Die Jagd

Nach den “Roten Kreuzen” und den “Ehemaligen Sohn” kommt jetzt der dritte Roman, den ich von den 1984 in Minsk geborenen Sasha Filipenko gelesen habe, der sein Buch beim “Fried Festival” im Literaturhaus vorstellte und mich da verwirrte, geht es in dem Buch doch darum, wie ein Journalist in Moskau, glaube ich, von der russischen Mafia fertig gemacht wird und die Textstellen die projeziert wurden, waren ,wie ein Musikstück aufgebaut. Da gibt es eine “Einleitung”, eine “Exposition” und so weiter, zwischendurch immer wieder “Pausen” und der Autor erzählte im Gespräch von Masha Dabic gedolmetscht, glaube ich, daß er das bewußt machte, um den Leser zu verwirren und ihn so auf die Handlung neugierig zu machen.

“Wui!”, habe ich gedacht und, daß ich mir nicht vorstellen kann, wie das gehen könnte. Jetzt weiß ich es und kann sagen, Sasha Filpenko versucht auf ungewöhnliche Art, die Mißstände, die in Russland herrschen, hinüberzubringen. Er versucht es sanft, in ein Musikstück gekleidet und kommt erst langsam in die Handlung und es dauerte lange, bis ich mich auskannte.

Es geht um eine russische Oligarchenfamilie, die in Frankreich Urlaub macht und dort auch wohl Häuser besitzt, den Sohn zum Fußballspieler aufbaut und, um den Journalisten Anton Quint, wieso hat der einen nicht russischen Namen, der die Machenschaften des Oligarchen aufdecken will. Der hat eine kleine Tochter, versucht sich auch als Schriftsteller und da gibt es eine Stelle, wo einer einen leeren Text ins Internet stellt und dafür vom Fernsehpublikum und überhaupt verurteilt wird. Da kann man abstimmen, aber wenn man für einen Freispruch plädiert, muß man dafür zahlen, während Verurteilungen gratis sind oder wer schweigt sowieso schon zugestimmt hat.

Das ist offenbar eine Geschichte von diesem Quint und dann geht es nach Lugnano, wo ein Musiker sich auf ein Konzert vorbereitet. Der wird von seinem Bruder besucht, der ihm seine Geschichte erzählt.

Ende Achtzig hat die Familie ihr Geld verloren, musste in eine kleinere Wohnung, die Markenkleidung wurde im Discounter gekauft, der Sohn in der Schule und auf der Uni gemobbt. Der ist auch Journalist und in eine Alissa verliebt. Die lädt er auf teure Reisen ein, sonst passiert dort nichts. Gesponsert wird das alles von seiner reichen Frau und die geht in ihren Massagesalon und wird dort von Managerin Alissa in alles informiert. Sie schmeißt ihn hinaus und der Bruder wird von Onkel Wolodja und einem Freund angeheuert, Quint fertig zu machen. Sie machen, das auf subtile Art, heuern zwei Schauspieler an, die in der Nebenwohnung Dauerlärm machen, Quint schlägt die Warnungen in den Wind, glaubt auch nicht, daß der Oligarch dahinter steckt. Es wird aber immer ärger. Quint wird von einer Prostituierten ins Hotel geschleppt und dort gefilmt. Seine Frau wird vergewaltigt. Er wird als Pädophiler geoutet und Demonstraten schreien vor seiner Wohnung “An das Kreuz mit ihm!” und machen ihn solcherart zum psychischen Wrrack, so daß er seine kleine Tochter aus dem Fenster wirft.

Das alles wird dem Musiker von dem Bruder erzählt, der daraufhin sein Konzert versaut, während der Bruder Alissa wieder in die Schweiz mitgenommen hat und sie dort offensichtlich doch ins Bett bekommen hat.

Sehr ungewöhnlich und verwirrend, die Tatsache, daß Misstände, die auf diese Art und Weise erzählt werden. Aber das Leben geht weiter und während Menschen fertiggemacht werden und sich bekriegen, werden Konzerte gespielt, man vergnügt sich und versucht sein Leben zu genießen. Mir geht es in den Kriegs- und Coronazeiten auch nicht viel anders, denn was kann man wirklich gegen das Böse tun, als es aufzuzeigen? Und wenn man das literarisch tut, hilft das wahrscheinlich auch nicht viel weiter.

Tell

Das Schweizer Nationalepos aus dem vierzehnten Jahrhundert von Friedrich Schiller erfolgreich dramatisiert wurde jetzt von dem 1981 Schweizer Joachim B. Schmidt, der in Island lebt nicht neu oder nachgeschrieben, wie am Buchrücken des “Diogenes-Buchs” steht, sondern “zu einem spannenden Thriller in beinah hundert Sequenzen mit zwanzig verschiedenen Protagonistenstimmen”, gemacht. “Modern, frisch, und mit einen unwiderstehlichen Sog.”

“Stimmt!”, kann ich schreiben, obwohl ich das Anfangs gar nicht glaubte und vor dem Lesen fast bereute, daß ich mir das Buch zuschicken ließ. Denn was soll ich mit einer Schweizer Heldensage und dem Nationalhelden aus dem vierzehnten Jahrhundert? Irgendwann habe ich das Schiller Drama ja wohl gesehen oder in der Schule gelesen.

Bestellt habe ich es mir, weil es da ja einmal einen “Diogenes-Talk” gab, den ich fast verschlafen habe, also vor Rudi Anschobers “Pandemia” auf das ich schon sehr warte, weil die Pandemie, wie ich überall höre, ja noch nicht vorbei sein darf, noch hinein in die Schweizer Alpen und wie schon geschrieben, ich wurde überrascht und kann das Buch nur sehr empfehlen, auch wenn man, wie ich bei dem historischen Romanen schon beim ersten Weltkrieg aufhören will.

