Zuhause ist ein großes Wort

Der “Mare-Verlag”, der sich in seinen Büchern mit dem Meer beschäftigt, hat mir zwei solche angeboten. Das Erste, das ich gerade gelesen habe, der 1986 geborenen Nina Polak, hat ein interessantes Thema in einer starken, modernen Sprache mit verschiedenen Textteilen, nämlich eine Skipperin als Heldin.

Eine moderne Matrosin könnte man so sagen. Ich hatte keine Ahnung, daß es so etwas gibt, aber Skip oder Ninke Nauta, man sieht die sprechende Namen, ist gerade von einer siebenjährigen Seefahrt, wo sie mit Käptn Lood unterwegs war, nach Amsterdam zurückgekommen, wo sie sich mit der veränderten Stadt arrangierren muß und sich in die Vergangenheit zurückdenkt, um in die Zukunft zu kommen.

Ihre Mutter Nellie ist sehr früh gestorben, so hat die reiche Familie Zeno, die Sechzehnjährige aufgenommen, die Mutter Mascha ist Schauspielerin, der pubertierende Sohn Juda scheint eine Essstörung zu haben und jetzt auch keine Milchprodukte zu verzehren, was der Mutter Sorgen macht.

Skip kommt wieder bei den Zenos unter und nimmt Kontakt mit ihrem Ex Freund Borg auf und das eher spannungsarme Buch, kann mit einigen beeindruckenden Szenen aufwarten.

Da ist die, wo Skip, die an einer Segelschule unterrichtet, mit ihrer Mutter und den Zenos auf eine Segeltour aufbricht, worauf sich die Mutter, die nicht schwimmen kann, verkühlt und eine Luungenentzündung entwickelt und Borg, der jetzt eine Freundin hat, hat eine Novelle über ihre Beziehung geschrieben, die Skip entrüstet entdeckt und sich schlecht dargestellt findet.

Skip und die Zenos werden auf eine türkische Hochzeit eingeladen und Tag darauf entdeckt sie, daß sie schwanger ist. Die Zenos brauchen ihr Gartenhäuschen auch für die Großmutter, so daß Skip auf Loods “Tintenfisch” genanntes Boot zurückzieht und sich dorthin die Medikamente schicken läßt, um die “Bohne” in ihrem Bauch wieder loszuwerden. Lood lädt sie auf einen Turn nach Malta ein, so fliegt sie nach Sizilien und man kann raten was weiter passiert, wo Skips zu Hause ist und, ob man überhaupt ein solches braucht.

Die verschiedenen Textsorten habe ich schon erwähnt. Da gibt es Mails und seitenlange Mailpassagen, Borgs Liebesgeschichte “Unschuldig” oder auch Deniz Durmuskaya & Elif Özals Hochzeitsanzeige “Wir sagen ja” und da gibt es eine weinende Braut und eine poliitsch inkorrekte Großmutter, die wissen wollte, ob die Braut Kopftuch getragen hat?

“Nein, aber einen Schleier!”, war die Antwort. Ich habe wieder eine sehr interessante Autorin kennengelernt und kann anmerken, daß ich mich, weil ich ja einen holländischen Freund habe, den ich früher öfter in Holland besuchte und mich auch für die niederländische Literatur sehr interessiere.

Gespräch über Kunst und Politik

Jetzt kommt ein interessantes Büchlein. Zwei Dialoge, die der 1991 geborene Edouard Lois dessen “Im Herzen der Gewalt”, ich während des Frankreich Schwerpunkt in Frankfurt gelesen haben mit dem 1936 geborenen Regisseur Ken Loach geführt hat, in dem es um sehr aktuelle gesellschaftliche Fragen geht, die uns, wie man merken kann, auch betreffen.

Der erste Dialog in dem es um “Arbeit und Gewalt” geht, beginnt mit Edouard Louis Buch “Wer hat meinen Vater umgebracht”, der mit ungefähr fünfunddreißig Jahren einen Arbeitsunfall hatte, daraufhin bezog er einige Jahre eine Invalidenrente, bis ihn der französische Staat wieder zum Arbeiten schickte, da die Voraussetzungen für Renten und Sozialhilfen härter geworden ist.

Ein Thema das man auchu bei uns kürzlich hören konnte, hat da doch Arbeitsministerr Kocher, den Teilzeitbeschäftigten angedroht, die Sozialleistungen zu streichen, wenn sie nicht voll arbeiten.

Ja, das Leben ist härter geworden, was sich auch in den Filmen, des mir bisher unbekannten Ken Loach spiegeln läßt. Einer davon heißt “Ich Daniel Blake”, der 2016 mit der “Goldenen Palme von Cannes” ausgezeichnet wurde.

Die Gewalt und die Polizeimacht, die vor allem schwarze Personen betreffen, ist härter geworden und die Beiden diskutierten auch, ob es Sinn macht, daß Leute überhaupt noch in Fabriken arbeiten, wenn die nachweislich ihre Gesundheit schädigen und sie krank machen? Da wehren sich meistens die Arbeiter, die ja leben müssen und sich daher oft auch zu Hungerlöhnen zwingen lassen müssen.

An den Dialog knüpft sich dann die Frage, wie man seine Stimme findet? Haben doch Umfragen ergeben, daß die meisten Arbeiter, das Gefühl haben, keine zu haben, weil sie sich von der “Kultur des politisch Korrekten” zensiert fühlen und andererseits dann bald in die Fänge der Rechten fallen. Etwas was bei uns auch zu beobachten ist.

Ken Loach meint, daß Gruppen, wie Gewerkschaften eine gute Möglichkeit da ist, sich mit Gleichmeinenden zu unterhalten und seine Meinung zu stärken.

Es geht dann, um den Begriff der “”Opferhaltung”.

So hat Edouard Louis in seinem Bucb “Das Ende von Eddy”, die Armut seiner Kindheit geschildert, worauf er von seiner Mutter gerügt wurde, das doch nicht öffentlich zu outen, weil die Politik den Leuten ja einredet, sie wären selber schuld, wenn sie keine Arbeit oder keine Wohnung hätten.

Das führt dann zu den Obdachlosen, die in England verstärkt auftauchen und zu der Frage ob die Politik was dagegen tun würde.

“Nein!”, antwortete Edouard Louis, weil sich die eher um den Immboilienmarkt, als um Obdachlosen kümmern. Sie wollen Wohnungen verkaufen und nicht die Armen unterstützten.

Es geht auch um die Rolle der Technologien und der sozialen Medien, die die Kommunikation verstärken und die Empathie fördern könnten.

Im zweiten Dialog geht es um “Politik und Transformation” und da, um den Aufstieg der extremen Rechten, etwa was man in Italien, in Spanien, in Frankreich und in Brasilien beobachten komnte und Edouard Louis meint, daß er viele Leuten kennen würde, die bei den letzten Wahlen für die Rechten gestimmt haben, weil sie sich von den Linken nicht mehr vertreten fühlten und das Gefühl haben, daß die Politiker auf sie pfeifen würden.

Es geht auch, um den Feminismus und die Homophobie, sowie um das Gefühl, das manche Leute haben, daß ihnen die “Homosexuellen ihre Lebensweise aufzwingen wollen”, aber auch wieder sehr aktuell, daß manche Jugendliche ihre Arbeitsweise selbst bestimmen wollen und nicht mehr von den Chefs ausgebeutet werden wollen.

Dann gehts zur Kunst in Krisenzeiten und zu der Frage, wie sie zu den sozial benachteiligten Gruppen kommt? Zu den Menschen, die nicht das Glück haben Bücher zu schreiben oder Filme zu machen. Die Filme werden von Ken Loach umsonst vorgeführt und Edouard Louis meint, daß man der Kunst gegenüber auch mißtrauisch sein sollte.

“Kunst muß subversiv sein”, meint Ken Loach. Sie muß den Minderheiten auch einen sicheren Raum bieten und natürlich geht es um die Verbesserungen der Lebensbdingungen, die allen ein gutes Leben bieten kann.

