Ruth Tannenbaum

Was nehme ich mit in der Lesetasche, wenn ich nach Kroatien fahre, habe ich mich schon ein paar Wochen früher gefragt und da in meine Leselisten nachgeschaut und da gibts ein Buch, das ich eigentlich erst im nächsten Jahr lesen wollte. Ich habe es mir aber schon vor ein paar Jahren von dem Gutschein gekauft, den ich von der Anna zum Geburtstag geschenkt bekommen habe und den Namen beziehungsweise den Autor selbst habe ich einmal bei der “Literatur und Wein” kennengelern.t Da hat er aus seinem “Vater” gelesen. Das Buch habe ich im Vorjahr beim Solo-Osterspaziergang im Seedosen-Schrank gefunden und nach “Ruth Tannenbaum” habe ich gegriffen, weil es beim “Thalia” auf dem Bücherstapel gelegen ist und der1966 in Sarajewo geborene und in Zagreb lebende Miljenko Jergoich hat den Roman zwischen August 2005 und Juni 2006 sowohl in Sarajevo, Konavle und Zagreb geschrieben und hat auch angemerkt, warum es da tat. Denn da hat es in Zagreb eine Kinderschauspielerin namens Lea Deutsch gegeben, die 1927 geboren wurde und 1943 auf den Transport nach Auschwitz umgekommen ist.

Sie wurde die kroatische Shirley Temple genannt. Miljenko Jergowic nennt sie Ruth Tannebaum und das die Aufarbeitung, der, wie am Buchrücken steht “Finsteren Kapitel der jugoslawischen Geschichte” auf eine sehr satirische Art, die man vielleicht fast zuviel empfinden könnte.

Denn da gibt es den Salomon Tannenbaum, Ruths Vater, Moni genannt, der Zeit seines Lebens leugnet, ein Jude zu sein und als die Monarchie abgeschafft wurde mit dem Ausruf “Moni kommt zum österreichischen Kaiser!”,sein Stammlokal betrat, worauf er verprügelt wurde. Er heiratet spät eine Ivka Singer, weil deren Vater Abraham sie zuerst keinen Freier geben wollte. In dem Haus, wo die Tannenbaum leben, wohnt auch eine Amalija Morinj, deren Sohn Antun stirbt, was sie nicht verkraftet, sondern einen Wahn entwickelt, wo sie den ganzen Tag Babyfläschen bereitet und wickelt, so daß ihrem Mann Radoslav, einen Weichensteller, nichts anderes überbleibt, als die Tannenbaum zu bitten, Amalija doch auf die kleine Ruth aufpassen zu lassen. Die tun das auch widerwilig und so verabschiedet sich Ivka zweimal in der Woche von ihren Liebling mit den Worten “Ruth verträgt Gerschl mit Bohnen nicht. Kochen Sie ihr auf keinen Fall Gerschl mit Bohnen. In Novi Sad bekam Riki, die Tochter von Rabbi Baruch Alkalai eine Darmverschlingung von Gerstl mit Bohnen. Der Vater beging Selbstmord, die Mutter verschied, und das wegen Gerschl, Bitten Sie für uns bei Ihrem Gott, Amalija, füttern Sie Ruth nicht mit Gerschl und schinpfen Sie ruhig mit Tuth, wenn sie patizg wird.”

Es gibt noch ein Zitat, das regelmäßig vorkommt “Gott hat dir soviel Verstand in die Birne gegeben, wie dem Bettler Safran in den Brei! und so geht es durch das Buch, beziehungsweise durch den kroatischen Faschismus.

Ruth, deren schauspierlischen Talent sehr bald von Amalija entdeckt wurde, wurde bei einem Casting ausgewählt und Wien war damals das große Vorbild des Zagreber Theaers. Ale wollen dorthin und ans Burgtheater und als Adolf Hitler schon an die Macht gekommen ist, wollen die dortiigen Autorinnen und Schauspierinnen zu ihm und so kommt es von einer grotesken Situation zur anderen und nur nebenbei merkt man was da in der Welt passierte.

Österreich wurde angeschlossen und so konnte das geplante Gastspiel nicht oder nur mit Schwierigkeiten stattfinden und die kleine Ruth mit den großen Augen wird durchaus als arrogant und negativ dargesgellt.