Es beginnt mit einem Bären und den sieht Hedwig, die Frau des Wilhelm Tell, es gibt ja die fast hundert kurzen Kapitel, ich habe sie nicht nachgezählt, die immer einen Protagonistennamen tragen. Tell jagt mit seinem Sohn Walter, der eigentlich der seines Bruders Peter ist, der in den Bergen einmal verunglückte, ihm nach und hat das Pech dabei vom Llandtvogt Gessler erwischt und des Wilderns verdächtigt zu werden. Der schickt von seinem Helfer Harras angestachelt, dann die Soldaten um ihn zu bestrafen und klauen ihm den Leiterwagen, die Großmutter verhindert, daß es dabei zu etwas Schlimmen kommt, fällt aber um und stirbt, was Tell noch rasender macht. Mit seinem Buben Walter gräbt er die Leiche dann ins Tal zu Vater Taufer hinab und dann muß er eine Kuh verkaufen.

Dazu muß er in die Stadt und den berühmten Hut grüßen, tut er nicht, weil er ihn nicht bemerkt, die Schergen oder die jungen Soldaten, die meisten immer betrunken sind, tun das aber und Gessler erscheint mit Harras ebenfalls und gibt den Auftrag, daß er den Apfel von Walters Kopf schießt. Tell hat den zweiten Pfeil im Köcher, wird danach gefangengenommen und soll über einen See irgendwohin geführt werden. Das Boot kentert, Tell kann aber schwimmen, richtet alle und zieht dann los in die Berge, um dort weiterzuleben oder nach seinem toten Bruder zu suchen, der genauso, wie ein Gespenst über allen schwebt, wie auch die Tatsache, daß der frühere Priester Vater Loser, VaterTaufer und auch Tell, als sie Kinder waren vergewaltigt hat. Die Mißbrauchserfahrung muß natürlich auch noch in die Legende hinein, ist es ja ein spannender Thirller geworden und am Schluß scheucht Lotta, die jüngste Tochter, die damals noch ein Baby, jetzt aber schon Großmutter ist, den Schreiber weg, der sich nach all dem erkundigt, obwohl man sich ja jetzt, wie die Tochter sagt, nicht mehr fürchten und die Geschichte auch nicht mehr vertuschen muß.

Der ehemalige Sohn

Mit Sasha Filipenkos “Roten Kreuzen” habe ich nicht soviel anfangen können, beziehungsweise es für nicht so ungewöhnlich gehalten. Bei dem 2014 erstmals erschienen “Ehemaligen Sohn” des1984 in Ninsk geborenen und in St. petersburg lebenden auf Russisch schreibenden Autors, ist das anders. Denn das ist ein wahrscheinlich sehr aktuelles Buch, das auch in einer sehr ungewöhnlichen frischen Sprache geschrieben ist. Es wird zu Anfang viel geschimpft und hat dann auch sehr originelle Szenen. Gleich am Anfang gibts ein Vorwort des Autors und ein Nachwort der Übersetzerin Ruth Altenhofer in der ein bißchen die belarussische Situation erklärt gibt es auch und, was in diesem Fall fast schade ist, einen Klappentext, aber der Autor hat die Handlung und das wie und das warum in seinem Vorwort auch schon erklört.

Ich bin ja eine, die zu Beginn eines Buches meistens zuerst das Beschreibung liest, aber hier nimmt es viel vorweg, was man anfangs gar nicht findet. Da wacht einer, ein Celloschüler, nach zehn Jahre Koma auf und erlebt, es hat sich nichts geändert.

Nun gut, nun ja, interessant und man hat von Weißrundland in der letzten Zeit auch sehr viel gehört. Dann findetman zunächst aber etwas ganz anderes. Eine Großmutter schimpft mit dem Enkel, weil der nicht Cello üben will. Dann gehts in die Schule in das Musikgymnasium, das Franzisk besucht, dort gibt es eine Notenkonferenz und da wird immer ein Veteran eingeladen, der ein bißchen was über die Geschichte erzählt. Diesmal ist es offenbar ein rebellerischer, das habe ich trotzdem ein wenig langweilig gefunden. Dann gehts in die Konferenhz, dort soll der faule Zisk hinausgeschmissen werden, obwohl die Großmutter, wie üblich die Lehrer bestochen hat und der geht dann zu einem Konzert, gerät in eine Massenpanik und fällt ins Koma.

Ab da wirds spannend, der Chefarzt gibt den Jungen auf, die Großmutter ist die Einhzige die für ihn kämpft. Sie besticht die Ärzte, erkämpft ein Einzelzimmer, räumt es mit Plakaten voll und quatscht den Enkelden ganzen Tag an, obwohl alle ihr erklären, daß das verrückt ist.

Das ist vielleicht auch nicht so ungewöhnlich, ob so was wirklich, wie oft passiert, weiß ich nicht. Man hört oder liest aber darüber und Sasha Filipenko erzählt das auch sehr genau. Die Freundin Nastja verläßt ihn. Die Mutter, die sich ohnehin nicht so sehr um den Sohn gekümmert hat, wird vom Chefarzt geheiratet, der dann und das ist für uns ein wenig ungewöhnlich, die Wohnung, der Großmutter verkauft, denn die ist durchaus eine selbstbewußte Frau und auch eine bekannte Übersetzerin. Es gibt auch eine deutsche Gastfamilie, die Zisk jeden Sommer besucht hat und die erscheint miteiner übersetzerinund will den Jungen nach Deutschland holen. Die Großümutter lehnt ab und stirbt nach zehn Jahren und ausgerecht einen Tag danach erwacht Zisk aus dem Koma und erholt sich rasch. Er zieht in die nunmehrige Einraumwohnung der Großmutter, besucht sie am Friedhof und die hat und das ist auch originell, einen Berief an den Enkel hinterlassen, in dem sie all das voraussieht, und ihn mahnt auf die Orden des Großvaters zu achten, aber die hat der Stiefvater längst verkauft und der tobt auch gehörig, überlegt sich aber schon seine Habilitation.