So weit so what und ein interessantes Buch, das man schnell lesen, aber noch lange darüber nachdenken kann und das von Hinrich Schmidt-Henkel, von dem ich schon einige Übertragungen gelesen habe, übersetzt wurde.

Mann im Mond

Jetzt kommt schon der Erzählband der 1986 in Zagreb als Kind serbischer Eltern gebroenen Lana Bastasic, die in Bosnien aufgewachsen ist und der ja vor kurzem im Literaturhaus im Rahmen von “Traduki” vorgestellt wurde.

Zwölf Kindergeschichten oder besser Erzählungen, die Kinder als Protagonisten haben und die aus ihrer vielleicht naiven Sicht die Grausamkeit der Welt erklären.

Die Geschichte “Wald” aus der Lana Bastasic ein Stückchen auf Bosnisch gelesen hat, ist da besonders eindringlich “Ich brauchte ganz schön lange, um Papa zu erwürgen!”, heißt es da. Ganz schön brutal und aufschreckend und dann geht es um den Vater der immer mägerer wird. Die Nachbarinnen im Dorf sprechen die Mutter darauf an, ob sie ihn vielleicht vernachlässigen würde und das Kind geht im nach wenn er im Wald spazieren geht und dann auf einen Stein onaniert und das darf man nicht. Das ist peinlich und verboten und das Kind zieht seine Konsequenz.

“Mann im Mond” heißt die Titelgeschichte und da geht es, um die Mondlandung in den Sechzigerjahren. Der Vater, der als einziger im Dorf einen Fernseher hat, lädt die Nachbarn zur Übertragung ein. Die zwei Söhne werden vor das Haus geschickt, denn drinnen gibt es keinen Patz mehr für sie und die spielen dann mit Murmeln und reflektieren über ihre blauen Flecke, denn der Vater schlägt seine Kinder, um sie zu erziehen. So war es damals offenbar im Dorf und Lana Bastasic deckt das alle sehr schön poetisch aber dennoch unerbittlich auf.

Das “Letzte Abendmahl” ist auch ganz schön brutal. Denn da geht es, um den Besuch bei der Erbtante. Dazu schminkt sich die Mutter, zieht das gelbe Kleid an, wo man ihren Busen sieht, was den Kindern peinlich ist. Der Vater muß sich rasieren und man muß sich gut benehmen und dann mit der Tante auf ihr Schlafzimmer gehen und sich von ihr ihren Busen zeigen lassen. Die Tante stirbt ein paar Stunden darauf und das wird während der ganzen Geschichte reflektiert, denn der Augenblick wann sie den “Löffel” abgibt”, ist bei der Familie ein großes Thema.

“Gott aus Honig” hat die Übersetzerin Rebekka Zeinzinger im Literaturhaus gelesen. Auch sehr beeindruckend. Da geht es um das Schlafwandeln, um das Töten von Ameisen, das die <mutter immer tut, um verschwundene Schildkröten und die Beziehung des kleinen Mädchen zu Gott, das nicht versteht, daß er all das zulässt und ihr auf ihre Fragen keine Antwort gibt, bis es ihn endlich aus dem Fenster lässt.

Die nächste Geschichte “Säure” ist auch sehr grausam und läßt sich auf vielfältige Art deuten, da breitet ein Kind Fische auf den Tisch aus, schaut ihnen beim Sterben zu. Dann wird es von der Mutter in die Musikschule zum Violoncellospielen gebracht. Eine Psychologin kommt dann zweimal in der Woche in die Wohnung, um das altkluge Kind beim Spielen zu beobachten, die trinkt immer Tee, einmal vom Kind zubereiten, worauf sie anschließlend speiben muß.

Psychologisch ausgetüffelt die Geschichten, die die vielseitigen Traumen des Aufwachsens in wahrscheinlich ganz normalen Familien sehr scharf aufdecken. In der Geschichte “Zahnfee”, erinnern wir uns Lana Bastasic stammt aus einer Zahnarztfamilie und will sich offenbar dagegen zu Wehr setzen, sehnt sich ein Mädchen nach seiner abwesenden Mutter, der toten Oma und “verpatzt” seinen Geburtstag. Bettnässen tut es auch und vor der Zahnfee, die seine Milchzähne holen kommt, hat es Angst.

Im “Ein Tag im Schwimmbad” muß ein Junge mit seinen Vater zum Schwimmtraining gehen. Nachher sitzen sie im Cafe und der Vater bestellt Kaffee für sich und Zitronensaft mit Wasser für den Jungen, weil der zu dick ist. Deshalb gibt er ihm nicht seinen Keks. Scheidungsprobleme gibt es auch und den sehr eindrucksvollen Satz:

“Zweimal pro Woche sitzt Papa im Cafe neben dem Schwimmbad, während der Junge schwimmt. Danach trinken sie Kaffee, Cola und Zitronensaft mit Wasser. Papa liest Zeitung und isst den Zimtskeks. Das nennt man gemeinam verbrachte Zeit.”

Kein Wunder, daß der Junge danach Durchfall bekommt und wahrscheinlich auch keines, daß Spiderman ihn aus der Not, daß es am Klo kein Toilettenpapier gibt, befreit.

Die Geschichte “Brot” kannte ich auch schon aus dem Literaturhaus. Da geht es um ein vierzehnjähriges Mädchen, um die Nöte des Erwachsenwerdens, die Beziehung zum Vater und wie schwierig es ist, wenn man am Samstag Brot holen muß.

“Kreise” ist, glaube ich, die Geschichte die Lana Bastasic ihrem Sportlehrer gewidmet hat. Denn der hetzt die “Mathematikerin” über das Viereck um die Schule, was sie hasst, so daß sie drei Extrarunden drehen muß und bei der dritte bemerkt sie daß der Lehrer gerade einen Schlaganfall erleidet und leider leider hilft sie ihm nicht aus Rache. Das sind wohl die starken jungen Frauen, während ich in “Mein ist die Rache”, die Sache anders löste.

Die nächsten zwei Geschichten sind glaube ich den Kindern alleinerziehenden überforderten Müttern gewidmet, die ihre liebe Not mit den Müttern habe, die nicht auf sich schauen, sich nicht die Haare waschen können, sondern sie nur in den Supermarkt zum Schnaps holen schicken, obwohl die Kinder den gar nicht bekommen, die sich aber auch bemühen, die Tochter für den Musikvorspielabend gut herzurichten, es dann aber nicht schaffen, selber mit gewaschenen Haaren hinzugehen oder die menstruierende Tochter in ihren Blut warten zu lassen, weil sie es nicht rechtzeitig vom Supermarkt zurückschafft.

Geschichten, die die Psychologin schon mal erlebt hat, während die “Papa kommt heim”, wohl auf die bosnische und jetzt wahrscheinlich ukrainische Kriegserfahrung beschränkt ist. Da wird ein Hühnchen gebraten, Raffaellos aus dem D-Mark -Shop besorgt und der Vater stinkt und Kakerlaken kriechen aus seiner Armeetasche, keine angenehme Erfahrung für die Kinder, an die sie sich wohl noch als Erwachsene erinnern.

Starke Geschichten einer jungen Frau, die sie, wie sie bei der Lesung sagte, aus ihren Beobachten aus der Nachbarschaft zusammenklaubte, die auch stark besprochen und beworben wurden, sowie Aufmerksamkeit erregten.

Jetzt bin ich nur gespannt, was ich von Lana Bastasic noch hören werde und mir ihr Debut wahrscheinlich bestellen.

Der Magier im Kreml

Der Titel des nächsten Buches macht schon neugierig, so daß ich es gleich anfragte, als ich den “C. H. Beck-Katalog” durchblätterte.

Der “Magier im Kreml” das Debut des 1973 geborenen italienisch schweizerischen Schriftsteller Guiliano de Empoli, das in Frankreich im Vorjahr zum Bestseller wurde.

Nun ja, seit dem Angriffskrieg auf die Ukraine wollen wahrscheinlich alle lesen, wie das mit Wladimir Putim und seinen Politberater Vadim Baranow, der in Wahrheit, glaube ich, Vladislav Surkov hieß, den das Buch ist den realen Begebenheiten nachgefunden.