So wird vom Theater weil sie ja minderjährig ist, ein jüdisches Fräjulein beauftragt sie immer nach Hause zu begleiten. Der Vater Moni ärgert sich darüber und einmal bringt sie Ruth erst sehr spät nach Haus, weil die partout nicht weggehen wollte und da wird Klara Diamantstein von Moni georfeigt und mißhandelt.

Der wird das dann nochmals, als die Ustasta kommt, um ihn abzuholen und begibt sich singend auf seine letzten Weg. Die Mutter Ivka bleibt verstört zurück. Ihr Vater ist inzwischen auch schon gestorben und hat es schwer, die Tochter abzuhalten ohne Stern, was sie damals mußte, aus dem Haus zu gehen und dann kommt es wie es kommen muß. Die kleine Ruth geht doch hinaus und spielt sich in die Rolle einer Amerikanerin, die Hitler besucht, um die Welt zu retten. Wird dabei von ihren Schergen beobachtet und kommt, wie es auch der echten Lea Deutsch, die vermutlich eine angenehmere Zeitgnossin war, auf dem Weg nach Auschwitz um oder kommt nicht einmal soweit.

Der Aufstand der Ungenießbaren

Als ich das letzte Mal in Kroatien war habe ich mir ein paar Gedanken über die kroatische Literatur gemacht, mir Bücher von Jagoda Marinic, Marica Bodrozic, Bora Cosic und Stanko Andric mitgenommen und vom Alfred auch zwei Gebrauchsanweisungsbücher bzw eine Lesereise für Kroatien bekommen. In dem wurde ein Kultroman des 1957 in Zagreb geborenen Edo Popovic empfohlen und dann habe ich etwas später bei einem Literaturhausflohmarkt seinen “Aufstand der <ungenießbaren” gefunden.

Ob es das schon erwähnte Kultbuch ist, weiß ich gar nicht, hat Edo Popvic schon einige andere Bücher geschrieben. Ich habe es mir jedenfalls auf meine heurige Kroatienreise mitgenommen und noch am Campingplatz in Leibnitz an unseren ersten Reisetag zu lesen begonnen.

Schon die Beschreibung “Sie nennen sich die Ungenießbaren. Sie wollen nicht mitmachen. Sie wollen sich raushalten aus der allgegenwärtigen Gier nach Macht und Reichtum und Ressourcen. Sie wollen ein anderes, ein besseres Leben führen. Doch dann eskaliert der Kampf mit der herrschenden Ordnung. Und immer mehr sehen sich die Ungenießbaren gezwungen selbst Gewalt anzuwenden und mit den Mitteln derer zu kämpfen, die sie verachten”, klingt interessant und Edo Popovic scheint ein sehr ungewöhnlicher Autor zu sein, der mit einer sehr eigenen Sprache von einem Thema zum anderen springt und nicht so ganz chronologisch schreibt, was das Lesen und das Verstehen nicht so einfach machte.

Da gibt es jedenfalls eine Gruppe von Menschen, die alles besser machen will, mit dem Krieg und den neoliberalen Verhältnissen nicht einverstanden sind und daher wieder zu Mördern und Verbrecher werden, in dem sie die Kapitalisten enfführen und dann quälen oder ermorden, was man auch schon hundertmal gelesen hat und daher doch nicht so neu ist.

Da gibt eine “Fraktalfrau” und einen “Gärtner” und dann noch einen, der aus dem Gefängnis kommt und dann, das ist interessant, nach Wien kommt und im Cafe Hummel einkehrt.

Er kommt dann noch in ein anderes Land und arbeitet dort bei einem Schneider und der Krieg spielt in dem Buch, das von Alida Bremer die ich schon in der “Literatur im Herbst” und in der “Alten Schmiede” hörte und jetzt, glaube ich, selbst einen Roman, geschrieben hat, übersetzt wurde.

Ein interessanter Autor kann ich nur wiederholen und auf ein anderes Buch hinweisen, das ich, glaube ich, einmal bei einem “Thalia-Abverkauf” gefunden habe und ebenfalls nach Kroatien mitgenommen habe, der diesmal, neben Miljenko Jergovic, den in Zabreb lebenden Autor gewidmet war, obwohl ich noch nie in dieser Stadt war, weil sich meine Reisen immer auf den Campingplätzen am Meer und in den kleinen Städten abspielen.