Die Welt

Jetzt kommt ein Reiseroman, zumindest steht Roman unter dem Titel. Dann geht es aber, um die Reisen, die der 1978 geborene Schweizer Schriftsteller Arno Camenisch, der auf Deutsch und Rätoromanisch schreibt und der mit seinen “Goldenen Jahren” schon auf der Longlist des dBps stand, in seinem Leben unternommen hat. Und er hat, wie schon der Titel sagt, so ziemlich die ganze Welt bereist und ich würde das eher dünne “Diogenes-Büchlein” als poetischen Reisebericht verstehen in dem es noch philosophische Betrachtungen des Lebens gibt.

Und das Poetische ist, der Ich-Erzähler oder Autor steht Vierundvierzigjährig eines Morgens auf der Terrasse, schaut auf den See und denkt über sein Leben und seine Reisen nach.

Denn als er Zwanzig war, so um die Jahrtausendwende, das Militär war absolviert, ein Job gefunden, wo er aufsteigen hätte können, was er aber nicht wollte. Also verkaufte er seine Güter und brach mit ein bißchen Geld und einem Gepäckstück auf die große Reise, das heißt nach Hongkong, Australien und Südamerika auf.

Später hat er auch einige Jahre in Spanien gelebt und Spanisch hat er in Südamerka gerlernt, als er dort den Menschen zuhörte und sich mit Taxifahrern anfreundet. Eine Maria gab es auch, mit der er sich einige Monate seines Lebens teilte und mit ihr im Taxi Studenhotels besuchte.

Als er nach einem Jahr zurückkam, hatte seine Mutter eine Psychose, verbrachte einige Zeit in der Klinik. Er unterrichtete inzwischen als Sprachenlehrer in Chur und fühlte sich durch seine Reisen sehr verändert. Da bringt er das Beispiel eines Mantels, den man ein Jahr im Kasten hängen hat und der, wenn man ihn herausnimmt, nicht mehr passt. Das passiert aber wahrscheinlich jeden Wintermantel denke ich und das Leben ist auch für den Erzähler weitergegangen.

Der Sommer 2003 wird von Arno Camenisch als sehr heiß beschrieben, die Klimaveränderung zeigt sich an und er beginnt eine unverbindliche Beziehung zu einer Amelie. Denn Freiheit und Unverbindlichkeit ist ihm sehr wichtig, so fliegt er Ende des Jahres, im Sommer hat er viel Zeit mit seiner Mutter verbracht und hat mit ihr Ausflüge unternommen, wieder nach Südamerika und beschließt dann im nächsten Sommer für drei Jahre nach Madrid zu ziehen. Amelie sieht er sieben Jahre später in einem Cafe in Zürich wieder und zwanzig Jahre später steht er auf der Terrasse seines Hauses, blickt auf den See und denkt über sein Leben nach.

Wieso das Buch Roman genannt wird, ist mir immer noch unklar, obwohl es sehr poetisch geschrieben ist und ein roter Faden durch die Kapitel zieht.

Memoir würde ich es nennen, aber als in einem Interview das ich hörte, die Moderatorin den Literaturkritiker fragte, ob das vielleicht Autobiografisch sei, reagierte der sehr empört und erklärte man dürfe keine Schlüsse von Text auf den Autor ziehen!

Worauf sich die Moderatorin fast entschuldigte. Wieso man das nicht darf, ist mir auch nicht so klar. Das scheint fast wie das Spoilern zu sein, das ja angeblich out ist. Dann habe ich aber auf den Buchrücken gesehen und dort steht “Arno Camenisch erzählt von den Jahren, als er in seinen Zwanzigern war, sein Leben auf den Kopf stellte und über die Kontinente zog, die Sorgen fern waren und das Leben um die Liebe kreiste.”

Also darf man es vielleicht doch. Geht es in dem Buch doch um die Freiheit und die Unabhängikeit die man sich in seinen Zwanzigern wünscht und die viele dann genauso wenig schaffen, wie die südamerikanischen Kindern, die in den Slums Fußball spielen und von der großen Karriere träumen. Arno Camenisch oder der Ich-Erzähler hat das auch getan und aufgegeben. Am Buchcover ist ein Auto zu sehen. Ein solches hat sich der Erzähler im Sommer 2003 auch gekauft und ist mit seiner Mutter durch das Land gefahren.

Hier geht`s lang!

Lesen mit Elke Heidenreich, oder das Leseleben der 1943 in Köln geborenen, die ich seit es das “Literaturgeflüster” gibt, auf diesen Blog verfolge. Denn da hätte ja 2008 glaube ich Marcel Reich-Ranicki, einen Fernsehpreis bekommen sollen, den er dann abgebrochen und die Sendung erbost verlassen hat, weil zu wenig literarisch und Elke Heidenreich hat ihn verteidigt und hat dafür ihre Sendung “Lesen” im ZDF, glaube ich, verloren. Sie versuchte einige Zeit im Internet weiterzumachen und im Schweizer Literaturclub hat es auch eine Aufregung, um eine ihrer Äußerungen gegeben, die dann den Moderator seine Moderatorentätigkeit kostete.

Eine Lesebesessene und Tierfreundin könnte man sagen. Katzenfreundin, glaube ich, denn da habe ich einmal ein Büchlein von ihr gelesen und auch sonst, glaube ich, einiges von ihr gefunden und jetzt wo sie bald achtzig wird, hat sie ein Buch über ihr Leseleben herausgebracht das auf der Frankfurter Buchmesse vorgestellt wurde und dann habe ich es mir von der Anna zum Geburtstag schenken lassen.

“Mit Bücher von Frauen durchs Leben” ist der Untertitel. Es ist also ein Buch über Frauenliteratur und die sind ja in der Literaturgeschichte immer noch ein wenig unterpräsentiert oder waren es, denn die Zeiten, wo die Männer, die Literaturpreise abräumten sind, glaube ich, schon ein bißchen vorbei.

Anita C. Schaub, die ja eine Frauengruppe im Lesetheater gründen wollte, hat in ihrem Buch über das weibliche Schreiben auch mich interviewt und bei der Präsentation in der “Gesellschaft für Literatur” habe ich behauptet, daß ich bei einem Buch ohne Autorenname erkennen würde, obs von einem Mann oder einer Frau stammt.

Ruth Klüger hat das dementiert, ich denke aber schon, daß mans erkennt, denn die Frauen schreiben über ihre Familien, ihre Kinder, die Liebe, wollen die Welt verbessern. Die Männer über Sex über ihre schwindende Manneskraft ihre Affairen und ihre Abenteuer und das kommt auch ein bißchen bei Elke Heidenreichs Einleitung heraus, auch wenn sie es nicht so benennt.