Das macht natürlich neugierig, obwohl ich gleich verraten kann, so weit ist es wahrscheinlich nicht her, aber einen gewissen Eindruck, wie das mit der neueren Geschichte Russlands ist, kann man aber auf jeden Fall bekommen.

Es gibt eine Rahmenhandlung und die hat mich am Anfang sehr verwirrt, denn da wird immer von einem Zaren geredet. Es geht aber um Putin habe ich dem Klappentext entnommen, Stalin kommt auch vor und ein Erzähler, der möglicherweise der Autor ist, denn der bekommt dann in den weiteren Kapiteln, die Geschichte des Schauspielers und Fernsehproduzenten Vadim Baranow erzählt, denn der hat seine Politkarriere inzwischen beendet.

Wie war das also mit dem Magier oder dem berühmten Politberater?

Der beginnt seine Geschichte mit seinem Großvater und dessen Bibliothek, denn das Buch ist sehr gelehrig. Da gibt es Anspielungen, um Anspielungen, Literaturhinweise und Rückblenden in die Stalin-Ära.

Da erfährt man eine eher lineare Geschichte, Vadim Baranows Beziehung zu seinem Vater. Das Treffen mit der schönen Xenja, die ihm später von Michail Chodorkowski auch eine reale Figur ausgespannt wurde.

Ein Fernsehproduzent hat dann in den Neunzigerjahre die Idee Wladimir Putin als Nachfolger des schwerkranken Boris Jelzin vorzuschlagen.

Es kommt dann zu einer Einladung Vadims zu einem Abendessen mit Putin und die Beraterkarriere beginnt. Dann kann man Einzelheiten zur Geschichte Russlands erfahren.

Der Fensehproduzent wird in seiner Villa tot aufgefunden, Chodorkowski wird aus dem Gefängnis entlassen und der Ukraine Krieg beginnt, bis Vadim Baranow dann auf eine Sanktionsliste kommt, seine Beraterkarriere beendet und dem Erzähler seine kleine Tochter “wie eine keine Brioche frisch aus dem Ofen” vorstellt.

Die Sprache der Sonne

Ein Roman des 1969 in Hamburg geborenen Matthias Görlitz, der in St. Louis lebt und an der Washington Universität lehrt, auch Lyriker und Übersetzer ist, mit dem er sich nach Istanbul begibt, beziehungsweise dorthin seine Protagonisgtin Lee schickt, um ihre Doktorarbeit über ihre Großmutter Helene fertig zu schreiben und ihren Spuren, die sie dort hinterließ zu erforschen.

Denn Gromutter Helene, eine Jüdin hat sich, nach dem sie in die Schweiz geflüchtet war, nach Istanbul begeben. Hat dort gelehrt, bevor sie nach Amerika kam und dort an der Universität tätig war, an der Lee jetzt forscht.

Mit den Tagebüchern ihrer Großmutter fliegt sie aus Berlin, wo sie Zwischenstation machte, nach Istanbul. Da hat sie ihren türkischen Freund verlassen und will jetzt das Verhältnis ihrer Großmutter zu dem 1900 in Wien geborenen Georg Naumann, der noch am ersten Weltkrieg mitmachte, dort verwundet wurde und jetzt in einem Spital in Istanbul lebt, erforschen.

Das Buch spielt im Jahr 2016-2017. Georg Naumann ist also, etwas unrealistisch hundertsechzehn Jahre alt und will den ältesten Menschen der Welt übertrumpfen, was ihm, wie ich anmerken kann, nicht gelingt.

Er stirbt im Sommer 2016 nachdem er bekannte, daß er Lees Großvater ist und Lees Mutter Marie odee Mary stirbt kurz vorher und deren Verhältnis zu ihrer Mutter war nicht sehr gut und das Buch, kleingedruckte dreihundertdreißig Seiten, die gar nicht so leicht zu lesen waren, ich habe eine knappe Woche dazu gebraucht, pendelt nun zwischen dem Istanbul von 1936 und 37 zu dem von 2016 hin und her und erzählt im Großen und Ganzen Georg Neumanns Geschichte, die, wie sein hohes Alter eine sehr widersprüchige ist.

Wie schon geschrieben in Wien geboren, sein Vater ein Hofrat, glaube ich, war ein echter Österreicher, der Monarchie nachtrauernd wahrscheinlich, während sein Sohn sowohl an das neue Deutschland glaubte, als auch von der Orentalistik sehr begeistert ist.

Das studiert er lange und schließt es nie ab, schreibt für verschiedene Zeitungen über die neue Türkei. Seine Artikel werden von den deutschen Redakteuren aber umgeschrieben und die Liebe zu Männern prägt ihn auch.

Da gibt ein leidenschaftliches Verhältnis zu einem Ulrich van Stetten, der dann nach Istanbul geht. Naumann wird von den Nazis erwischt und zum Spitzeln nach Istanbul geschickt. Dort findet er seinen Ulrich aber nicht, dringt nicht zu ihm vor, wird einmal auch verfolgt und dann gefoltert, bis er dann auf Lees Großmutter trifft.

Eine Begegnung zu Atatürk der in den Dreißigerjahren, die deutschen jüdischen Wissenschaftler nach istanbul holten, damit sie sein Land reformieren gibt es auch.

So wirkt der Roman teilweise, wie ein Sachbuch und ist daher schwer zu lesen, weil die spannende Handlung eigentlich fehlt oder die, die es gibt, langatmig und langweilig wirkt.

Man erfährt aber viel über die jüdischen Wissenschaftler, die damals nach Istanbul gingen und dort ihre Vorlesungen hielten. Der 1957 in Conneticut verstorbene Literaturwissenschaftler Erich Auerbach beispielweise, der zehn Jahre in Istanbul forschte.

Es gibt aber auch viele literarische Anspielungen. Orhan Pamuk, der Nobelpreisträger von 2006 wird erwähnt. Aber auch der Putsch von 2016. Matthias Görlitz scheint da sehr gelehrt zu sein, viel zu wissen oder genau recherchiert zu haben. Deshalb ist das Buch und die Rolle Istanbul in den Dreißigerjahren aber auch in der Jetztzeit, die sehr lebeding geschildert wird, auch sehr interessant und es lohnt sich wahrscheinlich es zu lesen.

schlafbaum-variationen

Neue Gedichte des 1972 in München geborenen Nico Bleutge, der 2012 den “Erich Fried Preis” bekonnen hat, von wo ich ihn auch kenne. Seine “Drei Fliegen” – “über Gedichte” habe ich gelesen und jetzt ein neuer Band. In schöner Kleinschrift geschrieben, was manche Gemüter, siehe das “Literaturcafe” aufrege nmag und zum Duden greifen läßt.

Aber trotzdem schöne Sprache und zum Lesen sehr empfehlen, die drei Teile, die der Band, den ich als e pub gelesen habe, enthält.

“anfangen wieder”, beginnt der erste Teil gleich mit einem Langgedicht. Dann geht es zur “schneebeere” über, “schneebeere, leichthin weiße mit überhängenden zweigen- in mein zimmer ist ein fremder vogel gekommen” heißt es weiter “fuchshaft.sorge wetzte die steine”.

Dann geht es zu den dreiteiligen “funken”. “nehme die nase der kleinen/ zu meiner nase./ frage ich nicht: warum. geduld nur/ geduld. das läßt sich/ hören, das läßt sich strecken,”

Im zweiten Teil geht es sehr beeindruckend “ins klinikum”

“da ist der mann/der liegt in der klinik Regensburg/ da ist der raum/ da ist der plan/ da ist der film/ wo ist der mann?/ der liegt in der klinik Regensburg/ sechs tage lang/ der plan ist leer/ und ohne raum/ das war in der klinik in Regensburg”

Mit “hufe zählen” geht es weiter. Da ändert sich das Schriftbild, das sonst eher konventionell ist, einige Male, bevor es mit “pelzentbehrt” weitergeht.

“und drüben bleiben, lethe/und blüte, kein bleistift/ zwischen/den klappen-/ pelzentbehrt. heißt ohne/stachel”, bis es mit dem dritten Teil weitergeht.