Zisk bekommt eine Stelle als Verkäufer in einem Sanitärgeschäft, erkennt die Mißstände desLandes, obwohl es doch immer heißt, wie toll es dort ist. Er geht auf eine Demonstration und erlebt, wie alle hunderttausend, die dort waren gejahgt und verhafte wurden. Es tut mir leid, das hat mich ein bißchen an meine letzten Demonstrationen erinnert und am Schluß sucht er um ein Visum an, geht nach Deutschland zu seiner Gastfamilieund spielt dort auf der Straße Cello.

Ein tolles Buch, ein sehr aktuelles, das viel über das mir doch sehr unbekannte Weißrussland erzählt, spannendundungewöhnlich geschrieben, ein Lesegewinn und füge ich noch an, bei “Diogenes” erschienen.

Hard Land

Ich bin nicht ganz sicher, ob ich jetzt das beste Buch in diesem Jahr gelesen habe, das ich gern auf der nächsten deutschen Buchpreisliste oder auf dem des Leipziger Buchpreises stehen sehen würde oder, ob es vielleicht zu kitschig und zu aufgesetzt ist?

Brillant geschrieben und äußerst spannend ist das neue Buch des 1984 in München geborene Benedikt Wells von dem ich noch nichts gelesen habe, obwohl ich mir, glaube ich, einige seiner Bücher von den Thalia-Bücherabverkaufstürmen kaufen ließ. Auf jedenfall, ein Coming of Age, Roman, der das Retrogefühl der Neunzigachtigerjahre in einem Kaff in Amerika wiederauferstehen oder neu erfinden ließ.

Mit einem klassischen ersten Satz “In diesem Sommer verliebte ich mich und meine Mutter starb” und dann lese ich auf seite 285 und das ist Grund, warum ich ein wenig mißtrauisch bin “Im Sommer 1963 verliebte ich mich und mein Vater ertrank”, das ist der erste Satz aus dem Roman “Salzwasser” von Charles Simmons. Ich habe nachgegooglet, Autor und Buch gibt es, wie auch einen William Morris,der wurde 1896 in England geboren, war Maler, Architekt, Dichter und Drucker und wahrscheinlich nie in seinem Leben in dem amerikanischen Kleinstädtchen Grady und hat wahrscheinlich nicht das titelgebende Gedicht geschrieben, wie ich auch nicht weiß ob es das Städtchen gibt oder ob es von Benedict Wells erfunden wurde.

In dem heruntergekommenen Kleinstädtchen in dem der sechzehnjährige Sam aufwuchs, war er aber der bedeutenste Dichter und in der Highschool mußte man, so wie ich mich in der Straßergasse, ein Jahr mit dem “Faust” beschäftigen mußte, mit ihm und seinem berühmten Gedicht beschäftigen und mußte herausfinden, warum es in diesem Coming of age-Gedicht geht?

Es gibt in Grady auch vierzehn Geheimnisse, die stehen jedenfalls auf einem Straßenschild, daß man sie ergründen soll. Aber jeder hat wahrscheinlich seine eigene und der heranwachsende Sam, der in diesem Sommer sechzehn wird, hat sie auch.

Das heißt, er hat eine an Krebs erkrankte Mutter, einen schweigsamen Vater mit dem er sich schlecht versteht, eine ältere Schwester, die das Kaff schon verlassen hat und er hat Panikattacken, war deshalb beim Pschologen, fühlt sich als Außenseiter und soll den Sommer eigentlich bei Verwandten verbringen, was er nicht will.

Die Mutter, die den Buchladen in diesem Kaff führt, vermittelt ihn daher einen Job in dem, glaube ich, einzigen Kino und das verändert sein Leben total. Denn da lernt er Kirstie kennen. Sie ist die Tochter des Besitzers, soll nächstes Jahr nach New York zum Studium gehen. Jetzt schupft sie mit zwei Freunden, Cameron und Hghtower, die auch dan das Kaff verlassen werden, den Laden und die drei grenzen Sam erst mal aus. Dann kommen sie ihm aber näher und als der sechzehnte Geburtstag naht läßt Kirstie Sam versprechen, daß er alles tut, was sie von ihm will und gibt ihn dann drei Prüfungen auf.

Er muß in einem Laden etwas stehlen, dann über die Selbstmordklippe in einen See springen. Sie springt gleich mit ihm und am Schluß muß er etwas auf der Gitarre spielen. Dadurch überwindet er seine Angst und verlebt eine aufregende Nacht. Aber eigentlich hätte er seine Eltern, um zehn in einem Restaurant treffen sollen. Er kommt erst am nächsten Morgen heim. Vor der Haustür steht der Krankenwagen und die Mutter liegt tot am Boden, uje uje.

Beim Begräbnis soll der verhaßte Referend, die Grabrede halten. Der Vater will es so, obwohl es sich die Mutter nicht gewünscht hätte. Die Schwester macht mit Sam aber aus, wie man das umgehen kann. Dazu kommt es beinahe nicht, denn Sam verprügelt sich vorher mit einem seiner Feinde und kommt daher verletzt und verschmutz in die Aufbahrungshalle. Das ist wahrscheinlich wieder etwas zu aufgesetzt. Er spielt dann mit seiner Schwester einen Rocksong, er hätte ein frommeres Lied singen und mit seinem Vater versöhnt er sich auch.

Trotzdem hat er ein hartes nächstes Jahr vor sich, in dem ihm auch der “Inspektor” oder Deutschleher mit seinem “Hard land” nicht richtig helfen kann. Er bekommt auf den verlangten Aufsatz auch nur eine zwei minuns. Den einzigen Einser hat, wie sie ihm später erklärt, Kirstie bekommen. Sie erklärt ihm am Ende auch das vierzehnte Geheimnis.

Wieder raffiniert, das Buch ist in vierzehn Kapitel geschrieben. Also klärt jedes eines auf und der “Peter Pan” mit seinem ebenfalls berühmten ersten Satz, spielt auch eine Rolle.

