Die Leben der Elena Silber

Jetzt kommt Buch dreizehn des dBps und es spielt wieder in Berlin, in der EX-DDR und in Russland, ein wahrscheinlich autobiografischer Familienroman des 1962 in Berlin geborenen Alexander Osang, von dem ich schon ein Weihnachtsbuch gelesen habe und mir vor ein paar Monaten beim Schubert in St. Pölten einen Erzählband aus der Abverkaufskiste gezogen habe.

In zwei Strängen wird das Buch erzählt, beginnend in Russland, wo 1903 Jelena geboren wurde, deren Vater ein paar Jahre später von zaristischen Attentätern ermordet wurde,  dann geht es abwechselnd nach Berlin zu dem Filmemacher Konstantin, dessen Mutter Maria oder Mascha eine Tochter Jelenas oder Lena, die in Berlin zur einer Elena wurde, den an Demenz erkrankten Vater gerade in ein Pflegeheim abschiebt, in dem auch Jelena gestorben ist.

Aber zuerst geht deren Mutter mit den zwei Kindern von Gorbatov weg, ein paar jahre später kehrt sie mit ihrem zweiten Mann, der Jelena mißbraucht, zurück.

Es kommt zu einem Prozeß, Jelena freundet sich mit dem Sohn eines der Attentäters an. Er wird ihre große Liebe. Sie heiratet aber den deutschen Ingenieur Robert Silber und geht mit ihm 1936 nach Deutschland.

Zuerst nach Berlin, dann nach Schlesien, wo er herkommt,  sein Großvater eine Fabrik besaß und eine Kirche erkabuen ließ.

Jelena hatte fürnf Töchter, zwei davon noch in Rußland geboren, die kleineste Anna, 1942 geboren, verstarb 1944 an Diphterie und als die Russen nach Schlesien kamen, wurde Robert von ihnen in den Fuß geschoßen. Jelena trifft ihren Jugendfreund wieder, der Robert hilft, der verschwindet aber und Jelena zieht ihre vier Töchter, Lara, Vera, Maria und Katja alleine auf.

Maria, Konstatntins Mutter, rät ihm sein Thema zu finden und vielleicht einen Film über seine Familie zu machen. So sucht er die auf, kommt sogar nach Russland in den Geburtsort Jelenas und das Buch endet im Herbst 2017, als der Vater aus dem Altersheim verschwindet, von einem Freund aber gefunden wird und 1990 als Jelena dorthin übersiedelt, damit einer ihrer Neffen ihre Wohnung haben kann.

Neunhundertsechzig Seiten hat das E-Book, im Print werden es wohl sechshundert sein und ich denke, es sind einige zulang, weil man das Meiste schon viel früher erfährt und sich vieles  wiederholt.

Am eindrucksvollsten haben ich die Szenen über den Demenz kranken Vater und sein Leben in dem Pflegeheim gefunden, wo er verwirrt nach einem Klo sucht oder im Aufenthaltsraum sitzt, wo der Pfleger lustlos aus einem Buch vorliest, das die anderen Bewohner hinterlassen haben und das dann “Literarischer Zirkel” genannt wird.

Bücher spielen in dem Buch überhaupt eine große Rolle. So wird Julian Barnes “Der Lärm der Zeit” erwähnt und Dostojewskis “Schuld und Sühne” das nun  “Verbrechen und Strafe” heißt.

Alle unsere Jahre

Nun kommt eine Neuentdeckung, “Wagenbach” hat einen Roman der 1958 in England geborenen und schon lange in Kanada lebenden Kathy Page, die schon acht Romane geschrieben hat, “Alle unsere Jahre” im Original “Dear Evelyn” herausgebracht und will die Autorin, die auch im Herbst nach Frankfurt kommt, offenbar im deutschen Bereich bekannt machen.

So liegt das E pub schon lange in meinem E -Book- Folder. Jetzt ist das Buch  erschienen, wurde auch schon bei MDR vorgestellt und von Rainer Moritz sehr gelobt. Es ist ein Familienroman, der die Szenen der Ehe von Harry und Evelyn in sehr eindrucksvollen Bilder beschreibt und dabei ein langes Nachkriegsleben schildert.

Harry wurde in der Zwischenkriegszeit geboren. Die erste Szene schildert sehr eindrucksvoll die Geburt und erinnert dabei ein bißchen an die “Asche meiner Mutter”, die Eltern gehen in dem ärmlichen London, aber sehr liebevoll mit ihrem zweiten Sohn um und auch das nächste Kapitel ist sehr eindrucksvoll.

Da ist Harry schon älter und wird von einem einäugigen Lehrer unterrichtet, der im Krieg sein Auge verloren hat, den daduruch haßt und den Schülern auf sehr unkonventionelle Art und Weise, die Liebe zur Poesie nahebringen will.

Das mißlingt wahrscheinlich, der Lehrer wird versetzt, schenkt Harry aber zum Abschied ein Buch und die Liebe zu den Gedichten zieht sich durch den ganzen Roman, es werden auch Ausschnitte daraus zitiert.

Im dritten Kapitel ist Harry schon erwachsen, hat nicht studiert, obwohl er ein Stipendium bekommen hätte und lernt Evelyn in einer Bibliothek kennen, die liest dort gerade Daphe du Mauriers “Rebecca” und man könnte sagen, daß das ganze Buch auch in einem etwas altmodisch wirkenden Stil geschrieben wirkt, obwohl es bis in die Gegenwart hineingeht.