Der ist dem titelgebenden Langgedicht gewidmet, wo sich plötzlich die Falken in den Schlafbäumen wiegen und sich plötzlich in den Lüften hunderte von Vögel befanden.

“natürlich kann es sein, daß ich mich falsch erinnere”, schreibt Nico Bleutge und das “daß” Kritiker, steht hier so geschrieben und kommt dann zu den Staren.

“die stare hattest du gemeint, nicht die flocken.die stare als könnten sie sprechen.”

“auf der schulter des bären sitzt ein kleiner falke” geht es weiter

“mit einem schnabel der langsam anwächst

an seiner spitze zwei schartige spitzen

aus grauen honiglicht”

“schon möglich, daß krähen/im kopf sind die dort nicht hin/gehören etwas zischt/in den büschen vielleicht/ein nest”

“nicht den wald aufessen!/ was ist los mit dir?/nur noch ein bißchen mehr”, uns so weiter und so fort mit den vogelreichen Versen, bis es zu den Anmerkungen geht, die verraten, daß Nico Beutge, die wichtigsten Anregungen von Elke Erb, Friedrich Hölderlin, Terezia Mora, Elisabeth Bishop, die auch das Motto für den dritten Teil gestiftet hat,Thomas Kling, Rosmarie Waldrop, Ilse Aichinger y und vielen mehr bekommen hat und ich habe mich wieder obwohl es noch gar nicht März ist in die schöne Sprache eines poetischen Lrikers einlesen können, aber Gedichte, merke ich an, kann man ja das ganze Jahr über lesen und sollte das auch tun.

Tage im Mai

Ich bin wahrscheinlich keine Streeruwitz-Fanin, dazu ist sie mir wahrscheinlich zu theoretisch, obwohl ich sehr viel, fast alles von ihr gelesen habe.

Im Bücherschrank habe ich einiges Ältere von ihr gefunden und mir die neueren Bücher zum Geburtstag gewünscht, angefragt und die “Schmerzmachern”, glaube ich, auch bei einer literarischen Soiree gewonnen. Bei einigen ihrer Lesungen war ich, die Wahlkampfromane habe ich von ihr gelesen und sie war ja auch eine ersten die sich mit dem Corona-Thema beschäftigt hat und da habe ich sie so im Mai 2020 wahrscheinlich auch für sehr kritisch gehalten und habe nicht daran gewzweifelt, daß es da einiges zu kritisieren oder dagegen zu demonstrieren gibt.

Dann hat sich das Blatt gewendet, die Künstler wurden unterstützt, wahrscheinlich damit sie nicht demonstrieren und die das taten waren dann Covidioten, Nazis, Schwurbler, etcetera und über Covid- Romane wurde auch die Nase gerümpft.

Ich habe solche aber geschrieben und geschrieben, schon um alles zu dokumentieren, wie es war und wie ich es empfunden habe und die Marlene Streeruwitz, die ja auch ein Handbuch gegen den Krieg geschrieben hat, was man ja auch nicht sein darf, für den Frieden und gegen Waffenlieferungen, tut es aber weiter.

So ist auch der neue Romn “Die Tage im Mai” von den Covid-Maßnahmen begleitet, was ich ja nur sagen kann, daß ich mir nicht vorstellen kann, einen Roman, der in der Jetztzeit spielt, zu schreiben, wo nicht das Maskentragen, etcetera, beschrieben wird.

Marlene Streeruwitz tut es also in ihrem neuen Werk, das ich weniger surreal und vielleicht auch weniger literarisch als die “Flammenwand” empfinde, also auch, obwohl sie während ihre Konstanze mit Maske auf durch den Prater marschiert oder nach Zürich fliegt, das Ganze sehr neutral zu sehen scheint.

So steht irgendwo, daß Konstanze zwar geimpft aber gegen die Impfpflicht ist und wenn die “Tage im Mai”, was, ich glaube, im Mai 2022 spielen, wo ich mein “Soziales Kreditsystem” begonnen habe und recht verzweifelt damit war, nicht schon wieder Corona, aber was sonst, wird da noch sehr viel Maske getragen.

Es kommt aber auch viel anderes vor. Der Krieg natürlich, gegen den Marlene Streeruwitz ja sehr eindeutig ist oder die Klimademonstrationen und ich wundere mich ein bißchen, daß eine so kritische Autorin, wie es die Streeruwitz eindeutig ist, mit einer sehr starken Stimme, die alles kritisiert, die katholische Kirche, den Kanzler Kurz, die Lockdowns und die Zwangsmaßnahmen so neutral und selbstverständlich hinnimmt, eine besondere Angstneurose würde ich ihr aber auch nicht unterstellen.

Also ein interessanter Roman, obwohl ich ihn, ich wiederhole mich, ihn nicht viel literarischer als mein Schreiben beurteilen würde, die ich ja auch sehr realisitsch bine und es geht um zwei Frauen oder drei vielleicht, wenn man die Großmutter Christl noch mitrechnet und die italinische Nonna ist an Covid gestorben.

Da ist also Konstanze, eine Frau um die Fünfzig und Übersetzerin. Sie hat eine Tochter namens Veronica, die zwanzig ist und ihr Studium abgebochen hat. Von Salzburg, wo sie bei den Großeltern wohnte, ist sie nach Wien gekommen und nun in einem katholischen Studetenheim lebt und in einer obskuren Briefkastenfirma mit Maske an der Rezeption sitzt. eine Doderische-Hausmeisterin die Frau Wallin gibt es auch und Veronica muß mit Maske den Briefkasten bewachen und Damen, die eintreffen zum Herrn Dr. Küchenreither hinaufbitten.

Da wären wir wieder bei den Namen, die bei Marlene Streeruwitz wieder sehr sprechend sind, da gibt es einen Onkel Stieglitz, der Veronica, die er bei einer Demo erwischt, Rechtsradikalität unterstellt und den Siebenstein, das ist ein ehemaliger Liebhaber Konstanzes, die ihn auf ihren Spaziergang durch den Prater trifft, sie wohnt nämlich in der Ausstellungsstraße, wo sie immer zum Prater sehen kann, sich von ihm zehn Euro für eine Käsekrainer ausborgt und ihm dann zwanzig zurück gibt und obwohl es Spannungen zwischen Mutter und Tochter gibt, treffen sie sich immer in Konstanzes Wohnung und schauen sich dann Telenovelas an, die Marlene Streeruwitz, die ja auch Groschenromane schreibt, gleich mitgeschrieben hat.

“Roman dialogue” steht unter dem Titel, was ist das könnte man fragen? Die Antworte sind zwei Textpassagen, wo sich Mutter und Tochter im Dialog unterhalten.

Veronica übernachtet bei der Mutter, die früh morgens, weil es billig ist, nach Zürich fliegt, um dort mit ihren Verlegern über ihre Übersetzung zu sprechen und als sie zurückkommt, findet sie Veronica wieder in ihrem Bett. Denn die ist zwar nicht zu dem Vortrag über Wunderheilungen ins Studentenheim gegangen, obwohl ihr bei Verweigern mit dem Rauswurf gedroht wurde. Sie fand dann aber den Kaplan Chrobath, betrunken oder nicht in ihrem Zimmer und vor ihm geflüchtet.

Und das Mutter und Tochter und auch die Großmutter in Folge unehliche Kinder sind, ist auch etwas, was ich von meinen Schreiben kenne.

“Eine literarisch avancierte Autorin von Format!.. . Wer ihrem Sog nicht erliegt, ist für die Literatur wohl verloren”, steht am Buchrücken. Dem kann dem zustimmen, kenne aber viele, denen die Streeruwitz, zu politisch, zu aufmüpfig und vielleicht auch zu unliterarisch ist. Die FPÖ auch zählt wahrscheinlich auch nicht zu ihren Verehrern und ich kann nur wieder hoffen, daß es auf eine Buchpreislisten kommt. da war sie auch schon ein paar mal und hat auch darüber geschrieben, denn da hätte ich weniger zu lesen.

