Die Spieler

Jetzt kommt das zweite Buch ,von Edo Popovic, die “Spieler”, wo der 1957 in Zagreb geborene, versucht die Literatur in einen Krimi zu verwandeln ist vielleicht ein Buch, das vor allem, wenn man es im Urlaub liest, gar nicht so leicht zu verstehen ist.

Clemens Meyer hat das Buch als so spannend wie tragisch komisch “dass mir jedes Mal angst und bange um den Schriftsteller wird der diese dunkle Geschichten so hell erzählt”, bezeichnet und Juli Zeh meinte am Buchrücken “Edo Popovic bedient sich einer kraftvollen Sprache, die einem Leser Lust zu lesen und einem Schriftsteller Lust zu schreiben macht.”

Die dunkle Geschichte ist wohl der Kriegshintergrund, den Edo Popovic lustvoll, wie ich vermuten würde, in eine Art Krimi verwandelt und dabei immer wieder Literaturanspielungen verwendet, wie das auch beim “Aufstand der Ungenießbaren” so war, wo der Held plötzlich im Cafe Hummel auftaucht und auch immer wieder ein Gedicht zitiert oder nach einem berühmten Buch sucht.

Der Roman, der wieder von Alida Bremer übersetzt wurde, während Miljenko Jegovics, Übersetzerin Brigitte Döbert ist besteht aus drei Teilen, ist im Original 2006 erschienen und die jeweiligenTeile wurden auch einzel veröffentlicht, so daß ich eine Zeitlang zweifelte, ob das wirklich ein Roman ist, da die drei Teile nur sehr locker in Verbindung stehen.

“Konzert für Tequila und Valium” heißt der erste Teil und da wird der Außenseiter Boris von einem Chef einer Abteilung für Kulturterrorismus, was das wohl ist, von einem Sensationsjournalisten und dem Polizeispitzel Märzhase in ein Netz von Politik, Polizei und Medien”, wie in der Beschreibung steht.

Der Polizeispitzel wird dann im zweiten Teil “Die Tänzerin aus der Blue Bar” in einer Kneipentoilette tot aufgefunden und da taucht dann eine die Ukrainerin Zana auf, mit der sich Mladen Folo, der Kulturterroristen Chef, in Teil drei “Bulle, Bube, Dame, Trottel” sehr beschäftigt.

Der ist eigentlich Lehrer oder Literaturwissenschaftler, aber tatsächlich Polizist dieser Terrorabteilung, später wechselt er den Job und wird Detektiv. Da bekommt er den Auftrag nach lila Schuhen zu suchen und man kommt langsam in eine vielleicht ganz banale Krimihandlung hinein, der sich Edo Popvic für seinen anspruchsvollen Roman bediente.

Die Ukrainerin wurde unter falschen Heiratversprechen nach Zagreb gelockt und dort zur Prostitution gezwungen. Drogenhandel gibt es auch und Mladen Folo, an den sie sich wendet und auch ihren Namen wechselt, versteckt sie in seiner Wohnung und bringt sie in ihre Heimat zurück.

Ganz banal könnte man sagen und in anderen Thrillern oder Filmen wahrscheinlich schon hundertmal beschrieben. Edo Popovic macht es aber literarisch und gibt, wie ich schon gezeigt habe, seinen Kapitel und seinen Helden originellen Namen und das Lesen ist sehr spannend, obwohl ich, wie schon geschrieben, gar nicht so sicher bin, ob ich alles und auch die Intention des Autors verstanden habe.

Sonntag in Mostar

An einem heißen Sonntagmorgen von Ploce nach Mostar fahren, um die berühmte Brücke anzusehen, die im Jugoslawienkrieg zerstört und jetzt wieder aufgebaut wurde, zu besichtigen.

Auf der einen Seite fahren die Autos über die bosnische Grenze, auf der anderen Seite fahren die Bosnier nach Kroatien ans Meer. Das sind mehr Autos, obwohl es in Mostar sehr rege ist und es viele Besucher gibt, die die berühmte Brücke sehen wollen.

Ploce
Neretva

In den Gassen Restaurants, Souvenierjobs und da wird alles angeboten. Cevapcici, Burek, Döner, Pizza, Burgers, Cocktails, Bier oder ein Touristenmenü und die Souvenirs, Kleider, Taschen, Schmuck, Sonnenhüte, kann man sowohl mit konvertiblen Marks, die Landeswährung oder in Euro bezahlen.

Die berühmte Brücke ist dann wieder sehr voll. Alle wollen darüber gehen, schauen, staunen, fotografieren und in der Mitte steht ein Mann in einer Badehose, der wie ich später feststellen soll, in die Neretva springen wird. Da sitze ich schon am Fluß in einer Cafebar, trinke Orangeade und schaue in das Wasser.

Am Fluß kann man Boote mieten und die Neretva entlangfahren und viele Frauen mit Kopftuch sind zu sehen, die ihre Füße ins Wasser stecken oder ein bißchen darin entlangbalancieren.

Mostar
Blagaj

Die Hauptstraßen sind sehr elegant. Es gibt alles zu kaufen und zu essen. Man sieht aber auch viele Bettler und es gibt einige Kriegs- und Brückenmuseen.

Geht man ein wenig abseits, ist es schon weniger schön. So ist der Weg der zur Neretva führt, sehr besprayt und mit Müll überladen und dann ein Restaurant suchen.

Es gibt sehr viele davon und wir finden auch eines in dem es eine große Auswahl gibt und die Kellner fink die Tische abräumen, wo sehr viel übergeblieben ist.

Počitelj
Bootsregatta am Bacinska Jezera

Cevapcici, Pljescavica mit Pommes Frites, Fladen und Salat. Die Kellner sind freundlich und eine blonde weißgekleidete Frau mit kurzer Hose fällt auf, die an der Theke steht und die ich zuerst für eine Gästin halte. Später räumt sie einige Tische ab, plaudert mit den Kellnern und als ich das Klo aufsuchte, sah ich sie auch dort den Boden schrubben.

