bei Maskenkneten im Stream beobachten können.

Zu Halloween betritt der Kanzler die Schule und verbietet den Kindern das Feiern, das hat Exex- Gesundheitsminister Anschober im Oktober 2020 auch getan:

“Da lassen wir die Sau heraus, aber bitte erst im nächsten Jahr!”, und ich war da bei einer Corona- Demo.

Und das virologische Quartett übt sich auch im Singen von Weihnachtsliedern:

“Morgen kommt der Weihnachtsmann

Kommt mit seinen Gaben.

Maske Impfung, Hausarrest,

App und Lockdown und der Test.

Ja am besten gar kein Fest

Möcht ich gerne haben.”

Um das Angstmachen geht es auch, das ja noch heute bei einigen, wie erst kürzlich merken konnte, herrlich funktioniert, aber am Schluß des Märchen, durchschauen die Leute die Angstmachen und stürzen den Kanzler und seine Experten und alles wird wieder gut.

Leider nicht so ganz, denn die Pandemie hat sich inzwischen, wie wahrscheinlich zu erwarten war abgeschwächt und als epidemisch erwiesen. In China rauscht das Virus aber durch, weil die Null Covid-Strategie ja nicht wirklich funktioniert. Die Inflation ist gestiegen und bei den klimakatastrophen kann man das Ganze dann aucch wieder anwenden, wenn es schon das erste Mal so gut funktioniert hat und weil die Dialoge im Sommer 2020 enden und sich das Ganze inzwischen sehr verändert hat, noch ein paar aktuelle Dialoge, die mir der liebe Andi neulich schickte.

Und da geht um den Bürgermeister Kim Jong Lud-Wig und das Zwangstesten der chinesischen Touritsen und, daß er nicht daran denkt, das Maskentragen in den Öffis abzuschaffen, aber das müssen wahrscheinlich die Menschen selber machen, wie der müde Kontrolleur einer maskenlosen Passantin sagt.

Also warten wir ab, wie sich die Geschichte weiterentwickeln wird und ich kann Andi Piankas Corona-Dialoge, als Erinnerung, wie skurril das Ganze vor zwei Jahren war, wirklich nur empfehlen.

Am Schluß dankt er noch seinen Freunden und den Gleichmeindenden für die Unterstützung und da kann ich mich auch dazuzählen.

Der rote Diamant

Jetzt kommt Buch vier des Schweizer Buchpreises und wahrscheinlich das letzte das ich lesen werde, denn “Dürrst” ist nicht zu mir gekommen und weil das Beste zum Schluß kommt, würde ich den monarchistischen Internatroman des 1950 in Zug geborenen Thomas Hürlimann an erster Stelle reihen und denke, da ist vielleicht auch etwas autobiografisches dabei, obwohl der Roman, wie ich gelesen habe in das Genre des phantastischen Realismus einzureihen ist.

Ich habe ein paar von Hürlimanns Bücher in meinen Regalen, aber noch nichts davon gelesen. Ihn glaube damals bei der Buch-Basel gehört und auch ein Buch von ihm im dortigen Bücherschrank gefunden.

Ein verrückter Roman im positivsten Sinn, da wird der elfjährig Arthur Goldau von seiner Mutter Mimi nach Maria Schnee in das Kloster ins Internat gebracht. Sie kommt zu spät und läutet die Klosterbrüder in der Nacht aus ihren Zellen hinaus. Beschädigt mit ihren Stöckelschuhe das Parkett und will das Söhnchen dann wieder mitnehmen. Der schüttelt den Kopf, rennt ihr nach, kommt aber zu spät und wird vom Pförterbruder Drossel der früher einmal Sängerknabe war und mit dem berühmten Leo Slezak gesungen hatte, zurückgehalten.

Also wird er eingekleidet, muß seinen alten Koffer abgeben, bekommt dafür alte Sandalen und eine Kutte und freundet sich mit ein paar seiner Miteleven an.

Das Ganze geschieht im Jahr 1963 und das besondere in Maria Schnee, wo es entsetzlich kalt ist, ist, daß jeden ersten April die Kaiserin Zita zu Besuch kommt, um für Kaiser Karl eine Totenmesse zu halten.

