Mutter

Nun kommt schon Buch drei der österreichischen Buchpreisliste, obwohl ich noch zwei der deutschen zu lesen habe, aber die”Chronik eines Abschieds” der in Karpfenberg geborenen Melitta Breznik, die vom Beruf Ärztin ist und wenn ich mich nicht irre auch einmal die Partnerin Norbert Gstreins war, der ein Buch über sie geschrieben hat, ist ein Printbuch und da ich gelegentlich auch mal in die Badewanne gehen will, ahabe ich es zwischen den Netgalley Exemplare, die jetzt auf mich warten, schnell eingeschoben.

Abschiede, Tod der Mutter, des Vater, Bücher über das Sterben der eigenen Eltern werden ja ofter von Schriftstellern geschrieben, die damit die Trauerarbeit bewältigen, ich habe mich nach dem Tod meines Vaters, den ich ja auch einige Jahre nach dem Tod meiner Mutter betreut habe, schreibend damit beschäfigt. Elfriede Haslehner hat über den Tod ihrer Mutter geschrieben und mir das Manuskript, glaube ich, zu einem meiner Geburtstage gebracht, Julian Schutting und und- glaube ich, daß es auch sehr wichtig ist, sich mit dem Tod und dem Abschiednehmen, das ja jeden einmal betrifft, vor allem in Zeiten, wie diesen, wo alles so durcheinadergeht, Operationen aufgeschoben werden um Covid 19- Betten freizuhalten und man seine Anghörigen in der Sterbphase oft nicht besuchen darf, zu beschäftigen.

Ich habe, das, glaube ich, auch sehr intesiv gemacht, habe ich ja auch in der Zeit, wo ich meinen Vater betreute im Geratriezuentrum am Wienerwald Pflegehelferinnen in Pschologie unterrichtet, wo auch Sterbeseminare enthalten waren.

Melitta Breznik von der ich schon “Figuren” gelesen habe, tut das sehr knapp in vierzig Kapitel mit einem Vor- und einem Nachwort, die oft mit dem Wort “Mutter” beginnen. Im Oktober ruft die an, sagt, es geht ihr nicht gut, sie ist vor kurzem in eine seniorengerechte Wohnung gezogen, Melitta Breznik recherchiert gerade an einem Buch, hat ein freies Jahr will sich aber um eine Stelle in der Psychiatrie in der Schweiz, wo sie lebt, bewerben, so ruft sie den Bruder an, der in der Nähe der Mutter lebt, weil sie aus Erfahrung weiß, daß es der Mutter nach Anfällen oft schnell wieder besser geht.

Diesmal aber nicht, der Bauch ist geschwollen, dieMutter erbricht, kann nichts mehr essen, ein Krebs wird diagnostiziert.Bei meiner Mutter war das, als ich zu Oster 1991 von einer Japanreise zurückgekommen bin, ebenso.

Bei Melttta Brezniks Mutter dauert das Sterben länger, die Tochter übernimmt die Pflege. Die Mutter verlangt das auch von ihr, will niemanden anderen, als sie für die Körperpflege haben, Melitta Breznik fühlt sich oft überfordert dabei, berät sich mit befreundeten Ärzten ist erstaunt, daß die Mutter zu den Kirchenglocken, die zu hören sind, das “Vater unser” betet, sie ist im Alter wieder zur Religiositöt zurückgekommen, bei meiner Nutter war das ebenso.

Der junge Pfarrer besucht die Mutter, läßt für sie extra die Kirchenglocken läuten, Weihnachten naht allmählich, Melitta Breznik ist es jedoch gelungen, eine Pflegehelferin zur Unterstüzung zu engagieren. Sie geht in ihre Kindheit zurück, denkt an den trinkenden Vater von dem sich die Mutter scheiden ließ, einen Selbstmordversuch gab es auch und als Melitta Breznik noch zu Schule ging, hat die Mutter sie zur Abtreibung gezwungen.

Jetzt wäre das Kind schon erwachsen, Melitta Breznik hat keine Kinder, ihr Bruder, der sie bei der Pflege unterstützt, glaube ich, schon, die Haushaltshilfe kommt und verabschiedet sich von der Mutter und einer der letzten Sätze laute “Aufgewacht um halb vier am 1. Dezember – Mutter ist fortgereist für immer.”

Ein sehr eindrückliches Buch, das helfen kann mit den eigenen Schmerzerfahrungen fertig zu werden, aber auch anderen sich mit dem Tod auseinanderzusetzen, ob es der Mutter wirklich recht wäre, daß andere Leute über ihre Intimitäten lesen, darüber läßt sich diskutieren und auch über die Frage, wieviel man bei solchen Bücher verfremden muß und ob das, was dann herausskommt, noch authentisch sein kann.

Auch darüber, ob es ein Roman ist, wie es natürlich bezeichnet wird, “Chronik deines Abschiedes” der Untertitel passt natürlich besser. Ich würde es wieder als Memoir bezeichnen und auf der Orf oder Ö1- Bestenliste ist es im Frühjahr, glaube ich, auch gestanden. Auf die Shortlist des Öst ist nicht gekommen und jetzt geht es wieder zurück nach Deutschland, aber da, glaube ich, auch um das Abschiednehmen, bevor es mit der Öst weiter geht, wo der Preis ja am neunten November, meinem siebenundsechzigsten Geburtstag, verliehen wird.

Streulicht

Nun kommt schon oder erst Buch achtzehn des dBps, das fünfte Shortlistbuch und eines das im Vorfeld hochgelobt wurde.

Das Debut der 1988 in Frankfurt am Main geborenen Deniz Ohde, die eine türkischstämmige Mutter hat und das ein Thema unfaßt, das eigentlich ziemlich klar und selbstverständlich istund auch nicht so neu, sondern schon hundermal diskutiert und beschrieben wurde und, daß ich zugegeben nicht im literarischen sondern eher im soziologischen pschologischen Sinn auch schon oft gehört habe, nämlich daß Arbeiterkinder in den Schule diskriminiert werden, daß sie viel weniger, als die aus Mittelschicht und Bildungsfamilien zu einem höheren Schuzlabschluß kommen. Daß sie, wenn sie schon auf dem Gymnasium sind, dieses öfter abbrechen und, daß es Kinder mit Migrationshintergrund auch sehr schwer haben und oft als sekundäre Analphabeten, die Schule verlassen und dann zu Problemjugendlichen werden ist auch nicht ganz so neu. Man denke nur an die Bücher der Susanne Wiesinger, wo ich ja auch eines auf meinem Stapel habe, weil es mir die liebe Doris einmal in die Hand steckte.

Neu ist vielleicht das Erstaunen, daß das Debut, das wie die Autorin selbst erwähnte, autobiografischen Hintergrund hat und vielleicht auch Schuldgefühle auslöste.

“Ach je, ist das so? Das haben wir ja gar nicht gewußt!”

