Korrespondenzen über das Schreiben

Im Jahr 2016 hat die “Alte Schmiede” die Saison mit einer Reihe “Was ist gute Literatur?” begonnen, wo Kurt Neumann verschiedene Autoren und Literaturwissenschaftler, mich natürlich nicht, einlud über die gute Literatur zu diskutieren.

Was das ist, habe ich noch immer nicht verstanden, obwohl ich mich ja nachweislich sehr damit beschäftigte, nur daß meine offenbar nicht dazu zählt oder auch nicht, ich sehe das anders und jetzt ist bei “Matthes und Seitz” ein Buch darüber entstanden.

Über gute und schlechte Literatur” was den Dialog zwischen Thomas Stangl und enthält und das wurde heute in der “AS” vorgestellt. Der Doyen ist erschienen und hat mit Anne Weber darüber geplaudert, daß Reisen jetzt eine schlechte Idee ist, weil wegen einem Cluster bei der “Aua” werden viele Flüge abgesagt, aber da Anne Weber in Paris lebt, wird ihr das nicht erspart geblieben sein.

Was ist gute und schlechte Literatur? Das werde ich wohl nie wissen , sondern einfach alles quer durch den Gemüsegarten lesen. Aber das Thema über das sich Thomas Stangl und Anne Weber ausgetauscht haben, war sehr interessant und da kann ich, die schlechte Schreiberin, auch einiges dazu sagen und werde das auch tun.

Der 1966 geborene Thomas Stangl, der den ersten “Alpha” ,gewonnen hat, versteht sich glaube ich, als politischer Autor, obwohl ich ihn sehr kompliziert empfinde und die in Frankreich lebende 1964 geborene Anne Weber hat 2020 mit “Anette ein Heldinnenepos” den vorletzten “Deutschen Buchpreis” gewonnen und jetzt den der Leipziger BM in der “Sparte Übersetzung” und das war auch das Thema über das die Beiden geschrieben haben. Wie schreibt man über gelebt habende Figuren?

Thomas Stangl hat das einmal getan und Anne Weber in ihrem “Heldinnenepos”.

Ja, wie schreibt man darüber und kann man oder darf man das? Eine interessante Frage und da kann ich aus meiner Erfahrung anmerken, daß ich mich am Anfang sehr stark an reale Vorbilder gehalten habe. So bin ich beispielsweise mehrmals mit der Bruni auseinandergeraten, weil ich sie als Vorbild für eine meiner Figuren verwendet habe. Sie war dann empört und in den “Hierarchien” habe ich die WG des Martins und der Gerlinde verwendet. Aber das war kein Roman über die Bruni ,sondern sie war nur das Vorbild einer meiner fiktiven Figuren und über real lebende Personen habe ich auch geschrieben.

In den “Dreizehn Kapitel” über Ernst Schwarz, auf den ich über das Buch das “Gesprengte Grab” gestoßen bin und da treffe ich sicher auf die Beerkung von Anne Weber, daß sie Johann Wolfgang Goethe in einem Roman oder Biografie über ihn womöglich nicht erkennt oder aufschreit, das war doch ganz anders und da fällt mir die Biennale vor ein paar Jahre im Breitenseer Kino ein, wo eine Runde von Starliteraturkritiker auf dem Podium saß und über Gerhad Rühm diskutierten und der saß im Publium und wollte dazu etwas sagen, durfte das aber nicht.

Wenn ich über eine reale existierende Person schreibe, werde ich, auch wenn ich das nicht will, immer subjektiv sein, geht ja gar nicht anders. So habe ich der “Unsichtbaren Frau” auch über Sebastian Kurz ,geschrieben und ihn so beschrieben, wie ich denke, daß er ist.

Interessant war auch die Feststellung, daß ich, wenn ich über historische Person, beispielsweise über August von Goethe, wie das Anette Weber einmal tat, schreibe, wahrscheinlich scheitere, wenn ich ihn so beschreiben will , wie er war. Irgendwo fiel der Satz, es ist einfacher ihn in die heutige Zeit zu verlegen. Das meine ich, wird wahrscheinlich so passieren, ob ich es will oder nicht, sollte aber nicht angestrebt werden und Anette Weber merkte noch an, daß sie sich in August von Goethe verliebt hätte und das sie einmal etwas über ihren Vater geschrieben hat, was der nicht wollte.