Die Pljeskavica und der Wein, den ich dazu trank waren sehr gut. Dann ein Geschenk für die Enkeltochter kaufen und zu einem Wasserfall fahren, der ein wenig an die in der Schweiz erinnern. Sehr idyllisch war das im Führer beschrieben. Das Auto abstellen und an den Souveniershops vorbei den Fluß hinuntergehen. Wieder viele verschleierte Frauen, die ich später imRestaurantgastgarten sitzen sehen. Sieben Kopftuchträgerinnen allein an einen Tisch, die sehr lange und umständlich bestellen, während ich mein Mineralwasser trinke. Wir sitzen dicht am Wasser, wo immer wieder Kinder hinuntersteigen, um ihre Füße hineinzustecken oder sich das Gesicht zu waschen und noch ein idyllisches Städtchen gab es zu besichtigen, wo man zu einer Moschee hinaufgehen konnte.

Frauen verkauften selbstgemacht Säfte um einen Euro und wollen keine Marks. Die sind uns, weil man zwar im Restaurant und auch die Souveniers in Euro zahlen konnte, aber nicht den Parkplatz, übergeblieben, so daß wir noch etwas tranken und die Touristen aus Polen, Holland, etcetera beim Cevapcici essen beobachten konnten.

Ein schöner Ausflug, ein bißchen sehr touristisch und das Elend scheint es gleich nebenan zu geben. Dann wieder nach Ploce auf den Campingplatz mit dem kleinen See zurückfahren und die bosnischen Autos beachten, die von ihrem Badetag zurückkommen, während am Camp gerade eine Bootregatta stattfand.

Titos Brille

Ich nehme mir auf meinen Urlaube immer die entsprechende Literatur mit und so habe ich mir als wir vor sechs Jahren das erste Mal nach Kroatien gefahren sind, Bücher von Kroaten ausgesucht.

Bora Cosic, Marica Bodrozic, Jagoda Marinic ist mir das eingefallen oder habe ich zu Hause gehabt und dann sind wir nach Harland zurückgekommen und das ist mir auf den Bücherstapel über den Bett Adriana Altaras “Titos Brille” aufgefallen, das ich einmal im “Seedosen-Schrank” gefunden habe.

“Da habe ich was Kroatisches!”, habe ich wohl gedacht und mich vielleicht so geärgert, wie damals in Riga, als ich im Reiseführer von den “Hunden in Riga” gelesen habe.

Inzwischen habe ich noch ein Buch von Adriana Altaras gelesen, die 1960 in Zagreb geboren wurde und seit 1967 zuerst in Italien und später in Deutschland lebt und als Filmregisseurin arbeitet und bei meiner diesmaligen literarischen Reisevorbereitung an das Buch gedacht und kann gleich anfügen mit Tito hat das Buch nicht viel zu tun, sondern erzählt eher auf launisch lustige Weise Adriana Altaris jüdische Familiengeschichte.

Der Vater, der ein Held war, hat einmal im Partisanenkamp, die Brille geputzt und spannend, das habe ich schon einmal geschrieben, wie die Bücher, die ich mehr oder wenger zufällig in meine Büchertasche packte, zusammenpasste. Denn Altares Familiengeschichte schließt sich irgendwie nahtlos an “Ruth Tannenbaum” an und später, kann ich gleich spoilern, wird mir das bei Miljenko Jergovics “Vater” noch einmal passieren.

Oder doch nicht so ganz, denn Adriana Altaras ist ja 1960 geboren. Der Vater in den Zwanzigerjahren und da kam ja 1941 die Ustasa nach Zagreb und hat alle Juden mitgenommen. Adriana Altares stammt ja aus einer jüdischen Familie und zu Beginn des Buches ist der Vater gestorben.

Sie lebt in Deutschland, ist mit einem Nchtjuden verheiratet, hat einige Söhne und einen Prozeß wegen dem Haus in Kroatien, das die Famile während des Jugoslawienkrieges verloren hat.

Der Vater war Arzt und da kann ich gleich wieder spoilern, daß Miljenko Jergovics Vater, das ebenfalls war und zu Beginn seines Buches “Vater” ebenfalls gestorben ist. Aber Adriana Altaras lebt in Deutschland.

Es gibt eine Halbschwester aus der ersten Ehe des Vaters, die aus Zagreb zum Begräbnis anreist und da sitzen die beiden Schwester im Dienstzimmer des Vaters, um alles auszuräumen. Das heißt Adriana tut das. Die Schwester sitzt, glaube ich, am Boden, trinkt Kaffee und schaut alles an und dazwischen kommen einige junge Frauen, denn der Vater war ein weitherziger Typ und drücken ihr Beileid oder ihre Trauer aus.

So geht es weiter. Die Mutter, eine Architektin, stirbt ein wenig später. Da gibt es auch viel auszuräumen. Denn die Eltern haben wohl kriegsbedingt, sehr viel angesammelt und hatten Schwierigkeiten sich von ihren Sachen zu trennen. Der praktische Ehemann schafft das aber oder gibt tatkräftige Tips und das nächste Problem ist die Beschneidung eines der Söhne. Denn das verstehen die deutschen Freunde nicht und mit den Rabbis gibt es in der Stadt wo Adriana Altaras lebt, auch Schwierigkeiten, beziehungweise mit den Beerdigungen.

Dazwischen wird die Geschichte, die der Familie und die Kroatiens erzählt und Adriana Altaras, die auch Schauspielerin ist, beginnt das Buch auch, wie sie als kleines Mädchen eine kleine Jüdin spielen mußte. Da ist wieder die Assoziation zur “Ruth Tannenbaum”. Später spielt sie mit ihren dunklen Haaren migrantische Putzfrauen oder Jüdinnen und am Schluß wird alles gut.

Die Wohnungen ausgeräumt, die Eltern beerdigt, die Beschneidung überstanden. Mit dem Testament wurde man sich auch einig.

Interessant in Kroatien, wir sind da gerade von nach Makarska nach Brac gefahren, ein Buch zu lesen, das die Familiengeschichte einer in Deutschland lebenden Jüdin schildert. Aber wie schon geschrieben, Beziehungen zu den anderen Büchern gibt es, laßt euch überraschen.

Teamarbeit beim Schirmaufstellen

Campingplatz in Trogir, acht Uhr morgens. Wir bauen unser Zelt ab und kaufen uns in der Bäckerei oder “Pekaria”, wie das auf Kroatisch heißt, unser Frühstückskipferl. Croissant au Chocolat heißt das, glaube ich. Den Kaffee holen wir uns in dem Restaurant daneben, das schon offen hat. Das heißt ein junges Mädchen fragt uns nach unseren Wünschen und bringt uns dann die zwei Cappucchini an den Tisch. Daneben haben sich ein paar Leute aufgestellt, zwei Männer von denen einer ein T-Shirt mit der Aufschrift des “Rozac-Camps” trägt, dazu eine kurze Hosen, der andere trägt auch Shirt und Shirts und eine blonde Frau mit den vielen Ringern an den Fingern und einen weißen Hosenanzug, haben sich neben einen Schirm aufgereiht, den sie offenbar aufstellen wollen.