Vielleicht trifft das für die Leser zu, die sich mehr für das Sprachexeriment und nicht so sehr für die Gesellschaft interessieren und deshalb ist es auch sehr gut, daß das Buch nicht nur auf Shortlist gekommen ist, sondern auch den “Aspekte-Literaturpreis” gewonnen hat.

Ob es so unbedingt literarisch ist, weiß ich nicht und ich habe mir eigentlich öfter gedacht, daß weiß ich alles schon und habe es zum Beispiel in den Siebzigerjahren in Christa Stippingers “Kress” gelesen, das ich ja dann unter einem anderen Namen auch einmal im “Augustin” endeckte und stimmt oder stimmt nicht mehr, hat sich doch inzwischen auch einiges geändert, die türkisch oder afrikanisch etcetera stämmigen Kinder mit Migrationshintergrund schließen wahrscheinlich immer öfter das Gmnasium, beziehungsweise die Uni ab und schreiben dann sogar Romane, die im ersten Anlauf auf der Shortist landen und den Lesern ein wahrscheinlich schuldbewußtes “Wow!”, entlocken und so ist es auch der wieder namenslosen Ich-Erzählerin gegangen, die wahrscheinlich viel mit ihrer Autorin gemein hat, eine türkisch stämmige Mutter, einen Arbeiter, als Vater der sein ganzes Leben das Industriegebiet wo es das titelgebende Streulicht gibt, nicht verlassen hat. Die Tochter schon und deren Freunde Sophia und Pikka, zwei Mittelschichtkinder, was schon mal ein bißchen ungewöhnlich und vielleicht auch heute noch nicht so ganz realistisch sind, heiraten.

Deshalb kehrt sie an den Heimatort zurück, erinnert sich an ihre Kindheit und die verpatzen oder schließlich doch geglückten Gelgelenheiten. Denn sie ist mit Zehn aufs Gymnasium gekommen. Ist dort aber immer hinter der strahlenden Sophia gestanden und wenn Herr Kaiser, der Französischlehrer Markt “qu`est- ce que ce?”, fragte, hat sie ihn lange nicht verstanden.

Hat sie sich doch beim Lernen schwer getan und in ihren Eltern wahrscheinlich auch keine Förderer gehabt. So verläßt sie die Schule, bricht sie ab oder wird auch hinausgeschmissen. Um dann später zuerst den Realschulabschluß, dann noch die Oberstufe abzuschließen und schließlich doch zu studieren. Das wird in Rückblenden erzählt und dabei wird auch viel Familiengeschichte eingeblendet. Der Vater trinkt und ist ein Sammler, weil er wegen der Kriegserfahrungen, die wahrscheinlich schon der Großvater hatte, nichts wegwerfen kann. Die Mutter ist verstorben und andere Trauma und Schwierigkeiten gibt es auch.

Ein interessantes Buch kann ich schreiben, bin gespannt, ob es auf die Bloggerdebutshortlist kommt und mich nur wiederholen, daß mich das Echo der Leser etwas erstaunte, weil das hier geschriebene für mich eigentlich selbstverständlich war und es eigentlich schön ist, daß man seine Matura und sein Studium auch im zweiten Bildungsweg schaffen und, daß man es mit seinem Erstlingsbuch gleich auf die Shortlist schaffen kann, viele der Rezensenten hätten Deniz Ohde auch den Preis gewünscht, ist auch sehr schön und etwas was ich mir noch immer wünsche, aber nie erreichen kann, weil ja demnächst mein fünfzigsten selbstgemachtes Buch erscheinen wird.

1000 Serpentinen Angst

Buch siebzehn des dBp und eines der drei Debuts und wow, was für ein Buch könnte ich ich schreiben, das Erstlingswerk der 1985 in Weimar geboren Olivia Wenzel, die in Ostldeutschland von einer weißen Mutter aufgezogen wurde und einen sambischen Vater hat.

So ein Buch hat es schon von Jackie Thomae hat es schon im Vorjahr auf die Shortlist gebracht und als ich die Besprchung bei “Papierstau” hörte, wo ich noch lange nicht so weit mit dem Lesen war, dachte ich, das ist ein sehr ähnliches Buch und habe mich wieder einmal sehr geirrt.

Ist es nicht, es ist ein beachtliches Erstlingwertk einer jungen Frau mit einem sehr sehr ungewöhnlichen frischen frechen oder auch was immer Stil, das viele Themen anschneidet und absolut noch nichts von einer Struktur und einem Plot etwas gehört zu haben scheint. Ich würde es auch nicht Roman nennen, sondern wahrscheinlich wieder Memoir, greift es wahrscheinlich ja viele Themen und biografische Punkte seiner Autorin auf und hat einen rassanten ersten Satz, wo ich noch mit dem Thomae Vorurteil behaftet schon einmal “Wow!” dachte “Mein Herz ist ein Automat aus Blech”, lautet der nämlich. Dann geht es nach New York und zur TrumpWahl, von der man ja jetzt in zweiter Runde wieder sehr viel hört. Dann zurück nach Berlin, ist teilweise, wie ein Seitenkatalog oder ein Fragenbogen gestaltet, dann hat es wieder Fließtextanteile und kurze knappe abschnitte und sehr viel Englisch und, das ist auch sehr interessant, es hat dem gestrengen Kritiker vom Literaturcafe wegen seiner Ungewöhnlichkeit gefallen und ich, die ich ja schon ein wenig älter und auch konventioneller bin, ein wenig verwirrt. Das Buch wird aber sicher einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen, obwohl ich es eher schnell und flüchtig gelesen habe, maches überflog und mich dann wieder bei anderen Rezensenten und Vloggern nach ihren Eindruck erkundigte.

Die Autobiografie aber bleibt und ist wahrscheinlich prägend, da ist die Protagonistin, ich glaube, sie hat keinen Namen, aber einen Zwillingsbruder, der sich umbrachte, einen Vater aus Angola, der bald wieder in seine Heimat verschwand, aber zum Geburtstag mailt, eine SED- getreue Großmutter, als es die noch gab, die die Enkeltochter liebevoll “Schokokrümelchen” nannte, eine Mutter, die Punkerin war und jetzt reist diese, ich glaube, Dreißigjährige, die auch als Lehrerin in Neukölln arbeitet, nach New York und dann wieder nach Berlin zurück. Sieht am Flughafen einen Mann, der sich vielleicht einen Sprengstoffgürtel überschnall und geht zur Security, als sie zurückkommt spielt er mit drei Kindern und man denkt “Wow!”, es gibt Kim, die vietnamnesische Freundin, die auch von ihren Rassismuserfahrungen erzählt.

Richtig, es ist ein Buch über Rassismus und über die Mikro- oder Makroaggressionserfahrungen dieser Welt, die die jungen Leute von heute wahrscheinlich stärker oder ganz anders, als ihre Großümütter erleben.