Thomas Stangl scheint ein Kafka-Fan zu sein und hat seine Bografien gelesen und noch etwas war interessant, nämlich die Frage, daß manche Autoren behaupten, daß ihre Figuren machen was sie wollen. Also quasi ein Eigenleben haben. Das habe ich, glaube ich, einmal bei der Präsentation von “Kolibri” erlebt und nicht verstanden.

Interessant, daß Anne Weber sagte, sie würde das auch nicht tun, sie ist aber keine wirkliche Romanautorin und Thomas Stangl meinte dann, das, was wahrscheinlich stimmt, daß das nicht die Figuren sind, sondern sich die <handlung während des Schreibens einfach verändert.

Ich hätte es für Koketterie gehalten und “Quatsch!” dazu gesagt. Also ein interessantes Thema über das man sich seine eigenen Gedanken machen kann, für eine selber Schreibende und interessant ist auch, daß Thomas Stangl gerade einen Roman über seine Großmütter geschrieben hat und da Schwierigkeiten hatte, alles preiszugeben, während er da bei einem chinesischen Kaiser keine Hemmungen hatte und Anne Weber merkte am Schluß an, daß sie morgen mit Sabine Scholl ihr “Heldinnenepos” in der “Schmiede” präsentiert haben.

“Wenn Sie Zeit haben kommen Sie!”, forderte die Moderatorin Johanna Öttl auf. Ich merke gleich an, werde das wahrscheinlich nicht tun, denn Erstens habe ich das Buch schon gelesen und dann auch noch von der lieben Doris zum Geburtstag bekommen und zweitens wird im Literaturhaus Sasha Marianna Salzman lesen, die den “Preis der Literaturhäuser” bekommen hat, die auch schon auf den dBp-Listen stand.

Nevermore

Jetzt kommt das Leipziger Buchpreisbuch der Sparte Übersetzung Anne Webers Übersetzung von Cecile Wajsbrot “Nevermore” ein Buch, das die vielschichtigsten Übersetzungsfragen aufwirft und daher gut zu den beiden anderen prämierten Büchern passt und es ist sehr kompliziert, denn die 1954 in Paris geborene Cecele Wajsbrot, die auch als Übersetzerin tätig ist und teilweise in Deutschland lebt, hat einen Roman geschrieben, in dem eine Übersetzerin nach dem Verlust einer Freundin nach Dresden zieht und dort versucht Virigina Woolf “To the lighthouse” zu übersetzen und die 1964 in Offenbach am Main geborene und in Frankreich lebenden Autorin Anne Weber, die schon den dBp bekommen hat, hat das Buch übersetzt.

Sehr kompliziert, aber auch sehr poetisch und interessant und so ist auch das Buch. Spannend sich in die sieben Kapitel und verschiedene Vor- und Zwischenspiele einzulesen, wo die Autorin vom hundersten ins tausendsten kommt. und sich vor allem mit Verlusten und dem Neubeginn beschäftigt.

Es beginnt mit Übersetzungsfragen, wie kann man einen Satz so oder so übersetzen und da werden dann auch verschiedene Möglichkeiten angeführt und das ist eine Frage, die ich schon verschiedene Übersetzungsseminare besuchte und da hörte, daß da manche Übersetzer offenbar ganz neudeuten und dichten und ich selbst ja schon ins Hinid übersetzt wurde und da nicht recht weiß, ob ich da meinen Text noch erkenne, sehr interessiert und interessant ist auch, daß Anne Weber, das auf Französisch geschriebene Buch über eine von Englisch in Französisch übertragene Übersetzung ins Deutsche übertrug.

Es gibt auch einige englische Passagen in den Buch und die Autorin, die sich in einer Dresdner Pension befindet, springt dann von dem englischen Leuchtturm und der Familie, die diesen besuchen will, hin und her. Kommt nach Tschernobyl und zitiert, da Studien, welche Pflanzen dort trotz der Radioktivität in ihnen, glänzend gedeihen. Ein sehr aktuelles Thema, das Wort Ukraine zu lesen, obwohl das Buch schon im vorigen Juli erschienen und naturgemäß im Original früher geschrieben sein mußte, springt dann in das zerbomte Dresden, das sie interessiert, weshalb sie sich zur Übersetzung hingezogen hat. Geht da am Morgen in den Kulturpalast frühstücken, ins Theater oder Oper und des Nachts spazieren. Da hat sie dann geheimnisvolle Begegnungen und um Trennungen und Verluste, die sich vor allem in ihrem Inneren abspielen, geht es auch.

