Paradais

“Saison der Wirbelstürme” das hochgelobte Debutder 1982 geborenen mexikanischen Autorin Fernanda Melchor, hat mir, glaube ich, nicht so gut gefallen. Bei “Paradais” das mir “Wagenbach” wieder als Quartbuch in E- Pubform schickte, ist das anders. Denn das ist trotz des rauhen Tones ein tolles Buch, das die sozialen Mißstände, die in Mexiko herrschen, auf eine meiner Meinung nach hervorragende Weise schildert.

Auch wenn ich eine Weile brauchte, um hineinzukommen. Das ist Leopoldo oder Polo, ein sechzehnjähriger Junge, der sich durch das Buch erzählt. Er ist Gärtner im Paradais, eine Nobelsiedlung in Progreso. Seine Mutter hat ihn dorthin vermittelt, nachdem er die Schule abgebrochen hat. Mit seiner Mutter ist der pfiffige Junge ohnehin nicht zufrieden, denn sie hat ihm aus seinem Zimmer ausgesiedelt. Dort wohnt jetzt seine Cousine Zorayda, die schwanger ist. Sie behauptet, das Kind ist von ihm. Er sagt, sie fickt mit jeden herum und Polo, der von seinem Großvater träumt, der ihm bevor er dement gestorben ist, versprochen hat, ein Boot zu bauen, mit dem er Touristen herumfahren könne, betrinkt sich am liebsten mit dem dicken Franco, der bei seinen Großeltern in der Luxussiedlung lebt, um nicht nach Hause zu müssen und der Dicke hat einen Plan, der sich durch ganze Buch zieht.

Da gibt es nämlich die Senora Marian Marono, die der Dicke, der seine Großeltern bestiehlt, um den Schnaps zu kaufen und vom Großvater das Schießen erlernte, er ist der Sohn eines bekannten Rechtsanwalt, gerne vögeln will und da heckt er den Plan aus, dort einzubrechen, um einen Slip der Angebetenen zu stehlen.

“Schwachkopf!” meint Polo und geht dann mit, um sich während der Dicke vögelt, am Geld, Schmuck und Fernsehgeräten zu bereichern, um seinem Elend zu entkommen. Das Ganze geht schief oder zieht sich als Erzählung durchs Buch.

“Der Dicke war schuld!”, heißt es immer wieder und eine blutige Gräfin gibt es es es auch. Ein wenig Mystik, wie in den “Wirbelstürmen” gibt es also auch und der Ton ist rauh. Es werden auch einige Gewaltszenen geschildert und man bekommt einen guten Eindruck über die sozialen Mißstände im rauhen Mexiko.

Ein spannendes Buch , das ich mir so nicht erwartet habe und ich wirklich empfehlen kann.

Einige Preise hat Fernanda Melchor für ihr Buch auch schon bekommen und gilt, wie ich den Beschreibungstexten entnehme, als eine der wichtigsten jüngeren literarischen Stimme Mexikos, die ich Dank “Wagenbach” kennenlernten konnte.

Alphabet

Jetzt kommt ein weiteres Wagenbach-Quartbuch und das zweite,das ich von der 1958 geborenen britisch kanadischen Autorin Kathy Page gelesen hat und ich muß sagen, es ist interessant Einblick in das Leben eines englischen Gefängnisinsaßen zu bekommen, der dort wegen Mords an seiner Freundin Amanada dreizehn Jahre verbrachte. Kathy Page schildert am Endedes Buchs, daß sie in den Neunzigerjahren ein Jahr lang Writer in Residence in einem Staatsgefängnis war, dort Notizen machte. Das Manuskript einige Jahre liegen ließ und es erst bei ihrem Umzug nach Kanada in die Hand bekam und es weiterschrieb. 2004 hat es in England einen Preis bekommen und ich, die ich zu Beginn meines Schreibens wohl ähnliche Ideen hatte und ja, als ich mich entschloß Psychologie zu studieren auch die Absicht hatte, später in einem Gefängnis zu arbeiten, fand es sehr interessant. Wenn es mir auch nicht ganz leichtfiel in das Buch hineinzukommen und ich manches was ich da gelesen habe, sehr ungewöhnlich fand und ich mir eigentlich nur schwer vorstellen kann, daß die Verhaltenstherapie, die da geschildertwird, wirklich in einem Gesfängnis bei Mördernund Sexualstraftätern so passiert. Wenn schon, würde ich es als sehr provokantund auch nicht sehrproduktiv finden.

Kathy Page Stil ist aber auch sehr schroff, hart und provokativ. Gut, so geht es in einem Männergefängnis wahrscheinlich zu. Daß, die insaßen dort aberwirklich zu Alphabeten werden und dann Sozialgeschichte studieren ist vielleicht nicht ganz realistisch oder doch natürlich. Jack Unterweger hat sich dort zum Schriftsteller entwickelt und und dann, nach seiner Entlassung, einige Frauen ermordet, also ist es vielleicht doch ganz realisitsich.

Da ist also Sinom Austen, der ist ein Heimkind und hat verschiedene Pflegefamilien durchlaufen. Das wird nur eher kurz angedeutet. Dann hat er, als er, glaube ich, achtundzwanzig Jahre war, seine Freundin Amanda ermordet, weil sie sich weigerte, ihre Kontaktlinsen herauszunehmen, weil sie sich so schöner als mit Brille fand.