Ein beeindruckender Coming of Age Roman über eines Sechzehnjährigen in den Neunzehnachtzigerjahren, die wie die Fünfziger oder Sechziger klingen und das man den berühmten amerikanischen Romanen aus dieser Zeit vielleicht schon gelesen hat.

Was ein wenig retro klingt und warum hat Benedikt Wells ein amerikanisches Provinzstädtchen als Sujet gewählt?

Fragen über Fragen, ich habe jedenfalls ein überraschendes Buch gelesen, das ich schon einer Klientin mit Höhenangst empfohlen hat. Vielleicht hilft es ihr, auch wenn sie nicht die Klippen hinunterspringen wird und jetzt bin ich gespannt auf die Rezensionen und möchte wissen, wie, den anderen das Buch gefallen hat?

Ein Diogenes-Bloggertreffen, wo das Buch besprochen wurde, gab es schon, das aber leider auch ein bißchen ein Geheimnis blieb, weil ich ja kein Ton hatte und daher nur Benedict Wells sehen und die Chatnews lesen konnte.

Aus der Mitte des Sees

Wieder eine Neuerscheinung und wieder ein “Diogenes-Buch”, ein Roman des 1971 in Stuttgart geborenen Moritz Heger, das in einem Kloster spielt und Schwimmen das ist interessant und daher auch der Name, spielt darin auch eine große Rolle. Am Schluß des Buches gibt es ein Interview mit dem Autor, der erzählt, daß er auf dieIdee zu dem Buch in maria Laach an der Eifel, wo er im Sommer immer einige Wochen verbringt, gekommen ist und, daß es sein Ziel war, dem Leser etwas über die Tiefen des Lebens oder der Menschen nahezubringen.

Der Held ist der etwa vierzigjährige Mönch Lukas, der am Schluß Prior wird. Zu Beginn überlegt er, ob und, wie er seinem ehemaligen Mitbruder Andreas zur Geburt seines Sohnes Xaver gratulieren soll.

Die Sprache ist sehr schön und tiefgründig und jener Lukas, der Gastbruder, der den Gästetrakt managt, die Gäste unterbringt und betreut und dort auch die Tischgebete hält, geht gerne zur Erbauung oder was auch immer an den See schwimmen, da resumiert er, ob seine Mitbrüder, das vielleicht auffällig finden könnten, aber die, außer ihm schon lauter alter Herrn, die bald, wie Bruder Albin, der immer schöne Bilder malt, sterben, sagen nur “Viel Vergnügen!” und da kommt er in Beziehung mit der Schauspielerin Sarah und tauscht sich mit ihr aus. Es kommt, Lukas ist ein moderner Mann, auch wenn er eine schwarze Kutte trägt und, was ich auch nicht gewußt hatte, hatte ich doch zwei Tanten, die Nonnen waren und die eigentlich hießen, seinen Namen behalten durfte,weil Lukas ohnehin ein biblischer Name, zum Sex. Am Ende beschließt er den Antrag des Abtes anzunehmen und der kleine Xaver besucht ihn auch, darf er Jjuliane sogar beim Stillen zusehen und ihn halten und damit das Kloster nicht ausstirbt, hat sich auch der junge Lucian entschloßen Mönch und werden und wir haben wirklich viel vom Klosterleben erfahren. Viel Handlung gibt es nicht, es ist eher ein ruhiges Buch, das zum Nachdeenken anregten kann, Moritz Heger hat ja auch evangelische Theologie neben Theaterwissenschaft studiert, aber auch, wenn es keine besondere Spannungsbögen gibt, einige ungewöhnliche Szenen, wie die zum Beispiel, wie, als das Kloster brennt und alle im Speisesaal untergebracht sind, der Abt mit der dicken Köchin Walzer tanzt.

Ich bleibe hier

Ich weiß gar nicht so genau, ob ich auf Marco Balzanos Südtirolroman auf dem vorletzten “Diogenes Bloggertreffen” aufmerksam wurde ober, ob das erst durch die Sendung “Aufgeblättert – Zugeschlagen” mit dem “Österreichischen Literaturpapst Robert Wagner”, der Martin Sellner verdächtig ähnlich sah, geschah?

Aber ich habe mir das Buch, wo auf dem Cover der Reschenstausee mit dem herausragenden Kirchturm, zu sehen ist, bestellt und jetzt gelesen.

Es ist vielleicht nicht so ein besonders literarisches Buch, wie Lutz Seiler “Stern 111”, das auch in dem Literaturformat vorgestellt wurde, hieß es dort, aber ein italienischer Bestsellers des 1978 in Mailand geborenen Marco Balzano, der dort auch als Lehrer tätig ist, von dem ich vorher noch nichts gehört habe und das Buch ist interessant.

Die Geschichte der Lehrerin Trina, von der Marco Balzano im Nachwort schrieb, daß er 2014, das Dorf Graun im Vinschgau mit dem Stausee und dem Turm, das inzwischen eine Touristenattraktion ist, besuchte. Von dem Thema fasziniert war, zu forschen begann und dann aus den historischen Tatsachen einen Roman machte, in dem, wie üblich alles erfunden und Ähnlichkeiten rein zufällig ist.

Oder doch vielleicht nicht so ganz. Denn das Dorf Graun hatte einen Pfarrer namens Alfred Rieper und ein Pfarrer namens Alfred kommt in dem Roman auch vor, in dem die Lehrerin Trina einen Brief an ihre Tochter Marica schreibt, die als die Nazis in das Dorf kamen und den Deutschsprachigen, die Option erstellten, nach Deutschland auszuwandern oder weiter in Südtirol als Menschen zweiter Klasse zu leben, mit der Schwester von Trinas Mann Erich, die in Innsbruck lebte, das Dorf verlassen hat und offenbar nie mehr zu ihrer Mutter zurückgefunden hat.

