Die Erlösung

Nach dem “Verhängnis” und dem “Schicksal” geht es im dritten Teil von “Via Mala” zu den Lauretz zurück, die recht wohlhabend geworden sind. Andi hat dem Schwager Geld zugesteckt, damit er in die Sägemühle investieren kann, Hanna hat ihre Beziehungen zu Georg wieder aufgenommen und würde ihn heiraten, wenn sie nur katholisch, wie er wäre, beziehungsweise der alte Lauretz, wie Niklaus bei Richter Bonatsch beantragt hat, schon für tot erklärt wäre.

Die Mutter besinnt sich ihrer katholischen Wurzeln und will in die Kirche gehen, vor Angst, daß sie beichtet, hindert Niklaus sie daran und richtet ihr in ihrem Zimmer lieber eine eigene Kapelle ein.

Silvelie, die mit Andi in einem Bauernhaus mit Köchin und Dienstmädchen lebt, hat ihm den kleinen Tristan geboren.

Da stirbt der alte Richter, der die Lauretz deckte, plötzlich. Andis Vorgesetzer muß sich in ein Sanatorium begeben und so bekommt And, der sich eigentlich auf Urlaub geeben will, von Präsident Gutknecht, der ein Hörrohr benützt, obwohl er angeblich ohnehin gut hört, Bonatsch Akten übergeben, um sie zu überprüfen.

Er kann das auch im Urlaub tun, so nimmt er sie mit auf das Bauerhaus und stößt auf den Fall Lauretz.

Er ist verletzt, daß Silvelie ihm nichts davon sagte, daß ihre Familie ihr wichtiger, als die seine war und beginntsie zu verhören.

Sieschweigt und verläßt ihn, um zu ihrer Familie, wo alle in Aufruhr sind, weil sich die Mutter vom Kirchenbesuch nicht zurückhalten lassen will und sich in einem Anfall von Wahnsinn sogar mit einem glühenden Schürhaken selbst am Mund verletzt, zurückzukehren.

Andi kommt nach, verhört Nikolaus und zwingt ihm, der Tagelöhner Jöry, der damals mit von der Partie war, ist inzwischen verstorben, alles zu sagen und auch die Grabstelle des alten Jonas zu zeigen. Hanna beginnt ihm  die  Untaten ihres Vaters aufzuzählen, der Niklaus zum Krüppel und zum Schwerhörigen machte, Silvelie einen steifen Arm, etc, bescherte.

Andi scheint unbestechlich zu sein und so beginnt sich Niolaus schon auf das Gefängnis vorzubereiten und versucht nur seine Schwester Hanna und die Mutter heraus zu lassen, er nimmt die Schuld auf sich allein und Andi kommt in Gewissensnöte, bringt sogar den Akt zu Präsident Gutknecht. Der ist aber gerade auf einem Begräbnis, was Andi als Wink des Schicksals versteht, so fährt er zu Niklaus, der die Mühle schon geschlossen hat und über den religiösen Wahn in dem nun auch Hanna, nachdem sie mit der Mutter in die Kirche gegangen ist, verfallen ist, beunruhigt ist undverspricht ihn  zu decken.

Silvelie ist wieder in ihr Chalet gegangen. Er holt sie zurück, damit die Leute nicht über sie reden. Die Stimmung zwischen den Eheleuten ist aber nicht gut und Andi hat noch nicht zu sich gefunden, geht aber zum Gerichtspräsidenten, erzählt ihm von drei Fällen, die wieder aufgerollt werden müssen und dann von dem Trinker Laur der verschwunden ist.

Niklaus soll wieder einen Brief mit dem Wunsch auf Toterklärung an das Gericht stellen. Andi unterschreibt und läßt den Rest des Namens weg und während Andi für den Fall, daß der Präsident den Betrug entdeckt, die Pistole in der Tasche trägt, werden in der Gemeinde mit einem Volksfest neue Glocken eingeweiht.

Das wird von John Knittel sehr genau geschildert. Schulkinder ziehen am Strang und werden vom fetten Pfarrer Uli dabei mit Würsten gefüttert, jedes fünfte Würstchen ißt er selbst und der Präsident hat Andi zu vor gefragt, ob er dabei einen Zylinder tragen muß? Die Schulkinder singen Schweizer Volkslieder und Strophen aus Schillers “Glocke” werden auch zitiert.

