Literaturfluchten

Bei den “Wiener Vorlesungen”, diesen seit über zwanzig Jahren im Rathaus stattgefindenden Gespräche über beinahe jede Art von geistigen Thema, die von Prof. Hubert Christian Ehalt initiert werden und zu denen ich manchmal gehe, gibt es jetzt auch eine “Wendelin Schmidt- Dengler Vorlesung”, die mit dem Verein “Neugermanistik Wien”, dessen Vizepräsidentin Aleandra Millner ist, veranstaltet wird, die den Vortrag des italienischen Germanistikprofessors Luigi Reitani, der über Hölderlin forschte “Flucht in der Literatur – Flucht in die Literatur” auch moderierte.

In Zeiten, wie diesen ein interessantes Thema und “Wendelin Schmidt Dengler Vorlesungen” hat es, glaube ich, auch schon in der “Gesellschaft für Literatur” gegeben und interessant für mich war auch, daß der Stadtsenatsitzungssaal mit den Wiener Bürgermeisterbildern ziemlich leer war, als ich in erreichte.

Ich war schon öfter im großen Festsaal und da habe ich dann kaum einen Platz bekommen, aber jetzt fand ich einen locker in der zweiten Reihe und habe hier Christel Fallenstein und ihren Mann zum ersten Mal seit ihren Schlaganfall, den sie im Sommer hatte, wiedergetroffen. Es war auch Wolfram Huber da, Frau Schmidt-Dengler, Herbert J. Wimmer und andere Interessierte.

Professor Ehalt leitete ein und erwähnte dabe,i daß Wendelin Schmidt Dengler der ständige fellowship, wie er ihn nannte, in über dreißig Vorlesung referiert oder mitdiskutiert hat. Alexandra Millner stellte dann den Professor vor, der derzeit das italienische Kulturinstitut in Berlin leitet und der begann mit Dante und Vergil seine Ausführungen.

Daß man eine literarische Vorlesung zum Thema Flucht der “Odyssee” widmen kann, hattte ich schon im Gespräch mit Matrthias Fallenstein festgestellt, aber Professor Reitani zeigte auf, daß die ganze Menschengeschichte beginnend mit Adam und Eva und der Heiligen Familie, auf der Flucht vor Vertreibung war.

Man kann aber auch aus dem Leben in die Literatur fliehen, das hat Hölderin dann getan, dem ein großer Teil des Vortrags gewidmet war und manche Flüchtlingsgruppen haben sich am Abend hingesetzt und weil sie von der Flucht nichts mehr wissen wollen, sich der Literatur gewidmet und sich Geschichten vorlesen lassen oder die erfunden.

Das ist übrigens eine Idee für meine “Greif- und Wurfgeschichten”, denn die Frage tauchte in der Diskussion natürlich auf, ob man in Zeiten, wie diesen sich überhaupt mit Kunst und Kultur beschäftigen, ( beziehungsweise auf Weltreise) gehen kann?

Der Professor sagte ja und erzählte von Diskussionen in den Berliner Theatern, die derzeit darüber reden, ob man in Zeiten, wie diesen Schiller oder Goethe oder vielleicht nur Stücke über Flüchtlinge spielen darf und soll und vorher ist er noch die Geschichte  hinaufgegangen. 1927 hat Joseph Roth “Flucht ohne Ende” geschrieben, die er sehr ausführlich referierte. Er zitierte auch die “Todesfuge”, die dann eine Dame nicht im Zusammenhang mit dem Thema Flucht sehen wollte. Aber auch im ersten Weltkrieg gab es Flüchtlingsströme, im zweiten ebenfalls und Vertreibungen und jetzt schwappt die Flüchtlingswelle über das Mittelmeer zu uns her, bringt uns durcheinander und die Politiker dazu von Obergrenzen und geschlossennen Flüchtlingswegen zu diskutieren.

Hier endeten die Ausführungen von Professor Reitani, während ich da ja noch das LL-Buch von Jenny Erpenbeck  anführen kann oder meine Flüchtlingstrilogie, von der der zweite Teil wahrscheinlich nächste Woche kommen kann.

Im Internet gibt es Initiativen wie “Blogger für Flüchtlinge”, mit verschiedenen Anthologien, Literaturzeitschriften widmen sich diesen Thema, es gibt “Preise für Exilliteratur” und und ich fand es äußerst spannend, das Thema von ganz unten von Vergil, Dante und der Odyssee her zu diskutieren, denn das ganze Leben ist Flucht und natürlich kann man sich auch in die innere Emigration begeben, in die Literatur flüchten und, daß die das zu einem Teil auch ist, habe ich mir schon gedacht.