Und typisch auch das Cover des “S.Fischer-Buchs”, krabbeln da ja die Käfer über die roten Rosenblätter.

Heute ist mitten in der Nacht

Die Pandemie, hatte auf das Schreiben der Autoren offenbar eine größere Auswirkung als ich bisher glaubte, wo ich ja nach dem ersten Buch der Marlene Streeruwitz immer hörte, “Covid interessiert uns nicht! Und nicht schon wieder ein Covidroman!”

Aber jetzt tauchen plötzlich Bücher auf, die sich mit dem Sterben beschäftigen, wo eine Bestatterin mit ihren Toten spricht oder die Reinigungsfirmen dann die Wohnungen aufräumen, wo die Leute einsam gestorben sind.

“Mit Sprache unterwegs” hat sich mit der Armut im Alter beschäftigt ,und dann diskutiert ob die Insprachnahme der mobilen Pflegedienste oder die Pflegeheime besser wären?

Die Pflegeheime nicht, denke ich, habe das schon früher gedacht, nach Covid, wo man seine Angehörigen aber noch immer nicht ohne Test oder Maske besuchen darf und die Leute dort monatelang keine Besuche empfangen durften und einsam gestorben sind und Covidist schon sowieso schwer zu erklären. Ein Dementer wird sich vielleicht vor den pflegenden Zoombies, die da auf einmal auftauchten gefürchtet haben.

So weit so gut, und eigentlich eine Themenverfehlung, denn es geht ja um das neue Buch, der 1980 geborenen Kerstin Preiwuß, die in Leipzig lebt, beim “Bachmann-Preis” gelesen hat auf der Buchpreisliste stand und jetzt auch noch Professorin am Leipziger Literaturinstitut ist, das den klingenden Namen “Heute ist mitten in der Nacht” hat, wo man natürlich einen Roman vermuten würde.

Aber nichts davon, es sind eher lyrische persönliche kleine Stücke, die sich mit der Angst und dem Tod beschäftigen, in Zeiten, wie diesen, wo wir von der Pandemie in den Ukrainekrieg und die Weltkriegangst stolperten, absolut verstänlich und vielleicht ganz schön, während einer Panikattacke oder nach dem Verlust eines Lieben, dieses Buch zu lesen.

Die kleinen Stückchen beginnen mit einem Autorstoperlebnis der Autorin in Frankfurt, wo sie wahrscheinlich einer Vergewaltigung entkam und dreht sich dann, um die Angst. Wo sie anfängt und wo sie kommt, beim Autofahren wahrscheinlich. Aber auch nach einer Fehlgeburt, die Kerstin Preiwuß einmal erlebte. Dann kommt sie zu dem Unfalltod ihres Vaters, der auf dem Fahrrad von einem Ajuto meterweit geschleudert wurde und sich dann die Angehörigen mit der Frage beschäftigen mußten, ob sie den noch brauchbaren Körper, als Ersatzteillager zu Verfügung stellen, was in Deutschland anders als in Österreich geregelt ist.

Dann geht es schon zu Covid und der Frage, ob man jetzt seine Kinder “Corona” oder “Covid “nennen soll und “Bleiben Sie gesund!”, ist der neue Gruß der Zeit, wie Kerstin Preiwuß erwähnt.

Gedichte gibt es in dem persönlichen Essay immer wieder auch:

“Jetzt ziehen wir ins Schneckenhaus./Die Zeit weiß schon Bescheid.”

Und fiktive Briefe, einen an die Kinder und eines an Emily Dickinson, die sich offenbar auch von der Welt zurückgezogen hat und die nur mehr aus ihrem Fenster hinaus betrachtete. Rose Ausländer hat das, glaube ich, auch gemacht, aber die war ja kriegstraumatisiert und da darf man keine Vergleiche ziehen.

Es gibt das Gedicht von Christine Lavant “Wieder brach er bei den Nachbarn ein…”, das analysiert wird und die Winter, Sommer, etcetera, der Zurückgezogenheit. War die Pandemie offenbar etwas, das Kerstin Preiwuß sehr ernst nahm und in Angst versetzte.

Außerdem was macht man als schreibende Frau, Kerstin Preiwuß nennt sich Schriftsteller, wenn man nebenbei noch Kinder im Homeoffice zu versorgen hat, weil die Schulen und die Kitas ja geschlossen sind?

“Es gibt mich kaum noch./Ich nehme mir nichts vor./Ich arbeitete ab./ Ich denke nicht mehr nach…”

Dann werden die Phasen des Schocks erklärt. Das habe ich auch den Pflegehelfern unterrichtet, als ich in Lainz noch die Fortbildungen machte und verschiedene Worte und Begriffe werden analysiert.

“Was deutet sich als beschaffbar an, Masken, Impfungen, Tests, sofort stellt sich die Bereitschaft ein,vorzusorgen.” Die “Hoffnung schwindet” und das “Früher wird zu einem Sehnsuchtsort.”

“Früher als wir alle noch schwelgten in Erinnerungen, die man nun als verloren betrachtet, darum mit Sehnsucht verbindet.”

Dann geht es zu den “Petitionen der Kunst”. Da gab es bei uns am Anfang einige Demonstrationen, bis diese aufhörten, wahrscheinlich weil die Förderungen kamen und die Demos dann den rechten zugeordnet wurden.

“Wir gaben alles aus der Hand, wir ließen unser gesellschaftliches Dasein ruhen, wir gaben die Kultur auf und ermahnten uns sogar dazu. Wir handelten vorsorglich.” – “Aus Gewöhnung wird also Gewohnheit.” und dann gibt es noch die “Katastrophen”, die man mit den “W-Fragen”, die man im Erste Hilfekurs oder Journalistenseminar lernt, analyasieren kann.

Dann kommt sie zu den “Kindern, die weinen, weil sie als Einzige in der Klasse positiv getestet sind.”, bis es “Plötzlich alle haben, hat man es auch und der Abstand verliert sich.” und “Nach der Krankheit kommt der Krieg”, schreibt Kerstin Preiwuß immer wieder, was sie wieder zur Angst zurückkommen läßt und dann listenartig die Situationen aufzählt, die sie in der Schule erlebt hat.

Der Ukrainie-Krieg wird erwähnt und sogar die Gedichte der Kaiserin Sissi, Zusammenhänge und, die ein bißchen schwer zu verstehen sind, wenn man nicht aufmerksam genug liest, um die Gedankensprünge der Autorin zu verstehen, die mit diesen Buch sich in einer sehr schönen Sprache, mit der Sprache, wohl auch selber Klarheit gewinnen will.

“Kerstin Preiwuß, vielfach ausgezeichnete Autorin von Romanen, Gedichten und Essays legt mit “Heute ist mitten in der Nacht” einen Text vor, der Angst und Schreiben auf eindrucksvolle Weise zusammenführt und ein Zeitempfinden in den Blick nimmt, das unsere Gegenwart bestimmt.”, steht am Buchrücken.

Ein interessantes Buch in dem man über die Ängste und die Gefühle der Autorin erfahren kann.

Oben Erde, unten Himmel

Die erste Neuerscheinung in diesem Jahr. Bisher habe ich ja nur die Reste vom Vorjahr, bezieungsweise, die Bloggerdebuts gelesen.

Jetzt also Milena Michiko Flasars dritter bei “Wagenbach” erschienener Roman. Die zwei Ersten kamen bei “Residenz” heraus, woran man wieder sieht, wie das mit der österreichflucht der Autoren ist. Katja Gasser will ja durch den Leipziger Österreich Schwerpunkt die österreichischen Verlage nach <österreich holen, mal sehen, wie das gelingt.

Ich habe von “Ich nannte ihn Krawatte”, auch in Leipzig prominent erfahren, später hat sie den “Alpha” damit gewonnen. Da haben sie mich ja hinausgeschmissen. Deshalb habe ich das Buch noch nicht gelesen.

“Herr Kato spielt Familie” habe ich schon und “Okasaan”,, den Fund aus dem Bücherschrank, den ich glaube ich einmal während einer GV der IG Autoren besuchte und jetzt das neue Buch, das von “Wagenbach” prominent beworben wurde.