Harry und Evelyn, die wie im Beschreibungstext steht, sehr unterschiedlich sind, heiraten. Der zweite Weltkrieg beginnt. Harry wird eingezogen und kommt nach Westafrika. Evelyn bleibt zu Hause, bekommt ihr erstes <kind Lilly und sehr liebevolle Briefe von Harry von der Front.

Evelyn wurde von ihrer Mutter sehr geliebt und verwöhnt, haßt aber ihren trikenden tuberkolösen Vater und als sie an sein Sterbebett gerufen wird, ist sie nicht imstande “Ich liebe dich Dad!”, zu sagen, wie es die Mutter von ihr fordert.

Eine zweite Tochter, Valerie, wird geboren und ein Haus bezogen. Dazu werden Vorhänge gebraucht. Evelyn entscheidet sich für einen Stoff, der eigentlich noch immer viel zu teuer ist, obwohl ihr die Verkäuferin verrät, daß er im Abverkauf nur mehr die Hälfte kosten wird.

Sehr spät kommt die dritte Tochter Louise, die den Eltern wegen ihrer sexuellen Freizügigkeit Schwierigkeiten macht. So geht Evelyn deshalb auch zur Polizei, als sie einen Brief findet, in dem Louise darüber schreibt, was etwas absurd wirkt.

Dann werden die Eltern selber alt und Evelyn sehr ungeduldig mit Harry, der sehr ausgleichend ist und  ihr nicht sagen möchte, was er essen will, um ihr keine Mühe zu machen. Er braucht eine neue Hüfte, wird inkontinent, was Evelyn nicht aushält. So kommt er in ein Heim, während die Neunzigjährige mit einer der Töchter noch eine letzte Reise macht und Harry in sein Altersheim einen Brief aus Paris schreibt.

Der geht im Heim verloren und die Managerin bemüht sich sehr, ihm zu erklären, daß das vom überforderten Personal keine böse Absicht war und sie ihm auch schon gesagt haben, daß Evelyn ihn deshalb  so lange nicht besuchen kam, weil sie schon vor einigen Monaten, kurz nach ihrer Rückkehr von der Reise, verstorben ist.

Ein sehr interessantes Buch, das auf eine sehr eindruckvolle Art und Weise das Älterwerden und die Schwierigkeiten einer Ehe schildern. Für mich sind es die farbigen Bilder, die ich zu beschreiben versucht habe, die mich besonders beeindruckt haben. Nun bin ich gespannt, wie das Buch im deutschen Raum aufgenommen wird und was ich noch von Kathy Page hören oder lesen werde.

Schau mich an, wenn ich mit dir rede

Buch sechzehn des dBp, ein Longlistbuch und wir bleiben in Österreich und sind  beziehungsweise dort angekommen, Monika Helfers kleiner feiner Roman über die Patchworkfamilie oder ist es eine Episodensammlung, das, was sich die 1947 im Bregenzerwald geborene Frau von Michael Köhlmeier und Mutter der früh verunglückten Paula, so ausdenkt, wenn sie eine Frau in der U-Bahn sitzen und mit ihrer Tochter schimpfen hört.

Ich denke, es ist eine Episodensammlung und das Besondere an der Geschichte ist, daß es über die reine Patchworksammlung, wie sie etwa Ruth Cerha oder Elfriede Hammerl schreiben, hinausgeht, aber auch etwas, das man nicht gleich bemerkt.

Ich habe es jedenfalls nicht sofort und bin nach Robert Menasses “Hauptstadt” auch nicht sofort in das Buch hineingekommen und habe mir bei der ersten Geschichte nur gedacht “Hey, was soll das und das ist jetzt jener platter Realismus, wie ich ihn ja angeblich immer schreibe und wie es dem Obdachlosen damals in der “Augustin Schreibwerkstatt” auch nicht gefallen hat!”

Ist es nicht, aber das habe ich erst bei der zweiten Lesetrache gemerkt und Mariki Fallwickl, die offizielle Bücherbloggerin, hat es vielleicht auch zu wenig überhöht gefunden. Es sind aber kleine feine Geschichten, die sich Monika Helfer da ausdachte und sie haben mit der simplen Patchhcworkrealität, wie sie jetzt ja so viele Kinder erleben, gar nicht so viel zu tun und das Buch hat, denke ich, auch mit den Beschreibungen am Büchrücken und am Klappentext nicht so viel zu tun, jedenfalls würde ich es anders interpretieren.

Da fährt also eine Frau, ich denke, es ist die Erzählerin in der U-Bahn, beobachte,t wie eine Frau vor ihrem Kind über dessen Vater schimpft, bei dem die Kleine offenbart jetzt wohnt und dann denkt sie sich in den folgenden vierunddreißig Kapiteln Geschichten und zuerst einmal Namen für ihre Personen aus.

Die Kleine könnte Genoveva, Vev genannt, heißen, die Mutter Sonja, der Vater Milan und die Mutter wird als drogensüchtige, von einem Sozialarbeiter betreute Frau, die auch in einer Klinik war, beschrieben, was ich, die ich ja öfter solche Geschichten höre, nicht so ganz realitätsgerecht beschrieben fand.

Es geht aber gleich weiter und geht dann wirklich in die Phantasie und da wird es wirklich schöne heile Welt-Geschichte, die dann gar nicht kitschig ist.