Ob das wirklich ein realistisches Motiv ist, kann ich nicht beurteilen. Mir scheint es eher unglaubwürdig. Er kommt dann ins Gefängnis, wird dort alphabetisiert. Das wird auch nur eher kurz geschildert. Simon kann dann aber schreiben und fängt verschiedene verbotene Briefwechsel zu Frauen an. Er hat im Gefängnis auch Therapie und verliebt sich da in seine Psycholoin Bernadette, vielleicht war sie, wie ich spätergelesen habe, auch Sozialarbeiterin. Sie vermittelt ihn jedenfalls in ein besonderes Therapieprogramm und da geht es hart her. Es gibt Einwegspiegel, wo die Psychiater, die zu Therapierenden beobachten. Die müßen über ihre Sexualität Auskunft geben, sagen, ob sie sexuelle Beziehungenzu Ttieren haben, was diese, als sehr hart empfinden.

Ein großer Teil des Buches ist den Gruppentherapiesitzungen, wo Simon den Mord und seine Gefühle dabei, nachspielen muß, gewidmet. Etwas was ich,als zu provozierend und als eher gefährlich betrachten würde. Es gibt auch immer wieder Beziehungen zum Gefängnispüersonal, das sich zum Simon kümmert, was mich auch eher erstaunt hat,weil mir die Grenzen danicht immer klar waren.

Am Schluß gerät Simon in eine Schlägerei, kommt in den Krankentrakt und da mit Vic in ein Zimmer,der sich gerade in Charlotte verwandelt.

Kathy Page schreibt also wahrscheinlich bewußt über sehr provokante Themen. Das mit der Therapie kann ich mir noch irgendwie vorstellen, obwohl ich sie so nicht machen würde. Aber ich habe nie als Psychologin oder Therapeutin in einem Gefängnis gearbeitet. Das mit der Umwandlung zur Frau in einem Gefängnis unter Margaret Thatcher eher nicht. Es wirden aber auch die Beziehungen Simons zu dieser Charlotte geschildert und am schluß meldet sich noch Amandas Mutter, die mit Simon über ihre Tochter sprechen will und der hat darüber achzudenken, wie er nach dieser Erfahrung und dreizehn Jahren Gefängnisaufenthalt damit weiterleben kann?

Das war wohl, wie sie im Nachwort schreibt, Kathy Pages Motivation diesen Roman zu schreiben, wo ich auch nicht glaube, daß es wirklich ein solcher ist. Es gibt eher einblick in den Theapieanlltag, obwohl ich nicht sicher bin, ob es in österreichischen Gefängnissen, jetzt überhaupt, so zu geht.

In den Neunzigerjahren war ich in einer Supervisionsgruppe mit einem Istvav zusammen, den ich während meiner GT-Ausbildung kennengelernt habe, der, glaube ich, stellvertretnder Leiter vom Mittersteig war. Der hat ein bißchen Einblick in seine Arbeit gegeben, ob man dort so provokant therapierte, weiß ich nicht.

Für den Leser ist es wahrscheinlich interessant, solch Provozokantes lesen, unterstelle ich Kathy P(age und den Verlagen einmal, daß sie so gedacht haben und erwähnt wieder die Andekdote, wo mir Jeannie Ebner, die ja beim Mittersteig wohnte, einmal in der “Gesellschaft für Literatur” erzählte, daß sie sich vor den Insaßen dort fürchtete und sich daher immer vom Taxifahrer zu ihrer Haustür begleiten läßt.

Birgit Birnbacher merke ich auch noch an, hat mit “Ich an meiner Seite” ein ähnliches Thema ganz anders beschrieben.

Der kühnste Plan seit Menschengedenken

Jetzt kommt ein E-Book, denn”Wagenbach” ist so nett mir seine Quartbücher digital zuzuschicken und so habe ich den 1967 geborenen Sachbuchautor Matthias Lohre kennengelernt, der das Wagnis übernommen hat, das Leben des 1895 bis 1952 gelebt habenden Architekt Herman Sörgel romanhaft aufzuarbeiten, denn den hat ein Monsterprojekt sein Leben lang begleitet, wollte er doch Afrika mit Europa durch einen Kanal verbinden und damit den Menschen Frieden, Wohlstand,Freiheit, etcetera zu bringen.

Das ist natürlich gescheitert und da waren erstens wohl die sozialen Umstände schuld daran, denn Sörgel durchlebte ja die Nazizeit und hatte eine jüdische Frau, die er schützen mußte, so daß sein Plan mit allerlei Schwierigkeiten und Verrenkungen verbunden war. Was daran Wahrheit oder Erfindung ist, weiß ich nicht, denn ich hatte den Namen Herman Sörgel noch nie gehört, beziehe mich also auf das, was im Roman beziehungsweise bei “Wikipedia”steht.

Im Letzteren steht nicht sehr viel außer ein paar nüchterne Fakten. Der Roman ist sehr dick. Fünfhundert print, neunhundert E- bookseiten und scheint auch sehr genau aufgebarbeit. Er ist in, glaube ich, sechs Teile gegliedert. Den einzelnen Kapiteln sind immer Zitate aus Romanen, Zitaten aus Sörgels Schriften und auch Gedichte, die von Irene Sörgel stammen, vorangestellt. Ob die wirklich gedichtet hat, weiß ich nicht und auch nichts über die Beziehung der Beiden.