Sie beginnt bei dem kleinen Mädchen, das mit streitenden Eltern im Nachkriegsdeutschland aufgewachsen ist und das sich immer still und ruhig mit einem Buch in eine Ecke setzte. Auch die Bibliothek besuchte, denn Geld für Bücher gab es in der Familie nicht viel und dort gab es eine eigene Abteilung für Mädchen und eine für Jungenbücher. Die Mädchen lasen “Trotzkopf”, ” Elke der Schlingel” und das “Nesthäckchen”. Die Buben den “Winnetou” und Elke Heidenreich erwähnt hier Hugh Lofings “Dr. Dolittle”, der ihr die Lebe zu und die Sprach der Tiefe beibrachte.

Das war zugegeben ein Mann und den habe ich als Mädchen auch gelesen. Den “Trotzkopf,” das “Nesthäkchen” und den “Winnetou” nicht. Dafür Enid Blyton und den Einstieg in das literarische Leben erlebte sie durch Selma Lagerlöf, die Lehrerin, die 1909 als erste Frau den Nobelpreis bekommen hat und mit ihrem “Nils Holgersson”, den schwedischen Kindern auf anschauliche Weise, die schwedische Geografie beibringen wollte.

Das Buch ist sehr bebildert. Da sieht man nicht nur die kleine und immer größer werdende Elke beim Lesen. Man sieht auch die schönen alten “Nesthäkchen-” und “Trotzkopf-Ausgaben” und dann geht es vom Kind, das die Nachkriegsmädchenbücher verschlang, zum “Mädel”, das “Heidi” gelesen hat, obwohl die Schweizer Berge auch nicht viel mit ihrem Aufwachsen im Nachkriegs-Essen zu tun hatte.

Astrid Lindgren ist erst später zu ihr gekommen oder überhaupt erst, als sie schon erwachsen war und was anderen gelesen hat. Sie erwähnt aber das “Entschwundene Land” in dem sich die 2002 Verstorbene mit ihren Eltern beschäftigt hat.

Dann kommen die Märchen und die Sagen und da sind wir schon wieder oder immer noch bei den Männern. Bei den Brüdern Grimm, die die Volkssmärchen gesammelt und aufgeschrieben haben und Hans Christian Andersen, den Kunstmärchendichter an den und des “Kaisers neue Kleider”, ich in Corona-Zeiten öfter gedacht habe und dann hat sich das Mädchen irgendwann natürlich für die deutschen Heldensagen interessiert, und Siegfried als ihre erste Liebe bezeichnet, die ich, wie ich mich erinnern kann, als Zehn- oder Zwölfjährige auch mit Begeisterung gelesen habe und später bin ich, wie wahrscheinlich auch Elke Heidenreich ähnlich begeistert in die Wagner-Opern gegangen.

“Der Backfisch”, wie die Teenager oder Teenies früher geheißen haben, liest dann, wie die meisten anderen Mädchen “den fürchterlichen Kitschschinken der Anne Golon “Angelique”, der verarmten Adeligen mit den blaugrünen Augen und den schweren goldkäferfarbenen Haar”, das einen häßlichen Adeligen heiratet, in den sie sich dann verliebt. Es gibt davon zwölf Bände, Elke Heidenreich hat davon drei oder vier davon gelesen und die Reste der ab 1956 erschienenen Serie gab es vor einiger Zeit in der ehemaligen Telefonzelle in Stattersdorf, ich habe sie liegen lassen und auch keines der Bücher gelesen.

Dann steht sie vor dem Bücherregal ihrer Mutter, wo es neben “Mein Kampf”, was man damals zur Hochzeit bekommen hat, auch Shakespeare-Sonnete gab, die die Jugendliche begeistert gelesen hat. Das erste Buch, das sich Elke Heidereich kaufte war Hans Falladas “Kleiner Mann -was nun?”, wo sie nach dem Pferd aus dem Märchen suchte und dann über die Sozialkritik der Handlung erstaunt war. Sie hat alle fünfhundert Bände dieser “Rororo-Taschenbuchausgabe”, wo es die berühmte Werbung gab.

Ich habe auch einige, nicht alle Bände dieser Reihe und Elke Heidenreich ist dadurch sowohl zum Lesen als auch zum Rauchen gekommen. Sie hat später eine Hotelbibliothek eingerichtet und in ihren Jugendtagen begeistert “Vom Winde verweht”, als auch “Das Herz ist ein einsamer Jäger” gelesen. Dann kommt Elke Heidenreich zu den Frauen, in ihrer Auswahl hat sie viele Frauen vorgeschlagen und auch mit Ruth Küger, die ein Buch darüber geschrieben hat, darüber diskutiert und natürlich war auch Virginia Woolf mit ihrem “Zimmer für sich allein” für ihre Leseentwicklung maßgebend.

Die Studentin wählt natürlich Germanistik. Zuerst in München, dann in Hamburg und bekommt da von ihren Professoren Leselisten mit ein paar hundert Büchern zum Thema “Sturm und Drang” in die Hand gedrückt, die natürlich von Männern geschrieben wurden, die im achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert der Ansicht waren, daß Frauen zu den Kochtöpfen und nicht an den Schreibtisch gehörten. Manche tun das vielleicht noch heute und die Caroline von Günderrode, die von Christa Wolf trefflich beschrieben wurde. Die Schwestern Brotne und auch die jetzt berühmte Jane Austen mußten oft Männernamen verwenden oder am Küchentisch schreiben. Die ebenfalls berühmte Colette, von Elke Heidenreich hoch gelobt, tat das am Anfang auch und das <kindermädchen lief entsetzt zu Missis Christie und schrie “Die vierjährige Agatha kann schon lesen!”

Die hat dann keinen Männernamen verwendet und die junge Elke war bald von Hannah Arendt, Dorothee Sölle und Simone de Bevoir begeister,t die damals nicht an Universitäten lehrten. Deshalb hat Elke ihre Doktorarbeit auch nicht fertigeschrieben, sondern jung geheiratet und dann für ihren Mann die Rezensionen oder Beiträge für den Sender geschrieben.

Das tat sie schon vorher, um Geld zu verdienen mit Seminararbeiten und bekennt das freimütig. Ich denke da ein bißchen strenger, das darf nicht sein und man soll sich auch nicht damit rühmen und es ist auch verboten.

Aber Elke Heidenreich ist, obwohl sie nicht gendert, sehr selbstbewußt. Mit Swetlana Geier, das ist die alte Dame, die aus “Schuld und Sühne” ein “Strafe und Verbrechen” machte, was ich auch nicht goutiere, denn der Dostojewski heißt auf Russisch auch immer gleich und auch mit Alice Schwarzer mit der sie nicht immer einer Meinung war, hat sie diskutiert und von Susan Sonntag war oder ist sie begeistert.