Aber zum Anfang des vorvorigen Jahrhunderts. Da macht Trina mit ihren Freundinnen Barbara und Maja in Bozen eine Lehrerinnenausbildung und 1923 ihr Examen. Das war das Dorf, ihr Vater ist der Schreiner dort, schon von den italienischen Faschisten Mussolinis besetzt und die deutschsprachigen Lehrer fanden keine Anstellung. So bietet ihnen der Pfarrer an, in den Untergrund zu gehen und in den Katakomben, die Kinder in Deutsch zu unterrichten.

Das ging oft schief, denn die Carabinieri dringen oft ein und Barbara wird nach Italien verschleppt, worauf ihre Familie böse auf Trina ist. Dann kommen die Nazis und Michael, der Sohn wird ein solcher. Die Eltern fliehen in den Berge und da muß Trina auch zwei Soldaten erschießen. Nach dem Krieg kommen sie in das Dorf zurück. Aber da ist schon die Firma Montecatini da, um den Staudamm zu bauen. Erich kämpft sehr engagiert dagegen. Wendet sich sogar an den Papst zu Unterstützung. Hilft aber alles nicht und die Familien können sich entscheiden, ob sie auswandern oder sich am Rande des Dorfes in Containern unterbringen lassen und das Geld, das sie als Entschädigung bekommen, können sie in Bozen holen. Aber da wären die Fahrkosten höher, als das, was sie bekommen hätten. Erich stirbt und Trina zieht schließlich doch in eine Zweizimmerwohnung, geht am See spazieren, beobachtet die Sommerfrischler, die sich die Attraktion anschauen kommen und schreibt den Brief an ihre Tochter und ich habe ein sehr beeindruckendes Buch mit einem interessanten Stück Geschichte gelesen, das mich ein bißchen an die Situation von heute erinnert, wo man ja auch nicht viele Chancen hat, wenn man beispielsweise gegen die Corona-Maßnahmen demonstrieren und sich nicht Freitesten oder Freiimpfen will und da habe ich ja schon in einem Facebook-Eintrag gelesen, daß die Eltern die ihre Jinder nicht testen lassen wollen, entmüdigt werden sollten.

Abschiedsfarben

“Geschichten über Abschiede, die belasten, und Abschiede, die befreien, über das Gelingen und Scheitern der Liebe, über Vertrauen und Verrat, über bedrohliche und ewältigte Erinnerungen und darber, wie im falschen Leben oft das richtige liegt und im richtigen das falsche”, des 1944 bei Bielefeld geborenen Jruisten Bernhard Schlink, Autors des berühmten “Vorleser”, von dem ich außer einem Krimi noch “Olga” gelesen habe, steht als Nächstes auf meiner Leseliste und beeindruckend die Ironie und der feinen Ton des alten Mannes, der in hoher Brillanz wohl Abschied von seinem Leben nimmt.

In “Künstliche Intelligenz” nimmt der Ich-Erzähler Abschied von seinem Freund Andreas. Beide haben in der DDR ein Institut über Kybernetik aufbauen wollen, aber Andreas wollte mit einem Boot nach dem Bau der Mauer in den Westen. Das hat er anonym verraten und ist Institutsleiter geworden und Andreas nach seiner Haftstrafe nur von ihm geförderten Zweiten oder Gehilfen. Der ist längst gestorben. Jetzt kommt aber die Tochter, will die Geschichte aufarbeiten und die Stasi-Akten haben. Da hilft nur Verdrängen, Dissoziieren oder eben, das berühmte Abschiednehmen.

In “Picknick mit Anna” steht ein alter Lektor oder “Buchdoktor”, also einer “der aus schlechten Manuskripten gute Bücher macht”, auch ein leicht überheblicher oder ironischer Überton, am Fenster in der Nacht und beobachtet, wie Anna, die Hausmeistertochter, der er Nachhilfestunden gab, um aus ihr eine “feine Dame, wie in Pygmalion” zu machen und mit ihr in Oper ging, von ihrem Freund ermordet wird. Er steht dabei und holt nicht die Polizei oder den Rettungsdienst. So kommt der Kommissar zu ihm und sagt ihm, eine Nachbarin des Nebenhauses hätte ihn am Fenster gesehen. So resummiert er über seine Beziehung zu Anna und holt dann die Pistole, um, wen den Freund oder sich selbst zu töten?

In “Geschwisterliebe” trifft ein Musikwissenschaftler Susanne, seine Jugendliebe wieder. Er hat sich als Sechzehnjähriger in dieTochter aus reichen H<haus verliebt, die aber einen rollstuhlfahrenden Bruder hat, der sein bester Freund wurde. Die Eltern tuen alles um den Jungen zu fördern, Er will aber auf einer fremden U<u<u<uni studieren und Philip soll ihn begleitet. Der will Susanne nicht verlassen, die ihn aber nicht als Liebhaber will, so geht er nach Amerika. Jahrzehnte später wird er von Susanne, die verheiratet ist und zwei Kinder hat, ein fünftes gibt es auch noch, sagt der Mann spöttisch zu einem Vortrag über Fanny Mendelssohn eingeladen und erfährt, daß der Bruder, der alle “Arschloch” nennt, dement geworden, als fünftes Kind im Haushalt lebt und Susanne gesteht ihm, daß sie es war, die damals Eduard vom Berg hinuntergestoßen hat, weil sie auf ihn wütend war und jetzt lebenslang dafür büßt.

Ein wenig altmodisch und sehr konstruiert wirken die Geschichten, die von Ursula März besser, als die Romane empfunden werden. Mir sind sie vielleicht ein wenig zu dicht.

In “Amulett” wird eine Ärztin vom ehemaligen Au Pair Mädchen besucht, die hat ihr den Mann weggenommen. Jetzt hat er Krebs und will seine Ex-Frau sehen. Sie trifft sich nach längeren Zögern mit ihm und er übergibt ihr das Amulett, das ihr seine Mutter hinterlassen hat.

