Ist hier das Jenseits, fragt das Schwein

Buch drei der heurigen Bloggerdebutshortlist hat wohl den ungewöhnlichsten Titel und ist auch ein ungewöhnliches Buch, denn seine Helden sind Tiere. Alle ohne Namen und ohne Geschlecht, so daß einige Leser vermuten, daß die 1994 in Solothurn geobrene Noemi Salamlvico, die am Literaturinstitut in Biel studierte, die Genderproblematik und die Verunsicherung unserer Zeiten, wieviele Geschlechter es nun gibt, umschiffte.

Die junge Autorin selbst meinte bei einer Lesung, die vor ungefähr einem Jahr im Berliner Literaturhaus stattfand, daß sie von den Menschen genug hatte und deshalb zu den Tieren gewechselt hat und das Schwein der oder das Titelheld hatte sie zuerst im Kopf und mir macht es die junge Autorin mit der poetischen Sprache schwer.

Ist sie doch auch eine, die keinen Plot und keinen Handlung will , sondern, wie ich es interpretieren würde, mit viel Spaß vor sich hinschreibt und wenn man Tiere als Protagonisten hat, denkt man wohl an eine Fabel oder an Kinderbücher, denn da kommen Tiere meist als Menschen verkleidet auch gern vor und das Ganze hat dann meist auch eine mehr oder weniger moralinsaure Botschaft.

Das fehlt bei der jungen Autorin und ich habe mir schon mit den vielen Tieren sehr schwer getan und mich nicht ausgekannt wer oder was das jetzt ist und tut und wohhin es in den sehr dünnen Buch geht und da passiert sehr viel. Werden doch Welten die das Dies- und Jenseits lustig gewechselt und eine Zwischenwelt, dort wo Gott wohnt, scheint es auch zu geben.

Es beginnt aber sehr weltlich, pardon tierisch natürlich, denn Schwein ist depri oder einsam, von seinem Freund verlassen. Dann ruft es im Radio an und gewinnt eine Reise in eine Wüste, die es aber stornieren muß, denn es hat keinen, der es es dahin begleiten würde.

Das klingt schon alles recht und menschlich. Die Tiere fahren Straßenbahn oder Bus, schminken sich und haben Handies und können dann auch nicht mit auf die Reise, weil sie ja arbeiten müssen.

Eine Reh und einen Hirsch gibt es auch und dann gibt es noch einen Dachs, der eine Erfinduung macht und der trifft dann Gott in seiner Zwischenwelt, der schläft, sowie eine Schwester hat und findet dann einen Fisch mit dem er mit Schwein und Dachs ins <jenseits aufbricht, weil dort die Toten wohnen.

Bei der Lesung in Berlin war eine Pfarrerin die Moderatorin und die hat Noemi Somalmvio gefragt, wie sie sich Gott denn vorstellen würde? Ist das jetzt ein alter Mann mit weißen Bart oder ganz wer anderer und die hat gesagt, daß sie da mit einer Antwort überfordert ist.

Also spazieren Schwein, Gott und Dachs im Jenseits auch auf einer Wüste herum, finden da eine Telefonzelle und dann ein Hotel. Dort wird Gott krank, stirbt vielleicht.

Man sieht Noemi Somalvico spielt mit allen Wirklichkeiten und Ordungswelten und bringt alles lustvoll durcheinander. Am Schluss kehrt er dann wieder in sein Haus zurück und die Leser werden aufgefordert ihre Welt zu verlassen und sich in Noemi Somalvicos schöne Sprachutopie einzulassen, die dann die Literaturexperten schreiben und die ist schon ein bißchen lyrisch, aber doch nicht so poetisch wie die Sprachwelt der Andrea Winkler beispielsweise.

Ich würde es eher kindlich nennen und auch so frech sein, das Buch einem Nonsensstil zuzuordnen. Da hat eine mit Literaturabschluß lustig vor sich hingeschrieben, ohne sich viele Gedanken zu machen. Die Kritiker geben dem Ganzen dann schon einen Sinn. Sprechen vom hohen Wert der Freundschaft und sogar Dennis Scheck, der von den hunderttausend ähnlichen Plotbüchern wohl schon die Nase voll hatm scheint begeistert. Die Debutfrauen sprechen von moderner Fabel und absurder Erzählung und ich bleibe ein wenig ratlols zurück und weiß wieder nicht, wie ich das sehr ungewöhnliche Buch mit der starken bildhaften Sprache einordnen soll?

Ich habe aber noch zwei der nominierten Bücher zu lesen.

Unter Strom

Weiter gehts mit der Schweizer Literatur. Nach der “Welt” geht es jetzt zum “Strom” und von Arno Camenisch zu Tom Kummer, den ich neben Christian Kracht, für einen sehr ungewöhnlichen Autor handelt, der bei mir auch zu Kopfschütteln und Fragezeichen führte.

Denn von den 1961 in Bern geborenen Tom Kummer habe ich zum ersten Mal beim “Bachmannlesen” gehört. Und dann sein Buchpreis Buch “Von schlechten Eltern” gelesen, das mir, wie ich jetzt nachgelesen habe, sehr gut gefallen hat.

Was ich bei “Unter Strom” nicht behaupten würde und dann geht es, und das ist auch interessant, wieder um die Frage, was ist jetzt autobigrafisch und was nicht?