Im Beschreibungstext steht etwas von Lügen und Mißverständnissen, die die Beiden ihr Leben lang begleiteten. Sie haben sich, glaube ich, auf der Überfahrt nach New York 1925 kennengelernt. Sörgel hat damals für eine Bauhhauszeitung gearbeitet.Da wurde er jentlassen. Dann hater sich bei einer anderern Firma beworben, um sein Gibraltarprojekt zu verwirklichen. Da scheitete die Anstellung aber an einem Mißverständnis. War da doch von einem berühmten Bürger des Ortes die Rede. Sörgel dachte an Franz Marc, der andere an Adolf Hitler undaußerdem hätte er der NDSAP beitreten müssen.

Da sieht man schon, worauf es Lohre angelegt hat. Denn später, als die Nazis an die Macht kamen, haben sie sich für das Projekt interessiert, was Sörgel, um seine Frau zu schützen zu einigen Verrenkungen veranlaßte. Sie wollte nach Amerika. Die Ausreise scheiterte. Schließlich erlebten sie das Kriegsende in einer Kellerwohnung. Sörgel gebrochen und krank will trotzdem an seinem Projekt weiterarbeiten und eine NS-Eliteschule zu einer Forschungsstelle umbauen. Die Frau nach Amerika. Sörgel hat aber das Visum verfallen lassen. So wird die Ehe geschieden. Irene Sörgel will mit einem Offizier nach Amerika. Sörgel arbeitet weiter. Hält Vorträge und fährt zu einemsolchen 1952 mit dem Rad dorthin. Da hat er einen Unfall. Wird was nie geklärt wurde, von einem Auto angefahren und ob Irene Sörgel wirklich in Amerika angekommen ist oder in Zürich beim Spazierengehen gesehen wurde, wird auch nurangedeutet.

John Knittel kommt in dem Buch auch vor. Mit dem war Sörgel befreundet und es ist sicher eine sehr interessante Geschichte, die Mathias Lohre da romanhaft aufgebarbeitet hat. Denn sonst hätte ich von Herman Sörgel und seinen Plänen wohl nie etwas erfahren.

Wilde Theorien

Jetzt kommt wieder ein Kunststück, nämlich ein Buch ohne Plot “Sie möchten sich von einem Roman verzaubern lassen? Literarische Figuren kennenlernen, die zu guten Freunden werden? In “Wilde Theorien” gibt es nichts davon – nur intellektuelle Trolle mit empathiefreiem Weltzugang, grenzenloser Lust an der Provokation und dem unstillbaren Wunsch, zu dominieren. Eine philosophische Komödie über Macht, Verführung und die Schönheit der Niedertracht – barock, brillant-verrückt, erbarmungslos”, steht auf dem Buchrücken von Pola Oloixarac “Wilden Theorien” dem im Original 2008 erschienen Debut der Autorin, die 1977 in Buenos Airen geborenen wurde und von der ich schon “Kryptozän” gelesen waren.

Klingt eigentlich nicht nach dem was ich unter Literatur verstehe, Struktur, Handlung und ein wenig Sozialkritik, aber ich lese, wie meine Leser wissen eigentlich alles und gerne über den Tellerrand, gehe oder ging immer wieder in die “Alte Schmiede” oder in die “Gesellschaft”, wenn dort “Ritter-Bücher” vorgestellt werden, die wohl ähnliche Ansprüche haben und auf dieses Buch wurde ich Anfang März durch das “Morgenjournal” aufmerksam gemacht und kann meinen Kritikern jetzt schreiben, wieder ein Buch das ich nicht verstanden habe und es daher nur mehr oder weniger schnell durchgelesen habe. Trotzdem finde ich es interessant, was andere Leute schreiben und was von der hehren Literaturkritik hochgelobt und mit Preisen bestückt wird?

Nun zum Inhalt, Kritiker freut euch weiter, hier kann ich nicht viel spoilern, sondern nur mehr oder weniger das wiedergeben, was am Klappentext steht. Es geht um eine wunderschöne Erzählerin, sie ist oder gibt an achtundzwanzig und hat schwarze Haare. Fotos oder Illustrationen gibt es auch immer wieder, studiert Philosophie. Am Klappentext steht noch was, daß sie immer eine dreisprachige Aristotelausgabe mit sich führt. Das habe ich offensichtlich überlesen und ist mir entgangen. Sie geht aber mit einem Augusto essen, das ist offenbar ihr Professor. Dann gibt es noch die kleine Kamtchowsky mit ihrem Freund Papst. Was sie aber nicht daran hindert zum Mac Donaldś zu gehen und sich von einem Downsyndrommitarbeiter sich durch das Lokal führen zu lassen und Spekulationen darüber zu machen, ob Behinderte besseren Sex machen? Was in Zeiten, wie diesen eigentlich als nicht mehr korrekt gelten sollte. Aber vielleicht war das 2008 anders?

Einen dritten Strang gibt es auch. Da beforscht ein genialer niederländischerAnthopologe 1917 den Urwaldund verschwindet dort.