Camping Rozac

Es ist sehr heiß in diesem Sommer, bis siebenunddreißig, neununddreißig oder sogar vierzig Grad, wie ich so höre oder lesen kann und da ist man an den Restauranttischen verloren. Um acht Uhr morgen ist es noch nicht so weit. Da ist es noch relativ kühl. Trotzdem sind die drei offenbar unterwegs, die großen Sonnenschirme über den Tischen aufzustellen, wenn man nur wüßte, wie man das macht?

Oder wo ist das Problem? Es scheint offenbar eines zu geben, denke und beobachte ich, während ich meinen Kaffee schlürfe und von meinen Kipferl abbeißen. Denn die drei gestikulieren heftig, prüfen die Situation, runzeln die Stirn und probieren einiges aus. Jetzt haben sie den Schirm zu einem der Tische gerollt über den sie die Beschattung offenbar aufstellen wollen und prüfen oder drehen an den Knöpfen, beziehungsweise Schrauben. Das Problem scheint es immer noch zu geben oder der Schirm sich nicht so einfach aufstellen zu lassen. Jedenfalls prüfen die zwei Männer und probieren aus. Die blonden Frau mit den aufgesteckten Haaren gibt Ratschläge, wie es gehen könnte. Jetzt ist einer in die Knie gegangen, rollt und schiebt den Schirm ein Stückchen weit und die Frau lacht.

Der Kaffee ist heiß und schmeckt sehr gut. “Rozac-Camp” ist auf dem weißen Zuckersäckchen aufgedruckt und das Scholkoladekipflerl auch.

Heute nach Ploce fahren, um dort einige Halbinseln entlang zu fahren und vielleicht auch nach Mostar, um die berühmte Brücke, die im Krieg zerstört und wieder aufgebaut wurde, zu besichtigen.

Das Zelt ist schon abgebaut, das Gepäck im Auto. Unseren Mist haben wir schon in die Abfallkübel deponiert, die zwischen unseren Rastplatz und dem Restaurant aufgestellt sind. Die wurden gerade ausgeräumt. Ein Mann mit Maske um den Mund tut das. Ist das ein besonders ängstlicher Typ, denn in den zwei Tagen, wo ich schon in Kroatien bin, habe ich noch nicht viele maskierte Leute gesehen. PCR-<Masken scheint es hier überhaupt nicht zu geben. Die gibt es nur in Österreich habe ich gehört. Der ängstliche Müllmann scheint aber eine solche zu tragen. Unser Abfallsackerl trotzdem hineingesteckt und die Drei haben inzwischen die Lösung des Problems gefunden. Denn der Schirm ist aufgespannt und die Frau im weißen Azug mit den aufgesteckten blondgefärbten Haaren und den vielen Ringen an den Fingern mit den blaulackieren Nägeln klatscht begeistert in die die Hände.

Camping Rozac

“Dobro!”, sagt sie zufrieden. Daß das “Gut” bedeutet, habe ich inzwischen gelernt oder nein, das wußte ich schon, als wir 1998 meine Tante Dora in Belgrad besuchten. Die ist inzwischen gestorben und der Kaffee ist ausgetrunken.

“Möchtest du noch einen?”, fragt der Alfred . Aber ich ich will weiter in das Land. Kroatien erobern, die Ferien genießen. De Drei haben sich inzwischen an den nächsten Schirm gewandt, damit die Gäste nicht schwitzen, wenn sie zu Mittag oder am Abend ihre Ceveapcici essen, wie wir das taten, als wir vor sechs Jahren schon einmal hier gewesen sind.

Diesmal war es nur für eine Nacht und da hatten wir noch die Spanferkelreste vom Mittagessen imGepäck. Also diesmal keine Cevapcici im Rozac-Camp. Vielleicht werde ich die in den nächsten Tagen unter dem nächstenaufgestellten Sonnenschirm essen. Die Drei haben ihre Arbeit inzwischen beendet und das Restaurant verlassen, beziehungsweise hat die blonde Frau ein Gespräch mit der Putzfrau angefangen, die mit ihren Schrubber und ihrem Kübel von der Toilette herübergekommen ist.

Ruth Tannenbaum

Was nehme ich mit in der Lesetasche, wenn ich nach Kroatien fahre, habe ich mich schon ein paar Wochen früher gefragt und da in meine Leselisten nachgeschaut und da gibts ein Buch, das ich eigentlich erst im nächsten Jahr lesen wollte. Ich habe es mir aber schon vor ein paar Jahren von dem Gutschein gekauft, den ich von der Anna zum Geburtstag geschenkt bekommen habe und den Namen beziehungsweise den Autor selbst habe ich einmal bei der “Literatur und Wein” kennengelern.t Da hat er aus seinem “Vater” gelesen. Das Buch habe ich im Vorjahr beim Solo-Osterspaziergang im Seedosen-Schrank gefunden und nach “Ruth Tannenbaum” habe ich gegriffen, weil es beim “Thalia” auf dem Bücherstapel gelegen ist und der1966 in Sarajewo geborene und in Zagreb lebende Miljenko Jergoich hat den Roman zwischen August 2005 und Juni 2006 sowohl in Sarajevo, Konavle und Zagreb geschrieben und hat auch angemerkt, warum es da tat. Denn da hat es in Zagreb eine Kinderschauspielerin namens Lea Deutsch gegeben, die 1927 geboren wurde und 1943 auf den Transport nach Auschwitz umgekommen ist.

Sie wurde die kroatische Shirley Temple genannt. Miljenko Jergowic nennt sie Ruth Tannebaum und das die Aufarbeitung, der, wie am Buchrücken steht “Finsteren Kapitel der jugoslawischen Geschichte” auf eine sehr satirische Art, die man vielleicht fast zuviel empfinden könnte.