Denn Tom Kummer hat schon einen Roman geschrieben der “Nina & Tom ” heißt und die “Schechten Eltern” würde ich so interpretieren, daß Tom Kummer darin den Tod seiner Frau Nina abreagiert und jetzt sind wir Ende der Neunzigerjahre und da reist eine Nina von Los Angeles nach Zürich, um sich zu entscheiden, ob sie bei ihrem Mann oder Partner Tom bleiben oder zu ihrer Jugendfreundin Sarah zurückkehren soll?

Und es beginnt gleich sehr seltsam und das ist schon etwas, war mir nicht gefällt. Nina hat kurze Haare, sowie eine männliche Nase und wird von den Stewadessen “Sir!”, genannt.

“Hui, was ist das?”, habe ich da gedacht. Dann sperrt sie sich in die Flugzeugtoilette ein und erlebt einen Anfall, so daß sie vom Sicherheitspersonal im Rollstuhl in die Lobby geführt wird, wo sie Sarah, einen Adelige und erfolgreiche Menschenrechtsanwältin abholt, die sie sehr begehrtund mit ihr eine Party am Bielersee feiern will.

Dann wird mit einem Motorrad gefahren, Nina wird Sarahs Praxis vorgestellt und dann mit einer Luxuslimonine von einem afrikanischen Chauffeur in das Bieler Anwesen gefahren. Da gibt es einen interessanten Dialog und dann in der Villa eine monströse Party, die nur von Frauen besucht wird, die kiffen, Sex und anderes betreiben, dann gestehen einige Unfälle, so daß die Polizei auftaucht und Sarah verhört. Nina schnappt sich Sarahs Pistole, flüchtet mit dem Motorrad und kehrt dann wieder zu Tom nach Los Angeles zurück.

Dialoge mit Tom ziehen sich durch das ganze Buch und dann werden auch sehr aktuelle Dinge, wie die Genderproblematik in die späten Neunzigerjahre transferiert. Judith Butler und Simone de Beauvoir werden thematisiert und der Psychologin stellt sich die Frage, ist das jetzt ein Nonsenroman, weil den Autoren einfach nichts mehr einfällt, weil ja schon alles geschrieben wurde, wie ich in letzter Zeit einige las oder die Aufarbeitung von Tom Kummers Traumatisierungen und da kommen wir wieder zu der Frage, darf man ein Buch mit seinen Autor verwechseln oder nicht?

Und so bin ich schon gespannt, ob das Buch auf die deutsche, auf die Schweizer oder auch auf beide Listen kommt?

Die Welt

Jetzt kommt ein Reiseroman, zumindest steht Roman unter dem Titel. Dann geht es aber, um die Reisen, die der 1978 geborene Schweizer Schriftsteller Arno Camenisch, der auf Deutsch und Rätoromanisch schreibt und der mit seinen “Goldenen Jahren” schon auf der Longlist des dBps stand, in seinem Leben unternommen hat. Und er hat, wie schon der Titel sagt, so ziemlich die ganze Welt bereist und ich würde das eher dünne “Diogenes-Büchlein” als poetischen Reisebericht verstehen in dem es noch philosophische Betrachtungen des Lebens gibt.

Und das Poetische ist, der Ich-Erzähler oder Autor steht Vierundvierzigjährig eines Morgens auf der Terrasse, schaut auf den See und denkt über sein Leben und seine Reisen nach.

Denn als er Zwanzig war, so um die Jahrtausendwende, das Militär war absolviert, ein Job gefunden, wo er aufsteigen hätte können, was er aber nicht wollte. Also verkaufte er seine Güter und brach mit ein bißchen Geld und einem Gepäckstück auf die große Reise, das heißt nach Hongkong, Australien und Südamerika auf.

Später hat er auch einige Jahre in Spanien gelebt und Spanisch hat er in Südamerka gerlernt, als er dort den Menschen zuhörte und sich mit Taxifahrern anfreundet. Eine Maria gab es auch, mit der er sich einige Monate seines Lebens teilte und mit ihr im Taxi Studenhotels besuchte.

Als er nach einem Jahr zurückkam, hatte seine Mutter eine Psychose, verbrachte einige Zeit in der Klinik. Er unterrichtete inzwischen als Sprachenlehrer in Chur und fühlte sich durch seine Reisen sehr verändert. Da bringt er das Beispiel eines Mantels, den man ein Jahr im Kasten hängen hat und der, wenn man ihn herausnimmt, nicht mehr passt. Das passiert aber wahrscheinlich jeden Wintermantel denke ich und das Leben ist auch für den Erzähler weitergegangen.

Der Sommer 2003 wird von Arno Camenisch als sehr heiß beschrieben, die Klimaveränderung zeigt sich an und er beginnt eine unverbindliche Beziehung zu einer Amelie. Denn Freiheit und Unverbindlichkeit ist ihm sehr wichtig, so fliegt er Ende des Jahres, im Sommer hat er viel Zeit mit seiner Mutter verbracht und hat mit ihr Ausflüge unternommen, wieder nach Südamerika und beschließt dann im nächsten Sommer für drei Jahre nach Madrid zu ziehen. Amelie sieht er sieben Jahre später in einem Cafe in Zürich wieder und zwanzig Jahre später steht er auf der Terrasse seines Hauses, blickt auf den See und denkt über sein Leben nach.

Wieso das Buch Roman genannt wird, ist mir immer noch unklar, obwohl es sehr poetisch geschrieben ist und ein roter Faden durch die Kapitel zieht.

Memoir würde ich es nennen, aber als in einem Interview das ich hörte, die Moderatorin den Literaturkritiker fragte, ob das vielleicht Autobiografisch sei, reagierte der sehr empört und erklärte man dürfe keine Schlüsse von Text auf den Autor ziehen!