Am nächsten Tag liegt der Brief in der Schreibtischlade, Prädident Gutkneckt hat unterschrieben. Andi kann die fehlenden Buchstaben ergänzen, aus dem Akt die Seite mit Silvelies Namen hausnehmen und zu seiner Frau gehen. Vorher kauft er noch Krawatten für den Schwager und eröffnet für Mutter Lauretz ein Konto, damit sie auf Erholung gehen kann.

Es ist alles in Ordnung, er wird zu gegebenfalls, wenn es nicht mehr auffällt sein Richteramt zurücklegen und Bauer werden, was er ohnehin sehr gerne ist.

“Weißt du warum ich es getan habe, Sivvy?”- lauten die letzten Sätze de Buchs.

“Nicht um ihretwillen, wie ich mir das auch manchmal eingebildet habe. Nein, Sivvy, ich habe es um deitwegen getan!”, lauten die letzten Sätze.

Sehr eindrucksvoll und bewegend dieser Dreiteiler um “Schuld und Sühne”, angesiedelt in den Schweizer Bergen, der Zwischenkriegszeit.

Bald darauf sind ja, wie wir wissen, noch ganz andere Untaten passiert, die sich in den Bücher schon andeuten.

John Knittel ist auch, wie ich “Wikipedia” entnahm, in Faschismusverdacht geraten und heutzutage, scheinen wir uns  in einer neuen Wirtschaftskrise zu befinden, die einen, wenn man so nach Athen, Syrien oder in die überfüllten Aufnahmelager von Traiskirchen oder sonstwo blickt, auch nur schaudern läßt.

Sehr spannende Bücher, sehr eindringlich, manchmal ein wenig kitschig, manchmal erstaunlich modern geschrieben, manches erscheint auch nur ungedeutet und schwer verständlich, vielleicht hat es in den Dreißigerjahren doch nicht so gute Lektorate gegeben, so daß manches durchgegangen ist, was man heute  genauer ausführen müßte und interessant ist auch, daß  Doris Lind, die mir im Rahmen ihrer Literaturagentur immer Lesetips schickt, den Namen John Knittel, noch nie gehört hat.

Wahrscheinlich ist er aus den Germanistiklehrplänen inzwischen verschwunden, obwohl die Romane mehrmals verfilmt wurden, die Bücher im “Büchergilde Gutenberg-Schrank” meiner Eltern standen und auch die offenen Bücherschränke, nach wie vor sehr voll davon sind.

Das Schicksal

Im zweiten Teil von John Knittels berühmter Trilogie, geht es in ein komplett anderes Miliau und es ist auch in einem anderen Ton geschrieben, moderner, sozialkritischer, härter, realistischer und für mich auch besser vorstellbar.

“Und jeden Tag werden neue Menschen geboren und in die Welt gesetzt, ob es ihnen passt oder nicht. Im besten Fall können sie sich schnell einmal in der Welt umsehen, dann müssen sie wieder gehen. Traurig, dachte Andi und äußerst lächerlich.”

Ein Satz der von Thomas Bernhard stammen könnte.

Es geht in das Städtchen Lanzberg, ins Gefängnis zum Untersuchungsrichter Dr. Andreas von Richenau.

Der ist aus einem großen Haus und ein Wunderwuzzi, Sohn eines Adeligen, der auf einem Schloß residiert. Er hat sich aber den Spleen herausgenommen, zu studieren und als einfacher Untersuchungsrichter selbst zu seinem Lebensunterhalt beizutragen und er ist verlobt mit einem Fräulein Luise Frobisch, die aus keiner so vornehmer Familie stammt, dafür ist sie aber reich und durch und durch Geschäftsfrau.

Sie haßt alle Sozialisten und alle Arbeiter, die Rechte wollen und möchte aus ihrem Andi am liebsten  einen Geschäftsmann machen. Er soll in Papas Geschäfte einsteigen und mit ihr nach England reisen.Er ist aber ein einfacher Bursche, der sich seine Hände und Füße gerne dreckig macht. Das heißt, er geht am Sonntag vor der Kirche in den Kuhstall und assistiert der Kuh beim Kalben.

Luise ist entsetzt und vorher gab es noch ein Abendessen mit der aristrokratischen Familie, da gibt es die Erbtante Isabella, eine Mutter mit der er sich aber sehr gut versteht, einen Vater der auch Geschäftsmann ist und infolge der Wirtschaftskrise einiges verloren hat und einen Bruder namens Uli, der Geistlicher ist und Unmengen ißt, hat Daniel Kehlmann ihn als Vorbild für seinen Geistlichen in dem Roman “F” genommen?