Diese Handlungsstränge und vieles anderes werden, wie der Titel schon besagt, in wilden Theorien, frei philosophisch oder intellektuell assozierend aneinandergereiht. Psychoanalytische Theorien tauche auf, aber dann geht es gleich auf Klo und auch woanders hin.

“Pola Oloixarac ist eine derbesten Schriftstellerin des Internets, dem einzigenLand, das größer ist als Argentienien”, schreibt Joshua Cohen und über dessen “Buch der Zahlen” bin ich ja auch gestolpert und habe es nicht verstanden. Aber trotzdem Kritiker, hört und merkt es euch, habe ich es zu Ende gelesen. Denn ich breche selten Bücher ab, auch wenn ich sie nicht verstehe. Füge interessant hinzu, würde aber wieder gerne wissen, wie viele Leser Pola Oloixarac wirklich hat? Und kann auch noch “Amazon” anführen, wo LutziFutzi schreibt. “Sorry, nichts für den Durchschnittseuropaier. Meiner Meinung nach nur verständlich, wenn man sich mit der Geschichte Argeniniens auskennt. Weitere Kritikpunkte sind die verschachtelnten Sätze mit bedeutungsvollen Wörtern, die nur erahnen lassen, was gemeint ist. Man könnte auch sagen, einfaches kompliziert ausgedrückt. Das hemmt den Lesefluß ungemein und man kommt nicht wirklich in die Geschichte hinein und den handelnden Personen nahe. Bin dann nach der Hälfte ausgestiegen.”

Das bin ich, wie schon erwähnt nicht. Kann mich aber trotzdem im Großen und Ganzen anschließen. Die Literaturkritiker, wie etwa bei “Spiegel Online”: Oloixaracs Sprache könnte schärfer nicht sein” oder “Ohne Zweifel einer derersten spanischsprachigen Klassiker des 21. Jahhunderts”, “El Mundo”, sehen es wohl anders.

Die Mutter von Nicolien

Jetzt kommt ein “Wagenbach Quartbuch”, da bekomme ich ja immer die E-pubs geschickt. Ein Roman des 2008 verstorbenen niederländischen Autors J. J. Voskuil, der mit dem Mehrteiler “Das Büro” bekannt geworden ist und der sich in dem Buch, das aus kleinen Skizzen besteht, die von den Fünzigerjahren bis ins Jahr 1985, dem Tod der Mutter, hinüberführt, sich mit der Demenz beschäftigt.

Der Erzähler ist ein Maarten und der trifft sich mit seiner Frau Nicolien und deren Mutter, die in Deen Haag wohnt, das Ehepaar wohnt in Amsterdam, immer wieder zum Kaffeetrinken. Hier ist interessant, daß die Mutter mit Sie angesprochen wird, aber vielleicht liegt das an der Übersetzung und am Anfang ist die Mutter noch recht fit und mir ist es wieder etwas schwer gefallen, in das Buch hineinzukommen, wußte ich doch länger nicht, daß Nicolien eine Frau und die Tochter der Titelheldein ist und die Demenz, das zunehmende Vergessen, wird auch erst später greifbar.

Anfangs erscheint die Mutter fit. Erst später, die Szenen sind immer mit dem genauen Datum überschrieben, merkt man, daß sie viel vergißt. Sie soll irgedwo hinfahren, findet den Weg nicht mehr, findet dann auch nicht aufs Klo und entschuldigt sich dann immer mit dem Alter.

“Sie sind nicht alt!”, kommt dann immer als Antwort und liest man das Buch 2021, fällt einer auf, wie schwer sich das Ehepaar mit der zunehmenden Vergeßlichkeit der Mutter tut und, wie unverständlich sie für es ist.

Heute ist man da schon weiter, weiß damit umzugehen, macht Gedächtnistests, kennt zunehmend Therapien.

Nicolien und ihr Mann stehen dem verfall der Mutter erstaunlich hilflos gegenüber, fangen darüber auch zu streiten an und die Mutter wird zunehmend vergeßlicher, verschwindet aus der Straßenbahn, wird dann von einem Mann nach Hause bgeleitet, ruft immer wieder an und weiß dann nicht warum. Nicolien versucht ihr, als die Nummern geändert werden, auch das Telefonieren anzugewöhnen und berührend ist der Satz “Meine Tochter meint, daßich hier bin!”

Die Mutter wird dann nach Amsterdam genommen, wo das Paar wohnt. Aber da hat die Mutter Angst, verschwindet aus der Kammer in der sie wohnt, erzählt den Passanten, daß sie ihre Tochter sucht die in Amsterdam wohnt, landet dann in einem Krankenwage und erst in den Siebzigerjahren rät ein Arzt, die Mutter ist dann schon über achtzig und wundert sich bei ihren Geburtstag darüber, sie in einem Pflegeheim unterzubringen.