“Sempre Susan” hat sie zeitgleich mit dem Schreiben des Buchs gelesen und da kann ich gleich anfügen, daß ich schon glaube, daß man als Frau geboren wird, auch wenn das durch die rosa Jäckchen verstärkt wird. Simone de Bevoir hat das bezweifelt und Susan Sonntag meint, daß man an seinen Krebs nicht automatisch schuld ist. Da bin ich auch nicht ganz sicher. Ein bißchen kann man da wohl schon dafür oder dagegen steuern und Elke Heidenreich, die zweimal geschieden ist, hat auch einmal eine Krebsdiagnose bekommen.

Interessant ist die Feststellung, daß Frauen Literatur von Männern lesen, aber die nicht von Frauen und Elke Heidenreich führt wieder die Wichtigkeit der Frauenliteratur an. Sie liest aber auch Männer und moderiert darüber und ich denke auch, daß ich beides lesen will und ich habe wieder ein sehr interessantes Buch gelesen und wieder Neues kennengelernt, obwohl ich ja auch eine professionelle Vielleserin bin, obwohl manche meine Leser mir das nicht glauben und mich darin auch gut auszukennen glaube.

Vater

Jetzt kommt das zweite Miljenko Jergovic Buch, ein Memoir, Roman würde ich es nicht nennen, übersetzt von Brigitte Döbert, 2015 erschienen und daraus habe ich den Autor schon bei der “Literatur und Wein” kennengelernt und das war mein erster Kontakt zu ihm. Später habe ich mir dann die “Ruth Tannenbaum” mit einem Geeburtstagsgutschein gekauft und es schließt sich beinahe nahtlos an Adriana Altaris “Tito Brille” an.

Miljenko Jergovic wuurde 1966 in Sarajewo geboren und lebt jetzt in Zagreb und das Buch beginnt auch mit dem Tod seines Vaters und ist eine Auseinandersetzung mit ihm, der, ein berühmter Arzt, auch sehr abwesend war.

Die Mutter also eine “Alleinernährende”, wie das wohl auf Kroatisch heißt oder von Brigitte Döbert so übersetzt wurde.

Der Vater kam wöchentlich, glaube ich, auf Besuch und hat die Alimente ausgeteilt. Er hat sich auch um den Sohn gekümmert, hat ihn sozusagen ins Krankenhaus in die Totenkammer mitgenommen und ihm die Leichen gezeigt.

Ein Kapitel widmet sich dem Arzt-Patientverhältnis im sozialistischen Jugoslawien. Die Ärzte sind die Götter, die Patienten die Untertanen und bekommen die Diagnosen nicht wirklich mitgeteilt.

Das war in den Sechzigerjahren in Wien glaube ich ,auch nicht viel anders und Vater und Sohn haben sich nach Ausbruch des Krieges getrennt, denn da ist der Sohn nach Zagreb gegangen. Der Vater, der 1928 in Sarajevo geboren wurde, ist dort geblieben.

Das war aber auch nicht so einfach kroatischer Staatsbürger zu werden, obwohl die Familie kroatische Wurzeln hatte. Dazu hat er sich erst taufen lassen müssen, was er eigentlich nicht wollte, schließlich aber doch tat.

Das Buch ist also auch eine Auseinandersetzung mit der politischen Situation während des Krieges und der Vater hat sich später wieder verheiratet und der Sohn ist nach seinen Tod und das finde ich sehr interessant, wenn ich es auch nicht ganz verstehe, nicht zum Begräbnis des Vaters gekommen, weil er die neue Frau nicht kennenlernen wollte.

Titos Brille

Ich nehme mir auf meinen Urlaube immer die entsprechende Literatur mit und so habe ich mir als wir vor sechs Jahren das erste Mal nach Kroatien gefahren sind, Bücher von Kroaten ausgesucht.

Bora Cosic, Marica Bodrozic, Jagoda Marinic ist mir das eingefallen oder habe ich zu Hause gehabt und dann sind wir nach Harland zurückgekommen und das ist mir auf den Bücherstapel über den Bett Adriana Altaras “Titos Brille” aufgefallen, das ich einmal im “Seedosen-Schrank” gefunden habe.

“Da habe ich was Kroatisches!”, habe ich wohl gedacht und mich vielleicht so geärgert, wie damals in Riga, als ich im Reiseführer von den “Hunden in Riga” gelesen habe.

Inzwischen habe ich noch ein Buch von Adriana Altaras gelesen, die 1960 in Zagreb geboren wurde und seit 1967 zuerst in Italien und später in Deutschland lebt und als Filmregisseurin arbeitet und bei meiner diesmaligen literarischen Reisevorbereitung an das Buch gedacht und kann gleich anfügen mit Tito hat das Buch nicht viel zu tun, sondern erzählt eher auf launisch lustige Weise Adriana Altaris jüdische Familiengeschichte.

Der Vater, der ein Held war, hat einmal im Partisanenkamp, die Brille geputzt und spannend, das habe ich schon einmal geschrieben, wie die Bücher, die ich mehr oder wenger zufällig in meine Büchertasche packte, zusammenpasste. Denn Altares Familiengeschichte schließt sich irgendwie nahtlos an “Ruth Tannenbaum” an und später, kann ich gleich spoilern, wird mir das bei Miljenko Jergovics “Vater” noch einmal passieren.

Oder doch nicht so ganz, denn Adriana Altaras ist ja 1960 geboren. Der Vater in den Zwanzigerjahren und da kam ja 1941 die Ustasa nach Zagreb und hat alle Juden mitgenommen. Adriana Altares stammt ja aus einer jüdischen Familie und zu Beginn des Buches ist der Vater gestorben.

Sie lebt in Deutschland, ist mit einem Nchtjuden verheiratet, hat einige Söhne und einen Prozeß wegen dem Haus in Kroatien, das die Famile während des Jugoslawienkrieges verloren hat.

Der Vater war Arzt und da kann ich gleich wieder spoilern, daß Miljenko Jergovics Vater, das ebenfalls war und zu Beginn seines Buches “Vater” ebenfalls gestorben ist. Aber Adriana Altaras lebt in Deutschland.

Es gibt eine Halbschwester aus der ersten Ehe des Vaters, die aus Zagreb zum Begräbnis anreist und da sitzen die beiden Schwester im Dienstzimmer des Vaters, um alles auszuräumen. Das heißt Adriana tut das. Die Schwester sitzt, glaube ich, am Boden, trinkt Kaffee und schaut alles an und dazwischen kommen einige junge Frauen, denn der Vater war ein weitherziger Typ und drücken ihr Beileid oder ihre Trauer aus.

So geht es weiter. Die Mutter, eine Architektin, stirbt ein wenig später. Da gibt es auch viel auszuräumen. Denn die Eltern haben wohl kriegsbedingt, sehr viel angesammelt und hatten Schwierigkeiten sich von ihren Sachen zu trennen. Der praktische Ehemann schafft das aber oder gibt tatkräftige Tips und das nächste Problem ist die Beschneidung eines der Söhne. Denn das verstehen die deutschen Freunde nicht und mit den Rabbis gibt es in der Stadt wo Adriana Altaras lebt, auch Schwierigkeiten, beziehungweise mit den Beerdigungen.