Andi steht zu Mittag um zwölf am Fenster in seinem Büro und wartet bist die Lanzberger mit ihrem Fahrrädern zu ihren Mittagstischen fahren, erst dann nimmt er seinen Alfa Romeo und fährt in die Bahnhofgaststätte zum Essen, denn da serviert jetzt Fräulein Silvelie Lauretz und in die verliebt er sich und sie sich in ihn.

Aber er ist verlobt und sie hat ein schreckliches Geheimnis und ist außerdem Angehörige einer ganz anderen sozialen Schicht.

Sie ist aber sehr selbstbewußt und reich ist sie eigentlich auch, hat sie ja von dem alten Maler sein Haus und alle seine Bilder geerbt. Das Bargeld hat ihr aber der Vater genommen, so verdingt sie sich als Kellnerin, wird aber von einem  Kommunisten und seltsamen Vogel namens Henri, einem Freund von Andi, dessen Existenz eigentlich auch nicht ganz er klärt wird, in eine Konditorei vermittelt. In die Konfiserie Robert in der “in seinem großen Hauptfenster waren alle Arten von Kuchen ausgestellt, Pfannkuchen, Biscuits, Pralines und Schokoladen sämtlicher Sorten, in hübsche Schachteln von nur jeder möglichen Form und Farbe verpackt. Und eine riesige Registrierkasse verbarg sich hinter drei gläsernen Regalen, die mit Flaschen beladen waren: Cointreau, Anisette, Abricot Brandy, Cherry Brandy, Creme de Bananes, Pfirsichschnaps, Creme de Chocolat, Creme de Menthe, Creme de Rose, de Noyaux, de Vanille (pourdames) und daneben die ölig süßen erzeugnisse von Bols und focking, ihre Curacos, Pfeffermine und Danzinger Goldwasser.”

Das alles und noch eine Seite mehr in der tiefsten Wirtschaftskrise, aber in den All inclusive Hotels in Kreta, habe ich auf You Tube gesehen, geht es auch hoch her, während in Athen Obdachlose auf den Straßen hausen oder aus den Fenstern springen.

Andi tritt auf und bricht Silvelies Widerstand. Das heißt, er fragt nach ihrem freien Nachmittag, führt sie zum Soupieren aus, löst aber dann die Verlobung, während sie immer denkt, daß sie ihm alles sagen müßte, es dann aber doch nicht tut.

Ihr Bruder kommt einmal in die Konditorei und sagt ihr, sie muß noch einmal zum Richter und eine Aussage machen und der hat auch alles nach einer möglichen Leiche untersuchen lassen und es gibt in dem Dorf auch Gerüchte, die der Wahrheit ziemlich nahe kommen.

Als Andi ihr den Brief von seiner Entlobung schickt, kündigt sie in der Konditorei und geht in ihr Chalet. Sie schickt ihm aber dann ein Bild von ihr, die anderen Bilder zu verkaufen hat sie sich immer geweigert und so kommt er in seinen Uralub zu ihr in Nagelschuhen. Sie quartiert ihn bei sich ein. Ihre Mutter, der Bruder und die Schwester kommen auf Besuch und er will sie immer heiraten, was sie verweigert und so mit ihm leben möchte.

Er ist aber ein sehr selbstbewußter Mann. So hat sie keine Chance. Er kauft ihr teure Sachen, führt sie durch die Schweiz. Die Hochzeit soll in St. Mauritz stattfinden, Henri und Madame Robert, die Besitzerin der Konditorei, sollen die Treuzeugen sein.

Ihre Familie ist nicht eingeladen, seine Mutter kommt dann doch und ist von Andis neuer Braut, die besser als, die erste zu ihm passt, begeistert. So endet der zweite Teil und ich bin auf die Fortsetzung der Geschichte, “Die Erlösung”, sehr gespannt.

Das Verhängnis

Weiter geht es mit dem Lesen mit John Knittel und einem beziehungsweise drei Bücher, aus dem Bücherkasten meiner Eltern.

“Via Mala” ein berühmter Titel, der in den Ohren klingt und wahrscheinlich längst vergriffen, aber öfter in den Bücherschränken zu finden ist, für die Schwiegermutter habe ich einmal einen Band herausgeholt und mich nun selber an die drei Leinenbände, der “Büchergilde Gutenberg” von 1937 herangemacht.