Denn da gibt es den Salomon Tannenbaum, Ruths Vater, Moni genannt, der Zeit seines Lebens leugnet, ein Jude zu sein und als die Monarchie abgeschafft wurde mit dem Ausruf “Moni kommt zum österreichischen Kaiser!”,sein Stammlokal betrat, worauf er verprügelt wurde. Er heiratet spät eine Ivka Singer, weil deren Vater Abraham sie zuerst keinen Freier geben wollte. In dem Haus, wo die Tannenbaum leben, wohnt auch eine Amalija Morinj, deren Sohn Antun stirbt, was sie nicht verkraftet, sondern einen Wahn entwickelt, wo sie den ganzen Tag Babyfläschen bereitet und wickelt, so daß ihrem Mann Radoslav, einen Weichensteller, nichts anderes überbleibt, als die Tannenbaum zu bitten, Amalija doch auf die kleine Ruth aufpassen zu lassen. Die tun das auch widerwilig und so verabschiedet sich Ivka zweimal in der Woche von ihren Liebling mit den Worten “Ruth verträgt Gerschl mit Bohnen nicht. Kochen Sie ihr auf keinen Fall Gerschl mit Bohnen. In Novi Sad bekam Riki, die Tochter von Rabbi Baruch Alkalai eine Darmverschlingung von Gerstl mit Bohnen. Der Vater beging Selbstmord, die Mutter verschied, und das wegen Gerschl, Bitten Sie für uns bei Ihrem Gott, Amalija, füttern Sie Ruth nicht mit Gerschl und schinpfen Sie ruhig mit Tuth, wenn sie patizg wird.”

Es gibt noch ein Zitat, das regelmäßig vorkommt “Gott hat dir soviel Verstand in die Birne gegeben, wie dem Bettler Safran in den Brei! und so geht es durch das Buch, beziehungsweise durch den kroatischen Faschismus.

Ruth, deren schauspierlischen Talent sehr bald von Amalija entdeckt wurde, wurde bei einem Casting ausgewählt und Wien war damals das große Vorbild des Zagreber Theaers. Ale wollen dorthin und ans Burgtheater und als Adolf Hitler schon an die Macht gekommen ist, wollen die dortiigen Autorinnen und Schauspierinnen zu ihm und so kommt es von einer grotesken Situation zur anderen und nur nebenbei merkt man was da in der Welt passierte.

Österreich wurde angeschlossen und so konnte das geplante Gastspiel nicht oder nur mit Schwierigkeiten stattfinden und die kleine Ruth mit den großen Augen wird durchaus als arrogant und negativ dargesgellt.

So wird vom Theater weil sie ja minderjährig ist, ein jüdisches Fräjulein beauftragt sie immer nach Hause zu begleiten. Der Vater Moni ärgert sich darüber und einmal bringt sie Ruth erst sehr spät nach Haus, weil die partout nicht weggehen wollte und da wird Klara Diamantstein von Moni georfeigt und mißhandelt.

Der wird das dann nochmals, als die Ustasta kommt, um ihn abzuholen und begibt sich singend auf seine letzten Weg. Die Mutter Ivka bleibt verstört zurück. Ihr Vater ist inzwischen auch schon gestorben und hat es schwer, die Tochter abzuhalten ohne Stern, was sie damals mußte, aus dem Haus zu gehen und dann kommt es wie es kommen muß. Die kleine Ruth geht doch hinaus und spielt sich in die Rolle einer Amerikanerin, die Hitler besucht, um die Welt zu retten. Wird dabei von ihren Schergen beobachtet und kommt, wie es auch der echten Lea Deutsch, die vermutlich eine angenehmere Zeitgnossin war, auf dem Weg nach Auschwitz um oder kommt nicht einmal soweit.

Johanne Amundsen macht einen Fund

“Uff!”, dachte Johanne Amundsen und strich sich mit der Hand über die Stirn. Ihr Blick fiel über das Meer das vor ihr lag. Darauf und auf dem schmalen Strich auf dem der Campingbus ihrer Tante Frieda und ihres Onkels Gustav stand, aus dem eigentlich und genaugenommen der gesamte Campingplatz bestand, auf dem sie die nächsten drei Wochen verbringen würde.

Warum war sie so dumm gewesen und was hatte sie bewogen, die nächsten drei Wochen auf dem kiesbestreuten Parkplatz direkt unter der Ausfahrtsstraße auf der Tag und Nachts die Autos vorüberrasten zu verbringen und dort ihren wohlverdienten Sommerurlaub zu verleben.

Warum nur? Denn eigentlich und genau genommen gab es in Stockholm auch ein Meer und außerdem war sie gar keine so besondere Schwimmerin und hielt auch nicht soviel vom Segeln, Surfen, Tauchen. Richtig, einen Tauchkurs wollte sie eigentlich auch nicht absolvieren, sondern sich stattdessen mit der Literatur beschäftigen, denn das war ihr Beruf, war sie doch Literaturwissenschaftlerin, Kritikerin und Dozentin an der Uni. Seit kurzem auch Mitglied der schwedischen Akademie, ein Job, um den sie alle auch beneideten.

Ihre Freundin Svantje, ebenfalls Literaturwissenschaftlerin und Lektorin in einem nicht so unbekannten Stockholmer-Verlag, tat das jedenfalls und sie war es eigentlich auch, die sie dazu bewogen hatte, den Vorschlag ihrer Tante anzunehmen doch mit an die Adria zu kommen und den Sommer oder wenigstens drei Wochen davon auf dem kleinen Campingplatz in dem kleinen dalmatischen Städtchen Senj zu verbringen.

“Da hast du alles was du brauchst, Johanne, dein Onkel und ich machen das schon seit fünf Jahren und und jetzt, wo wir uns den neuen Camper angeschafft haben, laden wir dich gerne ein, mit uns zu kommen! Du bist doch eine hervorragende Schwimmerin und hast Erholung verdient! Was sagst du zu meinen Vorschlag? Überleg es dir! Das kleine dalmatische Städtchen hat viel zu bieten! Gibt es da doch eine berühmte Festung, die sich besichtigen läßt! Haben da doch die Uskoken, die Türken im sechzehnten Jahrhundert besiegt und ein Hauptsitz der berüchtigten Ustata soll es auch einmal gewesen sein!”, hatte die Tante, eine Juristin, die vor kurzem in Pension gegangen war, geschwärmt und sie mit diesen Tatsachen zu überreden versucht.

Da war sie noch standhaft gewesen und hatte den Kopf geschüttelt, denn was interessierte sie die Festung der Uskoken und auch auch der ultranationale faschistische Freieitsbund Kroatien war ihr eigentlich egal und das war es auch für Svantje, der sie unvorsichtigerweise von Tantes Vorschlag erzählt hatte.