Sehr interesssant, den Klappentext, wo all das zusammengefaßt ist, zu lesen. Geht man dann in die zweihundertfünfundzwanzig Seiten wird es etwas mühsam. Vor allem, wenn man “To the lighthouse”, das auf Deutsch “Zum Leuchtturm” heißt, nicht gelesen hat und daher keine Ahnung hat, wer Mr. Bankes, Andrew und Prue, etcertera sind und habe öfter gedacht, daß ich Virigina Woolf endlich lesen sollte. Was dann ein Erfolg des Buches wäre, aber wahrscheinlich nicht die alleinige Absicht der Autorin war.

In die Innenwelt der Cecile Wajsmann eindzudringen war dann etwas mühsam. So muß ich zugeben, daß ich mich manchmal nicht recht auskannte und einiges übersprungen habe. Dann bleibt auchnoch die Frage in wieweit sich das Original von der Übersetzung unterscheidet. Anne Weber hat da auf dem “Blauen Sofa” der nicht stattgefuindenen Leipziger Buchmesse ein wenig Auskunft gegeben.

Interessant ist auch, wie so das Buch nicht “Niemals” oder “Nichtmehr” heißt. Aber das ist wahrscheinlich auch der Titel des französischen Originals und interessieren würde mich noch, wer und wieviele Leute das Buch gelesen haben und wieviele es vielleicht nach den ersten Seiten wegschmissen, weil “Da gibts ja keine Spannung, da kennen wir uns nicht aus, das interessiert und nicht!”, dennoch würde ich bei dem innteressanten poetischen Buch bleiben und mich darüber freuen, daß ich durch Anne Weber Cecile Wajsbrot von der ich vorher nie etwas gehört habe, kennenlernen konnte.

Anette, ein Heldinnenepos

Jetzt gehts zum letzten Buch der deutschen Buchpreisliste, das gleich das Siegerbuch geworden ist, Anne Webers Heldinnenepos, den Witzel, habe ich 2015 auch zuletzt gelesen.

“Archipel” dagegen eher früh und ich muß sagen, ich bin mit dem Buchpreis einverstanden, obwohl ich eigentlich auf Thomas Hettche tippte, ja ich habe es mit den berühmten Namen und die in Frankreich lebende 1964 geborene Anne Weber schon in der”AS” gehört und auch schon was von ihr gelesen.

Die 1923 in der Bretagne geborene Anne Beaumanoir hat AnneWeber vor ein paar Jahren kennengelernt und nun aus ihrem Leben ein Versepos gemacht. Bei einem Versepos denkt man, denke ich, wahrscheinlich an etwas altmodisches, schweres, komplizierte, Anne Weber bringt es aber erstaunlich leicht zusammen. Erstaunlich modern und gut und schnell zu lesen, das Leben der alten Franzlösin, die in ihrer Jugend im kommunistischen Widerstand gegen die deutsche Besatzung tätig war. Jüdische Kinder oder Jugendliche rettete, Medihzin studierte und später im Algerienkrieg zu zehn Jahren Haft verurteil wurde,weil sie da wieder im Widerstand tätig war. Ein Heldinnenleben eben und interessant, von deralten Dame etwas zu hören, die ohne AnneWeber höchstwahrscheinlich nie kennengelernt hätte.

Interessant aber auch, daß sich die alte Dame in dem von Anne Weber beschriebenen Leben nicht wiederkannte und es nicht als ihres akeptierte.

Ich bin, wie schon geschrieben mit dem heurigen Buchpreis sehr einverstanden, fand die ganze Liste sehr spannend, nicht so viele Debuts wie im vergangenen Jahr, nicht soviele Midlifekrise Männer, die von ihren Ängsten vor dem Tod und dem Pech mit den Frauen erzählen, sondern eine durchaus interessante Mischung und bin mit dem deutschen Buchpreislesen jetzt fertig geworden. Mit der österreichischen Liste war ichs schon. Jetzt muß ich nur noch den Tom Kummer lesen, um die wirklich kurze Schweizer Liste zu beenden und dann kommen noch ein paar andere Neuerscheinungen bevor es an das Bloggerdebutpreislesen geht, da warten ja auch noch drei Bücher auf mich und richtig meine Bücherbestenliste des verrückten Jahres 2020 wird es pünktlich vor Silvester auch noch geben.