Worauf sich die Moderatorin fast entschuldigte. Wieso man das nicht darf, ist mir auch nicht so klar. Das scheint fast wie das Spoilern zu sein, das ja angeblich out ist. Dann habe ich aber auf den Buchrücken gesehen und dort steht “Arno Camenisch erzählt von den Jahren, als er in seinen Zwanzigern war, sein Leben auf den Kopf stellte und über die Kontinente zog, die Sorgen fern waren und das Leben um die Liebe kreiste.”

Also darf man es vielleicht doch. Geht es in dem Buch doch um die Freiheit und die Unabhängikeit die man sich in seinen Zwanzigern wünscht und die viele dann genauso wenig schaffen, wie die südamerikanischen Kindern, die in den Slums Fußball spielen und von der großen Karriere träumen. Arno Camenisch oder der Ich-Erzähler hat das auch getan und aufgegeben. Am Buchcover ist ein Auto zu sehen. Ein solches hat sich der Erzähler im Sommer 2003 auch gekauft und ist mit seiner Mutter durch das Land gefahren.

Aberleben

Wieder eine Neuerschenung und ein Buch, das sowohl auf der deutschen, als auch auf der Schweizer Buchpreisliste stehen könnte,

“Aberleben”, des 1934 in Zollikon geborenen Adolf Muschg, von dem ich “Heimkehr nach Fukuschima” gelesen habe und ich muß sagen, es ist wieder ein sehr kompliziertes Buch, eine Altherrenphantasie könnte man munken, den die alten Herren schreiben offenbar öfter und lieber über sich selbst, als die Frauen oder haben Protagonisten, die vor oder nach dem siebzigjährigen Geburtstag vor ihren Krembsdiagnosen und ihren Frauen fliehen und ein neues Leben oder Liebe finden.

Philip Roth und Martin Walser sind Meister darin, Adolf Muschg ebenso, aber der geht nicht nur in die Vergangenheit, beispielsweise ins Mittelalter oder zu Schillers Urururenkel zurück, sondern nach vorn und bindet, wie Ulrich Woelk, die Genderdebatte aber auch, hört her das Corona-Virus ein.

“Und wasdasVirus betrifft, fuhr Wohllebe fort, Epidemien hat es in der Geschichte der Menschheit immer gegeben. Und wie sie gekommen sind, sind sie auch wieder gegangen. Leider hat man dafür erst mal Sündenböcke gebraucht. Damals waren es die Juden, heute der Kapitalismus. Es ist immer nur eine Frage der Zeit, bis das passende Gegenmittel gefunden ist. Das Gewinnstreben, das Sie geißeln, wird für Tempo sorgen. Und dann ist der Impfstoff eine Goldmiene.”

Das steht auf Seite 349. Also zurück zum Anfang. Der Held ist ein PeterAlbisser, offenbar Held früherer Muschgs Romane. Der ist siebzg und verläßt Zürich und seine Frau Henny, um seiner Krebstherapie zu entfliehen und geht nach Berlin,wo er an einer Sitzung der Akademie der Wissenschaften teilnehmen will. In seiner Jackentasche findet er eine Einladung im Osten eine Weihnachtspredigt zu halten und sich dort in einer Mühle in Aberleben einzuquartieren. Vorerst quartiert er sich aber im Gästetrakt der Akademie ein und triff eine Judith, das ist eine Filmemacherin, die er einmal zur Präsidentin derAkademie vorgeschlagen hat, wieder.

Später quartiert er sich in einem seltsamen Haus, das einer seltsamen Adeligen gehört, ein, der Hausmeister ist der schon erwähnte Schiller Urururenkel und redet alle in der dritten Person an. Welch Gelehrigkeit könnte man sagen, das typische Buch für die Mittelschicht-Muschg-Vereherin. Einen Vortrag über das ewige Leben eben hat es vorher auch schon gegeben und Albisser wollte eigentlich einen seiner früheren Romane umschreiben und die krebskranke Ruth darin wieder erleben. Die trifft er dann später in Marokko bei einer Theateraufführung, denn die Filmmacherin Judith ist dortin gegangen, um “Amphitryon” neu zu inszenieren und da auch Männer Frauen spielen zu lassen und umgekehrt.

Aber vorher reist Albisser ja noch in die Ex-DDr zu seiner Weihnachtspredigt. Da hat er eine merkwürdige Begegnung mit einem altem Ritterfräulein oder Schloßgespenst, denn das gehört einem Verein an, der eine alten Burg renovierten, die ihnen jetzt an einen Investor wegverkauft wurde. Dieser Investor taucht immer wieder auf. Vorher war er in Berlin bei dem Vortrag, nachher in Marokko.

In der Mühle, die später abbrennt, erfährt Albisser, daß er Großvater geworden ist, seine Frau Henny taucht auch auf und spielt in Marokko beim Theater mit denn Albisser sagt den Vortrag ab und begibt sich zu der Aufführung. Dort begegnet er nicht nur Judith und seiner Tochter, von der vorher nichts wußte, sondern sogar seiner Romanfigur, die plötzlich zum Leben erwacht ist.

Sehr kompliziert? Absolut und ein Sprühregen von Einfällen, die der Dichter, der ja hübsch älter, als sein Protagonist ist, auf seine Leser niedermäßt und ich muß wieder schreiben, daß ich vieles nicht verstanden, beziehungsweise überlesen habe und wenn mich wer fragt, was das Neue an dem Roman ist-?