“Das Verhängnis”, “Das Schicksal”,”Die Erlösung”, es war gar nicht so einfach, die richtige Reihenfolge der Trilogie herauszufinden. Auf meiner Leseliste steht es auch falsch angeschrieben, denn in den Büchern steht “Via Mala” Roman und auf der nächsten Seite dann einer der oben genannten Titel und das I II II kann man nur ganz klein in den Fußnoten entdecken.

So war das bei den Büchern des vorigen  Jahrhunderts, keine Inhaltsangabe, keine Biographie, etc und nachgooglen konnte man auch nichts. Wie haben das die Leser damals gemacht, könnte man fragen, während sich heute die Blogger darüber streiten, ob ein seriöser Blog, den Übersetzer eines Buches angeben muß?

Wenn man bei “Wikipedia” nachschaut, erfährt man auch nichts von der richtigen Reihenfolge der Bände, nicht einmal, daß es ein Roman in drei Teilen ist und über John Knittel ist auch nicht sehr viel zu finden, aber doch soviel, daß er ein 1891 in Indien geborener schweizer Autor ist, 1979 in Graubünden gestorben, der seine Werke in Englisch schrieb und offenbar mit “Via Mala” berühmt wurde.

Erstaunlich global könnte man meinen und nun hineingesprungen, nachdem ich  herausbekommen habe, daß, die “Erlösung” offenbar doch nicht der Romanbeginn ist.

Leicht ist das Lesen über das Schicksal der ” schlechten Straße”, die von der Stadt Andruss bis zum Yzolla-Hospitz, beziehungsweise der Familie Lauretz, trotzdem nicht, denn John Knittel springt hinein in das Geschehen und man denkt, die ganze Zeit man kennt sich nicht aus oder liest vielleicht doch den falschen Band.

Das ist also der Sägewerkbeseitzer Lauretz, ein schlechter verkommener Mensch, ein Trinker, der ständig mit der Peitsche um sich schlägt, Frau und Kinder verprügelt, die sich vor ihm fürchten, dann aber doch widersprechen, ziemlich widersprüchig. Den Sohn Niklaus hat er zum Krüppel geprügelt, als dieser die Mutter schützen wollte, weshalb er wehruntauglich ist und sich dafür schämt, dann gibt es den behinderten “Mannli”, weil offenbar im Suff gezeugt, die Schwestern Hanna und Silvelie und der Vater hat in der Stadt noch andere Kinder von anderen Frauen und kommt nur gelegentlich in die Sägemühle, um zu prügeln oder in seinem verstaubten Büro nach Plänen für eine Brücke zu suchen, die er bauen soll.

Es herrscht Armut in der Familie, die sich hauptsächlich von Brot und Kartoffeln ernährt und der Vater darf nicht wissen, daß sich Silvelie im Hospitz verdingt, um der Mutter Geld zu bringen. Es gibt auch einen berühmten alten Maler zu dem Silvelie ein besonderes Verhältnis hat und einen Tagelöhner, der den Tyrannen am liebsten erschlagen will, gibt es auch.

Der Alte wird dann verhaftet und wegen “Gotteslästerlichkeit, Sittenlosigkeit, Trunksucht, sowie Ehebruch und Konkubinat”, zu vier Monaten Gefängnis verurteilt.

Silvelie erbt von dem Maler, der an einem Herzschlag stirbt, sein Haus und fünftausend Franken, da sie aber noch nicht volljährlig ist, nimmt der Vater, der inzwischen aus dem Gefängnis entlassen wurde, das Sparbuch an sich und fährt nach Zürich, das Geld abzuheben.

Silverlie fährt auch hin, der Rechtsanwalt und guter Freund des Malers, der sie betreut, kann aber nicht viel ausrichten, so waren in den Neunzehnhundertdreißigerjahren, wo das Buch zu spielen scheint, es gibt Automobile und Silvelie geht in Zürich ins Kino, die Gesetze.

Der Taglöhner  Jöry und Niklaus werden, als der Alte in der Nacht betrunken mit dem Geld zurückkommt aktiv und erschlagen ihn im Beisein der Mutter und der Schwester Hanna,  vergraben seine Leiche. Silvelie wollen sie sagen, er wäre, als er sie nicht angetroffen hat, wütend geworden, hätte fünfhundert Franken auf den Tisch geworfen und geschworen, nie mehr zurückzukommen.

Schließlich erfährt sie das Geheimnis doch, Niolaus stellt sie vor die Wahl, den Mund zu halten oder zum Richter zu gehen und sie alle anzuzeigen. So nimmt sie am nächten Tag ihren Korb und einen Teil des Geldes und verläßt das Haus.

Damit endet der erste Teil.