Eine sehr schöne “Wendelin Schmid Dengler Vorlesung” mit einem sehr wichtigen, allumfassenden Thema. Alexandra Millner hat noch Albert Drach angefügt und der Professor darüber referiert, daß man manchmal nicht oder nur mit sehr viel Distanz über seine Flucht sprechen kann.

Auch das ist psychologisch sehr verständlich und das Thema Flucht macht, wie man derzeit überall sehen und hören kann, auch sehr viel Angst und da kann es vielleicht durchaus hilfreich sein, die mit Literatur zu bewältigen, wobei es wahrscheinlich ganz egal ist, ob man das nun mit Jenny erpenbeck, Feridun Zaimoglu oder Dante und Vergil, etcetera tun, das ist wahrscheinlich Geschmack- und Bildungssache und weil der Professor Joseph Roth schon so intensiv  erwähnte, meine Fatma Challaki hat in der deutschen Schule in Damaskus mit ihrem österreichischen Deutschlehrer  den “Radetzkymarsch” gelesen und das dann  in der Wiener Nationalbibliothek wiederholt, wo sie Professor Eberhard kennenlernte und die Kreise schließen sich.

Und ich werde meine Anna Augusta Augenstern vielleicht ihrem Psychiater “Fluchtgeschichten” erzählen lassen, die meine “Berührungen” eventuell in neuen Schwung bringen, während Luigi Reitani noch erwähnte, daß es angesichts der derzeitigen Umstände wichtig ist, sich mit  Klassikern zu beschäftigen.

Wendelin Schmidt Dengler wäre aber wahrscheinlich ebenfalls mehr in der Gegenwartsliteratur verblieben.

Cornelia Travniceks Lyrik zum Frauentag

Damit sind nicht nur Frauengedichte gemeint, denn es ist der achte März und im März hat die “Gesellschaft für Literatur” immer einen Lyrikschwerpunkt, den Hans Weigel einmal einführte, um die Lyrik sichtbarer zu machen und so gibt es in diesem Monat immer einige diesbezügliche Veranstaltungen.

Die GAV hat eine Großveranstaltung, die meistens versäume, weil ich um diese Zeit nach Leipzig fahre und eigene Lyrikreihen gibt es inzwischen auch, alte und auch neue und einige ranken sich um den Literaturkreis “Podium”, der ja auch immer einen Fyler mit Gedichten zu diesem Anlaß herausgibt und auch die Reihe “Podium Portrait” hat, bei deren Jahresproduktion ich  letzte Woche war und die Reihe “Lyrik in Österreich” hat es im “Grasl Verlag” auch lange gegeben.

Bis 2004 hat Hannes Vyoral heute glaube ich, erwähnt, von der ich  einige Bändchen habe, dann ist sie eingeschlafen und ist durch die Reihe “Neue Lyrik aus Österreich”, herausgegeben von Sylvia Treudl, Hannes Vyoral und Nils Jensen wieder aufgeweckt worden.

Da werden pro Jahr vier Gedichtbände herausgegeben, die man einzeln und auch im Abonnement beziehen kann. Bei der Präsentation der Bände von 2014 war ich glaube ich in der “Alten Schmiede” und heute wurden in der “Gesellschaft für Literatur”, anläßlich des Lyrikschwerpuunktes, wie Ursula Ebel in ihrer Einleitung erwähnte,  zwei Bände von 2015 und zwei von 2016 vorgestellt.

Sylvia Treudl hätte das einleiten sollen und hat das schon in den vergangenen Jahren so gemacht, war aber krank, so hat das Hannes Vyoral für sie übernommen und als ich  in der “Gesellschaft” saß und mir das Programm anschaute, habe ich gedacht, ich hätte mir die Veranstaltung eigentlich sparen können oder habe nun ein Deja vu, denn einiges kenne ich daraus schon.

Dabei lese ich ja gar nicht so viel Lyrik, schreibe keine und bin auch nicht so oft auf diesbezügliche Veranstaltungen oder doch vielleicht, denn ich war ja vorige Woche bei den “Podium Portraits” und da hat Christoph Janacs sein Jahresbändchen vorgestellt und der Band 13, der neuen Lyrik Reihe, “Kains Mal” ist ist ihm auch gewidmet und Gregor M. Lepka, dem der Band 12 “Die Sicht auf die Dinge” gewidmet ist, habe ich aus seinen Bildbetrachtungen für die Eröffnung eines Museum bei Thalheim bei Wels vor kurzem in der “Alten Schmiede” auch gehört.

