Das weisse Haus

Das ist jetzt das Buch des 1967 geborenen Filmproduzenten und Schriftstzellers Wolfgang Mueller, das ich auf den ersten Blick für einen Krimi gehalten habe “Wer zieht im Hintergrund die Fäden?” steht am Buchrücken und am Cover ist auf schwarzen Grund ein weißer Hausumruiß mit einer offenen Tür zu sehen.

Es ist aber viel mehr oder etwas anderes. Ein Frauenroman, über die Midlifekrise literarasch überhöht und aufgepäppelt. Eine über die Dummheit von mittelalten Frauen, die sich von männern unterdrücken lassen und in denWahnsinn rennen und mich am Schluß sehr stark an die “Frauen von Stepford” erinnerte, diesen Film aus 1975. wo sich die Männer die Frauen durch Puppen ersetzen, um ein bequemens Leben zu haben, obwohl es in dem Buch um etwas anderes geht.

Da weiße Haus ist alles davon ein bißchen. Gesellschaftskritik und immer wieder diskrete Anspielungen an die Aktualität, an das vegane Essen, die Ausländerfrage, etcetera, gibt es auch und manches erschien mir ein wenig langatmig und manche Sätze zu künstlich, wie aus einem Werbeprospekt.

Da ist also Elisabeth, eine Frau ein bißchen nach vierzig, Architektin oder Architekturkritikerin. Sie schreibt jedenfalls Bücher über Häuser und da ist sie dabei Villen in Berlin zu beschreiben, die eine Seele haben und stößt auf das weiße Haus. Das heißt eigentlich bringt sie ihr Lebenspartner Anton darauf. Sie sind nicht verheiratet und eine Tochter namens Leonie aus einer früheren Beziehung gibt es auch. Anton ist Finanzbeamter und Steuerfahnder, arbeitet aber an Elisabeths Preojekten mit und wird als eher schwacher Typ geschildert, der keine Verantwortung übernehmen will.

Die Beiden gehen zu dem Haus, es gehört einem Schönheitschirurgen der aus Ägypten stammt und behauptet das Haus selbst geplant zu haben. Er hat eine Frau Namens Leila, die war Tänzerin und wurde von ihm zu Versuchszwecken total operiert, so daß sie, wie eine Puppe aussieht.

Elisabeth verfällt Hanif Amid isofort, obwohl er sie schlecht behandelt und fast vergewaltigt und Anton, der eher banale Tp verfällt Leila.

Hanif behauptet Leila will ihm umbringen. Sie hat ihm auch beim Finanzamt angezeigt. So ist Anton auf das Haus gekommen und als Elisabeth eines Tages hinkommt liegt ein polnischer Autoverkäufer oder Mafiosi tot am Boden.Das habe ich unlängst bei Antonio Fian so gelesen, auch das Anton hilft die Leiche zu beseitigen. Elisabeth wird auch von der polnischen Mafia zusammengeschlagen, muß Ahmids Rechnungen bezahlen und wird von Anton verlassen.

Eine Kommissarin tritt auf, die wird als eher dick und tolpatschig geschildert und Elisabeth verfällt Hanfi immer mehr, überschlägt sich auch mit ihrer Tochter und ist gemein zu ihr, das ist eine Stelle die mir gar nicht gefällt, obwohl sie in der Realität vielleicht gar nicht so selten vorkommen wird.

Hanif fliegt mit Leila nach Ägypten um die Angelegenheit zu bereinigen. Sie kommt dort bei einem Terrorumschlag ums Leben und Anton gesteht Elisabeth, daß er auch dort war, um Hanif auf Leilas Anstacheln, zu beseitigen. Er konnte es nicht tun. Verdächtigt Hanif aber an dem Anschlag beteiligt zu sein. Elisabeth muß das weiße Haus weit unter seinem Wert verkaufen. Hanifs Praxis oder Schönheitsklinik ist ausgeräumt, denn er will nach London ziehen, um dort neu anzufangen. Eigentlich hat er dor studiert. Jetzt ist er von Berlin enttäuscht. Elisabeth folgt ihm. Will dort als Immobilienmaklerin arbeiten, weil der Plan das Buch zu schreiben gescheitert ist und sie sich mit ihrem Verleger, mit dem sie befreundet war, überworfen hat, beziehungsweise ist er auch in Konkurs gegangen und sich von Hanif, weil sie mit ihrem alternden Körper unzufrieden ist, verschönern lassen. Er macht das, sie liegt wochenlang im Spital, hat Schmerzen, Verbände, darf nicht aus dem Haus und erkennt schließlich, daß sie von ihm zu einer Kopie gemacht wurde.

Nein, ein Krimi ist das nicht. Wahrscheinlich ein Unterhaltungsroman, der brissante Themen vielleich ein bißchen übertrieben aufarbeitet, um seine Leser zu finden.