Sonja geht nämlich nach der  Begegnung mit ihrer Tochter, die beim Vater und dessen neuer Frau Nati, einer Krankenschwester und deren zwei Töchtern lebt, auf den Karlsplatz, für die Nichtwiener, das ist ein Drogenumsatzplatz oder war zumindestens mal einer und  trifft dort, the Dude, den Weltretter, der eigentlich Eric heißt, der nimmt sie mit in seine Wohnung, putzt das Bad, gibt ihr Geld für schöne Kleider, etcetera. Das alles wird nach und nach in den kleinen Geschichten erzählt.

Milan ist vielleicht auch ein wenig unrealistisch, denn er arbeitet nichts und lebt vom Geld, das ihm seine Mutter zusteckt. Nati oder Natalie, ist die einzige, die arbeitet und die hat sich auch eine Traumwelt, nämlich “Natis schöne Welt” oder so ausgedacht und da kommen  bei einer Krankenschwester natürlich die Ärzte vor.

Nati trifft sich in der Mittagspause öfter mit ihrer Freundin Eva in der Kantine, die zwar eigentlich nicht im Krankenhaus arbeitet, aber Nati hat ihr den Zutritt  verschafft und eines Mittags landet Nati im Zimmer vom Oberarzt Doktor Traxler, im sechstten Stoc, beziehungsweise auf seiner Liege, sie will nämlich noch ein Kind. Milan nicht, so will sie ihm eines unterschieben, während Milan inzwischen zu der Trafikantin geht, den Vev hat  bei dem letzten Besuch bei ihrer Mutter den Hund Nemo, das heißt Niemand, mitgenommen, der eigentlich Eric, genannt, the Dude, gehört.

Milan bringt ihn zu der Traffikantin, die auf ihn aufpassen soll, fängt mit ihr ein Verhältnis an und kümmert sich dann nicht mehr um den Hund, so daß ihn die Trafikantin zu sich mit nimmt und schließlich kommt ein Brief von the Dude, der die ganze Familie, Milan, Nati und die Kinder zu sich und Sonja in ihre neue große Wohnung, die er sich irgendwie ergaunert hat, zum Essen einlädt und die Wohnung ist so groß, daß sie für alle Platz hat.

So überlegt Vev, wenn sie dorthin geht, den Hund mitzunehmen, Nati geht wieder in Dr. Traxler Sprechzimmer und macht mit ihm Schluß und nur Milan überlegt abzuhauen und auszuwandern.

Ein schöne Traumgeschichte von der schönen heilen oder auch nicht so heilen Familienwelt, denn Milan wird in dieser von der Lehrerin in die Schule gebeten um über Vevs Aufsatz zu sprechen, in dem sie über ein Problem schreiben sollte, aber offensichtlich nur eines erfunden hat, was die Lehrerin, die ja über die Probleme der Kinder Bescheid wissen woll oder muß, erboste, so daß sie Themenverfehlung darunter schrieb.

So geht es auch und das ist, denke ich, Monika Helfer meisterhaft gelungen, obwohl ich mir ganz ehrlich, auch nur einen ganz gewöhnlichen Patchworkroman erwartet habe.

Es geht uns gut

Auf unsere Bodenseeradrundfahrt zu Ruths siebzigsten Geburtstag, habe ich ja, wie ich das bei Reisen immer mache, versucht mir die entsprechende landesspezifische Literatur aus meinen Bücherschränken herauszusuchen und da habe ich ja einmal Arno Geigers ersten dBp- Buchpreisroman von 2005 im Schrank gefunden und da habe ich gedacht, das passt, weil ja Arno Geiger in Bregenz geboren wurde, wenn er auch längst inzwischen in Wien lebt und mit den Bodensee vielleicht gar nicht so viel zu tun hat.

Aber ich will ja für mein Buchpreisbloggen, die Buchpreisbücher auch auflesen und Arno Geiger kenne ich seit 1996, denn da bin ich auf eigene Kosten, zum Zuhören nach Klagenfurt gefahren und da war er ein sehr junger Autor und hat dort wahrscheinlich einen seiner ersten Texte gelesen, ist dort, glaube ich, auch nicht so aufgefallen oder doch wahrscheinlich, einmal mir und dann hat auch seine Karriere, wie ich einmal in einem Interview mit Martina Schmidt vom “Deuticke-Verlag”, wo dann seine ersten Bücher erschienen sind, damit begonnen.

2004 hat er mit einem Ausschnitt aus “Es geht uns gut” noch einmal dort gelesen und ist, glaube ich, auch nicht sehr aufgefallen, aber dann kamm 2005, das österreichische Jubiläumsjahr mit fünfzig Jahre Staatsvertrag und genau davon handelt der Famimilienroman, der in meiner Lizenzausgabe, einen rötlichen VW mit zwei kleinen Kindern in jetzt altmodischen Badeanzpgen auf dem Titelbild hat.

Als wir den Bodensee schon umrundet hatten und zum zweiten Mal nach Bregenz zurückgekommen sind, um dort das Wochenende mit Erika Kronabitter zu verbringen, habe ich das Buch zu lesen begonnen und bin jetzt damit fertig geworden, das auch in einer Hietzinger Villa im Jahr 2001 beginnt.