Im letzten Teil ist die Protagonistin, dann schwanger und reist nach Vietnam, vorher hat sie, weil an Angst- und Panikstörungen leidend, einige Therapien durchgemacht, ein Freund, der Psychoanaltiker ist, hat sie dazu gezwungen, sie erwischt aber wieder einige falsche, nämlich auch rassistische, die sie und ihr Problem nicht verstehen. Mit den Psychopharmaka ist es ähnlich.

Das Automatenbild kommt immer wieder vor und andere verschiedene Rassismuserfahrungen und immer wieder diese Fragebögen oft in Groß- und Fettschrift geschrieben, die von manchen Rezensenten als rapartig interpretiert wurden.

Interessant, interessant, würde ich sagen, auf die Shortlist ist es nicht gekommen, obwohl es mir wahrscheinlich besser als Jackie Thomaes “Brüder” gefallen hat. Auf meine würde ich es aber wahrscheinlich auch nicht tun. Jetzt bin ich wieder gespannt, was ich noch alles von der Autorin hören oder lesen werde und natürlich auf das dritte Debut, Deniz Ohdes “Streulicht”, das auf der Shortlist war, sowie den “Aspekte-Preis” bekommen hat, für den, Olivia Wenzel, glaube ich, auch nominiert war und das, als Nächstes auf meiner Leseliste steht und natürlich bin ich auch gespannt, ob das Buch für die Bloggerdebutshortlist auserwählt wurde, denn dann hätte ich es schon gelesen.

Herzklappen von Johnson & Johnson

Mit Buch sechzehn des dBps geht es wieder nach Österreich und zum dritten Roman der 1989 in Graz geborenen Valerie Fritsch deren literarischen Aufstieg von der ersten “Textvorstellungen-Lesung” in der “Alten Schmiede” bis zur “Bachmannpreis-Lesung” 2015, ich hautnah verfolgte. Von Anfang an von der sprachgewaltigen Doppelbegabung der Autorin und Fotografin, wie ich in einer Rezension hörte, begeistert war, “Winters Garten” dann zu aufgesetzt, fast kitschig empfand und von ihren neuen Romanbei den O-Tönen hörte.

Davon sehr begeistert war, dachte, er würde mir besser gefallen und jetzt wieder etwas ratlos überblieb oder in den begeisterten Rezensionen las und mich fragte, ist es nun ktischig oder nicht und kann man einen Familienroman über transgenerationale Traumata, wie es Valerie Fritsch, glaube ich, in ihren Buchpreisskurzportrait nennt, so erzählen?

Man kann natürlich. Aber mich befriedigt es, glaube ich, nicht und wenn ich es mit den beiden anderen Büchern, die ich kürzlich über dieses Thema nämlich Eva Sichelschmidts “Bis wieder einer weint” und Stefanie Greggs “Nebelkinder” vergleiche, kann ich nur sagen, daß dieser Roman, der die Rezensenten sehr begeisterte, in Österreich wurde das Buch zum Ö1-Buch des Monats, daß es auf die Longlist kam, habe ich, wie auch bei “Winters Garten” erwartet, sehr ungewöhnlich ist und jetzt, denke ich, ich habe mich durch ein wahres Sprachrauschbuch gelesen.

Valerie Fritsch hat eine wirklich sehr ungewöhnliche, eigene Sprache, wie es auch Marlene Streeruwitz hat und die man wahrscheinlich gleich erkennt. Man kann fast jeden Satz anstreichen.

Da gibt es “Die müden Marionetten mit einem schwarzen Fleck auf dem Herzen”, “Das Weiß des Stoffes das auf dem Weg leuchtet”, “Die Mutter der in dunklen Nächten der Mond zu Kopf steigt” und und und.

Eine Handlung gibt es natürlich auch und die wird von Valerie Fritsch durchaus kunstvoll vollzogen und wenn ich das Buch mit der Sprachkunst der Andrea Winkler vergleiche, kann ich nur sagen, es gibt eine Handlung, denn es wird hier ja von Schuld und Sühne, von den Kriegopas, die in den weiten Russlands, mit der Heimaterde in der Tasche, mehr oder weniger zu Mördern wurden und mit dieser Schuld leben müßen und auch, um die Frage, wie es den Nebelkindern, den Töchtern und Enkeltöchtern damit geht?

Alma, die mondsüchtige, ist die Enkeltochter. Von Beruf Zeichnerin, heiratet spät Friedrich, bekommt von ihm Emil, das schmerzunfähige Kind, das, wie Superman allen Kinder voranstürmt, sich dabei an Herdplatten verbrennt, sich die Hand durchsticht, Dauerpatient in den Kliniken wird und der Mutter große Sorgen bereitet, während die Großmutter von ihrem Schmerz erzählt und der Großvater, der die titelgebenden Herzklappen trägt, die aber sonst irgendwie untergeht, irgendwann stirbt. Die Großmutter erschießt sich ein paar Tage später. Alma und Friedrich stehen vor der Beerdigung und dann möchte Alma mit ihrer Familie nach Kasachistan reisen, um die Orte zu erleben, wo der Großvater Wehrmachtsoldat war.

Eine originelle Handlung könnte man sagen und dann noch noch in dieser wortgewaltigen Sprache. Die Rezensenten sind begeistert. Auf die Shortlist ist das Buch trotzdem nicht gekommen. Beim Öst nicht einmal auf die Lange und ich bleibe ein wenig ratlos zurück, würde sich die Realistin in mir, da doch mehr an die “Nebelkinder” halten, obwohl dieses Buch ganz sicher nicht so literarisch anspruchsvoll ist.

Von Vierjahrzehnten Freibord zur AK-Debutpreislesung

Der Vorteil vom Livestream-Schauen ist ja, daß man nach Belieben hin und her hoppel kann, was ich an sich gerne tue und da gab es heute durchaus ein abwechslungsreiches Programm.

Wolfgang Hermann in der “Gesellschaft für Literatur” habe ich dabei augelassen, denn ich fieberte ja eigentlich schon lange der Vorstellung der drei österreichischen Debutanten in der AK -Bibliothek entgegen, die es ja heuer zum fünften Mal gab.

Das erste Mal habe ich, glaube ich, versäumt, weil Ilse Kilic gleichzeitig den Veza Canetti-Preis bekommen hat. Bei den drei anderen war ich und habe mich anschließend bei Wein und Brötchen jeweils mit derAngela und dem Josef über den besten Text unterhalten. Die Bücher hatte ich da, wie auch heuer zum Teil noch nicht gelesen, aber, glaube ich, alle oder die meisten nachgeholt und heuer gab es wegen den strengen Corona-Regeln überhaupt nur eine Livestreamlesung, das heißt, wie in Frankfurt, ein paar der Verlagsleute waren eingeladen und saßen weit auseinander, die anderen konnte es sich über Livestream ansehen.