Dazwischen wird die Geschichte, die der Familie und die Kroatiens erzählt und Adriana Altaras, die auch Schauspielerin ist, beginnt das Buch auch, wie sie als kleines Mädchen eine kleine Jüdin spielen mußte. Da ist wieder die Assoziation zur “Ruth Tannenbaum”. Später spielt sie mit ihren dunklen Haaren migrantische Putzfrauen oder Jüdinnen und am Schluß wird alles gut.

Die Wohnungen ausgeräumt, die Eltern beerdigt, die Beschneidung überstanden. Mit dem Testament wurde man sich auch einig.

Interessant in Kroatien, wir sind da gerade von nach Makarska nach Brac gefahren, ein Buch zu lesen, das die Familiengeschichte einer in Deutschland lebenden Jüdin schildert. Aber wie schon geschrieben, Beziehungen zu den anderen Büchern gibt es, laßt euch überraschen.

Alles was wir nicht erinnern

Jetzt eines von den zwei nominierten Sachbüchern des heurigen Leipziger Buchpreises, nicht das Gewinnerbuch, sondern Christianes Hoffmann Fußreise auf den Spuren ihres Vaters, der 1945 mit seiner Familie aus dem schönen Ort Rosenthal, heute Rozyna, in Niederschlesien, vertrieben wurde, so daß sie 1967 in dem Hamburger Vorort Wedel aufgewachsen ist.

Sie war Journalistin, hat ein paar Jahre in Moskau als Korrespondentin gelebt und ist jetzt erste stellvertretende Sprecherin der Bundesregierung und das Buch ist eine Mischung ihrer Erinnerung und schwappt von der Gegenwart in die Vergangenheit hin und her. Der Vater ist 218 gestorben und sie war seit sie ein junges Mädchen war, mit ihrer Familie ein paar Mal im Rosenthal gewesen und ihre ganze Kindheit hat sie dieser Ort geprägt.

Was ist Heimat, dort wo man wohnt oder woran man sich erinnert, ist eine immerkehrende nicht beantwortete Frage und nach des Vaters Tod, den sie auch genau beschreibt, macht sie sich mit Rucksack und Wanderschuhen auf den Weg, diese Flucht, der Vater hat damals ein paar Monate gebraucht über die Tschechei nach Deutschland zu kommen, noch einmal zu Fuß nachzuvollziehen. Davon schreibt sie in ihrem Buch. Es ist Jänner 2020, die Pandemie naht, in irgendeinem Hotel wird sie durch einen russischen Sender davon informiert. Sie bricht die Reise dann ein paar Wochen und ein paar Dörfer später ab und kann dann nicht mehr zurück, weil Pandemie und Grenzsperre. Macht sich also erst im Juni 2020 wieder auf den Weg und dazwischen erzählt sie von ihrer Famliie, dem Vater, die Großeltern den Onkel Manfred, sie hat auch zwei Töchter und besucht auch Jan und Jadwiga, die jetzt in dem Vaterhaus leben und auch aus ihrer Heimat vertrieben wurden.

Die Familie bricht 2005 mit den Enkelkindern zuerst nach Görlitz auf, um dann in das Dorf zu kommen, wo die Polen zwar sehr freundlich sind, mit Kaffee und selbstgebackenen Kuchen aufwarten, aber eigentlich nicht wissen, was sie mit diesen alten Deutschen anfangen sollen?

Sie haben andere Sorgen. Die Frauen pflegen in Deutschland alte Menschen, das sind ihre Deutschen, die Kinder brechen zum Studium nach Amerika oder auch nach Deutschland auf. Die Höfe verfallen, obwohl es jetzt Rosen in den Gärten gibt, die früher zur Zeit des neunjährigen Vater, der beim schnellen Aufbruch auf seinen halben Matrosenanzug verzichten mußte, die Bluse blieb am Tisch liegen, wer sie wohl bekommen hat, als die rote Armee nahte?

Auf ihren Fußweg hat sie interessante Begegnungen, aber auch Rückenschmerzen, weil sei das Wandern nicht gewohnt ist. Ein freundlicher Apotheker empfiehlt ihr eine Salbe. Es riecht irgendwo nach süßen Blätterteigkuchen. Sie kauft das Stückchen. Es schmeckt aber, wie immer nicht so gut, wie es riecht. Ein alter Mann rät ihr auf den Weg aufzupassen, weil da ein Sumpf ist. Sie ignoriert seinen Rat, hält sich an die App und versinkt fast, seine alten Schokoladenzuckerl stärken und helfen ihr heraus.

Dreimal beschreibt sie, daß sie in ein Haus kommt wo ein alter Mann “dasitzt, als wenn er schon gestorben wäre”

Diese oftmal wiederholte Formulierung, fand ich etwas irritierend. Sonst ist es aber ein interessantes Buch, wo sie manchmal auch einen neunjährigen Jungen, der sie begleitet, visualsiert oder das Buch damit literarisch aufpäppeln will, wo man viel lernen und seine Geschichtskenntnisse auffrischen kann und mit Sprache und Übersetzung, das große heurige Buchpreisthema hat es auch etwas zu tun, mit Flucht und Vertreibung und der vielleicht immer noch nicht aufgearbeiteten Geschichte.

Und noch eine interessante Wiederholung, die freundlichen Begegnungen, die sie hat, mündet oft in der Frage, was sie hier macht ?

“Auf den Weg des Vater!” Allein?”, etwas, was die polnischen Bauern nicht verstehen und Ausländerfeinden ist sie auf ihren Weg auch öfter begegnet.

Therese und Isabelle

Der “Aufbau-Verlag” hat nicht nur Tove Ditlevson autobigorafische Trilogie herausgegeben, sondern hat jetzt auchdie von 1907 bis1972 gelebt habende Violette Leduc wiederentdeckt, die in den Fünfziger-und sechzigerjahren auch eine von Simone de Beauvoir ermuntert, skandalumwitterte Autobiografie geschrieben hat.

Therese und Isabelle ist der erste Teil eines Romans, den sie in den Fünfzigerjahren bei “Gallimard” herausgeben wollte, die Geschichte einer Liebe zweier siebzehn-und achtzehnjährige Klosterschülerinnen ,der Mittelteil ist der Liebe zu einer Lehrerin in einer aufregenden Taxifahrt gewidmet, wie ich dem Nachwort entnehme und im Teil geht es um eine Abrreibung, damals auch verboten, so daß das Ganze nur zensuriert oder gar nicht erscheinen konnte.

Inzwischen ist aber Violette Leducs Leben, die bevor sie zu schreiben angefangen hat, Verlagssekretärin war, verfilmt worden und jetzt hat, wie ich ebenfalls dem Nachwort der “Geschichte einer Zensur” entnehme, von “Aufbau”, das erste Mal unzensiert, auf Deutsch wahrscheinlich, herausgekommen und ich bin, wie meine Leser wahrscheinlich wissen, was die Sexualität betrifft, etwas verklemmt, obwohl ich schon sehr viel, auch erotische Romane gelesen habe und durchaus offen gegenüber jede Art von Lebe bin.