Noch einmal tragisch die Geschite der “Geliebten Tochter”, die heißt Mara und ist nicht das Kind von Bastian, denn der hat Theresa erst kennengelernt, als sie schon fünf war. Ist aber ein Vorzeigevater mit dem Mara über alles sprechen kann. So fragt sie ihn einmal, ob sie lesbisch ist, weil sie ein Verhältnis mit ihrer besten Freundin Sylvie hat. Dann gibt es aber einige Freunde. Mara wird Gebärdensprachenlehrerin, bevor sie zu Sylvie endgültig zurückkehrt. Jetzt wollen die beiden, die im weißen Kleid und weißen Anzug heiraten, ein Kind. Die künstliche Befruchtung hilft nicht. So fährt sie mit Bastian in ein Hhotel und kommt in der Nacht zu ihm. Er erkennt sie angeblich oder tatsächlich nicht, glaubt, sie wäre Theresa und ist danach nicht sicher, ob die drei Frauen, das miteinander ausgemacht haben, wälzt auch noch die Literatur, wo solche Geschichten erwähnt werden und wird dann ein Großvater, der sich in sein Schicksal ergibt.

“Der Sommer auf der Insel” nimmt das Motiv von Stefan Zweigs “Brennenden Geheimnis” auf. Ein Junge fährt mit seiner Mutter im Sommer auf eine Insel und entdeckt dort das Geheimnis, das sie mit einem Fremden hat und in “Daniel, my brother”, wird vom Selbstmord eines Bruders, der sich mit seiner Frau umgebracht hat, berichtet, was laut dem Interview mit Ursula März autobiografische Bezüge zum Autor hat.

In “Altersflecken” gehen einem nach dem siebzigsten Geburtstag alle Niederlagen, Peinlichkeiten, Enttäuschungen seines Lebens durch den Kopf. Der Psychiater nennt das Altersdepression und will was Auffhellendes verschreiben. Er spürt aber einer ehemaligen Geliebten auf und am”Jahrestag” geht ein auch schon älterer Herr, erfolgreicher Schriftsteller mit jüngerer Geliebten erfolgreicher Journalistin in ein Restaurant, um Champagner zu trinken und sie fordert ihm zum Tanzen auf, was bei ihm ein bißchen Widerwillen erregt.

Das ist auch etwas das man an dem wohlgeschliffenen Buch bemängeln könnte, daß alle Geschichten in der gehobenen intellektuellen Mittelschicht spielen. Die Protatgonisten, Ärzte, erfolgreiche Geschäftsleute, cetera sind, Campagner trinken und die Männer jüngere Geliebte haben und beinahe sorglos ihre Ehen brechen etcetera.

Ich weiß schon, das ist höchstwahscheinlich die Lebenswelt des Autors, der ja ohne Zweifel etwas Altmodisches in seiner Themenwahl und Sprache hat, obwohl er auch durchaus aktuelle Themen anschneidet, die aber dann in dieser Art und Weise behandelt und da würde es ihm wohl nicht wirklich liegen, mal einen jügeren Knaben um des Erfolgs oder auch um der Liebe willen mit seiner Chefin anbändeln lassen und die dann nicht zum Champagner sondern vielleicht zum Joint verführen.

Muldental

Jetzt kommt ein Erzählband der 1975 in Neu-Kaliß geborenen Daniela Krien, die in Leipzig Kultur- Kommunikations- und Medienwissenschaften studierte, seit 2010 freie Autorin ist  und mit der “Liebe im Ernstfall” auf Platz 1 der “Spiegel- Bestsellerliste” stand, ein Band der sich mit den Ost-Verlierern beschäftigt und, wie am Buchrücken steht “Von Menschen erzählt, deren Leben an einem Kontrapunkt der Geschichte ins Wanken gerieten”  und von “Orientierungslosigkeit und tiefer Verzweiflung, aber auch von Mut und Güte”, erzählt.

So geht es in der Titelgeschichte, um den Keramikladen des Hans Novaceks, der sich in einer ehemaligen Mühle befindet. Der hat, hoffentlich darf ich das jetzt schreiben, MS, sitzt im Rollstuhl und verhält sich gegenüber Frau und Sohn ein wenig seltsam. Allmählich kommt heraus, daß die Frau jahrelang Mitarbeiterin der Stasi war und mit dem Sohn in die Kirche eingetreten ist.

“Mimikry” beginnt mit einem maschingeschreibenen Brief voller Rechtschreibfehler, der sich an die “Ossis!”, wendet. Anne findet ihn an ihrem Auto und sinnt über ihr Leben nach. Sie ist im Herbst 1989 zur Ausbildung als Zahnarzthelferin zu einem Dr. Hauschild nach Franken gegangen. Wird dort von den Patienten, die sich nicht von ihr behandeltn lassen wollen, gemobbt und ärgert mit ihrem Freund Mattis, die Kunden in einem Supermarkt, in dem sie ihnen die Einkaufswägen entwendet und sie dann ohne zu bezahlen an der Kasse stehen läßt.

Ein Vorwort von der Autorin, wie sie zu ihren Geschichten gekommen ist, gibt es auch, so daß alles seinen realen Inhalt hat.

Das Buch, das von einigen Rezensenten als Roman in zehn oder elf Geschichten bezeichnet wird, ist  erstmals schon 2014 erschienen, wurde jetzt von “Diogenes” neu aufgelegt und, die Roman Idee kommt daher, daß in mehreren Geschichten die gleichen Orte und Personen vorkommen.

So kommen Mara und Betti in “Plan B” auch aus Muldental, waren in einer Clique mit dem Thomas Novacek von Geschichte eins. Es treffen sich die beiden alleinerziehenden Mütter am Arbeitsamt wieder und weil man dort keine Perspektive für sie hat, machen sie den Plan B und beschließen sich, von Günti, auch ein Mitglied der Clique, der jetzt Rechtsanwalt ist, unterstützt, zu prostituieren.