Aber Gedichte kann und soll man ja öfter hören, um sie ganz zu erfassen, so liest Rainer Kunze seine Gedichte oft zweimal und fordert das Publikum auch auf, das von ihm bei Bedarf zu verlangen und dann gab es auch Neues nämlich, den Band von Cornelia Travnicek “mindestens einen der weißen wale” und das ist eines der wenigen Travnicek Bücher, die ich nicht  zu Hause habe und Gerhard Jaschkes Band war auch neu für mich, denn er ist auch in diesem Jahr erschienen und hat auch gleich das “Firebord 3” mitgebracht, das “Hundert Jahre Dada” gewidmet ist und das “Feribord” 19, während das Nummer 16, das ich ja in der “Alte Schmiede” gesucht habe noch immer nicht erschienen ist.

Bekannte im Publikum und einige Begrüßungen, Lukas Cejpek, den ich auch am Sonntag bei Ruths Frauentagveranstaltung gesehen habe und dem Alfreds Fotos sehr gefallen haben, Monika Vasik, die ich vorige Woche bei den Podiums Portraits höre, Christl Greller, Stefan Eibl-Erzberg, Katharina Riese, Waltraud Seidelhofer und und…

Cornelia Travniceks Lyrik, die bezüglich des Frauentags, als erste gelesen hat, war auch sehr interessant und poetisch, kenne ich sie ja eher von ihrer Prosa und ihren Social Media Aktivitäten. Aber sie hat ein Gedicht Ingeborg Bachmann gewidmet, eines Volker Braun nachempfunden und in dem Bädchen ist ihre Lyrik von zehn Jahren enthalten, weil sie nicht so viele Gedichte schreibt.

Den meistens wird sie ja auch mit ihren Romanen “Chucks” und “Junge Hunde”, die ich erst lesen muß, ein Begriff sein, woran man wieder sieht, daß die Lyrik hinter den Romanen verschwindet.

Dann kam Gregor M. Lepka an die Reihe und las wieder seine Bildbetrachtungen vor, aber Chrstoph Janacs Lyrik war neu auf mich, handelte sie doch von Gott und der Welt und die Irrungen und Wirrungen, die es darum gibt. Das war höchst beeindruckend,  klar, hat er doch einmal Theologe studiert, sich davon aber, wie er einleitend erwähnte, weit entfernt.

“Mensch und Gott wir müssen einander fürchten: wir sind einander so ähnlich” lautet so ein Probegedicht, das auch im Verlagsfolger enthalten ist.

Dann kam Gerhard Jaschke mit “bis auf weiteres”, der wieder einen anderen Stil und Ton in die Reihe brachte. Lakonisch einfach, eindringlich und gerade deshalb zum Aufhorchen, schmunzeln und merken, wie auch das abgedruckte Gedicht beweist “Arme Sau bist du auf den Hund gekommen, ist alles für die Katz, Schwein gehabt falls dem nicht so ist. Du lieber Schwan!”

Am sechzehnten geht es weiter mit der von der GAV veranstalteten “Lyrik im März”, wie Gerhard Jaschke einlud.

Da sind wir wieder in Leipzig und Petra Ganglbauer wird da vielleicht ihren neuen bei “Keiper” erschienenen Band präsentieren, auf dem ich schon warte, habe aber demnächste Anna Achmatovas “Poem ohne Held” gelesen und Eugen Roth “Gute Reise” wartet auf meiner Leseliste auch auf mich und das könnte ich fast nach Leipzig mitnehmen, weil es  zum Thema passt und was den Frauentag betrifft, 3 zu 1 ist ja nicht ein so guter Schnitt und dabei schreiben höchstwahrscheinlich  mehr Frauen, als Mäner Gedichte.

Aber El Awadalla veranstaltete im “Tschocherl”, glaube ich, einen extra Dialekt Poetry Slam und ist auch auf zwei Videos bezüglich ihrer Bundesprädsidentenkanditatur zu sehen, was vielleicht nicht ganz zum Tag der Lyrik passt, dafür aber zum Frauentag und unterschreiben kann man für sie auch noch, wenn man will und Österreicher ist.

 

Als Präsidentin auf den Opernball

“Heute ist Opernball!”, dachte El Awadalla und betrat ihr Badezimmer.