Hundertsechzig Seiten erotische Szenen zwischen zwei Schülerinnen zu lesen, habe ich als eher langweilig empfunden. Ein Anderer mag sich vielleicht daran begeilen, was wohl auch nicht sehr gut ist. Den Sex eher selber machen, denke ich da, statt in Skandalen zu ersticken oder sich zu begeilen und wenn man jung ist, muß man sich natürlich sexuell orientieren.

Muß man mit Siebzehn in ein Internat, weil die Mutter wieder heiratet und der Stiefvater eine vielleicht nicht will, führt das wahrscheinlich zu Einsamkeit und dann vielleicht auch zu der “verbotenen” Liebe, die von verklemmten Nonnen oder Aufseherinnen mißtrauisch überwacht wird.

Ja das Zölibat ist schuld, daß sich viele Prieser an Kinder vergriffen oder Kinder von ihren Köchinnen bekommen. Eine Siebzehnjährige braucht aber viel Liebe, um ihre ersten Erfahrungen, egal ob zu männlichen oder weiblichen Partnern zu machen oder sich in ihren Körpern wohl zu fühlen und dafür wahrscheinlich auch eine stabile Famile.

Wie sich der Lockdown auf die heutigen Siebzehnjährigen auswirkt und welche Störungen er auslöst, wird man erst später herausfinden und hier geht es darum, daß Therese offenbar in das Internat kommt, ihre Schuhe putzt und sich dabei über die selbstbewußteMusterschülerin Isabelle ärgert. Die zieht sie dann in ihre Koje, der Schlafsaal ist offenbar durch Vorhänge von einander getrennt und irgendwo schläft auch eine Aufseherin. Also muß man leise sein, damit einem nicht die anderen Schülerinnen hören.

Violette Leduc schildert das alles sehr offen und auch sehr erotisch. Vor Liebe bricht Therese dann auch einmal zusammen oder tut nur so und so muß Isabelle sie in die Stadt zum Arzt bringen. Sie gehen aber in ein Stundenhotel und mieten sich dort ein Zimmer. Schwören sich, ins Internat zurückgekommen, daß sie sich nie verlasen werden.

“Meine Mutter holte mich ab. Ich sah Isabelle nie wieder”, lauten dann die letzten Sätze, die gleich darunter stehen.

Nun ja, nun ja, könnte ich schreiben, ein interessantes Buch. Violett Leduc war auch in einem Internat, entnehme ich “Wikipedia” und hat wohl das oder etwas Ähnliches in den berühmten Zwanziger bis Dreißigerjahre erlebt, in den Fünfzigerjahren darüber geschrieben und ich füge, nachdem vielleicht alle über die starke Sprache und die literarische Neuentdeckung schwärmen,”Was für ein Temperemt, was für ein Stil”, hat Simone de Beauvoir darüber geschrieben, noch an, daß ich in den Siebzigerjahren oder so, Simone de Beauvoir aber auch viel Hedwig Courths-Mahler, die ich immer noch für sehr gut halte, gelesen und da gab es einen Roman, wo ein Mann seine Frau vor oder nach der Hochzeit verläßt und auf Weltreise geht. Denn er hat einen Brief zugesteckt bekommen, wo die Frau einem Fritz heiße Liebesschwüre schickte, wo wohl auch etwas von “Wir werden uns nie verlassen!”, steht.

Die Frau reist ihm nach Hongkong oder so nach und gerät dabei ahnungslos und naiv in verschiedene Gefahren. So lauern ihr beispielsweise Mädchenhändler auf, die das junge weiße Blutverkaufen wollen. Am Schluß klärt sich alles auf und es gibt ein Happyend, denn der Fritz war natürlich eine Friederike und das Ganze eine harmlose Internatsfreundschaft.

Damals habe ich das kommentarlos hingenommen. Heute würde ich wohl auch an etwas anderes denken, habe ich inzwischen ja einige Romane über die wilden Zwanzigerjahre, die in Berlin und auch woanders gelesen und in diesem Sinn würde ich auch meinen, daß es sich lohnen würde, kommentiert und vielleicht etwas ausgedünnt, Hedwig Courts-Mahler wieder zu entdecken.

Und muß ich wieder schreiben, ein Roman, wie drunter steht, ist das Buch natürlich nicht, sonder wohl eher ein Memoir, aber dieser Ausdruck war Violett Leduc wahrscheinlich nicht bekannt.

Versprich es mir

Ich glaube, knapp nachdem bekannt wurde daß Joe Biden, die US Wahl gewonnen hat und noch, um die Richtigkeit der Wahlergebnisse gekämpft wurde, ist das Angebot des Buches von oder über ihn zu mir gekommen und ich habe zugegriffen, denn ich hatte über den 1942 geborenen Joe Biden nicht sehr viel gehört und ihn, glaube ich, überhaupt erst bewußt wahrgenommen, als Donald Trump positiv getestet wurde und ein paar Tage danach das Wahlkampfduell der Beiden übertragen wurde. Das heißt, ich habe schon einiges über ihn gehört, nämlich daß er achtundsiebzig ist, senil wäre und während des Wahlkampfes jemanden für seinen Sohn gehalten hätte, der aber schon am Gehirntumor verstorben ist und, daß er auch einige Mädchen oder Frauen begrapscht haben soll, was an mir vorbei gegangen ist, weil ich mich für die amerikanische Politik nicht so sehr interesse oder doch ein bißchen, bin ich ja ein politisch aktiver Mensch und wenn ich Sachbücher oder Biografien lese, sind sie meisten literaturgeschichtlicher oder politischer Natur und ich muß sagen, es hat sich gelohnt und ich war positiv überrascht, denn eigentlich ganz ehrlich habe ich mir nicht sehr viel erwartet, als eine von einem Ghostwriter geschriebene auf Hochglanz polierte Biographie eines Spitzenpolitiker und ich muß sagen, ich habe mich geirrt, auch wenn ich nicht so genau weiß, wieviel der nunmehrige Präsidient selbst an diesem Buch geschrieben hat. Als US-Präsident oder Wahlkampfkanditat wird er nicht sehr viel Zeit dazu haben. Das Buch ist als Memoir vermerkt. Name eines Ghostwriters ist nicht angegeben. Im Dankeswort gibt es die Auflistung verschiedener Namen ohne die das Buch nicht zustande gekommen wäre und es geht eigentlich weniger, um den Präsidenten selbst, als um seinen Sohn Beau, der 2015 einem Hirntumor erlegen ist und der dem Vater vorher offenbar, das Versprechen abnahm, sich im Wahlkampf zu engagieren und Präsident zu werden.