Drei oder vier haben, das, wie bei den anderen Livestreamlesungen auch getan und ich freute mich, wie erwähnt darauf, hatte um fünf eine Stunde, um sieben fing es in der Arbeiterkammerbibliothek an und dann ist mir eingefallen, daß ich schon vor längerer Zeit von Gerhard Jaschke eine Einladung zum“Freibord-Maskenball mit Abstand” in die “Alte Schmiede” bekommen habe. Gerhard Jaschke hat also Humor, ich weniger und so habe ich ihm auch “Mit Maske eher nicht!”, geantwortet und bin dann daraufgekommen, daß die von Kurt Neumann noch initierten “Gesellschaftsräume der Literatur” nämlich die “Revue durch vier Jahrzehnte Resonanz und Produktionsraum” oder der Rundgang durch die seit 1975 entstandenen “Freibord-Produktion” schon um sechs begonnen haben.

thematisch passt es zwar nicht sehr zusammen, denn das “Freibord” istja eine sehr avantgardistische Zeitschrift und dann auch wieder nicht, habe ich doch drei Texte drinnen, denn ich habe ab den Neunzehnhun,,,dertachtzigerjahre und solgange ich noch Ausendungen machte, meine Texte immer wieder auch an Gerhard Jaschke geschickt , der mir, glaube ich, einmal auch einen lobenden Brief geschickt hat. Später habe ich ihn dann durch meine wahrscheinlich etwas provokante Art auch ein paar Mal verärgert, als aber das erste “Literaturgeflüsterbuch” erschienen ist, hat er es auch sehr gelobt.

Der 1949 geborene Gerhard Jaschke hat also 1975 mit seiner Frau Ingrid Wald, den ebenfalls versctorbenen legendären Dichter Hermann Schürrer, Camillo Schaeffer und, ich glaube, noch jemanden anderen das “Freibord”gegründet. Da gab es dann die “Edition Freibord”, eine Sonderausgabe und später nach dem Schlaganfall die kleinen “Feribord” und “FirebordHeftchen” und jetzt hat Gerhard Jaschke seinen Vorlaß, glaube ich, dem Literaturarchiv in Krems übergeben, so daß der Schweizer Fermin Suter, in der “AS” an einem Tischchen saß, Markus Köhle saß an einem anderen. Dazwischen Gerhard Jaschke und dann hat es mit Hermann Schürrer, dem Exzentriker, Josef Enegls Gedichten, Elfriede Gerstl, die mir ja auch einmal ein “Freibord” ihrer Werke schenkte oder es mit einem meiner Bücher tauschte, begonnen. Eine gute Stunde lang die wilde experimentelle Literatur, des letzten Viertels des letzten Jahrhunderts, die ich ja hautnah miterlebte, besprochen, während es dann in der abgespeckten Arbeiterkammerbibliothek mit zwei in den Neunzehnhundertneunzigerjahren jungen Leute und den älteren, sein Geburtsdatum habe ich nirgends gefunden, Gunther Neumann weiterging. Leander Fischer und die schon gestern gehörte Mercedes Spannangel stehen ja auch noch auf der öst. Debutpreisliste.

Die Leiterin der Bibliothek Ute Wödl eröffnete, dannn kamm der AK- Direktor Christoph Klein und hob wieder den Wert der Bildung und des Lesens vor, be–vor Ute Wödl dann die drei Nominierten vorstellte und ich dachte eigentlich, daß ich den der 1992 in Völklabruck geborenen Leander Fischer mir völlig unbekannt wäre.

Jetzt also den ersten Einblick in das umfangreiche Werk, in dem es sowohl um das Fliegenfischen, als auch um die Ermordung des Thornfolgers in Sarajewo geht. Ich bin also gespannt, werde aber noch eine Weile brauchen, bis ich zu dem Buch komme, weil es ziemlich weit unten auf meiner Leseliste steht, während ich von den schon älteren Gunther Neumann, der, glaube ich, eine diplomatische Karriere hinter sich hat, bevor er ans Debutpreisschreiben ging, schon bei den O-Tönen hörte.

In seinem Buch “Über alles und nichts” geht es um eine Pilotin und Mercedes Spannagel, 1995 geboren, habe ich, wie schon erwähnt, sowohl bei den O-Tönen als gestern in der Exil-Vorstellung in der “Gesellschaft” ,gehört. Sie las, glaube ich, dieselben Stellen aus “Das Palais muß brennen” obwohl sie ja gestern sagte, sie würde immer etwas anderes lesen und Ute Wödl fragte dann ins Publkium “Haben Sie sich schon einen Eindruck über den Gewinner gemacht?”

Ich habe nicht, dazu muß ich die Bücher erst lesen. Würde aber auf Leander Fischer schätzen, der wahrscheinlich der sprachexperimentellst,e ist und habe heute in meinem Zimmer eine große literarische Runde gemacht. Von Gerhard Jaschkes Avantgarde zu den drei Debutpreis-Büchern des Öst. DerPreis wird ja an meinem Geburtstag am neunten November vergeben. Ich hoffe, daß es da auch einen Livestream gibt und, daß ich mich bis dahin schon ein bisher durch die österreichische Liste gelesen habe. Derzeit lese ich ja Martin Peichls “Bierdeckelbuch” und gehe dann noch kurz zum dBp zurück, um da noch drei Bücher zu lesen, bevor ich zum österreichischen Buchpreis komme.

Die Dame mit der bemalten Hand

Jetzt kommt schon Buch fünzehn des dBps, das vierte Shortlistbuch und das dritte der 1966 geborenen Christine Wunnicke mit dem sie auf der Longlist stand.

2015 als ich mit dem Buchpreislesen begann war es “Der Fuchs und Dr. Shimamura”, 2017 “Katie”, alle in dem kleinen “Beerenberg-Verlag” und 2015 hat “Literaturen” über den “Fuchs”, den ich in einer Buchhandlung glesen habe, geschrieben, daß Christine Wunnicke nur Außenseiterchancen hat.

Das habe ich wohl auch geglaubt, denn die Bücher sind klein und dünn, graphisch sehr schön gestaltet und sie haben auch eher ungewöhnliche Themen beim “Fuchs” ging es um einen japanischen Pschiater bei “Katie”um den Spirtialismus und bei der “Dame mit der bemalten Hand” wird die Pyschiatrie und ihre Ungewöhnlichkeiten verlassen. Denn es geht nach Jaipur und ins achtzehnte Jahrhundert.

Christine Wunnicke hat einen historischen Stoff gewählt mit dem sie wohl das Nichtverstehen der verschiedenen Sprachen und Kulturen beschreibt und in Zeiten, wie diesen wohl zu größerer Toleranz aurruft und das tut sie mit einer sehr schönen nicht leicht verständlichen Sprache, so daß man sehr aufmerksam und konzentriert lesen muß, um sich in die Welt des Shortlistbuchs einzulesen, über das Sigrid Löffler am Buchrücken “Christine Wunnicke ist eine wunderbare unterschätze Romanautorin schreibt.” und das, glaube ich, inzwischen auch.