Die vielen Einfälle und der sprunghafte Wechsel vom Mittelalter, Schiller, der Holocaust und die Juden kommen auch noch vor, zu der Genderdebatte und dem Virus, denn einer stirbt bei der Aufführung daran. Das habe ich noch zu erwähnen vergessen. Das ist alles sehr gelehrt und kompliziert, aber mir würde wieder mal der strigente Handlungsfasen fehlen und schreibe daher, da passiert wieder so viel, daß man zehn Romane darüber schreiben könnte. Das ist mir auch chon mal vorgeworfen worden, ich weiß und die Idee mit den Romanfiguren, die plötzlich zum Leben geraten oder den umgeschriebenen Büchern, ist ja auch etwas was mir gefällt, aber hier denke ich, sehr kompliziert, daher unrealistich, aber eine sehr schöne Sprache und viel Gelehrsamkeit und jetzt bin ich gespannt, ob Adolf Muschg, wenn schon nicht den deutschen Buchpreis, den Schweizer gewinnt?

Lichtschaden.Zement

Von Amerika komme ich jetzt in die Schweiz und zu einen “philosophischen Liebeskrimi und intellektuellen Liebesroman der 1959 in Giessen geborenen und seit 1980 am Genfersee lebenden Literaturwissenschaftlerin Sabine Haupt.

Das klingt interessant und ist auch genereübergreifend. Die Probleme der Welt umfassend wird da die Lebesgeschichte zwischen der Hotelmanagerin Hella und dem ehemaligen Priester Raffaele, der nach Panikattacken, als Verwalter in einer Zementfabrik arbeitet, beschrieben. Zement ist auch das treibende Thema, um das sich in dem sehr schön gestalteten Buch, das im Verlag “die brotsuppe”, erschienen ist, wo die beiden Protagonisten kapitelübergreifend ihre Geschicthe erzählen,alles dreht.

Es geht auch in die Vergangenheit zurück und in die Zukunft, beziehungsweise in die Gegenwart, wo die Zementmafia in Europa eine Mauer bauen will, um die Flüchtlinge nicht ins Land zu lassen und ins Mühlviertel ins Lager Gusen, wo Hitler offenbar auch ein Zementwerk aufbauen wollte und Raffaeles Vater dort traumatisert wurde. So schreit er nächtens auf, was nicht nur Raffaele, sondern auch dessen Bruder Angelo sehr irritiert. Der erleidet eine Psychose, hält sich für einen Dämon und wird in der Psychiatrie interniert, wo er am Ende des Buches auszubrechen versucht. Hella will dagegen im SPA-Bereich ihres Hotels eine Zementtherapie einführen, vor allem, um Raffaeles Verknöcherungen, er leidet an Rückenproblemen, zu heilen.

Klingt ganz schön kompliziert und ist es auch. Sehr genau und sorgsam ausgearbeitet und wahrscheinlich auch gut recherchiert, auch wenn vermutlich viel zu viel in die dreihundert Seiten hineingepackt wurde, wo man wahrscheinlich zehn Romane schreiben hätte können.

Es geht auch, um die Frage nach der unsterblichne Seele, an die die pragmatische Hella nicht glaubt und den nicht so philosophisch orientierten Leser werden vielleicht die Handlung und die Spannung fehlen, obwohl es die natürlich gibt. Vor allem am Schluß werden die Protagonisten durch einen unterirdischen Stollen getrieben, geraten der Mafia in die Hände und ich habe wiedermal erfahren, wie vielseitig die Gegenwartsliteratur ist und wieviel sie, den über den Tellerrand schauenden Leser bieten kann.

Eurotrash

Jetzt kommt das vierte Buch der Belletristikliste des “Leipziger Buchpreises” und ich muß sagen, diese Auswahl ist sehr interessant, äußerst unterschiedlich und zeigt, da würde ich die Frau Mayröcker, die ich nicht gelesen habe, ausnehmen, die Grenzen des Schreibens auf und Christian Krachts “Eurotrash” kann man irgendwie und irgendwie auch nicht als Pendant zu Helga Schuberts Lebensgeschichtenband vom “Aufstehen” sehen.

Ähnlich oder nicht, den Erstens ist der 1966 in der Schweiz geborene Christian Kracht sechsundzwanzig Jahre Jünger, als die 1940 in Berlin geborene Helga Schubert und dann gilt der Schweizer Buchpreisträger von 2016, glaube ich, als Skandalautor.

Gelesen habe ich bisher noch nichts von ihm. Habe aber sowohl sein “1979” als auch “Die Toten” in den Harlander Regalen stehen und habe die Bücher wohl bei den “Thalia-Abverkäufen” erworben und wie bei Helga Schubert geht es um etwas Persönliches, um die Reise in sein Leben, heißt der Protagonist doch Christian Kracht und hat auch einen Roman namens “Faserland”geschrieben. Es geht auch um die NS- Vergangenheit seiner Familie. Der Unterschied ist wohl, daß Helga Schubert versuchte ihr Leben ernsthaft und künstlerisch aufzuarbeiten, während der Popliterat wohl wieder versucht seine Leser auf die Schaufel zu nehmen, an der Nase herumzuführen ode reinen Skandal auszulösen.

Muß man das wirklich tun, um aufzufallen oder für einen Buchpreis nominiert zu werden und was wäre, wenn ich das versuchen würde?