Das Buch beginnt mit dem Kapitel “Thankgiving bei den Bidens” und das ist ja ein mir auch etwas unverständliches Fest der Amerikaner, wo alle im November, glaube ich, zusammenkommen und Truthahn essen und das für sie offenbar viel wichtiger als Weihnachten ist. Die Familie Biden kam da trotz der politischen Funktionen des Vaters seit Jahren schon zusammen und die Familie des Senators oder Vizepräsidenten bestand aus seinen Söhnen Hunter, Beau, der Tochter Ashley und seiner zweiten Frau Jill, die die Jungen immer während der Autofahrt beruhigte und ihnen Kataloge zum Aussuchen der Weihnachtsgeschenke auf den Hintersitz warf. Die erste Frau ist mit der kleinen Tochter bei einem Autounfall gestorben und hat Joe Biden mit seinen beiden Söhnen zum alleinerziehenden Vater gemacht. 2014 sind sie, glaube ich, wieder dorthin gefahren und da hatte Beau schon seine Diagnose und auch schon einige sprachliche und kognitive Ausfälle. Es kommt dann ein bißchen was zum Behandlungsbplan, was mich stark an ein anderes Buch erinnerte, das ich Anfang des Jahres gelesen habe.

Die stark gläubige Einstellung, das Gottesvertrauen der Amerikaner, was ich auch nicht so ganz nachvollziehen kann, daß die immer für die anderen beten, wird erwähnt, auch das starke Pflichtbewußtsein und die Disziplin, die für Joe Biden offensichtlich selbstverständlich und zum Lebensinhalt geworden ist, was sich besonders in dem Kapitel ausdrückt, als er Barack Obama, dem damaligen Präsidenten bei einer Trauerfeier für zwei im Dienst umgekommene Polizisten vertreten muß. Da erzählt er von seinen Reden, die er genau vorbereitet und jeweils unterstreicht, wo er Pause machen und welche Worte er betonen muß und die er dann doch spontan umändert und den chinesisch stämmigen nicht englisch verstehenden Vater des einen Polizisten dann lange umarmt und der Witwe seine private Telefonnummer gibt. Zu mindestens das Erstere ist jetzt wohl ja nicht mehr möglich, da sich Joe Biden ja mehr um die Einhaltung der Covid- Maßnahmen als sein Vorgänger kümmern will und im Gegensatz zu ihm beim Wahlkampf auch immer Maske trug.

Im nächsten Kapitel spricht er dann davon wie Barack Obama ihn gebeten hat sein Vizepräsident zu werden. Er war zuerst gar nicht damit einverstanden, denn Vizepräsident ist ja ein undankbarer Job, wo man immer auf Begräbnisse und sonstige Gelegenheiten gehen muß, aber kein Mensch einen kennt. Und das stimmt, denn Biden war ja Vizepräsident und ich habe mir seinen Namen nicht gemerkt. Bei seiner jetztigen Vizepräsidentin ist das wohl anders, denn da habe ich gehört, daß sie, weil jünger und aktiv wahrscheinlich bald sein Amt übernehmen wird. Mal sehen, aktiv erscheint mir Joe Biden auch und er hat lange überlegt. Mit seiner Familie darüber gesprochen, die gesagt hat, tu es und die Frau hat sogar gesagt “Werde endlich erwachsen Joe!”

Dann übernahm er das Amt und machte zur Bedingung, daß er bei den Beratungen stets das letzte Wort haben wollte und erzählte auch kurz etwas über seine Beziehung zu Barack Obama, der ihm spontan anbot ihn finanziell zu unterstüzten, als sein Sohn krankheitshalber sein Atm niederlegen mußte und dann kein Einkommen gehabt hätte, ja die Amerikaner haben ja oft keine Krankenversicherungen und auch kein so ausgeklügeltes Sozialsystem, wie wir es immer noch haben.

Beau Biden geht seine Therapie sehr rasant an und ist mit allen noch so riskaten Therapievorschlägen einverstanden, der Vater flüchtet sich um seinen Schmerz zu bewältigen in die Arbeit und soll entscheiden, ob er für das Präsidentenamt kanditiert und nimmt seine Enkelkinder immer gern auf seine Auslandsreisen mit. So fliegt Finnegan mit ihm nach Moskau, als für die Unabhängikeit der Ukraine intervenieren soll und während es für Beau in eine weitere riskante Therapie geht und Joe Biden eine Lungenentündug hat, soll er nach Südamerika fliegen. Er schwankt, das Pflichtbewußtsein siegt und der irakische Premierminister Abadi von ihm Unterstützung im kampf gegen die IS möchte, als er sich endlich um seinen Sohn kümmern will.

So geht es dann bis Mai 2015, als Beau Biden stirbt dahin, der Sohn hat die noch ungeprüfte Therapie, wird so viel wie möglich abgeschirmt um seine Privatsphäre zu erhalten, der Vater besucht ihm heimlich und möglichst unerkannt, während seinen Interventionen bezüglich Irak und Ukraine. Hilary Clinton gibt in dieser Zeit ihre Kandiataur für das nächste Präsidentenamt bekannt, die Familie trifft sich um Beaus Krankenbett, betet für ihn, die Ärzte halten Konferenzen und sagen der Familie am Ende doch die Wahrheit.

Die Entscheidung für den Wahlkampf 2016 doch zu kanditieren fällt. Inzwischen wird das Recht auf die Homosexuellenehe beschloßen, Biden ist dafür, besucht noch einmal einen Gottesdienst, wo eine schwarze Gemeinde von einem weißen Rassisten erschoßen wurde und denkt an Beaus oder Barack Obamas Frage, wie sein Leben in den nächsten Jahren aussehen soll?

2017 fährt die Familie ohne Beau wieder in das Städtchen von Beginn, um gemeinsam Thankgiving zu feiern. Joe Biden bleibt etwas länger, weil er auf Llesereise geht, um den Buchhandel zu unterstützen oder auch über seinen Sohn zu reden. Da fragt er das Publikum, obwohl sie selbst schon Krebserfahrungen hatten und umarmt dann die Betroffenen. 2017 ist das Buch fertig, da sinniert er noch einmal über das Versprechen das er seinem Sohn gegeben hat, nach und endet mit einem Bibelzitat “Ich habe den guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe den Glauben gehalten”

Iinzwischen hat er einen weiteren Wahlkampf mit Mühen, Anfechtungen mitten einer Pandemie gewonnen und mir hat sich sein Name, der mir, wie geschrieben, bis vor ein paar Wochen nicht viel sagte, eingeprägt und ich habe, so geschönt und geglättet das Buch auch sein mag und sein muß, doch ein bißchen hinter eine Fassade geblickt, so daß ich mir unter Präsident Biden jetzt einen Menschen und seine Familie vorstellen kann. Am Tag der Angelobung habe ich wie immer OE 24 gehört. Da wurde ja gezeigt, wie die Familie, die Frauen in blauen Kleidern in das weiße Haus marschierten. Niki Fellner hat sie, glaube ich, vorgestellt. Ich habe wahrscheinlich mein Manuskript korrigieren nicht besonders zugehört und mir die Bilder auch nicht sehr intensiv angeschaut. Jetzt tut mir das ein bißchen leid.