Ihr erster als Bundespräsidentin, während sie vor der Oper auf den diesbezüglichen Demonstrationen und am Heldenplatz auf denen, gegen den der Akademiker, regelmäßig teilgenommen hatte, aber seit sie vor einem Jahr als unabhängige Kanditatin  angetreten war und  mit den Stimmen aller Feministen, Linken und sonstiger kritischer Menschen überraschenderweise gewonnen hatte, vielleicht hatten sich auch einige durch ihren ersten Platz am Stimmzettel irritieren lassen oder die betrunkenen Auszähler hatten sich schlicht verzählt, würde es hineingehen und sie freute sich auch schon, obwohl sie gar nicht so sicher beim Links- oder Rechtswalzer war.

Beim Linken war sie natürlich besser und alles läßt sich lernen und außerdem war das Tanzen angesichts, der nach, wie vor existierenden Flüchtlingsproblematik und der höchsten Arbeitslosigkeit im Land, gar nicht so wichtig und sie würde, auch hier, eine  unkonventionelle Präsidentin sein, wie sie es im Wahlkampf versprochen hatte.

Hinein in das Ballvergnügen, das lila Abendkleid, das aus einem Secondhandshop stammte, würde sie doch auch sehr sparsam sein, hatte sie schon angezogen, dazu trug sie bequeme Schuhe, sie sollte vom vielen Stehen keine Hühneraugen bekommen und die runde weiße Brille, die sie sich extra für den Wahlkampf besorgt hatte, hatte sie auch aufgesetzt.

Jetzt mußte sie nur noch, die rotweißrote Staatsschärpe überstülpen, um einen würdigen Eindruck zu machen und dann ging es los und weil sie im Wahlkampf und  bei ihrer Antrittsrede versichert hatte, daß sie eine  umweltbewußte Präsidentin werden wolle, würde sie mit dem Fahrrad zur Oper radeln.

Mit dem langen Kleid würde das zwar vielleicht ein bißchen mühsam werden, aber sie hatte schon andere Hürden genommen, dachte sie voll Zuversicht, fuhr sich mit dem Kamm über ihre kurgeschnittenen Haare und lächelte sich selber an.

“El Awadalla for president!”, hatte es vor einem Jahr geheißen.

Wer hätte das gedacht, daß Österreich 2016  so kritisch war und statt der  konservativen alten Herrn und einer Dame, die außer ihr angetreten waren, eine kritische linke Frau zur Präsidentin wollten?

Niemand wahrscheinlich, in einem Land, wo sich lebenslustige Baumeister und pensionierte Richterinnen neben ihr beworben hatten und einige der Kanditaten sehr freiheitlich dachten.

Natürlich niemand und es war doch geschehen. So radelte sie mit dem hochgeschnallten Abendkleid auf die Oper zu. Sprang vom Rad, um es einem salutierenden Polizisten zu übergeben, den sie noch von ihrer Zeit als Demonstrantin kannte und solche waren auch schon angetreten, weil es noch viel zu erkämpfen gab.

Die Flüchtlinge kamen weiter, das Grundeinkommen war noch nicht erreicht und Arbeitslose gab es ebenfalls in rauhen Massen, nur, daß sie nichts gegen die Demonstranten hatte, sondern ihnen zuwinkte, war der Unterschied und das mußte sie auch bei den Luxuslimonsinen tut, die auf den Eingang zurollten.

So sprang sie  zur Seite, rief “Griaß euch, ich bins, die Präsidentin und wünsche einen schönen Abend!”, denn sie war und blieb Dialektautorin. Hatte die Stiege erkommen und schritt auf die Staatsloge zu.

Links und rechts von dieser hatten einige ihrer ehemaligen Mitbewerber Platz genommen. So lächelte sie staatstragend, den Herren Khol und Hundstorfer zu, die in ihrem schwarzen Smokings versuchten, sich nicht über sie zu ärgern und sie sicher nicht leiden konnten, wie das auch Baumeister Lugner tat, der mit seinen weiblichen Begleiterinnen, gerade die Stiege erklomm und sie schief anlächelte.

“Grüß Sie, Frau Präsidentin, sind Sie auch gekommen?”, fragte er säuerlich. Sie nickte und  gab ihm die Hand.

Begrüßte auch die Staatsoberhäupter, die etwas pikiert auf ihr lila Abendkleid, den roten und den blauen Schuh, ihrem Markenzeichen, in denen sie zu Zeiten von schwarz-blau am Ballhausplatz gewesen war, um mit roter Farbe gegen blau anzutreten, blickten.

“Alles Walzer!”, rief unten gerade der Zeremonienmeister und das Jungdamen- und Jungherrenkommitee war mit der Eröffnungspolonaise eingezogen. Die Kellner servierten Sacherwürstel mit Senf und Kren und die Sektkorken knallten, wie ehedem.