Deutscher Buchpreis und wilde Worte

Diese Woche hätte es für viele nach Frankfurt gehen sollen, da aber die Zahlen steigen und man aus den sogenannten Risikogebieten nicht mehr anreisen kann, findet die Buchmesse auch nur oder hauptsächlich online statt und der “Deutsche Buchpreis”, den es seit 2005 als Auftakt zur Messe gibt und den ich seit 2015 begeistert blogge, wurde heute im “Römer” auch nur im kleinen Kreis und ansonsten über Stream vergeben.

Das ist für mich nichts Neues, begleite ich den Preis ja, glaube ich, seit ich blogge per Stream oder auch nicht ganz, denn einmal las ich selbst bei den Mariahilfer Kulturwochen, einmal besuchte ich eine Judith Gruber-Lesung im Republikanischen Club, einmal war ich im Kino oder in der “AS” und schaute nur vorher odernachher hinein.

Richtig, die “Wilden Worte” gibt es am Montag immer auch und da war ich ja im Vorjahr vorher bei der “Ohrenschmausjurysitzung” beim ORF, dann habe ich mich über Sascha Stanisics Buchpreisrede geärgert und danach war ich im Amerlinghaus und heute hätte ich mir eigentlich den ganzen Livestream, den ich dann oft nicht gefunden habe oder nur vorher oder nachher kurz hineinschnupperte und mich dann zur Lesung aufmachte, geben können, leider habe ich das aber in meinem Kalender nicht rechtzeitig notiert, daß das schon um sechs stattfand, die “Wilden Worte” beginnen um acht, wäre sich also schön ausgegangen, aber leider, leider wieder unachtsam gewesen und daher eine Stunde eingeteilt und so war ich schon kurz im Kaisersaal im “Römer”, als dort die Covid Regeln erklärt wurden und es an meiner Türe läutete und nachher kam ich gerade zurecht um “And the winner is Anne Weber zu hören!” und ich dachte wieder “Aha, aha!”, denn ich hätte ganz ehrlich auf Thomas Hettche, den ich gerade beendet habe, geschätzt und gedacht, das ist eigentlich der klassische Buchpreisträger im Sinne der Publkumstauglichkeit, aber die Jury sieht das ja immer anders, als man selbst und wem es interessiert, fünfzehn der Longlistbücher und vier der Shorlistbücher habe ich gelesen, die “Anette” und “Streulicht” noch nicht, die Valerie Fritsch muß noch folgen, das andere Debut und der Franz Witzel und als der 2015 gewonnen hat, war ich glaube ich in der “Alten Schmede” und es war das einzige Buch, das ich damals noch nicht gelesen hatte, weil es mir die Trude K. meine Straßergasseschulkollegin erst zum literarischen Geburtstagsfest schenkte, diesmal habe ich trotz Corona bedingten Veranstaltungsstop gerade fünfzehn geschafft, habe den Livestream bis auf die Preisrede versäumt, die Kurzfilmchen der Long– und Shortlistnominierten habe ich mir aber angesehen und ich muß sagen, es war diesmal eine sehr schöne und interesante Auswahl und von den fünzehn bis jetzt gelesenen Bücher haben mir sehr viele gefallen und es war ein interessanter und auch sehr abwechslungsreicher Streifzug durch die deutschsprachige Gegenwartsliteratur und ich bleibe bei

“Herzfaden”, als meinen bisherigen Favoriten,

“Der Halbbart”, hat mir gut gefallen,

“Die Infantin trägt den Scheitel links”

“Triceratops”

Aber auch die stille Prosa des Jens Wonneberger “Mission Pflaumenbau”

Der vielgeschmähte “Letzte Satz”

“Die goldenen Jahre” von Arno Camenisch und und….