Da hat wohl Arno Geiger den Roman zu schreiben begonnen und sein Protagonist Philipp hat da von seiner verstorbenen Großmutter Alma, die Villa geerbt, jetzt geht erauf den Dachboden und ein Schwall Tauben und ihr Dreck empfängt ihn dort, sowie seine Vergangenheit und Familiengeschichte, von der er eigentlich nichts hören will.

Ein raffinierter Zug, um die Handlung in Schwung zu bringen, denn während sich Philipp über seine verheiratete Freundin Johanna ärgert, die am Küniglberg beim ORF, Wettervorhersagerin ist, schwarz zwei Handwerker bestellt, um das Dach zu sanieren und die Sachen ausräumt und wegwirft, wird diese Geschichte aufgerollt.

Denn da gibt es die Großeltern Richard und Alma. Alma hat glaube ich, wie das früher so war, ihr Studium für die Familie aufgegeben und züchtet jetzt Bienen.

Richard ist dafür 1955 Minister und am Staatsvertrag beteiligt, kann aber zu dem Festakt nicht higehen, weil er von Zahnschmerzen geplagt wird, auch so ein Kunstgriff, außerdem betrügt, er seine Frau ständig mit seinen Sekretärinnen und Kindermädchen, das braucht man für einen Familienroman, der die letzten fünfzig Jahre des vorigen Jahrhunderts behandelt, vielleicht auch oder die Leser, beziehungsweise der Verlag, wollen es haben.

Es gibt auch zwei Kinder Otto und Ingrid. Otto, der Hitlerjunge überlebt glaube ich, das Jahr 1945 nicht, dafür verliebt sich die Tochter Ingrid in einen anderen ehemaligen Hitlerjungen nahmens Peter, von dem der Vater nichts wissen will.

Sie heiratet ihn trotzdem, bekommt zwei Kinder Sissi und Philipp, studiert Medizin, was ihrer Mutter wohl nicht glückte und eine Szene beschreibt, wie sie in den Siebzigerjahren Nachdienst hat, dann nach Hause kommt und sich ärgert, daß ihr Peter nicht beim Haushalt hilft, der ist Straßenexperte, hat aber auch ein “Österreich-Spiel” entwickelt, das sich durch das ganze Buch zieht und am Ende des Romanes, wie der Vater dem Sohn am Telefon erzählt, eingestellt werden soll.

Ingrid stirbt sehr früh bei einem Badeunfall und Philipp ist irgendwie orientierungslos. Das Dach wird von den zwei Schwarzarbeitern, von denen einer ein Ukrainer ist, der dorthin zu seiner Hochzeit muß, repariert und am Ende fährt Philipp mit ihnen mit, die ihn eigentlich gar nicht dabei haben wollten, aber die Vergangenheit ist vorbei und Philipp winkt dem Haus zum Abschied nach.

Es gibt in dem nicht chronologisch erzählten Roman, der immer wieder durch seine Detailgetreuheit auffällt, noch eine Szene, wo der Vater schon Witwer ist und mit seinen halbwwüchsigen Kindern, das heißt, der siebzehnjährigen Tochter, die das gar nicht mehr will, auf Zelturlaub nach Jugoslawien fährt und die hat Arno Geiger einmal bei einer der “Rund um die Burg-Veranstaltungen” gelesen, wie ich mich erinnern kann.

La Leguna

Jetzt kommt die Besprechung des dritten Buches das mir der “Wortreich-Verlag” freundlicherweise in Leipzig gegeben hat, denn Erika Kronabitters “La Leguna”, habe ich unbedingt auf der Bodensee-Radrundfahrt lesen wollen, zu der wir die Ruth ja zu ihrem siebzigsten Geburtstag eingeladen habe, da wir sie dort getroffen haben.

Ich kenne die 1959 in der Steiermark geborene und derzeit in Bregenz und in Wien lebende Erika Kronabitter ja schon lange, als eine eher experimentelle Autorin, die sich sehr für Friederike Mayröcker interessiert, die “Friederiken-Briefe” herausgegeben hat und ein Buch zum neunzigsten Geburtstag der F. M.

Kennengelernt habe ich sie, glaube ich, 2000 bei einer Versteigerung im Literaturhaus, wo sie, glaube ich, ihr Nachthemd zur Verfügung stellte, denn sie ist eine sehr umtriebige, engagierte Frau und als ich meine “Mittleren II” nicht mehr im Wiener Literaturhaus machen konnte, hat sie mich diesbezüglich nach Feldkirch eingeladen und 2005 war ich auch bei ihrer “Text und Kritik-Werkstatt”.

Ein paar Bücher habe ich von ihr schon gelesen und sie bei den “Wilden Worten” und auch bei anderen Veranstaltungen gehört und so war ich jetzt auch erstaunt, über ihren 2016 bei “Wortreich” erschienen Roman, der ja sehr realistisch ist.

Eine Mischung aus Autobiografie und Fiktion steht, glaube ich, auch im Klappentext und es geht, glaube ich, auch um ihren Vater, der tatsächlich in Teneriffa verunglückt ist.

Im Buch geht es aber um viel mehr, denn Erika Kronabitter vermischt gekonnt, eine Familiengeschichte mit einem ungeklärten Kriminalfall, der vielleicht keiner war, ein reales Flugzeugunglück kommt vor und die zeitlichen Abfolgen werden auch immer wieder vermischt, so daß das Lesen sehr spannend bleibt.