Die Faschisten waren es und auch die christlichen Uskoken, aber sonst hatte sie einen Begeistungsschrei nach dem anderen ausgestoßen und “Das ist doch großartig, Johanne! Weißt du was, ich und der Jan schließen uns dir an! Denn du weißt doch, Jan ist ein begeisteter Segler und ich möchte auch schon lange einen Tauchkurs machen!”

Und als sich dann noch ihre andere Freundin Tove diesem Begeisterungssturm angeschloßen hatte, war es entschieden gewesen und Johanne war mit ihrer Tante und dem Onkel, der auch ein begeisteter Segler war, in das kleine adriatische Städtchen “Jadran heißt die Adria, Johanne, das weißt du doch? Soviel kroatisch muß sein und, daß “Doar dan!”, “Guten Tag!”, bedeutet, ist dir ebenfalls bekannt?”, gefahren. Stand da jetzt schon seit zwei Tage auf dem Kiestreifen, blickte auf das Meer und überlegte, ob das wirklich eine gute Idee gewesen war, die nächsten zwanzig Tage auf einen kiesbestreuten Parkplatz zu verbringen.

Gut, es war alles da, wie ihr der Onkel, ein pensionierter Bankbeamter, der ihre Enttäuschung bemerkt zu haben schien, versicherte.

Ein Klo mit zwei Duschen am Beginn des Camps, wo sich auch ein Restaurant befand, daß so berühmt war, daß es in sämtlichen Führern vermerkt stand. Aber das war eigentlich egal und hatte nichts zu bedeuten, denn der Onkel war außer ein begnadeter Segler auch ein begeisteter Grillmeister und so standen zwei Kugelgrills neben seinem neuen weißen Campingbus und kaum, daß er von seinem Turn zurückgekommen war, verwandelte er sich in denselben. Band eine grüne Schürze über seine meist schwarze oder blaue Badehose und fing zu grillen an. Dann saßen den Rest des Abends auf zwei Tischen auf dem schmalen Kiesstreifen, die die Tante unter Sventjes und Toves tatkräftiger Mithilfe aufstellte und die übrigen Campinplatzbenützer behinderte ihre Zelte oder Busse auzusuchen, was gestern zu einem heftigen Streit geführt hatte.

Sventje und Tove waren sowohl von den Seglturns und des Onkels Kochkunst begeistert und Günthi oder Günther, der Überraschungsgast aus Österreich, den Tove, die ebenfalls mit ihr vor fünfzehn Jahren Literatur studiert hatte, angeschleppt hatte, tat das auch, beziehungsweise stand er, während der Onkel begeistert grillte und die Tante Tisch und Sessel aus den Bus räumte oder die Salate zubereitete, unbeweglich neben der Arbeitsplatte, um mit stoischer Ruhe, die Gläser zu polieren aus denen später dann, der Wein und das Wasser getrunken wurde, das die Freundinnen aus dem naheliegenden “Konzum-Markt anschleppten.

“Großartig, Johanne, das ist doch eine gute Idee, daß uns deine Tante eingeladen hat, den Sommerurlaub mit ihr zu verbringen!”, schwärmten sie begeistert. Sie fand, sie konnte es nicht verhehlen, eigentlich langweilig. War gestern mit dem Onkel und den Freundinnen auf der Burg gewesen und hatte die Kanonen bewundert, die überall in dem Städtchen aufgestellt waren. Am Morgen liefen sie dorthin in die “Pekaria”, die schon um sechs geöffnet hatte, um Schokoladecroissants zu besorgen und die dann mit dem Nescafe zu verzehren, die die Tante ihnen zubereitete.

Das war doch eher eintönig und auch das Schwimmen und das Segeln konnte sie nicht so begeistern, wie die Tante und die Freundnnen, aber auch Toves neuer Schwarm, der berühmte Günthi oder Günther, der in einem österreichischen Radiosender beschäftigt war, schien etwas skeptisch, stand er doch mit seiner blauen Badehose und der Goldkette, die er um seinen Hals geschlungen hatte und der großen Brille eher abwartend am Campingplatzrand und schaute genauso intensiv auf das Meer, wie er abends die Gläser polierte.

Es war eigentlich langweilig und auch der die Strandpromenade, die sie nach dem Grillevent machten, um in einer der vielen Beachbars einen Cocktail einzunehmen, konnte ihre Begeisterung nicht erwecken, noch dazu da der “Hugo”, den ihr die junge Kellnerin gestern abend serviert hatte, aus einem undefinierten grünen Saft bestanden hatte. Von einer Limettenspalte und einem Minzblättchen keine Spur. Nur die obligatorischen Eiswürfeln waren in dem Drink enthalten gewesen. Da hatte auch der berühmte Günthi erstaunt geschaut und glücklich an seinem Colafläschen genuckelt, das er sich, der wohl ein Antialkoholiker war, bestellt hatte.

Langweilig war es und eigentlich hatte sie auch keine Lust mit dem neuen Schwarm ihrer Freundin Tove über die österreichische Literatur zu diskutieren, wie diese ihr vorgeschlagen hatte, als sie wohl auch ihre Unlust bemerkt hatte.

Hatte sie ganz ehrlich und wiederum genau genommen, nicht, denn sie hatte mit ihrem Job in der schwedischen Akademie, wo sie ja den nächsten Nobelpreisträger mitbestimmen sollte, genug zu tun und auch besagter Günthi schien keine besondere Lust zu haben, das mit ihr zu tun.

“Da bin ich froh darüber!”, dachte Johanne und wandte ihren Blick von dem immer noch Gläser polierenden Günther ab, um sich in Richtung Toilette zu begeben, vor der immer ein älterer Herr mit einer schwarzen Badehose und einem großen Bauch saß, der die Toilettenbesucher mißtrauisch musterte und dessen Aufgabe es zu sein schien, die normalen Badegäste vom Besuch derselben abzuhalten, da diese nur, wie groß in mehren Sprachen am Eingang stand, den Campingplatzbenutzern vorbehalten war.