Milena Michika Flasar stand noch nie so im Mittelpunkt, hat mir Robert Huez am Donnerstag in der “Gesellschaft” gesagt. Da wurde das Buch ja im Literaturhaus wieder mit japanischen Spezialitäten, wie mir Robert Huez verriet, vorgestellt, aber das haben wir beide versäumt und sind mit der “Sprache unterwegs” gewesen.

Wobei so anders war es dann nicht, wenn es auch um die “Armut im Alter” und nicht um Japan ging. Aber sonst war die Einsamkeit und sogar die Bestattung das Thema. Die Wassergläser mit den Schlieren, die der mobile Pflegedienst hinterlässt, die dann die Bestatter, die die Leichen abholen, finden und Milena Michiko Flasar hat sich wieder einem Thema mit einem speziellen japanischen Namen nämlich dem “Kodokushi”, dem einsamen Tod, wie im Anhang steht und das ist auch, glaube ich, das besondere am Schreiben der 1980 in St. Pölten geborenen Milena Michiko Flasar, die eine japanische Mutter hat, dadurch wahrscheinlich Japanisch spricht und vielleicht auch öfter dort gewesen ist.

Sie hat sich, kann man sagen, der japanischen Kultur angenommen und nach Österreich gebracht. Deshalb fließen immer wieder japanische Wörter durch das Buch. Deshalb hat “Wagenbach” zum Japanisch essen eingeladen und während es im ersten Buch um die, die, weil vielleicht Schul- und Leistungsangst ihre Wohnung nicht mehr verlassen, den “Hikimori” ging und beim zweiten Buch, um einen Pensionisten, der sich als Familienmitglied vermieten läßt, geht es jetzt um die, die monatelang in ihren Wohnung liegen, bis dann die Briefträger oder die Hausmeister die Polizei verständigen und der Reinigungstrupp trifft ein, um die Wohnung zu putzen.

Als ich das Cordula Simon, die ja als Bestatterin tätig ist oder war, am Donnerstag erzählte, sagte sie, das kommt in Österreich nicht so oft vor. Wahrscheinlich ist das in Japan häufiger, das Menschen einsam und ohne Angehörige sterben und eigentlich geht es auch um etwas anderes.

Es geht um Suzu, fünfundzwanzig und auch alleine mit einem Hamster lebend. Sie hat zwar Eltern, mit denen sie telefoniert und die sie zu den Festtagen besucht. Hat aber sonst wenig Kontakt zu ihren Nachbarn, keine Freunde und jobbt als Kellnerin in Familienrestaurants. Sie hat auch das eine oder andere Date, aber sonst wahrscheinlich keinen wirklichen Sinn im Leben und ist vielleicht auch etwas schüchtern. Aber sonst ziemlich schlagfertig und die verliert ihren Job als Kellnerin und sucht nun, weil das Geld ausgeht, etwas anderes. Da landet sie bei der Reinigungsfirma des Herrn Sakai und da ist sie beim Vorstellungsgespräch nicht allein. Ein Takada, der denselben Nachnamen wie sie hat, bewirbt sich mit ihr. Der hat lange Haare, die ihm ins Gesicht fallen und schreibt sich ständig Wörter in ein Notizbuch auf, um später vielleicht einen Roman zu schreiben und wahrscheinlich auch sehr einsam und hat seine Traumen. Er wohnt, auch das ist wahrscheinlich typisch japanisch in einer Kabine in einem Internetcafe und so beginnt Suzu mit dem Reinigungsdienst.

Da wird zuerst ein Gebet gesprochen und dann der Tote, der gar nicht mehr anwesend ist, begrüßt. Das erinnert an die “Bestatterin von Killcross” und nach der Arebei, an die man sich erst gewöhnen muß, deshalb liegen auch Speibetüten bereit, geht es ins Sento, das japanische Badehaus, wo Suzu einer Mrs Langfinger genannten Alten begegnet, die Drops stiehlt, damit sie ins Gefängnis kommt, um nicht mehr einsam zu sein, obwohl sie eine Tochter hat und dann zum Absacken in ein chinesisches Restaurant.

Man sieht Herr Sakai kümmert sich sehr fürsorglich um sein Team und veranstaltet zum Kirschblütenfest auch ein Picknick, wo er alle seine Bekannten einlädt. Also die Kassiererin im Badehaus, Frau Langfinger und ihre Tochter und da ist dann zu erwähnen, daß das Buch im Winter beginnt und bis zum nächsten Winter geht.

Takada wird im Sommer, glaube ich, krank. Da wird Suzu von Herrn Sakai in seine Kabine geschickt, um nach ihm zu fragen. Ihr fällt das schwer. Sie kauft eine riesige Melone, die sie dann zu diesem Cafe schleppt und findet einen hochfiebrigen Takada, den sie dann in ihre Wohnung bringt und da ist interessant, daß der Hamster, der sich bisher immer vor ihr versteckte, plötzlich aus seinem Untergrund kommt und interessiert das Geschehen beobachtet.

Suzu freudet sich auch mit ihren Nachbarn, auch zwei alte Menschen, an und besteigt mit dem gesund gewordenen Takada dann das Plateau ihres Hauses von dem man eine wunderbare Aussicht auf die Stadt hat und im nächsten Winter kommt es, wie es kommen muß.

Herr Sakai entschuldigt sich für drei Tage und kommt dann zurück, um seinen Team zu erklären, daß er nur mehr drei Monate zu leben hat. Er stirbt zuerst von seinen Freunden umgeben und letztlich doch allein im Spital und die vier Übergebliebenen räumen seine Wohnung auf.

Das heißt, sie glauben zu einer Messiewohnung zu kommen, aber die ist leer und blitzblank und so gehen sie wieder zu ihrer Arbeit.

“Wir schlüpften in unsere Schuhe, die nebeneinander aufgereiht im Eingang standen. Dann – mit einem letzten Blick auf das, was hinter uns lag – machten wir uns auf den Weg.”

“Leben probiert man nicht aus. Man lebt es einfach. Es gibt keine Generalprobe. Keine Wiederholungen” – “Ein umwerfender Roman über Nachsicht, Umsicht und gegenseitige Achtung”, steht am Buchrücken.

“Wagenbach” hat mir auch eine Liste von Michiko Milenas Flasars Lesetour geschickt. In Leipzig, das diesmal im April stattfindet, tritt sie sicher auf und dann auch bei “Literatur und Wein”, sowie an anderen Orten.

Populärer Realismus

Jetzt kommt ein sehr interessantes Buch auf das ich durch Ö1 aufmerksam wurde, wo es dann auch noch eine gesamte Sendung dazu gab. Das Buch des 1962 geborenen Moritz Baßler, der an der Universität Münster neuere deutsche Literatur lehrt “Populärer Realismus”-“Vom internationalen Style des gegenwärtigen Erzählens” heißt es weiter und da hatte ich schon mal Schwierigkeiten mit den Begriffes.

Was ist der “Style” und was heißt “Midcult”? Und ich, die ich ja realistisch schreibe, meine die Gesellschaftskritik dabei und keine Trivialliteratur. Denn man sollte ja eigentlich leicht und verständlich schreiben und sich nicht in einem Fremdwörter-Touch verwirren, damit man was versteht.

Das ist wahrscheinlich die alte Frage. Sprache oder Inhalt? Und nur der Joyce ist gut, der Proust, der Johannes Marius Simmel nicht und schon gar nicht der Sebastian Fitzek oder die Joanne Rowling, obwohl die ja die Kinder in die Bibliotheken getrieben hat und als der Hauptverband des Buchhandels den deutschen Buchpreis ausgerufen hat, damit die Leute zu Weihnachten Bücher verschenken, würde ich mal vemuten, berief er Literaturkritiker in die Jury und die Buchhändlerin, darunter auch das Jurymitglied Petra Hartlieb, stöhnten, den Reinhard Jirgl, Ulrich Petzer, Frank Witzel, Thomas Lehr können sie nicht verkaufen, denn die Keute wollen etwas Lesbares, Spannendes, Unterhaltendes und nicht die hehre Sprachkunst, die sie nicht verstehen.