Das Jahr ohne Worte

Ich kann ja schwer nein sagen, wenn mir Bücher angeboten werden, weil ich ja eigentlich alles lesen will, so stehen manchmal Bücher auf meiner Liste, die nicht so literarisch sind, nicht auf den Buchpreislisten stehen, aber trotzdem sehr interessint sind und da ich ja auch Pyschologin und Pyschotherapeutin bin, interessieren mich Bücher über oder von Menschen in allen Lebenslagen ja auch sehr, so ist mir auch mit Syd Atlans “Das Jahr ohne Worte” gegangen, da heißt, eigentlich wußte ich von dem Buch nicht so viel, weil ich meistens nicht die Beschreibungen studieren bevor ich es anfordere, ja lieber Uli, ich bin da etwas schnell und flüchtig, wurde aber, füge ich hinzu auch noch selten enttäuscht.

“Das Jahr ohne Worte” ist schon äußerlich ein sehr buntens Buch, rot, orange, gelb, grün, die berühmte Ampel nach unten, könnte man so sagen und so war es dann wohl auch. Das Buch ist in Jahreszeiten, Frühling Sommer, Herbst, Winter gegliedert. Dann gibts noch eine fünfte Jahreszeit, sowie eine Vor- und eine Nachsaison und Syd Atlas ist eine in Brooklyn geborene Theaterwissenschaftlerin und Schauspielerin, die schon lange in Berlin lebt und als Rhetorikcoach arbeitet.

Die vier Jahreszeiten sind auch mit den jeweiligen Motti, die über den einzelnenKapiteln stehen, auf Karten geschrieben, die dem Buch beilagen, geschrieben. Auf eine fünfte hat Syd Atlas “Liebe Eva, ich freue mich , meine Geschichte mit dir zu teilen”, geschrieben und die hat es wohl in sich.

In der Vorbemerkung und im Frühling steht dann auch geschrieben, wie Syd Atlas, den Filmemacher Theo kennenlernte. Das war in einem Berliner Cafe. Sie hatte schon einen Sohn namens Henry, war von ihrem Mann, der ihr zu langweilig war, geschieden, aber immer noch befreundet, stand nach einer Fastenkur und hat sich frisch in den Theo verliebt, als sie ihm fragte, ob er ihr ein “Stück aus der Zeitung reißen könne?”, Deutsch ist ja nicht ihre Muttersprache. Die große Liebe begann, die aber schon im ersten Kapitel im Streit endet. Sohn Sam wird geboren und dann bricht die Kranlheit, AlS, die die auch Stephen Hawking hatte, die unheilbare, wie öfter steht, um dieses sperrige Wort zu erklären. Sie glaubt es ihm zuerst nicht, denn er ist ein Hypochonder, später wehrt sie sich wohl ihr Unbewußtes dagegen. Sie holen aber verschiedene Expertisen ein, reisen dazu sogar nach Israel Syd Altlas ist Jüdin, aber Theo fällt das Sprechen schon sehr schwer und wird immer weniger verstanden. So beschließen sie zu heiraten, das tun sie auch dreimal. In Kopenhagen wegen der Formalitäten, Syd war ja geschieden, hatte aber ihre erste Heiratsurkunde verloren, dann in Deutschland und in Amerika. Theo muß ins Krankenhaus, bekommt eine Magensonde, eine Tracheomotie. Pflegerinnen ziehen in die Wohnung, die Au Pairs sind schon da, denn Syd ist beruflich sehr erfolgreich und fliegt in der ganzen Welt herum. Die Kinder wehren sich gegen die Pflegerinnen, Syd gegen Sex mit Theo und brauch immer mehr Gin-Tonic, um das auszuhalten und fragt ihn auch einmal, ob er nicht in Würde sterben will. Das war ehrlich. Er ist aber beleidigt, schickt das an seine Familie. Sie findet die Sprachnachrichten. Theo kann längst nicht mehr sprechen und gehen, hat aber zwei Affairen. Mit einer lesbischen Kollegin und einer Pflegerin, will ausziehen. Es kommt zum Rosenkrieg, bis Syd das ehemalige Schlafzimmer ausräuchert und Theo vergeben kam, am Ende besuchen sie und ihre Söhne ihn zuerst in seiner Pflegewohnung, dann im Krankenhaus und nehmen Abschied von ihm.

Ein interessantes Buch, vielleicht für sensible, nicht betroffene Gemüter vor allem in Zeiten, wie diesen, nicht leicht zu lesen, aber für betroffene Angehörige sicherlich sehr hilfreich und so habe ich das neue Jahr, wo die Aussichten ohnehin sehr pessimistisch sind, mit einem interessanten Buch beginnen. Das über Hypochonder, von einem Pyschiater geschrieben, der und dessen Vater auch Schriftsteller sind, wird bald folgen.

1000 Serpentinen Angst

Buch siebzehn des dBp und eines der drei Debuts und wow, was für ein Buch könnte ich ich schreiben, das Erstlingswerk der 1985 in Weimar geboren Olivia Wenzel, die in Ostldeutschland von einer weißen Mutter aufgezogen wurde und einen sambischen Vater hat.

So ein Buch hat es schon von Jackie Thomae hat es schon im Vorjahr auf die Shortlist gebracht und als ich die Besprchung bei “Papierstau” hörte, wo ich noch lange nicht so weit mit dem Lesen war, dachte ich, das ist ein sehr ähnliches Buch und habe mich wieder einmal sehr geirrt.

Ist es nicht, es ist ein beachtliches Erstlingwertk einer jungen Frau mit einem sehr sehr ungewöhnlichen frischen frechen oder auch was immer Stil, das viele Themen anschneidet und absolut noch nichts von einer Struktur und einem Plot etwas gehört zu haben scheint. Ich würde es auch nicht Roman nennen, sondern wahrscheinlich wieder Memoir, greift es wahrscheinlich ja viele Themen und biografische Punkte seiner Autorin auf und hat einen rassanten ersten Satz, wo ich noch mit dem Thomae Vorurteil behaftet schon einmal “Wow!” dachte “Mein Herz ist ein Automat aus Blech”, lautet der nämlich. Dann geht es nach New York und zur TrumpWahl, von der man ja jetzt in zweiter Runde wieder sehr viel hört. Dann zurück nach Berlin, ist teilweise, wie ein Seitenkatalog oder ein Fragenbogen gestaltet, dann hat es wieder Fließtextanteile und kurze knappe abschnitte und sehr viel Englisch und, das ist auch sehr interessant, es hat dem gestrengen Kritiker vom Literaturcafe wegen seiner Ungewöhnlichkeit gefallen und ich, die ich ja schon ein wenig älter und auch konventioneller bin, ein wenig verwirrt. Das Buch wird aber sicher einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen, obwohl ich es eher schnell und flüchtig gelesen habe, maches überflog und mich dann wieder bei anderen Rezensenten und Vloggern nach ihren Eindruck erkundigte.