Bestseller steht wohl irgendwo über dem Buch und am Buchrückchen hat Peter Handke “Christian Kracht ist ein ganz schlauer Bursch” schreiben lassen, was mich ein wenig wundert, daß er das so sieht und Daniel Kehlmann hat geschrieben: “ChristianKracht ist ein Meister der wohlgebauten Sätze, hinter deren Eleganz sich das Grauen verbrigt. Seine Romane handeln von Deutschland, von Gespenstern, von Krieg von Wahn und allen erdenklichen Schrecken, aber sie sind auch voll melancholischer Komik, und sie verbergen allesamt ein Geheimnis, dem man nie ganz auf den Grund kommt.”, das würdeich nicht so empfinden. Es wundert mich aber weniger, kommt Daniel Kehlmann in dem Buch doch vor, das heißt, der Held wird ein paarmal mit ihm verwechselt und er widerspricht nicht.

Das habe ich am Mondseeauch einmal erlebt, daß Gerhard Rühm dort von einen Passanten gefragt wurde, wer er sei und der, glaube ich, H.C. Artmann antwortete.

Aber das war ein GAV-Treffen, obwohl literarisch geht es in dem Buch auch hoch her, wohl der Versuch Christian Krachts seine literarische Bildung zu beweisen, trotzdem würde ich das Buch vor dem der Iris Hanika reihen, liest es sich doch leichter, dieses Roadmovie, wo ein Christian Kracht nach Zürich reist, um seine Mutter zu besuchen. Die ist über achtzig, lebt von Wodka und Psychopharmaka, war vor kurzem auch in der Psychiatrie in Winterthur und klagt über ihre Haushälterin, die sie ständig bestehelen würde. Vorher hat er über seine Familie, die autobiografische Züge trägt, resommiert, aber sehr reich und sehr furchtbar war und in NS- Greuel verwickelt und mit Axel Springer und anderen Berühmtheiten verbandelt. Diese Stellen erinnern ein bißchen an Thomas Bernhard und sein Geschimpfe.

Dann wird es aber zum Roadmovie, denn Kracht packt seine Mutter, die zieht sich ein gelbes Chanel oder anderes Kostüm an und macht sich mit ihr aufdie Reise. Vorher halten sie bei einer Bank in der Bahnhofstraße und heben sechshunderttausend Franken ab, packen sie in ein Plastiksackerl und setzen sich mit dem Vorsatz das Geld zu verschenken in ein Taxis. Die Mutter glaubt, er würde sie in ein Hotel bringen. Er hat aber vorher einen Öko-Pullover gekauft und dabei einen Prospekt zugesteckt bekommen, der auf eine Kommune hinweist. Sie fahren mit dem Taxi dorthin und geben dem Fahrer zweitausend Franken. In der Nacht werden sie, weil sie mitdem Geld geprahlt haben, fast überfallen. Sie hauen am nächsten Morgen ab.

Vorher kommt eine eigentlich spannende Szene. Weil die Mutter hat noch einen künstlichen Darmausgang und kann sich ihre Stomabeutel nicht selber wechseln, so daß der Sohn, dem dabei graust, helfen muß. Am nächsten Tag kommen sie zu einem kleinen Flughafen und wollen nach Basel fliegen, da werden sie auch fast um ihr Geld betrogen. Zum Glück taucht aber der Taxifahrer wieder auf und rettet sie. Dann will die Mutter auf einen Gletscher um dort die Edelweiße zu sehen. Sie treffen auf der Hütte aber nur auf drei alte Inderinnen, denen sie auch ihr Geld schenken wollen, das dann durch den Wind verweht wird. Sie bleiben noch in der Gondel stecken, dann will die Mutter nach Afrika, um dort ihr Geld zu verschenken. Der Sohn bringt sie aber in die Psychiatrie nach Winterthur und verabschiedet sich von ihr.

Tut mir leid so toll kann ich diesen “Trash” nicht finden. Auch wenn es zugegeben, leicht und spannend geschriebend ist und noch eine Stelle hat, die ich zitieren will:

“Aber du solltest dir mal ein Beispiel nehmen an, an wie heißt der an, Knausgard oder an Houllebecq oder an Ransmayr oder Kehlmann oder an Sebald“, sagt die Mutter zum Sohn während sie zu den Edelweißfeldern fahren.

Die Frage warum das Buch “Euro- und nicht Frankentrash” heißt, da es doch um diese geht, die ein “Amazon-Rezensent” stellt, kann ich mir auch nicht beantworten.

Goldene Jahre

Jetzt gehts schon zu Buch elf der deutschen Longliste, die hundert Seiten lange Erzählung, Roman würde ich es wieder nicht wenden, des 1978 in Graubünden geborenen Arno Camenisch, der auf Deutsch und in Rätoromanisch schreibt,die bei “Engeler” erschienen ist und die mir wieder, ähnlich wie die “Mission Pflaumenbaum” gut gefallen hat.

Denn irgendwie sind sich die Bücher ähnlich, um Vergleich zu ziehen, damit meine Leser nicht glauben, daß ich die Bücher nicht gelesen habe, über die ichschreibe, bei beiden ist das kleine Stille gleich.

Wonneberger hat mehr Handlung und wahrscheinlich die größere Vergangenheit, geht es da ja um einen Kiosk, der in dem Graubündner Dorf steht, in der der kleine Arno Camenisch in die Schule gegangen ist und sich wohl auch hie und da die “Zückerli” aus dem Glas fischte oder sich seine Fußballpickerln kaufte.