Alles war wie immer, trotz ihres roten und des blauen Schuhs, dem lila Abendkleid aus dem Secondhandladen und der runden weißen Brille, ihrem zweiten Markenzeichen, als selbstbewußte linke Frau.

Sie trat an die Empore, hob die Hand und dachte an das bedingungslose Grundeinkommen, das sie Österreich versprochen hatte. Dachte an die immer noch sehr hohe Zahl der Arbeitslosen, die auch ihr Mitbewerber, Rudolf Hundstorfer, der einmal Sozialminister gewesen war, nicht verhindern hatte können, wie sie das beim Opernball nicht zusammenbrachte und mit dem lila Abendkleid, dem roten und blauen Schuh,  die Festgäste begrüßen und vielleicht auch mit Herrn Khol, Herrn Hundstorfer, Präsidentengatten Clinton und anderen Staatsoberhäuptern tanzen würde müßen.

Mit Herrn Mörtel-Lugner wahrscheinlich nicht, denn der würde sie nicht auffordern, war sie ihm mit ihren fast einundsechzig Jahren sicherlich zu alt, während die Stars und Bunnies an seiner Seite, ständig jünger wurden und die Abendkleider, die sie trugen, immer teurer.

“Da wäre ich mit Sicherheit ein besserer Präsident geworden!”, sagte er sicher gerade bedauernd zu seinem Hasi, Spatzi oder Mausi, nahm den Zylinder von seinem Kopf und ließ sich ein Glas Champagner servieren.

“Die Geschäfte gehen aber weiter, Schatzi, auch wenn wir jetzt eine linke Präsidentin haben und auch unser Opernball!”

“Hip, hop, Opernball!”,  hieß es  in einem ihrer Dialektgedichte. Richard Heuberger hatte in seiner gleichnamigen Operette ins “Chambre Separee!”, gebeten und Josef Haslinger  einen  Roman darüber geschrieben, daß sich Terroristen des Balls der Bälle bemächtigt hatten.

Das war Fiktion gewesen, aber sie war heute hier mit ihrer weißen Brille,  dem roten und dem blauen Schuh, sowie dem lila Abendkleid aus dem Secondhandgeschäft über das die rotweiße Staatsschärpe genauso, wie über einen Frack, passte.

Und das war gut, war wunderbar und sehr viel besser, als wenn statt ihrer vielleicht der blaue Kanditat gewonnen hätte oder die Wahl wegen Fehler beziehungsweise Pickprobleme gar nicht stattfinden hätte können.

 

Wenig bis nichts

In dieser wunderbaren literarischen Woche ist es noch einmal ins Literaturhaus gegangen, diesmal zu einer “GAV-Veranstaltung” wo sich die experimentelle Szene oder zumindest ein Teil davon präsentierte und im Gegenteil zum Mittwoch, wo es voll war mit Wolfgang Popps Freunden und Bekannten, war es eher leer.

Es war auch ziemlich finster, als ich ins Literaturhaus kam und die Bühne war von zwei vorgehängte Papierstreifen zum Teil verhüllt.

elffriede.aufzeichnungssysteme, wie sie sich jetzt nennt, scheint die Veranstaltung organisiert zu haben und den Teilnehmern Harald Gsaller, Sabine Maier, Dieter Sperl, Birgit Schwaner und Oliver Schulz, das Motto und ein paar Textbaussteine vorgegeben zu haben und dann machte jeder seinen Text,  performierte und wußte, wie mir Birgit Schwaner sagte, vorher selber nicht genau, was kommt.

Sabine Maier und elffriede nahmen an den beiden Seiten der Bühne Platz, Barbara Zwiefelhofer eröffnete und las einen Eröffnungstext. Ein solcher ist auch im Literaturhausprogrsamm zu finden, wo die Veranstaltung mit “Textpräsentationen” angekündigt ist.