Juliane in “Versuchung” ist auch eine alleinerziehende Mutter, hat Kunstgeschichte studiert und putzt jetzt bei Wiebke, die das auch hat, dazu noch einen Mann der Professor ist und drei Töchter gibt es auch. In einer der Putzpausen findet sie Liebesbriefe in einer Kiste, nimmt sie mit, überlegt einen Erpressungsversuch, um sie dann doch wieder brav und bieder zurückzulegen.

“Sommertag” erzählt eine Alkoholikerkarriere, beziehungsweise, die Geschichte eines, dessen “Abstieg”, wie er sagt, “am 9. November 1989” beziehungsweise mit dem Mauerfall begann. Denn da begann sich die Familie einzurichten, Kredite aufzunehmen, Gartenzwerge zu besorgen und als die Rechnungen nicht mehr zu bezahlen waren, das Zittern der Finger des Tischlers nicht mehr zu verbergen war, holte er sich den Strick, um sich zu erhängern.

“Da hat er nicht gezögert!”, schreibt Daniela Krien, um dann von einem zu erzählen, der an seinem dreißigsten Geburtstag aus der Haftentzugsanstalt entlassen wird.

Dann geht es zu den Musikerkarrieren, beziehungsweise zu einem, der nach dem Mauerfall in seinen Wartburg steigt, um seine Schwester in der westdeutschen Psychiatrieanstalt zu besuchen, in der sie sich seit ihrem Fluchtversuch befand und dort mit Medikamenten zugeschüttet wurde.

Und “Freiheit” erzählt von einer katholisch sozialisierten Eva, die den lieben Gott allerdings hinter sich gelassen hat. Dann wird sie schwanger, weil ihr Paul sich nur ein Leben mit Kind vorstellen kann. das hat leider die Trisomie 21 und einen Herzfehler. Schangerschaftsabbruch also erlaubt, bis zur letzten Sekunde. Sie entscheidet sich dafür und wird es später wahrscheinlich noch einmal oder doch nicht mit ihrem Paul versuchen.

In “Aussicht” geht es um eine Tagesmutter, die Schwierigkeiten mit ihrer pubertierenden Tochter hat. Sie gibt ihr eine Ohrfeige, die Tochter erzählt das der Lehrerin, die alamiert die Polizei und das Jugendamt und die Tochter kommt zu ihrem Vater, während die Mutter die Tagesmuttergenehmigung verliert, sich aber vor Gericht rechtfertigen kann.

Einen “Zigarettensammler”, der an nicht Lungenkrebs, sondern an einer Hirnblutung stirbt, gibt es auch und am Schluß geht es wieder ins “Muldental”. Ins “Muldental” zwei oder doch nach Leipzig, wo Thomas, der Töpfersohn am Mittelaltermarkt steht, mit Maren von Geschichte drei zusammen ist, sie haben einen gemeinsamen Sohn und zu einer Begegnung mit Günti, der Anwalt und kein <zuhälter ist, kommt es auch.

“Es liegt an der Klarheit und der Schönheit der von Kriens Sprache, dass sie etwas geschaffen hat, in dem sich sehr viele Menschen wiederekennen”, hat Maren Keller von “Spiegel” auf den Buchrücken geschrieben.

Dem kann ich nur zustimmen und die DDR-Verlierergeschichten sehr empfehlen und wer noch mehr über die DDR lesen will, dem kann ich auch die beiden Belletristik-Bücher des letzen “Leipziger Buchpreises” ans Herz legen.

Rote Kreuze

Jetzt kommt der erste auf Deutsch erschienene Roman des 1984 in Minsk geborenen Sasha Filipenko, ein Buch das bei “Diogenes” erschienen ist und von dem ich schon glaubte, daß ich es nicht bekommen werde, weil es Corona bedingt nicht über die Grenze kam.

Zum Glück gibt es aber auch österreichische Auslieferer, so kam es doch zu mir und das Lesen war interessant, weil ich das Buch schon auf einigen Blogs entdeckt habe, dann aber vielleicht nicht wieder so etwas Neues und vielleicht auch nicht so ganz ungewöhnlich, wie die Nobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch auf dem Buchrücken schrieb “Sasha Filipenko ist einer der jungen Autoren, die sofort zu ernsthaften Schriftstellern wurden. Wenn Sie wissen wollen, was das moderne, junge Russland denkt, lesen Sie Filipenko.”

Oder vielleicht schon. Einer der beiden ineinander verknüpften Handlungsstränge ist das wahrscheinlich schon, das andere die Stalin Repressionen habe ich schon öfte rgelesen und vor kurzem auch besonders bei Eugen Ruge.

Da zieht ein junger Mann namens Sascha, also vielleicht so etwas wie ein Ich-Erzähler in eine Wohnung in Minsk. Er hat ein Kind, aber keine Frau, erscheint traumatisiert oder trauernd und die Maklerin, die die Wohnung vermittelt, erzählt ihm etwas von einer alten Nachbarin, mit der er bald in Kontakt kommt.

Die heißt Tatjana Alexejewa, ist über neunzig, hat “Alzheimer” und erzählt ihm ihr Leben. Sie wurde in London geboren, hatte einen sehr aufgeschlossenen Vater, der mit ihr und den Kindermädchen nach Moskau zog. Später war sie noch in der Schweiz, bis sie beim Außenministerium,  als Übersetzerin tätig wurde.

Geheiratet hat sie auch und es gab eine Tochter. Dann kam der Krieg, ihr Mann geriet in rumänische Kriegsgefangenschaft und auf einer der Listen, die sie übersetzten sollte, stand sein Name, was sie in Gewissenskonfklikt brachte. Denn der Staat ging mit den Kriegsgefangenen nicht sehr gut um.