Der Kisok, den es seit 1969 gibt und der durch seine Leuchtreklame über das ganze Tal leuchtet wird von Rosa-Maria und Margrit, zwei Schwestern glaube ich, obwohl das nicht so genau beschrieben wird, beide um die siebzig, betrieben wird und die stehen am Morgen auf, fahren mit ihrem Trolley zur Post holen dort beim “liebesblöden” Otto die Zeitungen ab, räumen sie in ihren Kiosk, wischen die Zapfsäule ab und sitzen dann wohl auf dem Bänkli und resumieren über ihr Leben und das, was sie, die beiden Frauen in dem wahrscheinlich recht wohlhabenden Schweizer Dorf in den letzten fünzig Jahren so erlebt haben.

Und das ist es, was mir gefällt und was mich wieder, wahrscheinlich ein wenig unreflektiert und nicht so ganz und klar literaturwissenschaftlich, habe ich es ja in der Knödelakademie bei der Frau Prof Friedl vor nun auch schon fast fünfzig Jahren so gelernt, an Adalbert Stifters “Bunte Steine” erinnert “Nicht das Große das Kleine macht es schön!” und so habe ich das kleine grüne Büchlein auf einen Sitz hinuntergelesen, bedauere ein wenig daß es nicht auf die Shortlist gekommen ist, obwohl mich das nicht wirklich wundert und bin wieder froh, einen mir bisher unbekannten Autor kennengelernt zu haben, der zwar auch nicht auf der Schweizer Liste steht, in meinem Gedächnis hängen geblieben ist.

Murmeljagd

Meine Ulrich Becher-Geschichte könnte meinen Lesern ja bekannt sein. Da bin ich einmal in den Neunzigerjahren, als wir noch in der Gumpendorferstraße wohnte, an der städtischen Büchereifiliale, die es glaube ich, nicht mehr gibt, vorbei gegangen, beziehungsweise vor der Schachtel der von dort ausrangierten Büchern stehengeblieben, denn damals war ich ja mitten in meiner Gratisphase und habe zwei Bücher von einem Ulrich Becher  “Kurz nach 4” und “Und Nachtigall will zum Vater fliegen” entdeckt und mitgenommen.

Auch angelesen aber bald damit aufgehört, denn wer bitte ist Ulrich Becher, den Johannes R. Becher kannte ich, ja und habe, glaube ich, die Kerstin Hensel auch einmal in dem Haus in der Berliner Linienstraße besucht, wo er angeblich ein Bordell besucht haben soll, aber der Ulrich?

Internet, wo man nachgooglen hätte können, gab es oder hatte ich noch keines und auch kein Literaturlexikon und der expressionistische Stil in dem die Bücher geschrieben waren, war auch nicht so meines.

2005 sind wir zu Utes Geburtstag einmal außer Buchmessezeiten nach Leipzig gefahren, in der Stadt spazierengegangen und dort beim “Hugendubel” in einen “Aufbau-Taschenbuchabverkauf” hineingekommen, da war. Darunter war ein Büchlein mit Briefen die der Verlag an Ulrich Becher, die sich auf sein “Kurz nach vier” bezogen haben, waren dabei, das hat mich dann wahrscheinlich dazu animiert, das Buch 2010 doch zu lesen. Etwas später hat dann der “Arco-Verleger”, der das Buch neu herausgegeben wollte, meinen Blogartikel gelesen, die Briefe haben wollen und mir dann auf einer “Buch-Wien”, die Neuausgabe geschenkt, worüber ich sehr dankbar war.

Nicht, daß ich das Buch nochmals gelesen habe, das geht nicht bei meinen Bücherbergen, aber da waren endlich mal biographische Angaben drin, was ich bei den gefundenen Büchern leider vermißte.

Ich wußte damals aber schon, daß der 1910 in Berlin geborene und 1990 in der Schweiz verstorbene, der dazwischen auch in Wien gelebt hat, auch den “Bockerer” geschrieben hat, den ich ja einmal im Volkstheater und später natürlich im Kino gesehen habe.

Den “Nachtigallenzyklus” habe ich inzwischen auch gelesen und das Buch das Konstantin Kaiser über Becher hinausgegeben hat und 1910 als der Ulrich hundert wurde hat der “Schöffling-Verlag” die “Murmeljagd”, die 1969 erstmals erschienen ist, nochmals herausgegeben, da hatte ich es wohl noch nicht so mit den Rezensionsexemplaren, jetzt ist die fünfte Auflage erscheinen und damit gleichzeitig, die “New Yorker Novellen”, die habe ich dann gleich mitbestellt, bin aber schon beim Auspacken daraufgekommen, das ist der “Nachtigallenzyklus” minus einer Geschichte.

Es kamen also beide, der damals gefundenen Bücher inzwischen neu zu mir und ich muß sagen, ich war ein wenig ratlos bei dem über siebenhundert Seiten Buch, auf dessen Titel das Riesenrad prangt und wahrscheinlich nicht so begeistert, wie Eva Menasse, die das Nachwort schrieb.

Nun ja, ich bin ja eher eine realistische Autorin, wie ich immer schreibe, obwohl mich die Vor-Zwischen und Nachkriegszeit ja sehr interessiert, aber Ulrich Becher macht es seinen Lesern nicht sehr leicht, springt er doch von hinten nach vorn und wieder zurück. Kommt vom Hundertsten ins Tausendste, verwendet Dialekte, fremde Sprachen, literarische Anspielungen und wahrscheinlich noch viel viel mehr.