Mal sind wir in den Neunziger-, mal in den Fünziger-, mal in den Achtzigerjahren und nach und nach führt uns Erika Kronabitter in ihre oder in die Familiengeschichte von Elena ein, die ihren Vater in Tenariffa unter merkwürdigen Umständen verloren hat.

Jetzt fliegt sie hin, um über sein Schicksal Näheres zu erfahren, wird aber durch ihre Flugangst sehr behindert und sie denkt auch an Hanna, ihe Mutter, die vom Land in die Stadt gegangen ist, um dort Beppo, einen Lebenskünstler kennenzulernen.

Leider war der aber schon verheiratet und konnte sich von seiner Frau nicht trennen, so verließ Hanna ihn, zog mit ihren zwei Kindern wieder aufs Land zurück, um sich dort doch zu verheiraten.

Elena forscht aber dem Schicksal ihres Vaters nach, denn dessen Todesumstände sind rätselhaft und werden in den Dokumenten auch fehlerhaft wiedergegeben und so erfahren wir von Beppo, beziehungsweise seinem Freund Larek, der von ihm den Auftrag bekommen hat, für einen alten Grafen zu sorgen.

Larek soll ihn für ihn  bis zu seinem Tod pflegen und dann sein Schloß erben. Aber der lebenslustige alte Herr macht ihm einen Strich durch die Rechnung, will nicht sterben, sondern sein Geld lieber in ein Anti Aging Programm investieren, was ihn vielleicht unsterblich macht.

So unterschiebt Larek ihm bei einem Herzanfal das falsche Medikament. Der Graf stirbt, Larek verkauft das Schloß und investiert in Teneriffa und der Elektriker Beppo soll auch dorthin kommen und seine Wohnbauanlagen ausstatten und stirbt vielleicht, weil er auf Lareks Geheimnis gekommen ist.

Erika Kronabitter deutet nur an, macht Wendungen, zieht Schlingen, geht vom Krimi wieder in die Familiengeschichte zurück, läßt alle offen und am Ende könte alles anders gewesen sein oder auch nicht.

Das Geheimnis wird nicht geklärt und ich habe jetzt eine sehr realistische Erika Kronabitter kennengelernt, deren Schreibweise mich manchmal fast an den Ton von Ruth Aspöcks Familiengeschichten erinnert hat und mit der ich in Bregenz auch über ihr Buch sprechen konnte, in das sie mir, beziehungsweise für das “Literaturgeflüster”, für das ich es ja bespreche, auch eine liebe Widmung hineingeschrieben hat.

Verwüstung der Zellen

Jetzt kommt noch ein Buch das im Vorjahr auf Longlist zum “Debutpreis” stand, eines das Marc Richter sehr gefallen hat und das er sich für die Shortlist wünschte. Er hat es dann zu Weihnachten verlost, ich habe es bekommen und so habe ich Markus Mittmansgruber, ein Buch aus dem österreichischen “Luftschacht-Verlag” “Verwüstung derZellen” gelesen, obwohl ich länger gezögert habe, schien es mir doch sehr experimentell zu sein und das habe ich ja nicht so gerne.

Der mir bisher unbekannte Markus Mittmansgruber wurde 1981 inLinz geboren, studierte Philosophie an der Uni Wien, hat verschiedene Veröffentlichungen in “Kolik”, “Rampe”, “Podium” und hat mit der “Verwüstung der Zellen” 2016 seinen Debutroman herausgebracht.

In der Beschreibung steht etwas vom “Verfall einer Familie” und zwei Erzählsträngen und dann fängt es gleich ein wenig schwierig in der Kleinschrift an und ich dachte schon “Uje!”, bis es dann im zweiten Handlungsstrang etwas konkreter wurde.

Da wird nämlich von einem Sohn erzählt, dessen Vater eine degenerative Krankheit hat und sich damit sozusagen von seiner Familie verabschiedet. Er will nicht besucht, vielleicht auch nicht beim Sterben beobachtet werden. Die Mutter nimmt das hin, der Sohn ein abgeborochener Philosophiestudent, der jetzt in einer Consultingfirma arbeitet, nicht.

Der Vater kommt dann in ein Pflegeheim, der Sohn besucht ihn dort, die Mutter, die er auch besucht, hat im Kühlschrank lauter abgelaufenes Essen, geht viel spazieren und, als ein Arzt anruft und von einem Aggressionsschub des Vaters erzählt, geht die Mutter mit ihm in das Heim.

Der Sohn, der unter “Tinnitus” und “Angstzuständen” leidet und auch die entsprechenden Medikamente nimmt, besucht dann auch eine etwas seltsame Körpergruppe, die von einem Paar geleitet wird.

Da muß man aus sich herausgehen, “das Kamel in sich hinter sich lassen und zum Löwen werden” und ganz eigene kreative Übungen abliefern.

Johanna, mit der der Sohn sich befreudet und die an einen schwachen Magen leidet und glaubt von einem Wurm befallen zu sein, macht das sehr eskatisch und wird vom Christian, dem Leiter, der mit einer “Burgerkingkrone” auf einem Lehnsessel sitzt, auch gelobt, während der Sohn, in Erinnerung an seinem Vater immer etwas von einem “Türspalt” erzählt, was dem Leiter nicht gefällt und die Leiterin zum Gähnen bringt.