Die alte Dame stiftet den ganzen Kloster Schnitzeln und kommt mit ihren greisen Hofdamen und Kammerdienern beziehungsweise Aristrokraten an und dann gibt es das Geheimnis, um den roten Diamanten, aus der Habsburgkrone, der im Kloster versteckt sein soll und das rührt natürlich an der Phantasie der Knaben, die es sich zur Aufgabe machen nach ihm zu forschen und eine skurille Jagd beginnt.

Die greisen alten Klosterbrüder werden geschildert und Arthur mach mit der Zahnlücken-Rose auch seine ersten erotischen Erfahrungen. Dann schreibt er einen ketzerischen Aufsatz wird von den Brüdern in den Schnee verbannt, ver bringt dann ein Jahr im Lazarett und säuft mit dem Bruder Frieder, dem Präfekten oder Ersatzabt, der in die Sache verwickelt ist, sich gesund und ihn in den Tod, denn Bruder Frieder der ehemalige Metzger war in Stalingrad hat dort seine Zehen verloren und als im Jahr 1968, wo sich ja viel in der Welt abspielte, Vietnam und die Studentenrevolte beispielsweise, die Kaiserin mit ihrer Entourage wieder anrauscht, kommt es zur Revolution und wahren Katastrophe und dann treffen sich die alten Herren, die, wie es nach einer solchen Internatskarriere üblich ist, in die Spitzenposition von Wirtschaft, Gesellschaft und Kirche aufgestiegen sind, Arthur ist natürlich Schriftsteller geworden, wieder in dem Kloster oder in dem Wirthaus davor, das jetzt die schöne Rose führt, um jetzt endlich den Diamanten zu finden und das restliche Geld in der römischen Nacht zu verjubeln, wohin der Protagonisti mit seiner greisen Maman reist.

Steine zählen

Jetzt kommt Buch drei des Schweizer Buchpreis von 2022, Thomas Röthlisberger “Steine zählen”, eine “finnische Geschichte” und ich habe den 1954 Geborenen in Bern lebenden nicht gekannt und die Geschichte, ich würde es eher eine Novelle, die von der Atmosphäre lebt, spielt in Südfinnland und hat mir sehr gefallen.

Die skandinavische Weite hat wohl einen besonderes Stil, das habe ich im “Eis-Shloss”– und in den “Vögel” gelesen. Jon Fosse macht es in seinen Büchern auch vor, und der Schweizer scheint den Ton vollends zu treffen.

En Atmosphärenroman. Da gibt es einen Polizisten namens Hendrik und der wird zu Mattis Hof gerufen. Das ist ein alter Säufer und Gewalttäter, wie die Bauern in der südfinnischen Einsamkeit wohl sind und der wurde von seiner Frau Märta nach vierzigjähriger Ehe verlassen und da hat er nach ihr geschossen. Die Schwester zu der Märta geflüchtet ist, hat die Polizei gerufen und der Polizist nimmt dem Alten nun seine Waffe weg.

So weit, so what. Der Polizist fährt zurück, geht einkaufen und wird dann an eine Kaninchenpistole erinnert, die er alte Matti auch noch haben kann und so fährt er wieder zu dem Hof zurück und erreicht ihn nach einigen Schwierigkeiten.

Was wie ein Krimi klingen könnte, ist eine Novelle über das menschliche Leben in der finnischen Einsamkeit.

Matti war nämlich Märtas zweite Wahl. eigentlich hat sie Pekka heiraten wollen. Aber der kam ins Gefängnis und sie war schwanger. Da blieb ihr keine Wahl. Der Sohn Olli lebt nun als Sozialempfänger in der Stadt und will zu den Eltern hinaus, um sich von ihnen Geld zu leihen. Leider wird unterwegs sein Auto kaputt, so daß er erst zu dem Hof kommt, als der Alte angeschossen am Boden liegt und durch sein Leben resumiert.

Ein Fuchs spielt dabei eine große Rolle und hat er Pekka, der inzwischen verschwunden ist, erschossen?

Märta scheint es zu befürchten und der taucht am Hof des alten Mätti auf und dann bei Märta um ihr einen Stein zurückzugeben, denn das Steine zählen ist die zweite Metapher der finnischen Einsamkeit und als Olli mit dem Leihwagen in die Stadt zurückkommt, nimmt er einen altem Mann mit einem Koffer mit, der einen seltsamen Geruch verströmt und am Schluß entdeckt Matti noch ein Fuchsfall in seinen Stall.