Unhaltbare Zustände

Nun geht es in die Schweiz zum Schweizer Lesen und zu Buch drei des “Schweizer Buchpreises” nämlich Alain Claude Sulzers “Unhaltbare Zustände” der schon 2012 mit “Aus den Fugen” auf der Schweizer Liste gestanden ist, das Buch habe ich im Sommer in Locarno gelesen, das neue habe ich nach Basel mitgenommen, bin aber neben der “Buch-Basel” und dem siebenten “Nanowrimo” und der Stadtbesiichtigung nicht zum Lesen gekommen und nun habe ich das Buch gelesen, das ein sehr langsames altmodisches ist und das mich mehr beeidruckt hat, als das von dem Künstler der plötzlich den Konzertsaal mitten im Spiel verläßt, obwohl es wahrscheinlich, um einen ähnlichen tragischen Ausnahmezustand geht und der 1953 Geborene, den ich auch bei der Lesung im Volkshaus Basel hörte, wohl ein Meister darin ist.

Ein sehr langsames und altmodisches Buch, das im jahr 1968, wo sich alles änderte und das neue Leben in die Schweiz und da wohl in die Stadt Bern mit dem Bärengraben eintritt und auf dem Münster die Vietcongfahne gehießt wird, spielt und da von einem älteren wohl sechzigjährigen Schaufensterdekorateur handelt, der im “Quatre Saisons” schon seit Jahrzehnten für die Gestaltung der Schaufenster zuständig ist.

Ein etwas altmodischer Herr, unverheiratet, der bis zu ihrem Tod bei seiner Mutter lebte, ein wenig schrullig wohl, wie ihn Sulzer, der ja auch schon über sechzig ist, sehr gekonnt, aber wohl auch sehr klischeehaft schildert.

Nun holt ihm die neue Zeit, die er nicht mehr versteht ein und er wird durch einen neuen Schausfensterdekorateuer ersetzt, der lebende Figuren, sprich Schauspielschüler in die Schaufenster setzt und Robert Stettler bleibt über und zerbricht daran, gibt es ja auch keine Frauen in seinem Leben, die Mutter ist tot, sondern nur eine Liebe oder Schwärmerei zu einer Rundfunkpianistin namens Lotte Zerbst, wohl auch schon eine ältere Dame. Ihr schreibt er Briefe und fängt auch Bier zu trinken an und sie, die in ihrer Jugend von ihrem russischen Klavierlehrer mißbraucht wurde, wäre wohl auch nicht abgeneigt, ihn zu treffen.

Allein der Zufall spielt dagegen, das geplante Schostakowitsch-Konzert, das sie in seiner Stadt geben soll, wird wegen dem Einmarsch in die CSSR abgesagt und als sie dann doch kommt, um Chopin zu spielen, findet sie seine Adresse nicht und er hat da schon längst seinen Abgang, sprich letzten großen Coup geplant.

Das ist wieder etwas dramatisch und ich würde das wohl eher banaler schildern, aber Stetter, der seinem Widersacher vorher verfolgte und auch einen Denuziationsbrief an die Geschäftsleitung schrieb, als er ihn mit ein paar jungen Leuten aus seiner Wohnung gehen sah, auch das ist vielleicht ein bißchen dick aufgetragen, reagiert am Ende viel moderner, als der strahlendene Konkurrent, als er sich nämlich nackt in in das Schaufenster setzt und dadurch einen wahren Auflauf erregt.

Blöd ist nur, daß er damit wahrscheinlich nicht nur in die “Irrenanstalt” kommt, sondern, daß Lotte Zerbst auch an dem Schaufenster vorbei geht und entsetzt über den “armen Irren” ist, wie sie ihm später in einem Brief mitteilt.

Einen Prolog und einen Epilog, gibt es auch und ich habe ein spannendes Buch gelesen und bin wieder ein Stück weiter in die Schweizer Literatur  eingedrungen und habe vielleicht auch von Alain Claude Sulzer, den ich, wenn ich mich nicht irre, 1996 kennenlernte, als ich da einmal nach Klagenfurt zum “Bachmannpreis” als Zuschauerin gefahren bin, etwas mehr erfahren.

Du siehst ja noch richtig gut aus

Jetzt noch schnell einen Comic aus dem “Fröhlichen Wohnzimmer” von Ilse und Fritz “über das Älterwerden”, aus dem Jahr 2009 wahrscheinlich, in dem gelben  vierundsechzig Seiten Heftchen gibt es keine Erscheinungsangabe, aber die Ilse ist dort einundfünfzig und der Fritz, der ja kürzlich seinen sechziger feierte, dreiundfünfzig.

Ja Ilse und Fritz sind crossover unterwegs, schreiben, zeichnen, filmen, singen tun sie, glaube ich, auch ein bißchen. Es gibt, glaube ich, mehrere Comics der beiden und, wie das Büchlein in meinen Besitz gekommen ist, kann ich eigentlich nicht sagen.