Aber in dem Versuch, das Ganze zusammenzufassen, spoilern ist hier wohl ohnehin kaum möglich. Da gibt es Albert Trebla, man beachte, daß der Nachname ein Anagram des Vornamens, auch etwas typisch Becherisches wahrscheinlich.

Der war im ersten Weltkrieg Soldat oder Offizier, wurde verwundet, war dann in Graz Sozialdemokrat und beim Februaraufstand aktiv, Journalist war er ebenfalls und, ich glaube, auch Jurist, wie sein Autor.

Als nach Österreich, die Nazis kamen, mußte er mit seiner Frau in die Schweiz fliehen, das heißt, er tat es mit den Schiern über die Grenze, die Frau Xane mit Freunden im Zug erster Klasse, sein Paß ist abgelaufen und jetzt sitzt er mit seiner Frau in zwei Zimmern in Engadin, wird vom Heuschnupfen geplagt, nimmt dagegen Tabletten und wird von Wahnvorstellungen oder auch von den Geschehnissen, um ihn herum, man schreibt das Jahr 1938, geplagt.

Man weiß das nicht so genau und bekommt das auch beim Lesen nicht so ganz mit, denn Becher hüpft ja, wie schon erwähnt, wirr herum im Zeitgescheheh und macht es seinen Lesern nicht leicht.

Sein bester Freund, ein Grazer Armenarzt, ist in Dachau oder auf dem Weg dorthin, umgekommen, da ihn zwei Nazibuben ein Messer in die Stirn stecken und der sich das Herausziehen verbat, weil er wußte, daß er das nicht überleben würde und sein Schweigenvater, ein Zirkusclown genannt Rosenvater, eine Anspielung auf Bechers Schwiegervater Roda Roda lehrt uns Eva Menasse, kommt auch im KZ auf höchst skurile Art um, die ich hier nicht spoiliern will, um ein etwaiges Lesevergnügen nicht zu zerstören und Trebla bemüht sich im ganzen Buch, das seiner Frau zu verschweigen, beziehungsweise weiß er nicht, wie er ihr das beibringen soll?

Er fühlt sich auch von zwei blassen blonden Burschen verfolgt, weiß nicht, sind das harmlose Murmeltierjäger, deshalb der Name des Buches oder wurden sie von seinem ehemaligen Kriegskameraden und jetztigen Gestapomann Laimgruber auf seine Spur gesetzt und so hetzen wir durch die siebenhundert Seiten, wo all das und noch viel mehr passiert.

Lesen würde ich empfehlen, in Zeiten, wie diesen die ja auch höchst verwirrend  sind, ist es vielleicht hilfreich sich auf Ulrich Bechers “Murmeljagd” einzulassen und vielleicht einen, wie Eva Menasse in ihren Nachwort schreibt, leider zu Unrecht vergessenen Autor zu entdecken.

Nun mir war er bekannt und meine Blogleser können sich auch gern in meine Becher-Geschichte einlesen und sie weitergeben.

Chaya

Nun kommt ein Debut von 2017 das es nicht auf die Bloggerdebut-Shortlist geschafft hat und das mir der Alfi bei “Literatur und Wein” in Göttwein kaufte, das wahrscheinlich könnte man Memoir sagen, obwohl es sehr verdichtet ist, der 1964 in Teheran geborenen Kathy  Zarnegin, von dem ich jetzt gar nicht sagen kann, was mich an dem Buch so sehr interessierte, daß es mir kaufen ließ.

Das es die verdichtete Lebensgeschichte der Autorin ist, die mit vierzehn Jahren in die Schweiz gekommen ist und dort als Lyrikerin lebt, habe ich, glaube ich, gar nicht mitbekommen und das Ganze wahrscheinlich für einen interessanten Roman gehalten, es ist aber wirklich ein interessantes Buch, das manchen Islamhasser und Verfechter der großen oder kleinen Austauschtheorie sehr zu empfehlen ist.

Dabei stammt Chaya, ob sie das Alter Ego ihrer Autorin ist, ist aus dem Text nicht so genau herauszubekommen, aus einer jüdischen Familie. Der Vater hatte aber zwei Frauen, die ältere hatte von ihm sechs Kinder, die jüngere, Chayas Mutter, drei, Chaya und ihre zwei jüngeren Schwestern und die war eine Zeitlang Krankenschwester, bevor sie den Vater kennenlernte und mit ihm auf Europareise gegangen ist.

Die Jugend Chayas war sehr unbeschwert, die Eltern offenbar Freigeister, so gab es eine nicht verheiratete Nachbarin, mit der und deren Liebhaber, die Eltern philosophische Gespräche führten und die Kinder waren selbstverständlich dabei, bis sie am Boden eingeschlafen sind.

Weil Englisch als die Weltsprache galt, obwohl die Eltern es nicht sprachen, wurde Chaya auf eine englischsprachige Privatschule geschickt, obwohl oft das Geld nicht da war, die Schulgebühr zu bezahlen.

Der Vater war oft auf Reisen und brachte dann schöne Geschenke mit, später lernte Chaya auch Italienisch und wurde, als in Teheran die politischen Unruhen begannen und ihre Schule geschlossen wurde, von den Elten zu Verwandten in die Schweiz geschickt.

Sie kam nie mehr oder nur auf Besuch nach Teheran zurück, lernte Deutsch und begann bald ihre Gedichte in dieser Sprache zu schreiben, studierte Philosophie, statt wie von den Eltern gewünscht, Medizin und gründete sehr bald eine Gedichtagentur, das heißt, sie druckte Gedichte auf Poster und wenn man die kaufte, konnte man das Copyriht dazu erwerben und hatte das Gedicht sozusagen, wie einen Miro für sich.