Es beginnt in Bombay im jahr 1764, wo der persische Astronom Meister Musa aus Jaipur, der eine Reise nach Mekka unternehmen will und vorher, um dafür das nötige Geld aufzubringen, einem Geschäftsmann ein sogenanntes Asterolabium verkaufen muß.

Auf der Insel Elephanta wo es nur Affen und Ziegen, sowie ein paar Einwohner gibt, findet er den deutschen Karthographen und Forschungsreisenden Carsten Niebuhr, der von 1733 bis 1815 lebte und 1761 von dänischen König auf eine arabische Forschungsexpedition geschickt wurde. Seine fünf Reisegenoßen sind inzwischen verstorben, er liegt mit Sumpffieber auf der Insel, wird von Meister Musa gefunden und die beiden versuchen sich nun in leidlichen Arabisch zu verständigen und sich kennenzulernen, was wie Christine Wunnicke meint, immer wieder zu großen Mißverständnissen führt, die sie gekonnt beschreibt.

Es gibt auch einen Diener, einen jungen Burschen, der die Beiden, die die Sterne beobachten, wo der eine nun das Sternbild Kassiopeia für eine Dame, der andere für eine hennarotgefärbte Hand, um den Titel zu erklären, hält, mit Hühnchen und Ziegenfleisch bekocht. Es gibt auch eine Großmutter und ihre Enkeltochter und am Schluß werden, die Beiden gefunden.

Carsten Niebuhr kann nach Deutschland zurückkehren und Bücher über seine Expedition schreiben und weiß am Schluß nicht mehr, auch ein Kunstgriff Wunnickes, die in ihrem Autorenportrait meint, daß sie dort, wo es keine geschichtlichen Fakten gibt, sich mit ihrer Phantasie behalf und die Geschichte erfunden hat, ob das, was er in Elephanta erlebte, real oder nur ein Fiebertraum war, während Meister Musa, auch Jahre später, in seiner Heimatstadt ein Buch des deutschen Forschers findet und da er die Sprachen genauso, wie die Mathematik liebte, seiner Tochter während sie ihr fünftes Kind zur Welt bringt, von dieser Geschichte erzählt.

Ein interessantes Buch, das mich sowohl an Trojanows “Weltensammler” als auch an marion Poschmanns “Kieferninsel” erinnerte, das es vielleicht nicht auf die großen besten Listen schafft, über das sich aber viel nachdenken läßt.

Herzfaden

Jetzt kommt Buch vierzehn der heurigen deutschen Buchpreisliste und das dritte Shortpreisbuch, mein vorhergesagter Favorit sozusagen “Herzfaden” des 1965 geborenen Thoms Hettche, der, glaube ich, in der “BachmannpreisJury war, als ich 1995 einmal live dorthinfuhr.

“Ludwig muß sterben” und “Unsere leeren Herzen” habe ich gelesen. Die “Pfaueninsel” mit der er 2014 auf der Longlist oder sogar auf der Shortlist stand noch nicht und jetzt ist er mit der Geschichte über die Augsburger “Puppenkiste”, was ein berühmtes mir bisher unbekanntes Marionettentheater ist, das auch für das Fernsehen spielte, wieder auf die Liste gekommen und ich muß sagen, mein Eindruck hat sich bestätigt, auch wenn es vielleicht mehr im Sinne der Petra Hartlieb ein Buch für die Massen. Für die Leserinnen beispielsweise, die als Kind den “Jim Knopf” gesehen haben, als für den experimentellen Literaturgeschmack geschrieben wurde.

Aber dafür steht ja Dorothee Elmiger auf der Liste und einen Kunstgriff, um diese Nachkriegsgeschichte zu erzählen, hat Thomas Hettche auch gewählt.

Einen sogar mit zwei Farben, in rot und in blau. Ich habe nur ein PDF gelesen, aber gehört, daß es in der Printausgabe auch so sein soll.

Es gibt sehr schöne Zeichnungen von Matthias Beckmann und Thomas Hettche hat in seinem dBp-Filmchen gesagt, daß er mit seinem Buch ein Märchen erzählen, beziehungsweise die “Magie der Marionetten” wiedergeben wollte. Deshalb auch der Titel.

Herzfaden ist der Marionettenstrang, den der Puppenspieler gebrauchen muß, um seiner Puppe Leben einzuhauchen und am Anfang ist mir der Stil auch tatsächlich sehr einfach, fast wie ein Kinderbuch erschienen, obwohl es um etwas viel Ernsthafteres nämlich das Aufwachsen im Krieg, was der 1931 geborenen Hannelore Oehmichen, der Tochter der Schauspielers Walter Oehmichen auch passierte.

Thomas Hettche hat aber einen, meiner Meinung nach, wieder sehr genialen Kunstgriff gewählt, um die Geschichte des Puppentheaters zu erzählen.

Da wird nämlich ein zwölfjähriges namenloses Mädchen, das mit seiner Mutter wo anders lebt, vom geschiedenen Vater in so eine Aufführung geschleppt und sie ist wütend und rennt ihm davon. Ist sie ja kein Kind mehr, was soll sie also mit so einem Puppenkram?

Sie gerät durch eine Tür auf einen Dachbodeen, dort hängen die marionetten und es kommt ihr eine mondäne Frau mit einer Zigarette entgegen und die freche Göre sagt auch gleich “Rauchen tut man nicht!”, wie sie später “Neger und Zigeuner sagt man nicht!”, also den politisch korreckten Jargon, den man offensichtlich in der Schule lernt, sagen wird.

Die Frau lächelt und antwortet “Zu meinen Zeiten schon!”, denn sie ist die 1931 geborene und 2003 verstorbene Hannelore Oehmichen, die, wie im Buch erklärt wird und bei “Wikipedia” steht, 1943 mit ihrem Vater den Schauspieler Walter, der Mutter Rose und der Schester Ulla, das erste Puppentheater im Schrank der Wohnung gegründet hat. Das ging im Krieg verloren und der Vater, der immer wieder dorthin mußte und weil er nicht schnell genug entnazifiziert wurde und deshalb nicht wieder an sein Theater, wo er Brecht spielte oder inszenierte zurück konnte, hat aus dem Krieg einige Puppen mitgebracht und gründete mit seiner Tochter 1948 dann die “Puppenkiste”, das heißt eine Kiste für die Puppen, so daß man sie überall mitnehmen konnte und nicht mehr zerstört werden konnten.

Die Tochter Hannelore “Hatü” genannt ist begeistert, beginnt selbst zu schnitzen. Zuerst werden Märchen, wie “Hänsel und Gretel” und “Der gestiefelte Kater” gespielt, dann den “Kleinen Prinzen” und zuletzt noch “Jim Knopf” von Michael Ende mit denen die Kiste auch ins Fernsehen und dadurch in alle Kinderzimmer Deutschlands kam.