Nicolien fällt das schwer, aber bei ihnen in Amsterdam geht das nicht, die Mutter zu sich zu nehmen und um nach Den Haag zu ihr zu ziehen ist Marten der Weg in sein Büro zu lang. In dem Altersheim scheint es auch viel strenger als heute, also vor Corona-Zeiten zuzugehen, die ersten drei Wochen keine Besuchszeit, denn sonst bleibt sie nicht bei uns, sagt die Pflegeschwester und zu den Besuchzeiten stauen sich die Angehörigen im Foyer, dann sitzen alle im Cafe und schauen zu, wie die Frauen ihre dementen Männer mit Eierlikör und Törtchen füttern. Die Mutter will nach Hause, verfällt immer mehr und stirbt, wie schon geschrieben 1985. Das Buch oder die sehr berührenden Skizzen über die Demenz, den Tod und das Sterben enden beim Begräbnis und die Demenz ist ein Thema, das mich sehr berührt, das mich in meiner Familie, ich habe ja meinen Vater betreut und auch meine Schwiegereltern waren und sind davon betroffen, hautnahm miterlebte, habe auch in der “Anna” und in anderen meiner Texte darüber geschrieben und mich auch in meinen Pflegehelferkursen, die ich im Geratriezentrum am Wienerwald, als es noch gab gehalten habe und in meiner Diagnostik, damit beschäftigt. Sehr beeindruckend also über ein wahrscheinlich in den Achztigerjahren geschriebenes Buch darüber zu lesen und was hier geschildert wird mit dem zu vergleichen, was man inzwischen wahrscheinlich in unzähligen Ratgebern nachlesen kann, weil ja wahrscheinlich jeder jeden kennt, der davon betroffen ist, damit lebt oder jemanden betreut.

Genossen

Jetzt kommt ein politisches Sachbuch das mir “Wagenbach” schickte, der 1962 geborenen amerikanischen Politikwissenschaftlerin Jodi Dean, die sich mit dem Begriff des “Genossen” der ja vom Genießen kommt, in allen Richtungen mit vielen Fußnoten und Erklärungen auseinandersetzt und das finde ich, die sich damit ja schon theoretisch als auch praktisch auseinandergesetzt hat, interessant, das einmal von der amerikanischen Seite, die da ja eine andere Geschichte und Sichtbild hat, zu betrachten, noch dazu, da ich mich mit der amerikanischen Politik nicht sehr auskenne.

Jodi Dean, die schon mehrere Bücher geschrieben hat, beginnt im Kapitel “Wie aus Unterstützern Genossen” werden mit einem Beispiel, wie Barak Obama, 2016 Bernie Sanders “scherzhaft aufs Korn nahm” in dem er ihn als “Genossen!”, bezeichnete, obwohl er ja einer anderen Partei angehörte.

Dann kommt es zu einer Abgrenzung des Begriffs Genossen, der, wie Dean vermutet in Europa als zu stalinistisch oder altmodisch abglehnt werden könnte, vom Kamerad und Kollegen abgrenzt und zitiert Beispiele, daß Leute von der Herzenswärme berichten, die sie spürten, wenn sie mit Genossen zusammenkamen. Man ist plötzlich in einer Reihe von Höherrangigen, die einen als Genossen bezeichnen, der Begriff kann aber auch Beispiel oben im negaiven Sinn verwendet werden.

Genosse ist man, um sich zu helfen und zu unterstützen und da sind wir schon bei dem amerikanischen System der Unterstützer, die es seit fünf Jahren auf den Unis gibt, wo sich Wohlhabende, um andere kümmern sollen und da gibt es schon ein Ratgeber, gibt wie sich der Unterstützer zu verhalten hat.

Dann gehts zur momentan ja sehr kritisierten Frage, ob ein Genosse weiß und männlich sein muß?

Dean beginnt mit der Genossin, da wären ja Rosa Luxemburg, Angela Davis und Clara Zetkin und eine Reihe mir unbekannter Namen Gegenbeispiele und bei den schwarzen Genossen wären wir schon bei der heute sehr oft diskutierten Frage, ob schwarz nicht mit Armut gleichzusetzen ist und ob Schwarze und Weiße wegen der zitierten sozialen Unterschiede wirklich Genossen sein können?

Bei den Genossinnen zitiert Dean noch das Beispiel einer, die in einem Kurs Hausarbeit als wichtigen Teil erwähnte und da von den Genossen unterbrochen wurde, weil das ja wirklich nicht wichtig ist, aber notwendig, füge ich hinzu und Dean komm zur “Negativität”, des Genossen und zitiert da den russischen Dichter Platonow, der ja, glaube ich, derzeit viel gelesen wird, der meinte, daß die Genossen schnell weg wären, sobald sie Brot und Eigentum besäßen, weshalb das zu unterbinden sei.

Im dritten Kapitel werden dann vier Thesen zum “Konzept des Genossen” aufgestellt und an vielen Beispielen, wie zum Beispiel dem 1936 entstandenen Film “Ninotschka” von Ernst Lubitsch mit Greta Garbo aber auch einer 1096 erscheinenen Erzählung von Naxims Gorki, den schon erwähnten Roman Platonow aber auch den Schriften von Marx, Trotzki Lenis, etcetera erläutert, daß

1.”Der Genosse durch Gleichheit, Gleichstellung und Solidarität ausgezeichnet wird

2. daß jeder kann aber nicht alle Genossen sein können

3. Daß das Individum ein anderer oder etwas anderer, als der Genosse ist und

4. wird die Beziehung des Genossen durch Treue zu oder an eine Wahrheit vermittelt werden”, was beispielsweise oft eine Partei sein wird.