“was geschieht wenn ein teil vom ganzen verschwindet? was bedeutet dies für andere teile, die noch da sind? geht es um das große ganze oder um kleine ein(zel)heiten und welten oder um das einenicht ohne das andere? es geht im großen und ganzen um verschwindend geringes, beiläufiges, scheinbar nichtiges, zu wort kommen könnte eine hochkonzentrierte wahrnehmung, die intensive eindrücke “schwach” verarbeitet und ungeordnet, gebrochen, vielleicht roh und sperrig, dann wieder flüssig widergibt, als etwas, das übrig bleibt und sich, ohne den zusammenhang, den sie verloren oder einfach über den haufen geworfen hat, dennoch behauptet als eigenständiges, die rezeption als konstruktiven teil einschliessendes: kleinste einheiten (kleinstheiten), die form annehmen und verlieren, unspektakuläre spektakel, fast beiläufig, nahezu nichtig, begonnen, abgebrochenes…es geht  um die identität der texte und bilder. umso mehr, wenn deren referenz verschwindet, schon zu lebzeiten”

Was verstanden? Ich auch nicht viel, umsomehr da die Lesenden ohne sich vorzustellen auftraten oder ihre Texte auf den Papiervorhängen präsentierten.

Ein paar von ihnen habe ich gekannt, Dieter Sperl zum Beispiel, der auch die Zeitschrift “flugschrift” herausgibt und zwei Nummern, eine von elffriede und eine von Harald Gsaller lag auch zur freien Entnahme auf oder “Als Geschenk für Sie!”, wie Barbara Zwiefelhofer anschließend erläuterte.

Der kam nach den ersten Textprojektionen, die, wenn ich es inzwischen richtig verstanden habe, von Sabine Maier waren, die mir immer noch ziemlich unbekannt ist.

Von Dieter Sperl habe ich übrigens heute nachmittag ganz zufällig im Schrank ein kleines rotes, mit Widmungen sehr beschriebenes Heftchen gefunden, das er gemeinsam mit dem im letzten Jahr verstorbenen Helmut Schranz, 1992 herausgegeben hat “Damals vor Wort”.

Jetzt hat er wieder viele schöne aber eher zusammenhanglose Sätze, von denen die am falschen Ort sind, von seinen Verwandten, etcetera, etcetera, gelesen, es war auch Sound dabei.

Dann kam die 1960 in Frankenberg geborene Birgit Schwaner, die ich vom Lesetheater kenne und die einmal den “Siemens-Preis” gewonnen hat und die auch “Radio-Kunst” macht.

Sie las, glaube ich, Traumseqenzen von Fischen und von Schmetterlingen, H. C. Artmann kam auch vor, einmal als Schulmeister an der Tafel, einmal in einem Gefängnis, wieder eher zusammenhanglose schöne Sätze, dazwischen immer wieder Projektionen und elffriede las von einer Literaturstipendiatin und deren Erlebnisse mit dem Schreiben und anderen Dingen.

Der ebenfalls 1960 geborene Harald Gsaller war mir eher als Name ein Begriff, es kann auch sein, daß ich einmal etwas von ihm gefunden aber noch nicht gelesen, weil zu experimentell, habe und er führte auch eher in esoterische Welten und machte auch eher fernöstliche Turnübungen, projezierte dabei aber auch wieder schöne Landschaftsbilder und las aus einem englischen Buch.

Daß der mir ebenfalls unbekannte Oliver Schultz mit Demenzkranken arbeitet, hat Barbara Zwiefelhofer in ihrer Einleitung erwähnt und er las offenbar Texte, die aus Gespräche mit ihnen entstanden sind und die sich auf den Tod und auf Opfer bezogen. Der Krieg kam auch immer vor und am Schluß tauchte dann auf der einen Vorhanghälfte das Wort Ende auf, während elffriede auf der ihren Beginn hinschrieb.

Sehr interessant und sehr experimentell,  ein Teil der österreichischen Literatur und gut zu den anderen Teilen passend, die ich mir diese Woche gegeben habe, die Unterschiede machen es deutlich, denke ich und man könnte wieder fragen, was geschieht, was bleibt, was nimmt man sich mit und was man davon verstanden oder nicht?

Hahnrei Wolf Käfer und Marius Gabriel vom Lesetheater sind auch gekommen und eine Frau mit einem kleinen Hund war da, was vielleicht auch dazu passt oder nicht und wem das alles zu abstrakt ist, der kann sich auch noch unter www.elffriede.net informieren.

Und etwas anderes von einer anderen Elfriede, was ebenfalls sehr interessant ist, kann ich noch vermelden, nämlich von El Awadalla, der Dialektautorin, die ich einmal im “Arbeitskreis schreibender Frauen” kennenlernte, die 2000 die Widerstandslesungen organisierte und die 2005 glaube ich die “Millionenshow” gewonnen hat, die ist nämlich eine sehr interessante und originelle Frau, will sie doch neben Andreas Khol, Alexander van der Bellen, Norbert Hofer, Irmgard Griss und Rudolf Hundstorfer für das Amt der Bundespräsidentin kanditieren.