So ersetzte sie seinen Namen, das heißt, sie strich ihn von der Liste und schrieb dafür den folgenden zweimal hin. Das verstärkte die Gewissensbisse, obwohl einige Zeit nichts geschah. Dann wurde sie verhaftet, verhört und mehrmals vergewaltigt, bis sie für zehn Jahre in ein Lager kam. Die Topchter kam in ein Kinderheim, wo sie kurz darauf starb. Ihr Mann wurde erschoßen und diese Geschichte erzählt sie nach und nach dem jungen Mann und sie fragt ihn auch nach seiner Frau oder Freundin und auch warum er nach Minsk gezogen ist?

Der Grund war, bei der Frau wurde kurz nachdem sie schwager wurde, Krebs diagnostiziert, sie hatte nur noch  wenig Zeit zu leben, wollte das Kind aber nicht abtreiben. So starb sie, als sie im fünften Monat war, das Kind wurde aber ausgetragen und der Vater flüchtet mit ihm aus der Stadt.

Diese zwei Handlungsstränge sind ineinander verwoben. Ein wenig zu aufgesetzt könnte dann noch erscheinen, daß er in der Nachbarin, die unter ihm wohnt, eine neue Freundin findet, das passiert vielleicht zu schnell.

Ene Friedhofsbesetzung, wo die alte Dame, die schließlich stirbt, gemeinsam mit ihrem jungen Freund verhaftet wird, gibt es auch und sie hat ein Jahr vor ihrem Tod auch noch den Mann aufgesucht, dessen Namen sie zweimal auf die Liste geschrieben hat.

Dem ist nichts passiert, denn er hat sich mit der Sowetmacht arrangieren können, was vielleicht eine besondere Perfidie des Schicksals ist.

Soweit so gut. Ungewöhnlich oder interessant könnten vielleicht noch die Gedichte erscheinen, die gemeinsam mit Vernehmungsprotokollen in dem Buch zu finden sind. Eines davon ist von der 1981 verstorbenen Kinderbuchautorin Agnija Barto und vielleicht besonders beeindruckend, weil man es als Methapher zu Tatjana Alexejewas Schicksal verstehen könnte.

“Und ein Haus das uns gehört,

schieben wir vom falschen Ort,

wo es irgedwie uns stört,

mit vereinten Kräften fort!”

Übersetzt wurde der Roman aus dem Russischen von Ruth Altenhofer.

 

Die Kakerlake

jetzt kommt ein kleines dünnes Büchlein, das im November bei “Diogenes” erschienen ist und auf das ich durch die Sendung “Leporello” oder das “Morgenjournal” aufmerksam wurde.

Der 1948 geborene britische Autor Ian McEwan, von dem ich einige Bücher in meinen Regalen, aber noch nichts gelesen habe, hat eine Satire auf den Brexit und das englische Parlamentsgeschehen geschrieben und  dabei Anleihein von Franz Kafkas “Verwandlung” genommen, beziehungsweise sich vor dem großen Autor verbeugt.

Wui, das klingt interessant, das Büchlein also bestellt und ich muß sagen, daß ich mich der Meinung mancher “Amazon-Leser” anschließe, daß hier schnell nach der Idee von der “Verwandlung” eine Satire hinuntergeschrieben wurde, die wahrscheinlich mehr die Briten überzeugt, wahrscheinlich nicht zur großen Literatur gereiht werden wird, was vermutlich auch nicht geplant war und, ob es Franz Kafka gefallen würde, ist wahrscheinlich eine Frage, die nur er beantworten könnte.

Also da wacht eines Morgens in der Downigstreet eine Kakerlake im Bett des Premierministers Jim Sams auf und stellt fest, er hat sich in diesen verwandelt. Nicht nur das, denn, als er dann in das Parlament hinüber wankt, mit dem Sprechen und dem aufrecht Gehen tut er sich noch anfangs schwer , stellt er fest, daß die meisten der Minister ebenfall seine Artgenossen sind oder waren und nun geht es im zweiten Kapitel des vier Kapitel starken hundertdreißig Seiten Buchs, zu der Idee vom “Reversalismus”, das Wort Brexit wird an keiner einzigen Stelle, höchstens in einem aufgehefteten Schildchen am Cover erwähnt und der amerikanische Präsident heißt Archi Tupper statt Donald Trump und Premier Sams stellt ihm oder sich die Frage, ob er vielleicht auch eine ehemalige Kakerliake war?

Diese Frage wird nicht beantwortet, dafür ein neues System eingeführt, also, daß man für die Arbeit Geld abgezogen bekommt, dafür aber umsonst einkaufen kann, Bargeldbesitz wird bestraft und alle wollen einen höher bewerteten Job bekommen um mehr Geld ausgeben zu können.

Das wird dann als des Volkeswille ausgegeben, für die der Premier sich einsetzt. Widersacher werden beseitigt und am Schluß, als das Gesetz eingeführt wurde und die Ersten merken, daß es offenbar doch nicht so, wie angepriesen funktioniert, sondern in den Abgrund führen wird, ziehen die Minister und ihr Premier wieder aus den Körpern hinaus, die lassen sie auf den Sitzen liegen.

Durch, die einen Spalt offengelassene Tür ziehen sie auf die Straße, nur leider wird der Premier dabei von einem Auto überfahren. Seine Artgenossen tragen ihn auf den sechs Füßen, die er nun wieder hat, weg und die Rache der Kakaerlake, an der sie unterdrückenden Menschheit ist vollzogen.

So einfach, aus. In England wird der Austritt aus dem Brexit und das politische Geschehen sich wohl ein wenig schwieriger gestalten. Man liest es aber sicher schnell und amüsiert dieses kleine Buch, das einen wahrscheinlich Kafka, um keinen Deut näherbringt, aber vielleicht hat man von der Politik etwas etwas besser verstanden und das wäre ja auch nicht schlecht.

“In einer solchen Zeit fragt sich ein Schriftsteller, was er machen kann. Darauf gibt es nur eine Antwort: schreiben” Ian McEwan”, steht am Buchrücken