Sich vor dem Abendessen noch schnell die Haare zu richten, war sicher eine gute Idee und brachte sie vielleicht in eine bessere Stimmung und die Fische, die der Onkel briet, waren wirklich ausgezeichnet. Da gab es gar nichts zu meckern. Also tief durchatmen und dem Toilettenwächter freundlich zunicken, der sie schon als Campbenützer kannte und nichts gegen ihren Eintritt hatte und griff in ihren Hosentasche, um den Kamm herauszuziehen und sich vor einen der beiden Spiegel zu stellen.

Da lag vor ihr ein weißes Säckchen in das sie neugierig hineinschaute. Vielleicht kam sie dadurch in eine bessere Stimmung? Ihre Neugier war auf jeden Fall geweckt, hatte sie doch schon gesehen, daß sich drei Bücher in deutsche r Sprache, die sie recht gut beherrschte, so daß sie sich mit besagten Günthi unterhalten konnte, darin befanden.

Hatte er sie mitgenommen, um sich auf sein nächstes Radiofeature vorzubreiten, das er nach dem Urlaub machen sollte? Aber nein, das war nicht möglich, befand sie sich doch im Frauenabteil und Günthi würde seine Bücher, wenn überhaupt, auf der anderen Seite vergessen. Also hineingeschaut, um herausbekommen, um welche Bücher es sich handelte und wer sie wohl auf dem Campingplatz in dem kleinen adiratischen Stätchen in dem sie ihren Urlaub verbrachte, vergessen hatte?

Drei Bücher in deutscher Sprache befanden sich darin und eines hieß wie sie erkannte “Claire – Klara – Clarisse oder wilder Lavendl” und zeige am Cover eine Radfahrerin, die in einem schwarzen Hosenanzug und einem beigen Schal den Adriastrand entlang zu fahren schien. Das andere “Das gestohlene Jahre” und beiden waren von einer Eja Augustin geschrieben, von der sie noch nie etwas gehört hatte. Das Dritte war etwas dicker und stammte von dem ihr wohl bekannten Autor Helmut Krausser und hieß, was auch interessant schien “Wie das mit Jeanne begann”, was vielleicht mit ihr zu tun haben könnte, mutmaßte sie und beschloß, das weiße Plastiksäckchen dem Tolettenwächter zu übergeben. Vielleicht konnte er damit etwas anfangen und den Besitzer oder die Besitzerin ausfindig machen. Den umschwärmten Günthi konnte sie beim anschließenden Abendessen auf der Campingstraße auch befragen, ob er die Bücher am Damenklo vergessen hatte?

Die Ewigkeit ist ein guter Ort

Jetzt kommt, glaube ich, ein Debut, nämlich ein Buch für dessen Auszug, die 1976 in Göttingen geborene Tamar Noort 2019, den Hamburger Literaturpreis gewonnen hat und es ist eines, das eine atheistische Verhaltenstherapeutisch ein wenig ratlos macht.

Ist es jetzt ein gutes Buch oder nicht und ist da nicht die Dramatik oder die Traumatisierung von hinten aufgebäumt und, wie weit man dazu theologisches Wissen braucht, um es zu verstehen ist auch nicht so klar. Ist es also Klamauk oder eine theologische Bewältigungsphantasie, ein wenig von dem Ersteren ist wahrscheinlich schon dabei und damit habe ich ja meine Schwierigkeiten.

Da ist jedenfalls Elke oder Ellie, so ungefähr um die Dreißig, wenn ich richtig gelesen habe und sie ist studierte Theologin. Hat jedenfalls ihr Studium abgeschlossen und soll die Kirche ihres Vaters übernehmen. Sie fühlt sich aber noch nicht so weit und so betreut sie ehrenamtlich ein Altersheim und soll da mit einer sterbenden Frau beten und wum, es fällt ihr das “Vater unser” nicht mehr ein. Hat sie jetzt ein eine “Gottesdemenz” wie sie das nennt?

“Ich vergeße auch sehr viel!”, sagt ihr Freund Jan, der sehr gut kocht und nebenbei noch Programmierer ist. Aber als ein alter blinder Herr sie bittet ihm aus der Bibel vorzulesen, hat sie auch ein Blackout. Das kommt ihrem Chef zu Ohren, der sie daraufhin auffordert, am Sonntag den Gottesdienst zu halten. Geht auch nicht. Sie verläßt die Kapelle und ist ihren ehrenamtlichen Job los und sandelt die nächste Zeit dahin oder benimmt sich seltsam, so daß man an eine Psychose denken könnte.

Sie hört Stimmen oder seltsame Geräusche und bewahrt eine tote Maus solange in der Wohnung auf, bis sich die Fliegen, um sie scharen. Da ist sie aber wieder in ihrem Elternhaus. Denn da hat die Mutter sie heimgerufen, denn Röschen, das ist eine über neunzigjährige Richterin und Nachbarin, hat sich die Hüfte gebrochen, muß ins Altersheim und kann ihren alten Papagei Gertrude dorthin nicht mitnehmen. Elke soll ihn übernehmen und auch die Krche ihres Vaters, der einen Schlaganfall hat.

Se will nicht und allmählich kommt heraus, daß vor fünfzehn Jahren ihr damals siebzehnjähriger Bruder bei einem Bootsunfall ums Leben kam. Und seine damalige Freundin Eva ist schwanger und will das Kind nahm ihm Chris nennen.

Da denkt die Verhaltenstherapeutin da ist einiges unlogisch, denn warum tritt die “Gottesdemenz” erst jetzt auf und warum hat sie überhaupt Theologie studiert und was hat das mit Chris zu tun?

Sie fährt jedenfalls mit dem Papagei zurück nach Köln und ihr Superfreund Jan, der alles weiß und alle bekocht, hat mit ihm große Schwierigkeiten, denn Gertrude stört beim Kochen und hackt nach ihm und im hof trifft sie Lukas mit seinem Motorrad, das ist ein Steilbahnfahrer und nimmt sie zu dem Rennen mit. Sie soll dort moderieren und tut das im Talar und mit Gertrude auf der Schulter. Das will sie tun, der Vogel stört aber die Vorstellung und Kari, das ist Lukas Freundin, verunfallt mit mehreren gebrochene Rippen und Elke ist schuld daran, so daß jan, der inzwischen Lukas Schwester tröstet, sie aus der Wohnung schmeißt.