Im letzten Kapitel “Mein Genosse bist nicht” geht es um das Ende der Genossenschaft, die Dean als “Ausschluß, Austritt, Abwendung und Ende der Welt”, definiert.

Beim Kapitelteil “Ausschluß”, da habe ich ja viel von den Ausschlüßen, die die KPÖ in den Fünfziger- oder sechzigerjahren bezüglich des Thema Stalinismus betrieben habe, gehört.

Dean führt die Moskauer Prozeße an, da habe ich ja kürzlich den Ruge und früher den “Lärm der Zeit”gelesen und außerdem das Beispiel, wie Trotzki eine Bahnfahrt verwehrt wurde, er blickte zu seinen Genoßen, die sind aber stumm geblieben, angeführt.

“Austritt” ist, wenn ich mich selber von der Partei abwende also kein Kommunist mehr sein will. Da schildert Dean das Beispiel eines C. L. R. James, der 1962 eine amerikanische Arbeiterzeitung verlassen hat.

“Abwendung” ist wohl, wenn ich ideologisch die Partei verlasse und beim Kapitel “Ende der Welt”, wo ich mir zuerst “No na oder was ist das wohl?”, dachte, wird lang und breit aus Doris Lessings “Goldenen Notizbuch”, zitiert, das ich, glaube ich, einmal gelesen habe, weil es mir Judith Gruber- Rizzy zum Geburtstag schenkte, als Lessing den Nobelpreis bekam, mich aber nicht mehr so gut erinnern kann, es also wieder lesen müßte.

Was wahrscheinlich überhaupt die Quintessenz nach dem Lesen von Jodi Deans Theorie ist. Lesen und sich mit dem Thema weiter befassen. Der amerikanische Kommunismus ist mir ja, wie schongeschrieben, sehr fremd. Sonst wurde ich öfter an Stephan Teichgräbers Workshops erinnert. Der mich ja bei den Themen Utopie, Revolution– und Partisanenliteratur, sehr oft mit alten russischen Büchern, die sonst an mir vorbeigegangen wäre, in Beziehung brachte. So habe ich ja zwei Teile des “Leidensweg” gelesen und beim Thema “Partisanen”, war ja auch einiges dabei, interessant, also eine amerikanische Wissenschaftlerin kennengelernt zu haben, die sich mit den “Genossen” befaßt, aber wenn man sich mit den amerikanischen Beispielen aus zeitlichen Gründen nicht weiterbeschäftigen kann, wird es zumindestens bei mir nur bei den Überschriften bleiben.

Von Hand zu Hand

Jetzt kommt noch einmal, bevor es mit dem “Buchpreislesen” weitergeht ein sehr poetischer Text, ein surrealer Roman, der erste, den, die 1915 in Warschau geborene Helen Weinzweig, die 1924 mit ihrer Mutter nach Kandada auswanderte und mit einem Komponisten verheiratet war, von der ich schon “Schwarzes Kleid mit Perlen” gelesen habe,1973 geschrieben hat.

Ein poetisches Ensemble und einen Stimmenchor nennt es der Lektor im Nachwort, denn der Text der eine sehr skurille Hochzeit beschreibt, besteht aus längeren oder kürzern Textstückchen, wo die bei der Hochzeit anwesenden Figuren einen Eindruck von ihrer Beziehung zum Brautpaar geben.

Von einer promiskuitiven Braut und einem schwulen Bräutigam, die die gleiche Kleidung tragen und zum Verwechslung ähnlich sind, steht etwas in der Beschreibung. Die Ex-Lover sind anwesend und eine mexikanische Frau, die ihr Kind während der Hochzeit stillt und am Schluß ist die gemietete Hochzeitsuite nicht frei und die Leserin, die ja gerne Struktur und eine geordnete Handlung hat, tut sich sehr schwer beim Lesen dieser kleinen feinen Textstückchen.

Sie tut sich auch schwer bei den Namen, den diese schwirren lustig in der Kirche und in der Nichthandlung herum. Der Beschreibungstext erzählt noch etwas vom bitterbösen jüdischen Witz mit dem Helen Weinzweig ihren Roman erzählt, spricht von kuriosen lebendigen Szenen und Sätzen voller Wucht und Absurdität.

Nun ja, nun ja und sicherlich sehr spannend einmal eine solche Hochzeit mitzuerleben und James Polk erwähnt in seinem Nachwort noch, daß es außer den beiden jetzt bei “Wagenbach” auf Deutsch herausgegebenen Romanen, nur noch einen Erzählband, der 2010 in Toronto verstorbenen Autorin, die ja erst mit sechzig zu schreiben angefangen hat, erschienen sind.

Trotzdem gilt Helen Weinzweig, als wichtige kanadische Autorin, die sowohl das Vorbild von Margaret Atwood als auch von Alice Munro war.

Pax

Jetzt kommt das zweite “Wagenbach-Quartbuch”, das ich schon länger in meinem E-Book Folder habe, nämlich “Pax” von der 1980 geborenen Eva Roman, die auch das Leipziger Literaturinstitut absolvierte und schon früher einen Roman bei “Wagenbach” herausgebracht hat.