So schreibt Moritz Baßler auch gleich am Anfang, daß er mit James Joyce aufgewachsen ist und dann kommt Wolf Haas daher witzelt herum und die Leute sind zufrieden.

Daniel Kehlmann und noch ein paar andere werden aufgezählt und dann ein Text von Sebastian Fitzek, dem Bestsellerautor mit seinen Psychothriller und die Leser, die “Amazon Rezensenten” oder so, sind zufrieden, denn sie kriegen genau was sie erwarten und können sich auf ihren Fitzek ,verlassen obwohl es immer wieder spannend ist und da sind mir die Webinare der Jurenka Jurk und ihren Romanfahrplan eingefallen, die ja genau das beibringen will mit der Heldenreise,, die den Leser fesseln und die die noch lesen und, ich glaube, das tun immer weniger Leute, wollen unterhalten werden.

Die hehre Literaturwissenschaft sagt aber Genre oder Trivialliteratur dazu, bespricht es nicht in ihren Feuilletons und Denis Scheck schmeißt es in seinem “Druckfrisch” in den Mistkübel hinunter und das ist interessant, denn warum heißt es “Eigenverlag” wollen wir nicht und warum darf ein Buch nicht leicht geschrieben sein, denn wenn man ein Fremdwörterlexikon dazu braucht, um es zu verstehen, schmeißen es die Leser am Ende in den Müll.

Aber zurück zu Moritz Baßler zu seinen internationalen Style und seinen Midcult, denn er verteidigt Sebastian Fitzek und meint, auch wenn man seine spannende Thriller liest, bekommt man etwas mit von der Welt und es geht nicht nur um den Kommerz und das Verkaufen, was offenbar, das einzige ziel der Populärliteratur ist und da erinnere ich mich, wie ich einmal bei dem “Fest für Gerhard Rühm” iwar, der sicherlich nicht im populären Realsmus schreibt, einen hehren Literaturkritiker klagen hörte, daß es soviele erzählende Romane gibt und man stattdessen lieber Friederike Mayröcker lesen soll.

“Hui?”, dachte ich da verschüchtert.

“Aber ich will ja so schreiben und andere tun es doch auch!”

Richtig, Wolf Haas und Daniel Kehlmann, den ich gar nicht so besonders mag und Moritz Baßler führt dann neben Sebastian Fitzek auch noch den Alfred Döblin und seinen “Alexanderplatz” und der ist sicher nicht trivial obwohl er sich offenbar auch den Mitteln des populären Schreben bedient und der populäre Realismus ist offenbar weltüberfassend und leicht zu übersetzen oder eigentlich dafür geschrieben.

Als Beispiel werden da Huraki Murakami und und Frank Schätzing angeführt, da hat sich der Autor einmal in einer Bahnhofsbuchhandlung den “Schwarm” gekauft und bemerkt, daß er das schon hundertmal gelesen hat, weil da ja die Klischees verwendet werden, leicht verständlich sind, während die hehre Literatur mit der Sprache arbeitet und seinen Leser etwas Neues bietet,, was dieser der sich auf seinen Autor verlassen möchte, gar nicht haben will.

Eine interessante Frage und ich dachte, als ich das begriffen habe, daß es ja sehr wichtig ist, in leichter Sprache zu schreiben. Damit alle an der Kultur teilhaben können und nicht nur die, die Matura haben oder Literatur studierten und mit der Matura habe ich gehört, ist es ohnehin nicht mehr weit her, denn da muß man nur Gebrauchsanweisungen schreiben und kann bis zur achten Klasse kommen ohne einen Klassiker oder Gegenwartsautor gelesen zu haben und da denke ich wieder, daß man alles lesen soll, den James Joyce und den Sebastian Fitzek.

Jeden das Seine und wenn man sich nach einem Tag schwerer Arbeit mit einem Krimi erholt und sich nicht mit Marcel Proust abquälen will, ist das auch okay und es gibt auch gesellschaftskritische Krimis.

Der Ausdruck Midcult stammt von Umberto Eco und mir fällt noch der Rüffel ein, den ich hier bekomme habe, weil ich auch Sophie Kinsella lese. Aber ihre “Schnäppchenjägerin “ist großartig, da ist sehr viel Psychologie dabei, auch wenn die Sprache gut verständlich und leicht zu übersetzent ist.

“Midcult” hat wahrscheinlich soviel zu bedeuten, daß der “Populäre Realismus Kunst sein will” und das wird in nächsten Kapitel gehörig verrissen, beziehungsweise Daniel Kehlmanns “Vermessung der Welt”, das ich einmal gefunden, aber nicht gelesen habe, analysiert. Das kommt irgendwo eine Anspielung auf Goethes “Nachtlied” vor, was verstanden wird oder nicht, bzw. die englische Übersetzerin ärgert und dann geht Baßler durch Kehlmanns Werk, der seiner Meinung nach eine Literarizität vortäuscht, aber nicht hält.

Ich halte Daniel Kehlmann für einen hochintelligenten Autor, der mit all den Klischees und Vorurteilen spielt und sie hervorragend verwendet, so zum Beispiel dann in der “Vermessung” ein Ufo auftreten läßt und ich habe einiges von Kehlmann gelesen, beim “Fernsten Ort” habe ich einmal einen Angriff auf ihn in der “Alten Schmiede” und die Reaktionen darauf erlebt.

2003 hat er “Ich und Kaminsky geschrieben” und dann ging es mit der “Vermessung” hoch in den Literaturhimmel und das, was Baßler da kritisiert, wäre ja eigentlich sehr gut. Ein literarischer Roman der die Massen erreicht und den die Leute gern lesen. Was ist da dabei,wenn er sich, damit das passiert Klischees verwendet?

Die, die den hehren Proust analysieren wollen, weil sie Bildungsbürger sind, können das ja immer noch tun und die Mainstreamleser werden sie dabei nicht stören. Das ist wohl mein pädagogisches Ich, das mich über den Tellerrand schauen und da toleranter sein lässt, aber Achtung Leser, ich war nie in einem Gymnasium oder nur in der Sprechstunde dem, meiner Tochter Anna.

Dann kommen wir schon zum magischen Realismus, der in Lateinamerika vorherrscht und von dort zu uns geschwappt ist. Dort sind die Leute arm, könnte man unken, retten sich deshalb gern in die Phantasie und sehen Wirklichkeiten, die sie vielleicht gern hätten aber nicht haben.

Heinrich Böll, der inzwischen vergessene Nobelpreisträger von 1972 wird hier auch zitiert oder seine Literarizität in Frage gestellt. er hat in “Wanderer kommst du nach Spa..” offenbar einen verletzten Soldaten in sein ehemaliges Gymnasium gebracht, weil das inzwischen zum Lazarett umgewandelt wurde. Das ist sehr eindrucksvoll und sagt uns “Krieg ist Böse!”, wenn die starken Metapher natürlich kitschig ist und deshalb prägt sie sich wahrscheinlich auch so gut ein.

Dann kommt es zu Knausgards Autoficition, den ich nicht gelesen habe und wahrscheinlich auch nicht lesen werde und höre und staune, einer seiner Romane fängt fast genauso, wie der “Engel des Vergessens” an und da hätte ich gedacht, es gibt kein Problem mit der literarischen Wertung. Sie ist eine Lyrikerin, beherrscht also die Sprache und sie hat auch den “Bachmann-Preis” bekommen und ist dadurch bekannt geworden.

Für Moritz Baßler wieder zu poulär. Aber was ist schlecht daran, daß das Buch ein Bestseller geworden ist und sich die Leute mit den Kärntner Slowenen beschäftigten? Das halte ich sogar für sehr gut, auch wenn Maja Haderlap ihrer Großmutter da vielleicht etwas in den Mund legt, was sie selbst nicht gedacht hat.

Dann geht es um die Genre, den Fantasyroman, zu dem “Harry Potter”, der “Herr der Ringe”, die “Biß-Romane”, etcetera gehören und da stellt Baßler die Frage, ob sie zur Literatur gehören? Das ist wohl eine Frage der Definition und ich könnte genausogut danach fragen, ob experimentelle Textmontage ohne Sinn und Handlung eine solche sind?