Sie fährt also zurück ins Elternhaus und stimmt zu, den Vater zu vertreten, der auf Reha muß. Die Mutter fährt auf Erholunsurlaub ans Meer und Elke stiehlt des Vaters Predigen, was die Gemeinde sofort erkennt. Die “Gottesdemenz” ist zwar vorbei, die seltsamen Erscheinungen gehen aber weiter. Die Kirche senkt sich, es kommt zu Rissen, die Orgel pfeift und Elke fühlt sich schuld daran und erst als der Wasserrohrbruch entdeckt wurde, die Krche getrocknet ist und die Orgel wieder funktioniert, ist Elke mit einer eigenen Predigt bereit, den kleinen Chris zu taufen und wird wahrscheinlich des Vaters Fußstapfen folgen und zu Jans hat sie vermutlich auch zurückgefunden.

Ein interessantes Buch, das man wahrscheilich so oder so deuten kann. Man kann es auch ein wenig kitschig oder unglaubwürdig finden. Interessant ist es aber schon Elkes Erwachsenwerden und ins Lebenfinden zu beobachten und sie wird wahrscheinlich eine großartige Pastorin werden.

Interessant ist auch, daß ich vor kurzen ein Buch gelesen habe, in dem auch eine Pastorin eine Rolle spielt.

Der Aufstand der Ungenießbaren

Als ich das letzte Mal in Kroatien war habe ich mir ein paar Gedanken über die kroatische Literatur gemacht, mir Bücher von Jagoda Marinic, Marica Bodrozic, Bora Cosic und Stanko Andric mitgenommen und vom Alfred auch zwei Gebrauchsanweisungsbücher bzw eine Lesereise für Kroatien bekommen. In dem wurde ein Kultroman des 1957 in Zagreb geborenen Edo Popovic empfohlen und dann habe ich etwas später bei einem Literaturhausflohmarkt seinen “Aufstand der <ungenießbaren” gefunden.

Ob es das schon erwähnte Kultbuch ist, weiß ich gar nicht, hat Edo Popvic schon einige andere Bücher geschrieben. Ich habe es mir jedenfalls auf meine heurige Kroatienreise mitgenommen und noch am Campingplatz in Leibnitz an unseren ersten Reisetag zu lesen begonnen.

Schon die Beschreibung “Sie nennen sich die Ungenießbaren. Sie wollen nicht mitmachen. Sie wollen sich raushalten aus der allgegenwärtigen Gier nach Macht und Reichtum und Ressourcen. Sie wollen ein anderes, ein besseres Leben führen. Doch dann eskaliert der Kampf mit der herrschenden Ordnung. Und immer mehr sehen sich die Ungenießbaren gezwungen selbst Gewalt anzuwenden und mit den Mitteln derer zu kämpfen, die sie verachten”, klingt interessant und Edo Popovic scheint ein sehr ungewöhnlicher Autor zu sein, der mit einer sehr eigenen Sprache von einem Thema zum anderen springt und nicht so ganz chronologisch schreibt, was das Lesen und das Verstehen nicht so einfach machte.

Da gibt es jedenfalls eine Gruppe von Menschen, die alles besser machen will, mit dem Krieg und den neoliberalen Verhältnissen nicht einverstanden sind und daher wieder zu Mördern und Verbrecher werden, in dem sie die Kapitalisten enfführen und dann quälen oder ermorden, was man auch schon hundertmal gelesen hat und daher doch nicht so neu ist.

Da gibt eine “Fraktalfrau” und einen “Gärtner” und dann noch einen, der aus dem Gefängnis kommt und dann, das ist interessant, nach Wien kommt und im Cafe Hummel einkehrt.

Er kommt dann noch in ein anderes Land und arbeitet dort bei einem Schneider und der Krieg spielt in dem Buch, das von Alida Bremer die ich schon in der “Literatur im Herbst” und in der “Alten Schmiede” hörte und jetzt, glaube ich, selbst einen Roman, geschrieben hat, übersetzt wurde.

Ein interessanter Autor kann ich nur wiederholen und auf ein anderes Buch hinweisen, das ich, glaube ich, einmal bei einem “Thalia-Abverkauf” gefunden habe und ebenfalls nach Kroatien mitgenommen habe, der diesmal, neben Miljenko Jergovic, den in Zabreb lebenden Autor gewidmet war, obwohl ich noch nie in dieser Stadt war, weil sich meine Reisen immer auf den Campingplätzen am Meer und in den kleinen Städten abspielen.

Die Rentnergang aus Liberec

Lebhaft ging es zu auf dem kleinen Campingplatz, der neben dem Stadtbad lag. Einige Kinder liefen herum und spielten Fangen. Wohnmobile waren zu sehen und am Ende des Platzes hatten drei Motorradfahrer ihre Zelte aufgestellt. Drei ältere weißhaarige Männer mit Schnauzbärten, die kurze Hosen und T-Shirts trugen und jeder vor sich einen kleinen Kocher aufgestellt hatte, wo sie Würstel brieten oder eine Suppe kochten.

“Edo, Stanek und Jaroslav aus Liberec”, stellte sich einer dem Ehepaar vor, das gerade angekommen war und ihr Zelt aufstellte.

“Einundsiebzig, fünfundsechzig und siebenundsechzig Jahre sind wir alt! Wir waren Busfahrer in Licerec und jetzt fahren wir mit unseren Maschinen um die Welt, um fit und jung zu bleiben und nicht an einer Demenzen zu erkranken!”

“Stop, Edo, das ist übertrieben und stimmt nicht ganz!”, korrigierte nun sein Kollege, der sich als Stanek vorstellte.

“Wir waren gerade drei Wochen in Kroatien und sind jetzt auf der Rückfahrt! Heute machen wir uns noch einen schönen Abend und haben gerade am Hauptplatz ein paar Gläser Wein getrunken! Morgen geht es mit unseren Freunden wieder nach Hause!”, sagte er und wies mit der Hand auf die Motorräder hin.

“Edo, Stanek und Jaroslav, die Rentnergang aus Liberec, die Österreich und Kroatien unsicher macht oder vielleicht auch sicherer!”, sagte jetzt der Dritte, der siebenundsechzigjährige Jaroslav, der sich über seinen Bart strich, der etwas kürzer, als der, der beiden anderen war. Er hatte in sich in seinem Topf eine Suppe gekocht, die er jetzt in einen Teller groß und mit einem Löffel zu essen begann.