Das Ganze wird manchmal sehr spannend und auch in einer sehr schönen  Sprache erzählt, dann wird es wieder sehr theoretisch und unverständlich und die Ebenen und die Handlungsfäden wechseln sich auch sehr rasant ab, so daß ich das Lesen etwas mühsam fand und eigentlich eine realistischere Erzählweise über das Älterwerden und den Tod, wie Beispielsweise dem Roman von Susann Pasztor, den ich vor kurzem gelesen habe, vorziehen würde.

Denn irgendwie wirkt das Ganze distanziert und die Suche des Sohnes, der von psychischen Leiden gequält wird, nach  Familiengeheimnissen,sehr philosophisch abstrakt.

Nun der Autor hat Philosophie studiert und arbeit auch in einen wissenschaftlichen Verlag. Ob viele Leute das Buch lesen werden erscheint mir aber etwas fraglich und ich bin auch nicht sicher, was der sogenannte “Mehrwert” ist, den man ja bei “guter Literatur” haben und sich mitnehmen soll.

So hätte die realistische Autorin in mir, es wahrscheinlich auch nicht auf die Shortlist gesetzt, bin aber gespannt, was ich noch von den dem Autor hören und lesen werde und werde jetzt auch nachgoolen, ob er  GAV-Mitglied ist und ich ihn vielleicht auch schon bei einer der “Neuaufnahme-Lesungen” gehört habe.

Die Stellung

Wieder kommt ein Roman aus Mara Gieses Bücherkiste und wieder einer aus Amerika und zwar von der 1959 geborenen Meg Wolitzer, der, sowie ihr erster auf Deutsch übersetzer, die “Interessanten”, ich glaube, beide bei “Dumont” erschienen, vor kurzem auf vielen Blogs zu finden war.

Im September war die Autorin auch in Wien in der Hauptbücherei und hat aus der “Stellung” gelesen, da wußte ich noch nichts von meinen Buch-Gewinn und war auch eine andere Veranstaltung.

“Die Stellung” ist ein interessanter Roman, ganz anders als der Vorläufer der “Nachtigall”, leichter, lockerer, ein gekonnt geschriebener Familienroman, der in den Neunzehnhundertsiebzigern, genauer 1975 beginnt.

Da steht ein Buch in einem Haus in dem eine Familie mit vier Kindern lebt. Die Eltern haben es geschrieben, es ist ein Sex-Ratgeber der besonderen Art, probieren die Eltern dabei doch die verschiedensten Stellungen aus und wurden dabei von einem Zeichner festgehalten.

Das Buch der “Sex-Mellows” wird im ganzen Land berühmt und die Eltern, ein aufgeklärtes Paar der Siebzigerjahre, lassen es im Bücherregal stehen, so daß die Kinder es entdecken können.

Sie reden nicht mit ihnen darüber, sondern überlassen es dem Zufall und das erste Kapitel des Buches schildert dieEntdeckung der Kinder, sechs, acht, dreizehn und fünfzehn Jahre alt mit diesem Buch.

Der ältere Bruder Michael wird es entdecken und holt seine Geschwister dazu und das soll, wie am Klappentext oder am Buchrücken steht, das Leben der gesamten Familie verändern, die weiteren zwölf Kapitel, die dreißig Jahre später spielen handeln davon.

Ich die ich ja in der “Brüderschaft” vielleicht etwas Ähnliches beschrieben habe, meine, diese Veränderung ist nicht so umwerfend, obwohl es wahrscheinlich eine interessante  Idee ist, das Buch mit diesen Sexratgeber zu beginnen, aber drogensüchtig werden auch Kinder anderer Eltern, in der “Brüderschaft”, ist es die Esther, Jonas Tochter und homosexuel werden manche Söhne auch.

In der “Bruderschaft”, der Benjamin und dessen Freund Hanno bekommt eine Aidsdiagnose, der jüngere Sohn der Mellows wird Krebs bekommen und daran sterben und Claudia, die jüngste, die schon mit sechs und das finde ich ein wenig künstlich, darauf spart sich einmal einen Mann kaufen zu können, weil sie sich für häßlich hält, wird im Laufe des Buches ihr Glück finden, denn sie fährt dreißig Jahre später als Filmstudentin in den Ort zurück, wo sie 1975 lebte, sie will die Lehrer ihrer Schule interviewen und besucht auch das Haus und  freundet sie sich mit dem Sohn des Paares, dem es jetzt gehört, an und wird am Ende des Buches auch eine bevorzugte Stellung ausprobieren und mit David feststellen, so interessant, wie die Eltern taten, ist sie nicht.

Die Ehe der Eltern ist  kurz nach ihrem Ruhm zerbrochen, beziehungsweise hat sich die Mutter in den Zeichner verliebt und ihren Mann Paul verlassen, den sie vor zwanzig Jahren kennenlernte, weil er ihr Psychoanalytiker war.

Meg Wolitzer hat also interessante Themen und spielt im prüden Amerika vielleicht mit dem Feuer.

2005 soll das Buch wieder aufgelegt werden, die Mutter will es, braucht dazu aber die Zustimmung des Vaters und der verweigert sie zuerst, denn er ist, obwohl oder weil er schon in dritter Ehe lebt, immer noch gekränkt.

So schickt die Mutter Michael nach Florida, um seine Zustimmung zu holen und der hat auch ein Problem. Er ist nämlich depressiv, so nimmt er SSRI und jetzt kann er nicht mehr mit seiner Freundin Thea, einer Schauspierin, die gerade ein Stück über Freuds hysterische Patientin Dora probt.