Die kleine Hannelore, die später das Theater, das inzwischen ihre Söhne führen, auch vom Vater übernommen hat, erlebt den Krieg, sieht den Vater in diesen ziehen, sieht die jüdische Freundin verschwinden und die Frau Friedmann, die von der Gestapo abgeholt und verladen wird. Dann kommt die Nachkriegszeit und das Wirtschaftswundeer, auf einer Messe wird der Vater angesprochen, ob er nicht im gerade gegründeten Fensehen spielen will und es gibt den Kasperl, die erste Puppe, die Hatü schnitze und die spielt in dem Buch auch eine große, nämlich ambivalente Rolle. Wurde sie ja im Krieg geschnitzt und hat dadurch ein böses Gesicht bekommen, was sich auch in der zweiten märchenhaften Handlung äußert, denn die Puppen, die auf dem Dachboden ja lebending sind und mit dem Mädchen bevor es wieder zurück zu seinem Vater geht, kommunizieren. So klaut der Kasperl auch ihr Handy und Hatü erzählt dem Mädchen oder auch uns die Geschichte ihres Nachkriegslebens, sowie die Geschichte des Puppentheaters. Und ich denke, daß das ein Buch ist, daß zu Weihnachten sicher unter vielen Christbäumen liegt. Eines, das sich gut verkauft und auch für mich sehr interessant ist, denn ich habe keine Ahnung von einer “Augsburger Puppenkiste” gehabt und auch den Michael Ende noch nicht gelesen. Den “Kleinen Prinzen” habe ich einmal auf Französisch versucht, denn das war das Lieblingsbuch meiner Französischlehrerin, was sie auch ständig im Unterricht verwendete und die Zeichnung von der Schlange mit dem Napoleonhut auch auf die Tafel malte.

Die Unschärfe der Welt

Buch dreizehn des dBps, der vierte Roman der 1977 geborenen Iris Wolff die 2018 mit “So tun als ob es regnet” für mich überraschend den “Alpha” gewonnen hatm istsehr interessant, hat ihn sich doch Malte Bremer der gestrenge Kritiker des Literaturcafes sich wegen seines geheimnisvollen nicht zu viel preisgebenden Beginn auf die Shortlist gestellt, während “Papierstau”, eine Dreiergruppe, die alle Bücher gelesen und besprochen haben, meinte, es wäre alles vorausichtbar und hätte deshalb nicht beeindruckt.

Interessant, interessant, wie war und wieder viel gelernt von der Literatur und vom Literaturbetrieb. Daß Iris Wolff aus Rumänien stammt, habe ich, muß ich gestehen, damals nicht mitbekommen und ihr “Alpha- Büchlein” auch noch nicht gelesen und die “Unschärfe der Welt” ist, wie auch im Klappentext steht, eine Familiengeschichte, die über vier Generationen ein halbes oder ganzes Jahrhundert erzählt.

Das ist nicht neu, da gibt es viele Klappentexte, die so beginnen und viele Romane die über den Zerfall Rumänien geschrieben wurde, voriges Jahr habe ich in Locarno einen solchen gelesen, Herta Müller weiß davon zu erzählen, also hinein in die Geschichte, wo am Klappentext steht “Hätten Florentine und Hannes den beiden jungen Reisenden auch dann ihre Türe geöffnet, wenn sie geahnt hätten, welche Rolle der Besuch aus der DDR im Leben der Banater Familie noch spielen wird? Hätten Samuel seinen besten Freund Oz auch dann rückhaltlos beigestanden wenn er das Ausmaßß seiner Entscheidung überblickt hätte?”

Das klingt schon mal sehr geheimnisvoll. In den Rezensionen habe ich dann gefunden, daß es um eine Familie, beziehungsweise sieben Personen geht, deren Geschichte hier erzählt wird und, um auf das geheimnisvolle oder spannungsgeladene erste Kapitel, das den Schreibratgebern so gefällt, zurückzukommen.

Das beginnt, daß Florentine ihr Jind nicht verlieren will. Dann ist von einer Fahrt ins Krankenhaus und nicht gegessenen Fisch die Rede. Später erfährt man, daß Florentine, die Pfarrersfrau ihren Sohn Samuel, der spät sprechen lernt und anders als die anderen ist, geboren hat, während man den Vater Hannes nicht in das Ceauscescu-Krankenhaus läßt. Dann wird es vollends geheimnisvoll und hat sich mir bis jetzt noch nicht richtig erschlossen, denn es kommen zwei DDR- Studenten Benes und Lothar auf den Pfarrhaus, der naturgemäß sehr gastfreundlich ist und später immer wieder DDR- Studenten, was den Stasimitbarbeiter und Nachbarn veranlaßt Hannes verhören zu lasen.

Da sind wir schon einmal in der Familienstruktur oder in den Kapitel, die “Zapada”, “Echo”, etcetera heißen und man kommt von Kapitel zu Kapitel im wahrsten Sinne in eine andere Welt und kennt sich oft lange nicht aus, wer jetzt wer ist und worum es hier geht?

Hannes Mutter heißt Karline beispielsweise und die schwärmt vom letzten König, während sie Pfannkuchen macht und ihren Enkel Samuel geheimnisvolle Geschichten erzählt. Der haut zuerst ab, weil er nicht in die Schule will, später verläßt er mit seinen Freund Oswald, die Republik, obwohl er sich eigentlich in die Nachbarstochter Stina, die Tochter von jenen Parteigenossen, mit dem die Familie Karten spielt, verliebt ist.

Die Wende kommt dann auch und die beginnt mit einem noch geheimnisvollerern Kapitel, denn da habe ich nicht verstanden, wie der DDR-Student Bene und spätere Buchhändler jetzt von der Nordseeinsel nach Berlin und wieder zurückgekommen ist?

Er liebt jedenfalls Männer, trifft Samuel vor der Buchhandlung und später am Meer, aber der mag keine Männerbeziehungen und als die Mauer fällt ruft dieMutter an und sagt “Kommt zurück!”

Das tun die beiden Männer dann auch und im letzten Kapitel geht es dann um Liv oder Livia, die Tochter von Samuel und Stina, die leben jetzt in Baden-Würthenberg. Die Großeltern sind auch nach Deutschland gekommen und versterben, während die eltern im Banat verblieben und erst zur Taufe der tochter auf Besuch kam, der <parteigenoße aber nicht.

Sieben oder wieviel auch immer Erzählungen, es gibt kein Inhaltsverzeichnis, die diesen Roman erzählen, der vom Inhalt nicht so besonders neu und ungewöhnlich ist.

Die sprache ist sehr schön und sehr poetisch, ich habe mir mehrer Sätze angestrichen und Iris Wolff ist eine sprachgewandte Erzählerin, die ihr Handwerk auf jeden Fall versteht, ob die heutigen Leser auch die Geduld aufbringen, sich in soviel Geheimnis, um etwas ohnehin schon Bekanntes einzulassen, weiß ich nicht und würde es auch bezweifeln.