Nebenbei ging sie putzen und jobbte in einer Sprachschule, bis sie mit ihrer Agentur erfolgreich wurde und sich die Redaktionen und Fernsehanstalten um sie rissen und im ihre Freunde und Liebhaber, David und Eric, mit denen sie mehr oder weniger tiefsinnige Gesrpäche führt, geht es auch.

Im <klappentext steht noch etwas, daß das Mädchen aus dem Orient Europa staunend erobert, wie einst Zazie in der Metro, so habe ich das Buch nicht empfunden, obwohl ich das Vorbild nicht gelesen habe.

Es sind eher sehr poetische Detailstücke in denen das Ganze aufgegliedert ist, so wie etwa die Geschichte, in der sie in ein Geschäft geht und von dem geschwätzigen Verkäufer  einen Anorak aufgezwängt bekommt, in dem sie aussieht wie ein “unter adipositas leidender Kanarienvogel”, was ich für eine sehr schöne Formulierung halte oder die von der Sekretärin in der Sprachschule, in der sie arbeitet, deren Besitzer, interessanterweise auch zwei Frauen hat.

Aber das ist wohl nur ein Detail am Rande in dem sehr poetischen und interessanten Buch.

Unhaltbare Zustände

Nun geht es in die Schweiz zum Schweizer Lesen und zu Buch drei des “Schweizer Buchpreises” nämlich Alain Claude Sulzers “Unhaltbare Zustände” der schon 2012 mit “Aus den Fugen” auf der Schweizer Liste gestanden ist, das Buch habe ich im Sommer in Locarno gelesen, das neue habe ich nach Basel mitgenommen, bin aber neben der “Buch-Basel” und dem siebenten “Nanowrimo” und der Stadtbesiichtigung nicht zum Lesen gekommen und nun habe ich das Buch gelesen, das ein sehr langsames altmodisches ist und das mich mehr beeidruckt hat, als das von dem Künstler der plötzlich den Konzertsaal mitten im Spiel verläßt, obwohl es wahrscheinlich, um einen ähnlichen tragischen Ausnahmezustand geht und der 1953 Geborene, den ich auch bei der Lesung im Volkshaus Basel hörte, wohl ein Meister darin ist.

Ein sehr langsames und altmodisches Buch, das im jahr 1968, wo sich alles änderte und das neue Leben in die Schweiz und da wohl in die Stadt Bern mit dem Bärengraben eintritt und auf dem Münster die Vietcongfahne gehießt wird, spielt und da von einem älteren wohl sechzigjährigen Schaufensterdekorateur handelt, der im “Quatre Saisons” schon seit Jahrzehnten für die Gestaltung der Schaufenster zuständig ist.

Ein etwas altmodischer Herr, unverheiratet, der bis zu ihrem Tod bei seiner Mutter lebte, ein wenig schrullig wohl, wie ihn Sulzer, der ja auch schon über sechzig ist, sehr gekonnt, aber wohl auch sehr klischeehaft schildert.

Nun holt ihm die neue Zeit, die er nicht mehr versteht ein und er wird durch einen neuen Schausfensterdekorateuer ersetzt, der lebende Figuren, sprich Schauspielschüler in die Schaufenster setzt und Robert Stettler bleibt über und zerbricht daran, gibt es ja auch keine Frauen in seinem Leben, die Mutter ist tot, sondern nur eine Liebe oder Schwärmerei zu einer Rundfunkpianistin namens Lotte Zerbst, wohl auch schon eine ältere Dame. Ihr schreibt er Briefe und fängt auch Bier zu trinken an und sie, die in ihrer Jugend von ihrem russischen Klavierlehrer mißbraucht wurde, wäre wohl auch nicht abgeneigt, ihn zu treffen.

Allein der Zufall spielt dagegen, das geplante Schostakowitsch-Konzert, das sie in seiner Stadt geben soll, wird wegen dem Einmarsch in die CSSR abgesagt und als sie dann doch kommt, um Chopin zu spielen, findet sie seine Adresse nicht und er hat da schon längst seinen Abgang, sprich letzten großen Coup geplant.

Das ist wieder etwas dramatisch und ich würde das wohl eher banaler schildern, aber Stetter, der seinem Widersacher vorher verfolgte und auch einen Denuziationsbrief an die Geschäftsleitung schrieb, als er ihn mit ein paar jungen Leuten aus seiner Wohnung gehen sah, auch das ist vielleicht ein bißchen dick aufgetragen, reagiert am Ende viel moderner, als der strahlendene Konkurrent, als er sich nämlich nackt in in das Schaufenster setzt und dadurch einen wahren Auflauf erregt.

Blöd ist nur, daß er damit wahrscheinlich nicht nur in die “Irrenanstalt” kommt, sondern, daß Lotte Zerbst auch an dem Schaufenster vorbei geht und entsetzt über den “armen Irren” ist, wie sie ihm später in einem Brief mitteilt.

Einen Prolog und einen Epilog, gibt es auch und ich habe ein spannendes Buch gelesen und bin wieder ein Stück weiter in die Schweizer Literatur  eingedrungen und habe vielleicht auch von Alain Claude Sulzer, den ich, wenn ich mich nicht irre, 1996 kennenlernte, als ich da einmal nach Klagenfurt zum “Bachmannpreis” als Zuschauerin gefahren bin, etwas mehr erfahren.