Und dann während man in Frankfurt vielleicht doch ein wenig feierte und den Sektkorken knallen ließ, ist es in Amerlinghaus zu den “Wilden Worten” und wieder eine Livelesung, was in Zeiten wie diesen, ja selten ist, gegangen und das war auch sehr interessant, hat ja doch die GAV-Kollegin Regine Koth Afzelius, die ich bei einem Gav-Jour fix persönlich kennenlernte und deren “Letzte Partie” ich genau, wie den “Kunstliebhaber” in einen der Schränke gefunden habe, dieses in der “Editon Roesner” erschienen Buch vorgestellt und hätte das auch schon vorher tun sollen.

In der “AS”, glaube ich, im März kurz nach dem Shutdown, im Amerlinghaus im April, die “Alte Schmiede-Lesung” wurde, glaube ich, im Juni oder September nachgeholt.

Jetzt stellte die 1962 geborene, den “Kunstliebhaber” bei den “Wilden Worten” vor und nochmals interessant, vorher während noch auf die Besucher gewartet wurde, gab es eine kleine Diskussion über Corona, das ist ja ein Thema, das ich liebe und mich sehr beschäftigt und nachher oder zwischendrin, die Geschichte von dem Kunstexperten Leo der mit einer Claire nach Rom auf Bildungsreise fährt und ihr dort die Werke Michelangelos in der sixtinischen Kapelle voführt.

Ich habe vorher in meinen Kinderzimmerregalen nach dem Buch gesucht und es nicht gefunden und es gab im Amerlinghaus auch eine Diskussion welches Kapitel Regine Koth Afzelius lesen sollte?

Die, die es schon gelesen hatten, wünschten sich ein anderes als das erste und Bücher über Museen oder Bilder sind ja sehr interessant und es gibt ja einige davon, die auf den österreichen Buchpreisliste stehen oder standen, wie beispielweise Hanno Millesis “Vier Weltteile” oder in der “Infantin” von Helena Adler kommen ja auch in jeden Kapitel Bilder vor.

So habe ich mich bei Regine Koth Afzelius nach der Entstehungsgeschichte erkundigt und es gibt auch eine spezielle Geschichte zum Coverbild. Eine angeregte Diskussion, die eigentlich fast ohne Richard Weihs oder mit diesen nur im Hntergrund stattfand und die nächsten “Wilden Worte” werden wieder zu einer ungewöhnlichen Zeit, nämlich am vierten Montag im November stattfinden und wer es wissen will, ich habe mir diesmal ein Gedicht zum Thema “H. C. ist weg”, um an den gestrigen Wahltag anzuknüpfen, gewünscht und bin gespannt, was Richard Weihs daraus machen wird?

Luft und Liebe

Der nächste Fund beim “Thalia-Abverkauf-Stapel” um den Jahreswechsel 10/11 oder 11/12 mag das wohl gewesen passt thematisch gut zu Peter Stamms “Agnes”, denn auch bei Anne Webers “Luft und Liebe” geht es um das Schreiben über das Schreiben oder wie ich es mir interpretiere, um das Schreiben eines Liebesromans Anfang des dritten Jahrtausends ohne kitschig zu wirken.

Es könnte auch als eine Parodie auf einen Liebesroman zu verstehen sein und ich habe die Lesung daraus in der “Alten Schmiede” schon gehört und da, wie ich bekennen muß, nicht wirklich verstanden worum es geht, beziehungsweise hat sich, die 1964 geborene, in Paris als Autorin und Übersetzerin tätige Anne Weber, die auch beim Bachmann-Preis gelesen und oder gewonnen hat, nicht in die Karten schauen lassen.

Es geht also, wie schon der Titel sagt, um einen Liebesroman, die Protagonistin, Ich-Erzählerin und Schriftstellerin, die wahrscheinlich,  wie das beim Schreiben so ist, nicht Anne Weber ist, hat schon, wie sie schreibt, einen schlechten Roman darüber geschrieben und ihn in den Mistkübel geworfen.

Da hat sie das selbst Erlebte, einer Kunstfigur namens Lea zugeschrieben und das Resultat hat ihr nicht gefallen, also noch einmal von vorn, wie das die Schriftsteller ja angeblich öfter so tun.

Die nächsten achtzig bis vielleicht hundert Seiten passiert in sehr schönen Worten, manchmal auch mit der französischen Übersetzung, nicht sehr viel.

Man erfährt, daß die Protagonistin, bzw. Leo schon  einmal verheiratet war und zwar mit einem Vladimir, der sich gleich nach Zeremonie wieder scheiden ließ, weil er die Bindungen des Ehstands nicht ertrug, dann taucht ein Interviewer, ein Adeliger, namens Enguerrand bei der Erzählerin auf, um sie zu inerviewen.