Mir hat das Buch jedenfalls sehr gefallen und ich würde”Schade, daß es nicht auf die Shortlist gekommen ist!”, schreiben, wenn ich das Ranking, wie ohnehin schon oft geschrieben, nicht für einen eigentlichen Unsinn halten würde, denn man kann und soll Bücher ja nicht vermessen, wie einen Bauplan, weil schon dieses Beispiel sehr schön zeigt, daß das gar nicht möglich ist, weil es jeder Leser anders beurteilt.

“So tun als ob es regnet”, sollte ich jetzt endlich lesen, ob ich angesichts meiner Bücherfülle dazukomme, ist aber auch ungewiß.

Deutscher Buchpreis und wilde Worte

Diese Woche hätte es für viele nach Frankfurt gehen sollen, da aber die Zahlen steigen und man aus den sogenannten Risikogebieten nicht mehr anreisen kann, findet die Buchmesse auch nur oder hauptsächlich online statt und der “Deutsche Buchpreis”, den es seit 2005 als Auftakt zur Messe gibt und den ich seit 2015 begeistert blogge, wurde heute im “Römer” auch nur im kleinen Kreis und ansonsten über Stream vergeben.

Das ist für mich nichts Neues, begleite ich den Preis ja, glaube ich, seit ich blogge per Stream oder auch nicht ganz, denn einmal las ich selbst bei den Mariahilfer Kulturwochen, einmal besuchte ich eine Judith Gruber-Lesung im Republikanischen Club, einmal war ich im Kino oder in der “AS” und schaute nur vorher odernachher hinein.

Richtig, die “Wilden Worte” gibt es am Montag immer auch und da war ich ja im Vorjahr vorher bei der “Ohrenschmausjurysitzung” beim ORF, dann habe ich mich über Sascha Stanisics Buchpreisrede geärgert und danach war ich im Amerlinghaus und heute hätte ich mir eigentlich den ganzen Livestream, den ich dann oft nicht gefunden habe oder nur vorher oder nachher kurz hineinschnupperte und mich dann zur Lesung aufmachte, geben können, leider habe ich das aber in meinem Kalender nicht rechtzeitig notiert, daß das schon um sechs stattfand, die “Wilden Worte” beginnen um acht, wäre sich also schön ausgegangen, aber leider, leider wieder unachtsam gewesen und daher eine Stunde eingeteilt und so war ich schon kurz im Kaisersaal im “Römer”, als dort die Covid Regeln erklärt wurden und es an meiner Türe läutete und nachher kam ich gerade zurecht um “And the winner is Anne Weber zu hören!” und ich dachte wieder “Aha, aha!”, denn ich hätte ganz ehrlich auf Thomas Hettche, den ich gerade beendet habe, geschätzt und gedacht, das ist eigentlich der klassische Buchpreisträger im Sinne der Publkumstauglichkeit, aber die Jury sieht das ja immer anders, als man selbst und wem es interessiert, fünfzehn der Longlistbücher und vier der Shorlistbücher habe ich gelesen, die “Anette” und “Streulicht” noch nicht, die Valerie Fritsch muß noch folgen, das andere Debut und der Franz Witzel und als der 2015 gewonnen hat, war ich glaube ich in der “Alten Schmede” und es war das einzige Buch, das ich damals noch nicht gelesen hatte, weil es mir die Trude K. meine Straßergasseschulkollegin erst zum literarischen Geburtstagsfest schenkte, diesmal habe ich trotz Corona bedingten Veranstaltungsstop gerade fünfzehn geschafft, habe den Livestream bis auf die Preisrede versäumt, die Kurzfilmchen der Long– und Shortlistnominierten habe ich mir aber angesehen und ich muß sagen, es war diesmal eine sehr schöne und interesante Auswahl und von den fünzehn bis jetzt gelesenen Bücher haben mir sehr viele gefallen und es war ein interessanter und auch sehr abwechslungsreicher Streifzug durch die deutschsprachige Gegenwartsliteratur und ich bleibe bei

“Herzfaden”, als meinen bisherigen Favoriten,

“Der Halbbart”, hat mir gut gefallen,

“Die Infantin trägt den Scheitel links”

“Triceratops”

Aber auch die stille Prosa des Jens Wonneberger “Mission Pflaumenbau”

Der vielgeschmähte “Letzte Satz”

“Die goldenen Jahre” von Arno Camenisch und und….

Und dann während man in Frankfurt vielleicht doch ein wenig feierte und den Sektkorken knallen ließ, ist es in Amerlinghaus zu den “Wilden Worten” und wieder eine Livelesung, was in Zeiten wie diesen, ja selten ist, gegangen und das war auch sehr interessant, hat ja doch die GAV-Kollegin Regine Koth Afzelius, die ich bei einem Gav-Jour fix persönlich kennenlernte und deren “Letzte Partie” ich genau, wie den “Kunstliebhaber” in einen der Schränke gefunden habe, dieses in der “Editon Roesner” erschienen Buch vorgestellt und hätte das auch schon vorher tun sollen.

In der “AS”, glaube ich, im März kurz nach dem Shutdown, im Amerlinghaus im April, die “Alte Schmiede-Lesung” wurde, glaube ich, im Juni oder September nachgeholt.

Jetzt stellte die 1962 geborene, den “Kunstliebhaber” bei den “Wilden Worten” vor und nochmals interessant, vorher während noch auf die Besucher gewartet wurde, gab es eine kleine Diskussion über Corona, das ist ja ein Thema, das ich liebe und mich sehr beschäftigt und nachher oder zwischendrin, die Geschichte von dem Kunstexperten Leo der mit einer Claire nach Rom auf Bildungsreise fährt und ihr dort die Werke Michelangelos in der sixtinischen Kapelle voführt.

Ich habe vorher in meinen Kinderzimmerregalen nach dem Buch gesucht und es nicht gefunden und es gab im Amerlinghaus auch eine Diskussion welches Kapitel Regine Koth Afzelius lesen sollte?

Die, die es schon gelesen hatten, wünschten sich ein anderes als das erste und Bücher über Museen oder Bilder sind ja sehr interessant und es gibt ja einige davon, die auf den österreichen Buchpreisliste stehen oder standen, wie beispielweise Hanno Millesis “Vier Weltteile” oder in der “Infantin” von Helena Adler kommen ja auch in jeden Kapitel Bilder vor.

So habe ich mich bei Regine Koth Afzelius nach der Entstehungsgeschichte erkundigt und es gibt auch eine spezielle Geschichte zum Coverbild. Eine angeregte Diskussion, die eigentlich fast ohne Richard Weihs oder mit diesen nur im Hntergrund stattfand und die nächsten “Wilden Worte” werden wieder zu einer ungewöhnlichen Zeit, nämlich am vierten Montag im November stattfinden und wer es wissen will, ich habe mir diesmal ein Gedicht zum Thema “H. C. ist weg”, um an den gestrigen Wahltag anzuknüpfen, gewünscht und bin gespannt, was Richard Weihs daraus machen wird?