“Pax” ist sowohl eine Coming of age, als auch eine Coming out Geschichte und erzählt auf mehreren Ebenen, beziehungsweise mehrere Thematiken dabei anschneidend, das Aufwachsen des kleinen Pax, seine Tante nennt ihn Max in einer Kleinstadt, bei der schon erwähnten Tante Beatrix, die eine etwas schrullige Person ist, in einem Kaufladen arbeitet, in die Kirche aber auch einmal auf eine Demonstration geht, die dann aber “Umzug” nennt und öfter krank ist, weil er seine Eltern früh veroren hat.

Die sind mit seinem Bruder von einer Afrikareise nicht zurückgekommen. Im Beschreibungstext steht noch etwas von Schuld und Schämen und dann geht es auch, um eine gewisse emotionale Abhängikeit zwischen Neffen und Tante, es gibt eine Oma, die ständig kocht, eine Leni mit der er spielt aber dann kommen schon die schwulen Freunde oder das Umgehen mit ihnen.

Zuerst spielt Pax, als die Tante ihm das endlich erlaubt, Fußball, gerät dabei aber in eine Auseinandersetzung, als er als “Schwuchtel” gehänselt wird, dann schließt er sich in seiner Schule einer Filmgruppe an.

Er möchte gerne Filmer werden, die Tante meint aber er soll was Anständiges machen, so macht er zunächst ein Praktikum in einem Altenheim, lernt da eine alte Dame kennen, die er weiter besucht und gerät dann in eine Bank.

Es gibt eine Wohnung zu vermieten, die vermietet er an seinen Freund und muß das dann der Tante beibringen, die ihm immer nach Mädchen fragt, die aber gar nicht so entsetzt darauf reagiert und am Schluß reist Leni mit einem Wohnwagen durch die Welt.

Alles sicher interessant, aber wahrscheinlich nicht so neu, vielleicht die Art Romane, die man in den Literaturinstituten, als Abschlußarbeit einreichen muß.

Spannend sicherlich, eine mir bisher unbekannt gebliebene Autorin kennengelernt zu haben.

Ein Tag wird kommen

Jetzt kommt das “Wagenbach-Quart- und Ö1-Buch des Monats, der 1988 in Rom geborenen Giulia Caminito “Ein Tag wird kommen”, die damit eine italienische Familiengeschichte und die Geschichte ihres Urgroßvaters des Anarchisten Nicola Ugolini geschrieben hat und das von Ö1 und anderen Rezensenten sehr gelobt wird, Anna Jeller hat es auch in ihrem Schaufenster und das mit den texten des Neoverismo wie Pavese, Silone oder Moravia verglichen wird.

Ich muß gestehen, ich habe mich mit dem Lesen etwas schwer getan und denke, daß die zweiunddreißigjährige sicher eine eigene manchmal etwas pathetische Sprache hat, die von der 1952 in Linz geborenen Barbara Kleiner ins Deutsche übersetzt wurde.

Schwierig ist es auch, daß die Geschichte des Dorfes Serra de Conti in den Marken und der Bäckerfamilie Ceresa nicht chronologisch erzählt wird.

Es geht jedenfalls um den Anfang des vorigen Jahrhunderts bis hin zum ersten Weltkrieg, die spanische Grippe komme vor und wird von den Rezensenten als bezug zur Gegenwart und dem Corona-Virus auch lobend erwähnt.

Es geht um zwei Brüder Lupo und Nicola, die eigentlich keine richtigen Brüder sind, aber das ist ein Geheimnis, das sich erst nach und nach entschlüßelt und es geht auch um ein Kloster, das eine aus dem Sudan entführte schwarze Nonne zur Äbtisstin hat, die, wie Giulia Caminito, in ihrem Nachwort erzählt, es genau, wie den anarchistischen Urgroßvater wirklich gegeben hat.

Die beiden Brüder sind sehr verscheiden, der kleine Nicola schwach und ungeschickt und scheint eigentlich nur für den Beruf des Priesters geeignet. Eine Parallele, die man mit den “Halbbart” ziehen kann, obwohl dieses Buch ja in der Schweiz und im vierzehnten Jahrhundert spielt.

Der Bruder Lupo, der Anarchist, beschützt ihn, hält ihn auch von der Arbeit ab und als der erste Weltkrieg kommt und Lupo in den Krieg ziehen soll, zwingt er den Bruder ihn ins Bein zu schießen, damit er nicht eingezogen wird.

Es gibt auch einen Cane genannten zahmen Wolf, der unter dem Bett der Brüder lebt, der wird von einer Schlange gebissen und als Lupo ihn begräbt und danach zurückkommt, ist Nicola verschwunden, er wurde in den Krieg geschickt und, als er zurückkommt, ist er ein Mann und die Brüder wandern dann nach Amerika aus.

Es gibt aber noch den Priester Don Agostino und die Schwester namens Nella, die von ihm, wieder eine Parallele zum “Halbbart” von ihm vergewaltigt wird. Sie geht dann ins Kloster zu Suor Klara, wird später selber Äbtisstin, vorher wird der Mutter Violante, die ein totes Kind zur Welt bringt, aber Nellas Sohn Lupo unterschoben, man sieht Giulia Caminito erzählt ihre Familengeschichte höchst dramatisch und die rote Woche die “Sentimana Rosso” gibt es auch, den Aufstieg Mussolinis und den Faschismus, der dann auf die harte Zeit nach dem ersten Weltkrieg folgt.