Sie ist die Dora und wird sich während Michael beim Vater  ist, in ihre Partnerin verlieben und Paul ihretwegen verlassen. Am Ende des Romans ist der Sex-Ratgeber neuaufgelegt, beziehungsweise neu gemacht, denn jetzt posiert ein jüngeres Paar mit einem anderen Zeichner.

Paul und Roz sitzen aber einander trotzdem vor der Kamera gegenüber und fast alle Kinder sind gekommen, um mit den Eltern diesen Erfolg zu feiern, Michael, Claudia, Dashiell, nur Holly nicht, die brachte es nicht über sich herzufliegen, obwohl sich ihr Leben inzwischen auch normalisiert hat.

Sie nimmt keine Drogen mehr, ist mit einem Arzt verheiratet, Mutter eines kleinen Jungen, aber mit ihren Eltern will sie keinen Kontakt mehr aufnehmen. So feiern die Mellows ohne sie, das heißt die beiden Ehepaare gehen spazieren, während die Kinder, Claudia und Dashiell mit ihren Partnern, Michael allein in einer Sportbar sitzen und Dashiell erzählt, daß die Metastasen wiedergekommen sind und er nur ein paar Monate mehr zu leben hat.

Das hängt wahrscheinlich nicht mit dem Buch und mit der “Stellung” zusammen, es ist aber für eine Psychologin, die noch dazu in Wien, der Stadt Sigmund Freuds lebt und die auch in den Siebzigerjahren studiert und ihre Erfahrungen gemacht hat, sicher ein interesantes Buch.

Die Berggasse 19 kommt darin vor, obwohl ich dieses Dora Kapitel, als eines der unnötigeren halte, hat mir diese Idee von diesen Sexratgeber sehr gefallen und ich denke, daß Eltern, die vielleicht wirklich einen Sexratgeber schreiben oder Pornofilme drehen, mit ihren Kindern darüber reden sollen.

Aber altersgemäß, eine Sechsjährige wird sich vielleicht noch nicht so sehr dafür interessieren, eine Fünfzehnjährige warhscheinlich schon.

Es ist aber sicher eine interessante Frage, was macht man im prüden Amerika, wenn man in den Siebzigerjahren so progtressive Eltern hatte?

Man kann die Frage aber auch anders stellen und sich erkundigen, wie es den Kindern geht, die in den Siebziger oder Achtzigerjahtre in der Mühl-Kommune aufwuchsen und da da gibt es auch Filme darüber.

Vor kurzem habe ich mit dem Alfred einen solchen gesehen.

Der Seelenvogel

Nach Joseph Roth und vor und nach Egon Erwin Kisch, geht es weiter mit Elisabeth Freundlichs Roman “Der Seelenvogel”, über ihren Großvater Heinrich Lanzer, der ihren Eltern gewidmet ist und den man heute wahrscheinlich “Memoir” nennen würde und sie selbst als “Chronik” bezeichnet.

1986 ist er erschienen und beginnt mit einem Prolog, beziehungsweise der Erklärung des Namens, ist der “Seelenvogel” doch einer, der sich am Totenbett befindet und dessen Schnabel in die Richtung weißt, in welche Richtung die Seele heimkehren soll und es ist auch Verpflichtung der Juden ihre Vorfahren zu begraben. Elisabeth Freundlich konnte das nicht und so hat sie es mit diesem Buch versucht, das auch vom Bücherschrank stammt.

Ich bin nicht ganz sicher, ob ich nicht bei einer Lesung, der 1906 in Wien Geborenen, die 1938 emigrieren mußte und 1950 mit ihrem Mann Günter Anders nach Wien zurückkam, in der “Gesellschaft für Literatur” war.

2001 ist sie gestorben, da war ich, glaube ich, bei einer Lesung, die, die “Kramer-Gesellschaft” im Republikanischen Club” organisierte und Ruth Aspöck, hat, glaube ich, vor zwei Jahren, eine “Lesetheater-Aufführung” eines ihrer Stücke gemacht.

Im ersten Teil schildert sie auf eine, wie ich finde sehr humorvolle, ironische Art, die Erinnerungen des kleinen Mädchens an die Tante Romanca und den Onkel Ricardo, bei einem Sommeraufenthalt in Triest, schildert die kleine blonde Cousine Gemma, die nach “Gelati” ruft und auch die Naivität des Bürgermädchens, die der Cousine erklärt, daß man nicht mit den Händen sprechen soll, weil man das nur die Juden tun.

Zwanzig Jahre später, 1934, besucht sie Tante Lotti, die Schwester ihres Großvaters, die fast hundert ist, immer noch von ihrem längst verstorbenen Gatten Anton spricht, die in ihrer Jugend Geigerin in einer Damenkapelle war und in dem Ort, wo sie ihr Ausgedinge hatte, alle verblüffte, als sie zu Allerseelen mit einem Sarg, einem Knecht und einem Handwagen am Friedhof auftauchte, um die Gebeine ihres Seeligen in den neuen Friedhof, wie vereinbart, zu verlegen.