Er verschwindet, nach Jahren treffen sie sich wieder, es gibt auch einen Aufenthalt in Italien und der Roman, bzw. die spannende Handlung immer wieder vom Perspektivenwechsel unterbrochen, den die Erzählerin “Arme Ritter-Roman” nennt beginnt.

Lea, im Papierkorb liegend, funkelt auch immer wieder dazwischen, aber jetzt werden die Protagonisten, die Prinzessin und der Ritter genannt, denn die Liebe ist ja offensichtlich ein Märchen, wie uns Anne Weber vielleicht sagen will und die Protagonistin schon über vierzig.

Also eigentlich nach heutige Auffassung nicht zu spät ein Kind auf natürliche Weise zubekommen. Die Protagonistin, die von ihrem armen Ritter, auf sein Schloß geladen wird und sich dort die Zimmer aussuchen darf, das Schreibkämmerchen, das Schlafzimmer und daneben das für das künftige Kind, das sie sich wünscht, der Ritter hat nichts dagegen, muß dazu aber die Fortpflanzungsspezialisten aufsuchen und viele Untersuchungen über sich ergehen lassen, denn nach dem Liebesakt vom Sperma keine Spur.

Der Ritter ist liebevoll und entledigt, wie er versichert, sich seines Spermas in der Kabine, als die Prinzessin aber ins Labor kommt, verkündet ihr der Chef betroffen, das Sperma ist nicht da.

Der Prinz ist reumütig, versichert die Prozedur zu wiederholen, entzieht sich aber wieder seiner Pflicht, obwohl er ihr doch schon vor Zeugen, die Hochzeit versprochen hat, als sie ihm in seinem Schloß anruft, hebt niemand ab, es kommt aber ein Brief, er hat sich reumütig und von Schuldgefühlen, ob seines Versagens geplagt, auf Reisen begeben.

Wie, denkt sich da die Prinzessin, die fortan die tote genannt wird, der Betrug hat ihr offensichtlich den Todesstoß versetzt, wie kann er das, geht er doch nie auf Reisen, weil das Personal fehlt, um das Haus zu hüten?

Also fährt sie hin, der Prinz öffnet verschämt und aus der Küche kommt eine Mathilde, Jeanne oder Benedicte, im siebenten Monat schwanger und stellt sich als die Schloßfrau vor.

Die Prinzessin rauscht beleidigt ab, sinnt auf Rache und wird fortan auch die Rächerin genannt. Sie kauft sich Farbe, Leinen und Holzrahmen, malt Transparente, auf denen  seine Schuld zu lesen ist, mietet sich in einem Hotel ein, um in der Nacht die Tafeln aufzustellen.

Nur leider wählt sie dazu den Hinterausgang, die Alarmanlage ertönt, der Wirt muß sich seine Hosen anziehen und ihr das Vordertor aufsperren, sie stellt die Tafeln trotzdem auf, wird anonym angezeigt und klaut ein Fahhrad, um mit vielen Plänen in die Zukunft davonzuradeln, kommt aber natürlich wieder in ihr Leben zurück.

“In ihrem ersten Liebesroman konstruiert Anne Weber ein elegantes Verwirrstück um große Gefühle. Aus einer eigentlich banalen zwischenmenschlichen Begebenheit wird so ein raffiniert aufgebautes  Lesestück in bester französischer Tradition”, kann man noch am Buchrücken lesen.

Dazu passen auch die beiden anderen kürzlich gelesenen Liebesgeschichten zum Vergleichen , wie andere Autoren, die schönste Sache der Welt beschreiben und eine “Dachkammer”, wo es um die Liebe geht, gibt es auch.

Das “Show, not tell”, das man, wie man in den Schreibwerkstätten lernt, unbedingt beachten soll, wurde hier jedenfalls nicht ausgeführt oder aber parodiert  und da dachte ich, wenn ich über das Erzählen reflektiere, wäre das, weil  ich es nicht besser kann.

Vielleicht schreibe ich also doch nicht so schlecht und bräuchte wirklich nur einen Lektor, der meine Fall. und Beistrichfehler korrigiert, über die sich meine Leser manchmal aufregen.