Die, die Fantasy schreiben, tun das oft in Serie und da sind wir wieder bei dem, was die Leser sich erwarten, bei den “Tatort-Krimis” und den Fantasycomputerspielen.

Dann kommt wieder Baßler zur Literatur oder zu Katrin Paßing, die ja 2006 den “Bachmann-Preis” gewann und das auch voraussagte, weil sie den Text nach bestimmten Kriterien konstruierte. Das nannte sie automatische Literaturkritik und damit hat sie die Texte nach Kriterien etwa, spielt in der DDR, hat Nazivergangenheit, etcetera bewertet und auf diese Art und Weise eine Zeitlang selbst einen Preis vergab.

Das hat sich jetzt aufgehört und es ist, glaube ich, auch um Wolfgang Herrndorf, der sich 2013 wegen seiner Krebserkrankung das Leben nahm.

“In Plüschgewittern” habe ich von ihm gelesen und “Tschik” und das ist ja der Kultroman, der laut Baßer nach diese Kriterien geeschrieben wurde. Baßler kommt dann noch zur Popliteratur, dazu zählt Herrrndorfs “In Plüschgewittern” und ich weiß zwar ungefähr, wer zu den Popliteraten gehört, aber nicht genau, was das eigentlich ist.

Beim “Neuen Midcult” geht es über die Rezension von Elena Ferrantes “Genialer Freundin”, wo ich den ersten Teil gelesen habe, zu den etws umstritteneren Stimmen. Da wäre einmal Takis Würgers “Stella”, das mir die liebe Doris ins Klinikum St. Pölten mitbrachte, als ich dort mit meinen Knöchelbruch lag und dem wird ja kulturelle Aneignung vorgeworfen oder, daß ein nicht Betroffener sich nicht in eine Holocaust-Täterin einfühlen darf.

Dann wird es noch moderner nämlich binär und antirassistisch und da stand ja Olivia Wenzel mit ihren “1000 Serpentinien Angst” auf der dBp und die hat ordentlich ausgeteilt, als sie mit ihrer Oma chinesisch Essen ging und dort vermanschte Ethnokost vorgesetzt bekam.

Sharon Dodua Otoos “Adam Raum” wird auch vorgeworfen, daß sich eine schwarze Frau nicht in ein Nazi-KZ hineindenken darf. Allerdings milder als Takis Würger, dem wahrscheinlich mittelalten weißen Mann und Anke Stelling, die mit “Schäfchen im Trockenen” den Leipziger Buchpreis gewonnen hat. Leider habe ich das Buch nicht gelesen, hat sich mit den Sorgen einer modernen Bildungsunterschicht beschäftigt, die nicht mithalten kann, wenn sich ihre Freunde aufs Land zurückziehen wollen.

Man sieht der moderne “Midkult” ist wieder sozialkritisch geworden und interessant ist auch, daß Moritz Baßler, den ich, ohne ihn zu kennen, für konservativ halten würde, sich auf eine Anticorona-Demo bezieht, wo eine Jana aus Kassel, meinte, daß sie sich wie Sophie Scholl fühlt, “weil sie in der Corona-Pandemie eine Maske tragen muss.”

Was Baßler, wie anderere für nicht zuläßig hält und vermutet, daß “Jana ihr Bild von Sophie Scholl selbst bereits kitischigen , unterkomplexen, literarischen oder filmischen Darstellungen der NS-Zeit verdankt.” Nun ja, 1943 war sie wahrscheinlich noch nicht geboren.

Da würde ich “Wehret den Anfängen!”, rufen und einwenden, daß man das, wenn man nur mit Bändern ausgerüstet und zwei Pässen von der Polizei oder Security kontrolliert in Geschäfte und in die Uni darf und zum Zeitpunkt des Geschehens, nicht wußte, ob das vielleicht ewig weitergehen wird? schon darf und sich die Geschichte vielleicht auch anders entwickelt hätte, wenn es 1933 mehr Widerstand gegeben hätte und die Bedrohung auch etwas Subjektives ist.

Die einen haben sich vor dem Virus gefürchtet, die anderen, sich um ihre Freiheit gebracht gesehen und wenn jeder Kritiker gleich ins rechte Eck gerückt wird, kann man vielleicht auch von Verharmlosung des Nationalsozialismus sprechen und sich fragen, warum das nötig war?

Eingeleitet wurde das Kapitel aber mit der Frage an die Leser, was sie sich von der Literatur erwarten und dann zum neuen oder auch alten literarischen Quartett hinübergeschwenkt. Das Alte war stimmgewaltig von Marcel Reich-Ranicki geprägt, das dazwischen von Maxim Biller, der mir zu viel schimpfte und Christine Westermann, die wohl als “Wohlfühlmama” bezeichnet wurde. Das Neue dominiert die Autorin Thea Dorn mit Gästen, wenn das nicht schon überholt ist und Wohlfühlliteratur ist überhaupt etwas, das Mortiz Baßler gar nicht mag.

Ob man aber “Stella”, “Hundert Serpentinen Angst”, oder “Schäfchen im Trockenen” wirklich als Wohlfühlliteratrur bezeichnen kann, würde ich bezweifeln.

Im Kapitel “Tentakuläres Erzählen” werden die Romane “In der Traumfabrik” von Hengameh Yaghoobifarah”, “Der Mythos des Pferdemädchens” von Lisa Krusche und “Identitti” von Mithu Sanyal vorgestellt. Den Zusammenhang zwischen Romanen und auch was tentakuläres Erzählen ist, habe ich nicht ganz verstanden. Was eine Kritik an Moritz Baßler sein könnte, der es als Wissenschaftler offenbar nicht viel vom verständlichen Schreiben hält.

Im nächsten Kapitel geht es um die derzeit sehr beliebte Autofiktion und die hat möglicherweise Karl Ove Knausgard mit seiner Serien “Min Kamp” begonnen und da erklärt Baßler, wie man sein Leben in Serie beschreiben kann.

Literarischer wurde es dann be Rainard Goetz, der ja 1983 Klagenfurt erregte, als er sich während des Lesens die Stirn aufschnitt.

Christian Kracht ist auch ein Meister des Autofiktionales und einer den Baßler anerkennt. Begonnen hat der mit “Faserland” und das dann in “Eurotrash” fortgeführt und das wird auch zur Popliteratur gezählt.

Daran knüpft sich wieder die Frage, wer über was schreiben oder übersetzen darf? Früher hatte man das Problem nicht, da haben Männer die berühmtesten Frauenroma geschrieben und deren Psyche erklärt. Aber jetzt haben wir die political correctness und da wird es schwieriger, aber auch eingeengter, weil am Ende und ganz genau genommen, jeder nur mehr über sein Erlebtes schreiben darf und ob die Leser dann dann haben wollen, ist die Frage oder vielleicht darf man dann nur das lesen, was man selbst erlebt hat, was dem Buchhandel aber wahrscheinlich nicht gefallen wird.

Im Kapitel “Kalküroman” wird Dietmar Darth zitiert dessen “Gentzen oder betrunken aufräumen”, ich gelesen habe und den ich eigentlich nicht zu den leicht lesbaren Unterhaltungsautoren einordnen würde.

Interessant ist auch, daß Moritz Baßler Anette Webers “Anette, ein Heldinnenepos” zu den Kalkülromanen zählt. Sie hat damit aber auch den deutschen Buchpreis gewonnen und Leif Randt, dessen “Allegro Pastell” ich gelesen habe, wird auch analysiert und am Schluß kommt Moritz Baßler, der dann doch beim Lesen, das “Gut mit dem Gernelesen” verbinden will, wieder zu Wolf Haas zurück, den er sehr zu schätzen scheint.

Bilder gibt es in dem Bjuch, das ich sehr interessant fand, gern las und viel für mein Schreiben daraus mitnahm, auch wenn ich alles nachvollziehen konnten und nicht alle Meinungen des Autors teile, auch.