Dann geht es in das vorvorige Jahrhundert, wo Heinricht Lanzer, der, weil mittellos, zwölf Jahre beim Militär dienen mußte, nach Wien zurückkehrt und seine Schwester sucht.Er ist Schloßer, will auch als solcher wieder arbeiten, die reichen Verwandten, vermitteln ihn aber eine Stelle beim Geschäftsmann Joseph Segal, wo er zuerst Gehilfe wird, dann dessen Schützling Rosalie heiratet, mit ihr ein kleines Fleischergeschäft in Simmering führt und es schließlich bis zum Prokuristen schafft.

So wird zuerst ein Dienstmädchen, später eine böhmische Köchin und als die Kinderschar, vier Mädchen und zwei Buben, neben einigen Fehlgeburten, zu groß wurde, auch eine Gouvernante angeschafft, denn die Mädchen sollten ja Franhzösisch sprechen und Klavier spielen können, um sich gut zu verheiraten, wenn schon keine große Mitgift vorhanden wäre, Heinrich fügt sich widerstrebend, auch daß Rosalie den jüdischen Glauben einzuführen versucht, nimmt er brummend hin, flieht auf Geschäftsreisen nach Pressburg, um dort mit der Choristin Piruska in Konditoreien zu gehen und vom großen Glück zu träumen.

Als dann in Ringtheater brennt, kehrt er von Schuldgefühlen geplagt nach Wien zurück, denn dort hat er mit Rasalie ja den zehnten Hochzeitstag feiern wollen, dann aus “geschäftlichen Gründen” abgesagt, sie wird  doch nicht verbrannt sein.

Nein, denn die sparsame Hausfrau, man durfte sich am Tisch nie böhmisch-jüdischen Speisen nachzuckern, hat die Karten zurückgegeben und so geht das Ehepaar in ein Restaurant essen, Mademoiselle speist mit den Kindern allein am Tisch und die dürfen dann mal auch nachzuckern und neun Montate später, wird das sechste Kind, Elisabeth Freundlichs Mutter geboren und die Famlie zieht in eine größere Wohnung.

Im dritten Teil “Die Kinder” wachsen diese heran, mit Klavierspiel im “Eissalon”, denn man ist ja sehr sparsam und weiß auch nicht genau, wieviel Obst die Kinder essen soll. Aber der kleine Edi soll aufs Gymnasium, aufgeregt führt ihn der Vater dorthin, hat auch schon die Visitenkarten Stud.gym., obwohl es in der der sparsamen Familie ja keine Geschenke gibt, vorbereitet, aber der musische Edi freut sich auch gar nicht darüber, da’er aufgenommen wurde, er will lieber Klavier spielen und bringt Jahr für Jahr seinem enttäuschten Vater ein sehr schlechtes Zeugnis nach Haus, so daß die Familie mit den größeren Kindern, zu einer Landpartie nach Gänserndorf aufbricht, denn dort hat eine Verwandte die Bahngastwirtschaft und auch drei Buben, die alle Musterschüler sind, der Jakob, der verdeutscht nur “Tschagl” genannt wird, ist sogar Primus, aber er hat radikale Ansichten. legt dem Vater und den Cousin ein utopiosches Buch vor, das vom vier Stunden Arbeitstag schwärmt, der Anton ist noch für den Kampf um den elf Stundentag eingesperrt und später anemstiert worden. Inzwischen hat manh den zehnten, soll später für den  acht Stunden Tag kämpfen, die Familie geht nach Guttenbrunn auf Sommerfrisch, weil die kleine Camilla kränkelt und der jüdische Hausarzt, der fast der Schwager und der Freund des Heinrich ist, das empfiehlt.

Die Töchter müßen, der Edi hat seine Matura geschafft, studiert Jus und wird später im Feld des ersten Weltkriegs fallen, verheiratet werden, die Lina, die nächtelang Liebesroman liest, die Roncza, Heinrichs Lieblingstochter, die ihn an seine Schwester erinnert und die ihm in der früheren Wohnung aus dem Gasthaus immer das Bier und das Viertel holen mußte, bis Mademoiselle das unschicklich nennt, heute ist das, glaube ich, verboten und das Buch geht in das Finale, als Valerie, Elisabeth Freundlichs Mutter, die demr Widmung zu entnehmen offenbar in Wahrheit Olga hieß, dieSängerin werden wollte, hetzt verspätet in die Schule, hat ihr doch das Fräulein noch den Kakao aufgezwungen, hoffentlich versäumt sie nicht das Morgenlied?

Keine Sorge, denn “Guten Morgen, liebe Kinder, heute beten wir das Vater unser”, begrüßt das Fräulein Lehrerin die dreißig stramm stehenden Mädchen.

“Es müssen nur die christlichen Kinder mitbeten!” und dafür werden sie auch von den mosaischen getrennt.  Lueger hat die Wahl gewonnen und auf den letzten Seiten will Heinrich zu seinen Stammtisch ins Kaffeehaus gehen, resumiert dabei sein Leben und als er beim Maronibrater um einen Gulden solche verlangt, bricht er tot zusammen und hat sowohl den ersten als auch den zweiten Weltkrieg und einen Tod in Auschwitz verpasst.

Mit sehr eindringlichen dichten Worten erzählt elisabeth Freundlich ihre Familiengeschichte und es steht einem dabei das Wien der letzten Jahrzehnte des Neunzehntenjahrhunderts sehr deutlich vor den Augen. Die Lavendlfrauen und die Scherenschleifer tauchen auf und noch vieles andere und so kann ich das Buch, jeden der es bekommen kann, ich weiß nicht ob es vergriffen ist, wirklich nur empfehlen.