Am Cover des Buches ist ein Wolf zu sehen und es ist sicher interessant diese italienische Familiengeschichte, die, wie in der Beschreibung steht, von “Schuld, Anarchie und Wiederstand” handelt, zu lesen und Caminitos schöne Sprache “einfach, stark, vollkommen” wird dabei auch sehr gelobt.

Leben mit dem Stern

Ich interessiere mich ja sehr für Holocaustromane und habe auch schon viele von ihnen gelesen, so kann ich mich erinnern, daß ich als Hauptschülerin einen der “Sternkinder” hieß in der Hand halte und jetzt hat mir “Wagenbach” sozusagen als Trost, daß die Leipziger Buchmesse nicht stattfand und ich auch nicht nach Berlin, um mir den Verlag anzusehen, fahren konntem Jiri Weils “Leben mit dem Stern” geschickt.

Im Vorjahr habe ich ja schon “Mendelssohn auf dem Dach” gelesen und dadurch den 1900 geborenen und 1959 in Prag verstorbenen Tschechen Jiri Weil kennengelernt, der 1933 vom Kommunismus begeistert nach Moskau ging, bald aber von der Partei ausgeschlossen und nach Mittelasien deportiert wurde. Nach seiner Rückkehr in die Tschechoslowakei entkam er den Nationalsozialisten in dem er seinen Selbstmord vortäuschte und das hat er vermutlich auch in dem Roman verarbeitet, in dem es wohl autobiografische Elemente geht, der  mit einer sehr starken ironischen Distanz, die zeitweise an Kafka erinnert, geschrieben wurde.

Da ist der ehemalige Bankbeamge Josef oder Josi  Roubicek der während der deutschen Besatzung in einem beschädigten Haus lebt, friert, kein Geld und keine Marken hat, um sich Fleisch zu kaufen, so verheizt er die Möbeln, ernährt sich von Blut- oder Knochensuppe und verbringt seine Zeit mit Lesen beziehungsweise sich mit seiner nicht anwesenden Geliebten Ruzena zu unterhalten, einer verheirateten Dame, deren Rat zu fliehen, er nicht gefolgt ist.

Jetzt wird er von Boten aufgesucht, die ihm ständig kafkaeske und damals wohl reale Verordnungen bringen was er alles nicht machen und haben darf. Der Kater Thomas, den er auch nicht besitzen darf, ist ihm zugelaufen. Er unterhält sich auch mit ihm und wird dann einer Arbeit am Friedhof zugeteilt, wo er mit anderen, die Worte “Juden” und “Nazis” werden nicht verwendet, sondern nur von “unsere” und “denen” geschrieben, Gemüse anbaut und zusehen muß, wie einer nach dem anderen in die Festungshaft, wie Weil Therienstadt nennt oder in den Osten deportiert wird. Das geschieht auch seiner Tante und seinem Onkel, bei denen er offenbar aufgewachsen ist, die aber sehr geizig und unfreundlich zu ihm sind.

Andere Bekannte geben ihm Geld und er lernt auch einen Arbeiter kennen, der offenbar eine Widerstandsgruppe aufgebaut hat, der er sich lange nicht anschließen will, sondern nur still neben den Treffen sitzt.

Die Namen der Deportierten werden nach dem Alphabet erstellt. Als man beim Buchstaben  “R” angekommen ist, wird sein Name nicht genannt. Ein anderer “Robitschek” steht aber auf der Liste, dem will er zum Abschied eine Zwiebel schenken, die dieser aber verweigert, weil er entschloßen ist, sich umzubringen. Der Versuch, das mit Gas zu tun, mißlingt. Er kommt in ein Spital und wird für die Deportation gerettet. Als es  soweit ist, springt er aus dem Fenster und stirbt und Josef Roubicek, der die Deportationen mit einer Zirkusvorstellung vergleicht, überlegt lange, ob er untertauchen und sich verstecken soll oder, ob er nicht das moralische Recht hat, das zu tun?

Schließlich wird ihm noch sein Kater erschoßen und er erfährt, daß das auch Ruzena und ihrem Mann so passiert ist. Das läßt ihn sozusagen politisch erwachen  und so endet das Buch,  wie es begonnen hat, mit einem gespräch mit Ruzena.

“Einer der heraussragenden Romane über das Schicksal der Juden unter den Nazis. Ich kenne keinen vergleichbaren” hat Philip Roth laut Buchrücken über den Roman gesagt, schade, daß er so unbekannt geblieben ist, füge ich hinzu.

Im Nachwort steht, daß er 1949 in Prag erschienen ist, aber von den tschechischen Kommunisten verfemt und vernichtet kritisiert wurde.

Ich finde den Tonfall mit dem es geschrieben wurde, sehr interessiant, es erinnerte mich ein bißchen an “Jakob der Lügner” von Jurek Becker und auch an den “Pianisten”, wo ich aber nur den Film geshen habe und das Buch erst lesen muß und besonders  makaber war es, das Buch in einer Zeit zu lesen, wo man die selbstverständlichsten Dinge, wie sich auf eine Parkbank setzen auch nicht darf und wenn man Pech hat mit fünfhundert Euro bestraft wird, wenn man mit seinen Kindern Fußball spielt.