Demo für Menschlichkeit und Büchersegen

Die Flüchtlingsproblematik und die Zustände in Traiskirchen haben uns heuer durch diesen heißen Sommer begleitet, beziehungsweise das Gerangel zwischen dem Innenministerium und den Bundesländern, die ihre Quote erfüllen sollten, sich aber mit Händen und Füßen und was noch ärgerlich daran war, mit schönen gutgeschulten Worten, dagegen weigerten.

“Ja, aber-!” und die Bürgermeister wehrten sich, wenn ihnen ein Quartier aufgezwungen werden sollte, sprachen von mangelnden Baugenehmigungen etcetera und fürchteten um die Wählerstimmen, während in Traiskirchen die Leute auf den Boden schliefen, in Ungarn Grenzzäune errichtet werden, worüber dann die Verzweifelten zu klettern versuchen und ihre Babies durchreichen, vorige Woche in einem Lastauto auf der Autobahn Tote entdeckt wurden, es jetzt wieder Grenzkontrollen an der ungarischen Grenze gibt, etcetera, etcetera.

Währenddessen habe ich in den ersten drei Juliwochen meinen Sommerroman geschrieben, wo eine Fatma Challaki aus Damaskus über Lampedudsa nach Traiskirchen kommt und dort eigentlich nicht viel Fürchterlicheres erlebt, als daß sie in einem Zelt mit fremden Frauen schlafen muß, Schweinefleisch serviert bekommt und ihr die jungen afrikanischen Männer ein bißchen zu nahe zu kommen versuchen.

“Hey Girl!”, aber die Fatma ist eine strenge Muslama und kommt auch schon ein bißchen in “Selmas Kopftuch” vor, da wird sie dann als Mustermigrantin ausgewählt und wird mit dem Integrationsminister Bastian, dem jungen Mann mit der gegelten Haarlocke, wie ihn die Yasmin flapsig nennt, fotografiert.

So weit die Phantasie beziehungsweise mein wenig abgehobenes realistisch psychologisches Schreiben.

Allerdings hat mich die Wirklichkeit in diesem Sommer eingeholt und wenn ich an den Montagen mit dem Alfred vom Rathausplatz zurückgegangen bin, hat man an manchen Auslagen Flugblätter mit der Inschrift “Schämen sie sich sich!”, gesehen und das habe ich mir auch manchmal gedacht, wenn ich die Politiker in den Nachrichten den heißen Ball oder die heißen Kartoffel hin- und herschieben gehört habe, während im Mittelmeer schon wieder Boote untergegangen sind.

Da muß man sich als Österreicherin, als Europäerin wriklich schämen und zum Glück war ich nicht allein damit, obwohl die FPÖ ja auch Grenzzäune und Stacheldrähte fordert und ich bei der Wandergruppe vorige Woche auch die Empörung über die Flüchtlinge hören konnte, daß dann die im Fernsehen sagen, daß sie mit den Zusänden nicht zufrieden sind.

Und die Gratiszeitung “Heute” oder war es “Österreich” hat einmal ein junges blondes Mädchen, eine Bewohnerin von Traiskirchen gezeigt, das sich beschwerte, daß die Asylwerber “Hallo Süße!” zu ihr sagen und lachen.

Das war in der Zeit, wo ich beschrieben habe, daß die jungen Afrikaner “Hey pretty girl!”, zu  Fatma sagen und sie ihr Kopftuch dann verlegen noch ein bißchen tiefer in die Stirn hinscheinschiebt.

Ich habe mir auch einige Videos angeschaut, wo Leute, Decken, Zelte, Kosmetikartikel, etcetera nach Traiskirchen bringen wollten, was  dort nicht angenommen wurde und Berichte gehört, daß die “Ärzte ohne Grenzen”, “Amnesty” und einige Psychiater, die den Traumatisierten helfen wollten, nicht hineindurften.

Gegendemonstrationen hat es gegegeben und die Politiker haben immer noch schöngefärbt den Ball hin und hergeschoben, aber nicht nur in Österreich, in der ganzen EU und in Deutschland dürfen Asylunterkünfte von der Begida angezündet worden sein, so daß es derzeit eine große Bloggeraktion für Flüchtlinge gibt, die Geld und wahrscheinlich anderes sammelt und Barbara Neuwirth hat mir den Aurfuf für die “Demo für Menschlichkeit” heute um sechs auf der Mariahilferstraße geschickt, die sehr voll war, sehr viele junge Menschen, einige ältere, viele Frauen, die ich für Psychotherapeutinnen halten würde, einige SPÖ Politikerinnen, Susanne Scholl, Vera Albert und eigentlich sehr wenige die ich von den ersten Mai Demos der Kommunisten oder den Frauendemos kannte. Aber vielleicht war das ein Zufall und ich habe nicht genug hingesehen.