Hat mir gut gefallen diese stille sehr atmosphärische Geschichte. Für mich wäre es bis jetzt Buch eins, denn das Buchpreisbuch war mir wohl zu schrill, beziehungsweise dessen nonbinärer Autor. Ich muß aber noch Thomas Hürlimans “Roten Diamanten” lesen und bin daher gespannt.

Fünf falsche Fährten

In der Zwischenzeit zwischen Weihnachten und dem neuen Jahr habe ich den dritten Lord Wimsey Krimi gelesen, nämlichBand sechs dieser Reihe der 1893-1957 lebenden Dorothy Sayers, die “Diskreten Zeugen” und “Keines natürlichen Todes” habe ich schon gelesen und ich muß sagen, man kann in der von “Wunderlich” aufgelegten Reihe sehr schön die Veränderungen im Krimischreiben zwischen gestern und heute verfolgen, denn Dorothy Sayers, die als erste Frau in Oxford ein Studium absolvierte, gilt neben Agatha Christie als die berühmteste Krimiautorin und ich muß wieder schreiben ihr Stil wird heute wahrscheinlich als sehr langsam erscheinen.

Da passiert ja nichts oder nicht sehr viel und der Spannungsbogen ist auch eher öd, nach dem was wir dazwischen gelesen haben, könnte man auch ätzen. Aber es passiert schon sehr viel, aber alles im Kopf.

Diesmal nicht in dem von Sherlock Holmes, sondern in dem von Peter Wimsley, dem jungen Adeligen, der ein schönes Leben, viel Geld und dann auch noch einen schlauen Diener hat, der diesmal aber keine sehr große Rolle spielt. Denn der Adelige macht Urlaub in Schottland, in einem Künstlerdorf. Will sich dort erholen und angeln und dann wird da ein Ungustl ermordet oder besser tot im Flüßchen aufgefunden.

Der hieß Campell, war ein Maler und hat sich mit mindestens sechs anderen Maler im Dörfchen angelegt oder in einen Raufhandel verwickelt. Dann stand er an einem Dienstagmorgen, glaube ich, am Fluß und malte ein schönes Bild oder wollte das, denn er wird ja tot im Fluß gefunden und Lord Wimsey und die hiesige Polizeimannschaft ermittelt und tut das sehr genau.

Eine Liste der Verdächtigen und die genauen Fahrpläne werden erstellt, denn die meisten der Maler waren am Dienstag gar nicht vor Ort, sondern in Glasgow in einer Kunstausstellung und wir haben nun sechs verdächtige Maler.

Jeder könnte es gewesen sein. Aber Pech alle haben ein Alibi. Nun na, nun ja, liest sich auf fast fünfhundert Seiten ein bißchen langwierig.

Ein hysterisches Kind, das zwei der Raufbolde beobachtete und glaubte selbst ermordet zu werden gibt es und ein ebensolches Dienstmädchen, das auch einiges beobachtet. Die Frauen spielen der Zeit geschuldet, aber gegen der Biografie der Autorin, auch nur eine eher geringe Rolle. Das heißt zwei Malerinnen gibt es, glaube ich. Die gehören aber nicht zu den Verdächtigen und damit das Ganze nicht doch zu langweilig wird, spielt Sir Peter das Geschehen nach, nachdem er die Polizisten ihre Theorien aufzählen läßt, in der es alle gewesen sein hätte können.

Danach bleibt nur noch einer über, ein John Ferguson und der ist kein Bösewicht, sondern es war nur ein Raufhandel mit unbeabsichtigten Folgen oder Notwehr, denn der betrunkene Campell hat sein Haus gestürmt und ihn angegriffen, so daß ihm keine Wahl blieb, als zurückzuschlagen und er wurde von den Geschworenen daher auch mild beurteilt.

“Der Krimi-Klassiker einer der großen Schriftstellerinnen des 20. Jahrhunderts in neuer Ausstattung. – Ein Meisterwerk von einem Mordfall – der sechste Fall für Lord Peter Wimsley. – Zum Glück hat der Wunderlich Verlag Lord Peter Wimseys Fälle in neuer Ausstattung herausgebracht”, steht am Buchrücken.

Elf Bände gibt es, also bin ich gespannt, was ich noch zum Lesen bekomme.