Aus dem Bücherschrank kommt es, glaube ich, nicht, obwohl ich dort schon was aus dem “Fröhlichen Wohnzimmer” gefunden habe, vielleicht hat es mir der Fritz einmal zu meinem Geburtstagsfest mitgebracht.

Das Heftchen ist sehr leicht zu lesen und wahrscheinlich haben es Ilse und Fritz seitenweise gezeichnet und geschrieben, denn wenn man genau hinschaut, fallen  zwei Stile auf.

“In den vergangenen 51 Jahren bin ich ältergeworden – 1958 – 2009”, schreibt wahrscheinlich die Ilse, die “Veza Canetti-Preisträgerin”.

“Das Älterwerden war manchmal lustig – Wenn ich groß werde, geh ich in den Kindergarten” und der Fritz schreibt gleich das Krankwerden an.

“Zieh dich endlich an, Fritz,wir müssen zum Augenarzt” – “Also wenn das Älterwerden noch mehr Arztbesuche mit sich bringt, hab ich dafür keine Zeit” repliert die Ilse.

Das Kranksein ist also, man sieht es gleich, ein wichtiges Thema und die Angst, daß man nicht gesund alt werden könnte. Der Fritz wird als Hypochonder geoutet: “Ilse, kannst du bitte  schnell mal meinen Puls fühlen”, die braucht eine dicke Brille mit der sie nicht ins Gäsehäufel mit dem Rad fahren kann und war schon elf mal in Narkose.

Ja und außer in den Kindergarten, muß man, wenn man Älter wird  auch in die Schule gehen.

Da hat die Ilse mit dem “Schlaumeier-Gen” aber auch ihre besonderen Visionen: “So liebe Kinder”, sagt bei ihr die Lehrerin “Heute werden die Zeugnisse verteilt. Und wer genug verlernt hat, sinkt in die vorige Klasse!”

Denn die Ilse, die Kritische, glaubt nicht an den Spruch mit der Altersweisheit “Ich brauche keine Altersweisheit, ich habe ja das Schlaumeier-Gen! Bin also weise genug, um unvernünftig alt zu werden!”

Das macht man, wie vor allem der Fritz beweist am besten mit einem Bier und wünscht sich hundert Lebensjahre.

“Vielleicht”, sagt dagegen die Ilse “wäre es einfacher, das Leben alt zu beginnen und immer jünger zu werden” und zeichnet sich vom Stock bis in die Wiege.

Es wird dann auch auf den Friedhof gegangen und mit den Monstern a la Frankenstein und Co beschäftigt.

“Frankensteins Monster hat viele Narben. Und gewiss  sind alle Monster sexy und bringen unsere Herzen auch im hohen Alter zum schneller schlagen!”, sagt etwa der Fritz und die Ilse weist darauf hin, daß es auch Hexen gibt.

Die Baba Jaga beispielsweise mit den großen Brüsten, die sie laut Fritz beim Kochen auf einen Sessel abstützt und die gute Fee für die drei Wünsche gibt es natürlich auch und bei den beiden wird jetzt ordentlich geschummelt.

“Ich will mit meinem Fritz bis zu seinem hundersten Geburtstag Bier trinken, zeichnen, schreiben, malen, Sex haben,  glücklich sein und die Welt bereisen!”

“Das sind mindestens zwölf Wünsche!”, sagt darauf die Fee, denn “Gute Feen sind oft sehr genau beim zählen.”

Und so hat die Ilse gleich eine gute Idee “Fritz, ich habe eine Idee! Wir könnten im hohen Alter in einem Chor singen, so wie wir es im Film “young an  heart” gesehen” haben!”

“Dann bricht am 4. 9. 2009 die Leiter unter dem Fritz zusammen und die beiden können nicht wie geplant nach Kreta fliegen, denn “Der Oberarm ist zersplittert. Wir müssen operieren”, sagt der Arzt im Spital.

“Die meisten Leiterstürze finden im Alter zwischen 50 und 75 Jahren statt”, schreibt die Ilse und der Fritz dementiert “Ich bin nicht heruntergefallen. Die Leiter ist zusammengebrochen.”

Es gibt  auch die Erinnerungen, an die Dinge, die es nicht mehr gibt “Sauerkrautgeschäfte und alte Münffernsprecher” beispielsweise und den Schlußsatz “Natürlich ist ALT werden nicht vergnüglich. Aber man stelle sich die einzig mögliche Alternative vor!”

Das war ein kurzer Durchzug durch das Buch, dem natürlich die  Zeichnungen der beiden fehlen, .

Am Schluß gibt es auch ein Foto von Ilse Kilic und Fritz Widhalm, in der Winterkluft, also wäre ein Gang in das “Glücksschweinmuseum” wo man sich ja mit den “Fröhlichen Wohnzimmerbüchern” eindecken kann oder ein Besuch der Kleinmessen, wo die beiden ausstellen, zu empfehlen.

Informationen über weitere Comics und Publikationen kann man sich auch auf www.dfw.at, der “Fröhlichen Wohnzimmerseite” holen.