Bis wieder einer weint

Buch zwölf der deutschen Longlist ist “Bis wieder einer weint”, der mir bis jetzt unbekannten Eva Sichelschmidt ist ein Familienroman, vielleicht mit autobiografischen Zügen, denn die1970 geborene und im Ruhrgebiet aufgewachsene Autorin arbeitete als Kostümbildnerin und führte ein Maßatelier, bis 2017 ihr erstes Buch erschienen ist und ihre namenlose oder vom Großvater “Es” genannte Heldin ließ sich als Schneiderin ausbilden.

Überraschend war vielleicht der leichte Ton, der für ein Buchpreislisten-Buch manchmal vielleicht fast zu trival und zu leicht lesbar erscheint. Das Bild über das Aufwachsen in den Siebzigerjahren im Ruhrgebiet ist aber stechend scharf gezeichnet, auch wenn das Szenario ein Fabrikantenhaushalt und sein Untergang vielleicht wieder trival erscheinen könnte.

Beindrucken sind auch der Anfang und das Ende, denn wie da die Ich- Erzählerin von dem Tag berichtet, als sie mit Blumenwasser übergossen mit zehn Monaten in ihrem Laufställchen lag, während die Verwandten, um sie herum aufgeregt vom Tod der Mutter berichten und die Großmutter später erklärt, daß man sich vor dem dritten LA nicht erinnern kann, ist so spannend, wie der letzte Satz, wo Tante Hilde seufzend beim Begräbnis “Du warst wirklich ein schreckliches Kind!”, zu ihr sagt.

Heute würde man es wohl als verhaltensgestört bezeichnen und auf den frühen Tod der Mutter beziehen. Eva Sicheschmidt erzählt das erstaunlich lakonisch. Das Buch ist in zwei Teile gegliedert. Abwechselnd erfährt man vom “Es” beim Aufwachsen bei den Großeltern. Der Großvater ist Augenarzt, die Großmutter hilft in der Ordination und führt den Haushalt. Der Vater hat den Säugling bis zur Schule in die Großelterliche Obhut gegeben, während er mit der älteren Tochter bei seiner Mutter und seiner Haushälterin lebt und, wie sich der Wilhelm und die Inga, die Augenarzttochter, die sehr jung ihren Wilhelm Fabrikantensohn und Dressurreiter kennengelernt haben.

DieHaushaltshilfe war immer da, die Großmutter Marianne wohnt im Obergeschoß. Es gab sogar einen Liiebhaber und die Ehe war nicht besonders gut. Inga spioniert ihrem Wilhelm sogar nach, ob er wirklich eine Freundin hatte, erfährt man nie. Später hatte er Lebensgefährten. Das erste Kind Asta war ein Vaterkind, der seiner Tochter alles durchgehen läßt. So will sie sich um die kleine Tochter, deren Geburt im Gegensatz zum ersten Kind problemlos erfolgt, mehr kümmern. Aber schon bald danach bricht sie auf einem gesellschaftlichen Ereignis zusammen und bekommt Nasenbluten. Leukämie wird diagnostiziert und Inga verschwindet bis zum Lebensende in einer Müncher Klinik, wo an ihr verschiedene Medikamente ausprobiert werden, die der Gatte zu bezahlen hat, da die Arztttochter nicht krankenversichert war, bis sie mit Dreißig stirbt.

Das Es erzählt nun, wie es dem Großvater die Likörpralinen klaut, weil die drei oder vierjährige keine Kinderschokolade essen will. Im Kindergarten ist sie furchtbar, prügelt sich mit anderen Kindern, der Großvater muß ihnen dann die neue Brille verpassen, zerschnippselt Kleider, so daß sie fortan zu Hause bleiben darf und die Großmutter sie während ihren Ordinationsdiensten vor den Fernseher setzt.

Als sie sechs ist, holt sie der Vater versprochenenweise ab und bringt sie in sein Herrschaftshaus zu der verzogenen Schwester, was zuerst auch eine Katastrophe ist, weil sie mit Vater und Schwester nicht verwurzelt ist. Der Vater benimmt sich ambivalent, überhäuft sie einerseits mit Geld und sie, die immer Schwierigkeiten mit anderen Kindern hatt, versucht sich ihre Liebe zu erkaufen, indem sie ihre riesige Schultüte vor ihnen ausleert oder allen beim Schulausflug mit den zugesteckten fünfzig Mark ein Eis kaufen will.

Die verständisvolle Lehrerin verhindert das, sie istauch in der Schule schlecht, ist Legasthenikerin, wird im Gmnasium verprügelt und erholt sich erst in der Realschule wieder, was in dem Dorf, wo der Vater residiert aber auch eine Schande ist.

Ja, die sozialen Unterschiede werden von Eva Sichelschmidt scharf heraufgearbeitet, als der Bankrott des Vater, der bald zu trinken beginnt, Herz- und andere Medikamente nimmt, später in der Pschiatrie landet, vorerst aber die demente Mutter von philippinischen Pfleger versorgen lassen muß. Asta ist politisch links und streitet mit dem Vater. Sie soll mit der Schwester zu der sie dann doch findet mit Sechzehn nach England fahren, aber da sind die Großeltern, die sie in Schwarzwald zwingen. Da benimmt sie sich wieder unmöglich und köstlich ist auch die folgende Szene, wo sie anschließend mit dem Vater und dessen Freund Uwe an die Nordsee fährt. Ihr Freund Christian ist auch dabei, der bringt sie zu einem Grillabend einer Tante, deren Mann Kinderpyschologe ist. Der fragt sie in aller Öffentlichkeit nach ihren Traumen aus, wie lange, die Schwester im Bett des Vaters geschlafen hat und, daß sie den Vater bebobachtete, wie der Vater von Uwe geküßt wurde. Der schlägt sie dann zusammen, so daß sie mit Sechzehn vorüber gehend wieder zu ihren Großeltern fährt, mit denen sie sich ja auch verstritten hat und dann sind wir schon wieder zehn oder fünfzehn Jahre später, beim Begräbnis des Vaters, wo die Schwestern mit ihren Männern und Kindern in der ersten Reihe sitzen, die junge Pastorin eine beeindruckende Predigt “Und hätte der Liebe nicht”, hält und Tante Hilde dannmit den schon erwähnten letzten Satz kondoliert.

Auch ein Buch das mir sehr gefallen hat und mich wieder eine mir bisher unbekannte Autorin kennenlernen ließ. So kann man Famiiengeschichten auch erzählen.

jetzt bin ich auf Valerie Fritschs “Herzklappen” gespannt und ein bißchen wenn auch viel weniger spekulär erinnernt das buch auch an Arno Camenischs “Goldene Jahre”.