Man sollte sich weiß anziehen und weiße Fahnen schwingen, einige haben das getan, die anderen sind, wie ich in der normalen Sommerkleidung gekommen.

Relativ wenig Polizei, aber das geht auf der neuen Mariahilfersttraße, wo die Straße durch Straßencafes verkleinert ist, ja auch nicht wirklich gut, einige Reden darunter die, von einem Video, das ein junger Mann, der sich in Traiskirchen eingeschmuggelt hat, achtunddreißig Stunden lang drehte und dann ein gemeinsamer Gang zum “Omafuma Denkmal” beim Museumsquartier.

Im “Wochenendstandard” war auch ein Interview zwischen Ilija Trojanow, dessen neues LL-Buch ich demnächst lesen werde und der Innenministerin, die jetzt etwas moderatere Töne anschlug und auch einige sehr interessante Artikel über die Flüchtlingssituation, Schlepper etcetera.

Ein schwieriges Problem, das man wahrscheinlich durch ein paar Euro Spenden nicht in den Griff bekommen kann, ich habe am Rathausplatz, wo ich nachher noch einmal hingegangen bin und mir die “Czardasfürstin” eine Aufführung aus “Mörbisch 2002” angesehen habe, einen Stammbesucher getroffen, der mir sagte, daß er in Traiskirchen vegetarisches Essen austeilt.

Es gibt also doch Solidarität und die Kalman Operette, die im Juni 1914, also kurz vor Ausbruch des ersten Weltkrieges spielt, war auch sehr interessant, führt da ja ein Ungar, der Fery Baci durch die gute alte Zeit, wo es die Monarchie noch gab, man Walzer tanzte, es Standesdünkel, aber noch keine Grenzzäune gab.

Neben uns saß eine Familie, die eine Flasche Sekt mithatte, eine Art Picknick veranstaltete und die Kinder immer begeistert auf die Bühne zeigte, wenn die Mama eine Arie sang, ja und der LL-Büchersegen ist auch wirklich  problemlos eingetroffen.

Heute morgen konnte ich mir beim “Heimtierprofi” drei abholen “Risiko”, “89/90” und die Jenny Erpenbeck.

Es gibt also neben der Poetik, die ich  schon gelesen habe, auch sehr viel Politisches beim LLL das vielleicht zu dem Krisensommer und der Flüchtlingsproblematik passt.

Das Buch von der Valerie Fritsch und das von der Anke Stelling ist aber auch gekommen, jetzt brauche ich nur mehr auf das von der Inger Maria Mahlke warten und lesen lesen lesen.

Dann hätte ich mit dem was ich schon hatte, dem PDF, den gelesenen und den Weihnachtsgeschenken vom Alfred, zwölf und acht fehlen mir noch, wenn ich wirklich die ganze Longlist durchlesen will.

Das wird zeitlich auch ein wenig knapp werden, vor allem weil jetzt auch die Veranstaltungen beginnen, aber bis Anfang Oktober bis zur Preisvergabe wird es zu schaffen sein und ich liege mit meinen fünf schon gelesen Büchern, wenn ich mich in der Bloggerszene so umschaue, ohnehin im Spitzenfeld.

Buzzaldrin liest jetzt das dritte, die Valerie Fritsch und ist nach Hamburg umgezogen, die anderen Blogger haben ihr Bücherpaket bekommen und auf eine interessante Bloggerin, die auch schon die Valerie Fritsch, den Kay Weyand, die Monique Switters und dann noch den Ernst Jandl und die Christine Lavant liest, bin ich bezüglich meines Bücherbloggens auch gestoßen und ich finde es wirklich toll, daß das Buchpreisbloggen so gut funktioniert, obwohl dieser Sommer nicht nur heiß, sondern politisch ein wenig schwierig war, wenn sich jetzt in Traiskirchen die Zustände aber ein wenig ändern, so da man sich nicht mehr schämen muß, wenn man sich durch die Longlist liest, wäre das sehr schön.

Im Radio habe ich dann gehört, daß die Ungarn inwischen alle Flüchtlinge, die nach Österreich oder Deutschland wollen, ausreisen lassen und die sich jetzt zum Teil am Westbahnhof befinden dürften, womit der Bundeskanzler wieder nicht einverstanden ist.