“Das ist ein schöner Campingplatz! Sehr groß und sauber und morgen, um halb acht kommt ein Bäckerwagen, wo wir uns Kolatschen kaufen können! Löskaffee haben wir dabei und dann setzen wir uns wieder zu den Lederjacken unsere Sturzhelme auf! Dann geht es nach Hause und da wird im Winter Trübsal geblasen! Im nächsten Sommer geht es wieder auf Fahrt! Nach Italien oder Frankreich vielleicht! Das haben wir uns noch nicht ausgeschnapst! Das müßen wir noch disktuieren! Aber erst nach Hause und der Rosica und den Kindern ihre Geschenke mitbringen, damit sie mir nicht böse sind, daß ich sie für drei Wochen verlassen habe! Eine schöne Kette habe ich der Frau aus Split mitgebracht und jetzt trinken wir drei Hübschen noch ein Abschiedsbier zusammen, bevor wir uns in unsere Zelte verkriechen, um morgen wieder frisch und munter zu sein!”, sagte Jaroslav und zog eine Dose aus seinem Rucksack.

“Prost!”,sagte er zu seinen Freunden, die ebenfalls Bierdosen geöffnet hatte und nickte dem Ehepaar zu, das das Zelt inzwischen aufgestellt hatte und jetzt in Richtung der Waschräume verschwanden.

“Prost, Edo und Stanek, auf unseren letzten Abend! Auf den kroatischen Insel war es schön und das werde ich auch der Rosica erzählen und ihr die Fotos zeigen, die ich auf der Fahrt geschossen habe! Die meisten habe ich ihr schon geschickt, damit sie sich eine Vorstellung von unserer Reise machen kann und du hast ja auch ein schönes Geschenk für deine Jana, Edo und der Stanek, der ja schon verwitwet ist, hat sich ein paar Flaschen Wein mitgebracht, um an der Erinnerung zu zehren!”, sagte er grinsend und stieß noch einmal mit seinen Kollegen an, bevor er seinen Teller und den Topf zusammenpackte, und damit zur Geschirrabwaschstelle ging.

Wütende Bärin

Daß mir die skandinavische Literatur sehr gefällt und ich da schon einige Entdeckungen gemacht habe, habe ich in diesem und im letzten Jahr beim “Preis der Leipziger Messe” herausgefunden und so habe ich trotz meiner überlangen Leseliste zugesagt, als mir Ingebjorg Berg Holms “Wütende Bärin”, angeboten wurde und hätte das Buch, das erste, der norwegischen Autorin, das in Deutsch und dazu auch auf Französisch und Italienisch erschienen ist, eigentlich für einen Krimi gehalten, geht es da im Prolog schon um eine Leiche, die da in Spitzbergen, das auf Norwegisch, Svalbard heißt, gefunden wird.

Es ist aber eine Beziehungsgeschichte, ein Jugendamtroman könnte man so sagen, wenn es diese Bezeichnung gibt. Eine Dreiecksgeschichte zwischen Nina, Sol und Njal, die von April bis November 2019 spielt und Ingebjorg Berg Holm spart da nicht mit den Körperflüßigkeiten und geht ähnlich, wie Charlotte Roche mit den “Feuchtgebieten” damit um, denn da wird sehr offen gevögelt, masturbiert oder sich erleichtert und die kleine Lotta, Ninas Tochter, um die es in dem Buch geht, hängt auch sehr an ihrer Schmusedecke.

Nina und Njal sind Glatzologen, also Gletscherforscher und sie arbeiten auch am selben Projekt. Njal war, glaube ich, Ninas Lehrer und mit Sol, einer Pastorin, verheiratet, die hatte aber eine Fehlgeburt und, ich glaube, auch eine postnatale Depression, so daß sie lange in einer Klinik war. Sie wurde deshalb auch von Njal verlassen, der dann vielleicht, um ein Kind zu bekommen, Nina geschwängert und Löcher in die Präservatine bohrte, denn sie wollte eigentlich nicht schwanger werden.

Jetzt hat sie aber die kleine Lotta, sie ist, glaube ich, so zwischen drei und vier und streitet sich mit Njal um das Sorgerecht. Denn sie hatte auch eine postnatale Depression und Njal will das Kind umbedingt haben und hat sich wieder mit Sol ausgesöhnt, die sich auch um die kleine Lotta kümmert.

Es gehen also die Anschuldigungen hin und her. Hat sich Njal vielleicht an der kleinen Lotta vergriffen. Sie schläft im Bett zwischen Njal und Sol, wenn sie bei Njal ist und Njal ist nackt dabei und Nina, die Lotta öfter bei sich haben will, stellt dem Jugendamt dann diese Frage, entführt die Kleine aber am Freiheitstag und läßt sie dann am Balkon stehen, so daß Njal sie wieder retten muß.

So geht es hin und her. Nina geht zum Psychologen und reflektiert auch über ihre Mutter und Großmutter. Die Großmutter war auch einmal Metrologin in Spitzbergen. Jetzt streiten sich Nal und Nina darum dort ein Projekt durchzuführen und Sol geht zur Gynäkologin und erfährt erstaunt, sie ist wieder schwanger. Das Kind scheint aber behindert zu sein. Sol will es haben. Njal ist damit nicht einverstanden, hat er doch Angst, daß das Jugendamt dann Lotta nicht bei ihm lassen, sondern in Fremdbetreuung gegeben wird. Das habe ich bei einer meiner Klientinnen so erlebt und auch in den “Hundert Seiten” so beschrieben und so geht Njal zu Nina, versöhnt sich bei ihr und bietet ihr an mit ihr gemeinsam nach Spitzbergen zu gehen, denn dort gibt es kein Jugendamt.

Sie tun das dann auch. Dort ist es sehr kalt und man muß, gaube ich, auch eine Bezugskarte vorweisen, wenn man Alkohol kaufen will. Trotzdem kommt Sol auf Besuch und Njal hat einen Ausflug auf eine einsame Hütte arrangiert. Er ist sehr autoritär und hat auch als Einziger das Recht eine Waffe zu tragen, um sich vor den Eisbären zu schützen, die dort herumlaufen. Nina hat nur ein Messer und es kommt dann, wie es kommen soll. Nina verwendet dieses, um die kleine Lotta vor Njal und den Bären zu schützen und ich habe ein sehr interessantes Buch gelesen, das von Gabriele Haefs und Andreas Brunstermann aus dem Norwegischen übersetzt wurde und da sind mir einige Druck oder Übersetzungsfehler aufgefallen, die eigentlich sehr ungewöhnlich sind.