Die Autobiografie aber bleibt und ist wahrscheinlich prägend, da ist die Protagonistin, ich glaube, sie hat keinen Namen, aber einen Zwillingsbruder, der sich umbrachte, einen Vater aus Angola, der bald wieder in seine Heimat verschwand, aber zum Geburtstag mailt, eine SED- getreue Großmutter, als es die noch gab, die die Enkeltochter liebevoll “Schokokrümelchen” nannte, eine Mutter, die Punkerin war und jetzt reist diese, ich glaube, Dreißigjährige, die auch als Lehrerin in Neukölln arbeitet, nach New York und dann wieder nach Berlin zurück. Sieht am Flughafen einen Mann, der sich vielleicht einen Sprengstoffgürtel überschnall und geht zur Security, als sie zurückkommt spielt er mit drei Kindern und man denkt “Wow!”, es gibt Kim, die vietnamnesische Freundin, die auch von ihren Rassismuserfahrungen erzählt.

Richtig, es ist ein Buch über Rassismus und über die Mikro- oder Makroaggressionserfahrungen dieser Welt, die die jungen Leute von heute wahrscheinlich stärker oder ganz anders, als ihre Großümütter erleben.

Im letzten Teil ist die Protagonistin, dann schwanger und reist nach Vietnam, vorher hat sie, weil an Angst- und Panikstörungen leidend, einige Therapien durchgemacht, ein Freund, der Psychoanaltiker ist, hat sie dazu gezwungen, sie erwischt aber wieder einige falsche, nämlich auch rassistische, die sie und ihr Problem nicht verstehen. Mit den Psychopharmaka ist es ähnlich.

Das Automatenbild kommt immer wieder vor und andere verschiedene Rassismuserfahrungen und immer wieder diese Fragebögen oft in Groß- und Fettschrift geschrieben, die von manchen Rezensenten als rapartig interpretiert wurden.

Interessant, interessant, würde ich sagen, auf die Shortlist ist es nicht gekommen, obwohl es mir wahrscheinlich besser als Jackie Thomaes “Brüder” gefallen hat. Auf meine würde ich es aber wahrscheinlich auch nicht tun. Jetzt bin ich wieder gespannt, was ich noch alles von der Autorin hören oder lesen werde und natürlich auf das dritte Debut, Deniz Ohdes “Streulicht”, das auf der Shortlist war, sowie den “Aspekte-Preis” bekommen hat, für den, Olivia Wenzel, glaube ich, auch nominiert war und das, als Nächstes auf meiner Leseliste steht und natürlich bin ich auch gespannt, ob das Buch für die Bloggerdebutshortlist auserwählt wurde, denn dann hätte ich es schon gelesen.

Chaya

Nun kommt ein Debut von 2017 das es nicht auf die Bloggerdebut-Shortlist geschafft hat und das mir der Alfi bei “Literatur und Wein” in Göttwein kaufte, das wahrscheinlich könnte man Memoir sagen, obwohl es sehr verdichtet ist, der 1964 in Teheran geborenen Kathy  Zarnegin, von dem ich jetzt gar nicht sagen kann, was mich an dem Buch so sehr interessierte, daß es mir kaufen ließ.

Das es die verdichtete Lebensgeschichte der Autorin ist, die mit vierzehn Jahren in die Schweiz gekommen ist und dort als Lyrikerin lebt, habe ich, glaube ich, gar nicht mitbekommen und das Ganze wahrscheinlich für einen interessanten Roman gehalten, es ist aber wirklich ein interessantes Buch, das manchen Islamhasser und Verfechter der großen oder kleinen Austauschtheorie sehr zu empfehlen ist.

Dabei stammt Chaya, ob sie das Alter Ego ihrer Autorin ist, ist aus dem Text nicht so genau herauszubekommen, aus einer jüdischen Familie. Der Vater hatte aber zwei Frauen, die ältere hatte von ihm sechs Kinder, die jüngere, Chayas Mutter, drei, Chaya und ihre zwei jüngeren Schwestern und die war eine Zeitlang Krankenschwester, bevor sie den Vater kennenlernte und mit ihm auf Europareise gegangen ist.

Die Jugend Chayas war sehr unbeschwert, die Eltern offenbar Freigeister, so gab es eine nicht verheiratete Nachbarin, mit der und deren Liebhaber, die Eltern philosophische Gespräche führten und die Kinder waren selbstverständlich dabei, bis sie am Boden eingeschlafen sind.

Weil Englisch als die Weltsprache galt, obwohl die Eltern es nicht sprachen, wurde Chaya auf eine englischsprachige Privatschule geschickt, obwohl oft das Geld nicht da war, die Schulgebühr zu bezahlen.

Der Vater war oft auf Reisen und brachte dann schöne Geschenke mit, später lernte Chaya auch Italienisch und wurde, als in Teheran die politischen Unruhen begannen und ihre Schule geschlossen wurde, von den Elten zu Verwandten in die Schweiz geschickt.

Sie kam nie mehr oder nur auf Besuch nach Teheran zurück, lernte Deutsch und begann bald ihre Gedichte in dieser Sprache zu schreiben, studierte Philosophie, statt wie von den Eltern gewünscht, Medizin und gründete sehr bald eine Gedichtagentur, das heißt, sie druckte Gedichte auf Poster und wenn man die kaufte, konnte man das Copyriht dazu erwerben und hatte das Gedicht sozusagen, wie einen Miro für sich.

Nebenbei ging sie putzen und jobbte in einer Sprachschule, bis sie mit ihrer Agentur erfolgreich wurde und sich die Redaktionen und Fernsehanstalten um sie rissen und im ihre Freunde und Liebhaber, David und Eric, mit denen sie mehr oder weniger tiefsinnige Gesrpäche führt, geht es auch.

Im <klappentext steht noch etwas, daß das Mädchen aus dem Orient Europa staunend erobert, wie einst Zazie in der Metro, so habe ich das Buch nicht empfunden, obwohl ich das Vorbild nicht gelesen habe.

Es sind eher sehr poetische Detailstücke in denen das Ganze aufgegliedert ist, so wie etwa die Geschichte, in der sie in ein Geschäft geht und von dem geschwätzigen Verkäufer  einen Anorak aufgezwängt bekommt, in dem sie aussieht wie ein “unter adipositas leidender Kanarienvogel”, was ich für eine sehr schöne Formulierung halte oder die von der Sekretärin in der Sprachschule, in der sie arbeitet, deren Besitzer, interessanterweise auch zwei Frauen hat.

Aber das ist wohl nur ein Detail am Rande in dem sehr poetischen und interessanten Buch.