Drei verrissene Bücher

Wieder einmal “Tea for three” in der Hecklounge der Hauptbücherei, obwohl ich zu ja zu literarischen Soireen nicht mehr so oft gehe, sondern die Bücher lieber selber lese. Aber heute kein anderes Programm. In der “Gesellschaft” und in im Literaturhaus gabs keine Veranstaltung, die “Alte Schmiede” ist nach Graz gegangen. Dann gabs natürlich den Opernball und die Demos dagegen, aber da bin ich weder noch hingegangen.

Also in die Hauptbücherei hinausgewandert, wo sich Klaus Nüchtern und Daniela Strigl immer einen Literaturexperten einladen und drei Bücher vorstellen oder besprechen. Das Publikum muß zuhören, das find ich inzwischen böd, daß man da nicht mitreden kann und einmal vor Jahren habe ich dort auch ein Buch vorgestellt.

Jetzt ging es um Elfriede Jelineks “Angabe der Person” von dem ich schon gehört habe, als ich mir im November den Jelinek Film angeschaut habe und mich an einem diesbezüglichen Gewinnspiel beteiligt habe.

Der Literaturwissenschaftler Wolfgang Straub, der diesmalige Gast hat es vorgeschlagen und vorgestellt und da geht es um einen Steuerprozeß in dem Elfriede Jelinek einmal verwickelt war. Die Deutschen wollten Geld von ihr, weil sie dort offenbar einen Nebenwohnsitz hat und haben sich nach ihrer Person erkundigt. Sie hat sich verfolgt gefühlt und das dann gleich mit der Verfolgung ihrer Familie durch die Nazis gleich gesetzt und das Ganze im Fließtext ohne Genrebezeichnung herausgegeben, beziehungsweise dann über Gott und die Welt frei weiterassoziiert.

Ich fand das spannend, Klaus Nüchtern, der strenge Literaturkritiker und Literaturkritikpreisträger weniger und dann kam die Überraschung, nämlich ein Buch das ich schon im Badezimmer liegen habe und das Daniela Strigl vor ein paar Wochen im Literaturhaus vorgestellt bzw. dort Raphaelas Edelbauers “Inkommensurrablen” moderiert hat. Jetzt hat Klaus Nüchtern das Buch eingeleitet und Wolfgang Straub hat sich dann darüber mokiert, daß der Rußknecht Hans aus Nordtirol nach Wien anreist und am Südbhnhof ankommt.

Richtig 1914 wahrscheinlich nicht, heute aber schon und Klaus Nüchtern hat das Buch dann ziemlich verrissen und seine übertriebene Sprache bemängelt. Daniela Strigl hat es mild als versuchten Expressionismus verteidigt, aber Klaus Nüchtern hat es nicht gefallen.

Jetzt bin ich gespannt, was ich dazu schreiben werde und das dritte Buch ist immer ein Kassiker und diesmal ein Buch, das mich ratlos machte, weil noch nie etwas davon gehört und ich aus der Besprechung auch nicht wirklich mitbekam, um was es dabei geht?

Ein Sachbuch oder eine philosphische Abhandlung “Der Garten des Cyrus”, eines Thomas Brownes aus dem Englischen von Manfred Pfister übersetzt und darin wurde, glaube ich, besprochen, ob man am selben Tag geboren werden und auch sterben kann? Thomas Browne scheint das an seinem siebzigjährigen Geburtstag geschafft zu haben und er empfiehlt auch nicht nach Wien zu fahren oder nur wenn man bestimmte Beschwerden hat.

Die Hecklounge war erstaunlich voll. Man mußte sich von irgendwo einen Sessel holen. Also viele Leute, die die Lteratur dem Opernball vorziehen. Dine Petrik war da, Helene Hoffmann, etcetera und am nächsten Monat wird dann Erich Maria Remarques “Im Westen nichts Neues” vorgestellt und was den Opernball betrifft, kann ich auf das bekannte Buch von Josef Haslinger hinweisen oder statt Alexander van der Bellen eine Präsidentin hinschicken und wer den Ball der Literatur vorzieht, aber keine Karte bekommen oder kein Ballkleid hat, der konnte sich die Opernballshow bei 0e24 anschauen, wo die Moderatorin im Abendkleid da saß und die Kleider der Ballgäste auch verrissen oder bewundert wurden.

Als Präsidentin auf den Opernball

“Heute ist Opernball!”, dachte El Awadalla und betrat ihr Badezimmer.

Ihr erster als Bundespräsidentin, während sie vor der Oper auf den diesbezüglichen Demonstrationen und am Heldenplatz auf denen, gegen den der Akademiker, regelmäßig teilgenommen hatte, aber seit sie vor einem Jahr als unabhängige Kanditatin  angetreten war und  mit den Stimmen aller Feministen, Linken und sonstiger kritischer Menschen überraschenderweise gewonnen hatte, vielleicht hatten sich auch einige durch ihren ersten Platz am Stimmzettel irritieren lassen oder die betrunkenen Auszähler hatten sich schlicht verzählt, würde es hineingehen und sie freute sich auch schon, obwohl sie gar nicht so sicher beim Links- oder Rechtswalzer war.

Beim Linken war sie natürlich besser und alles läßt sich lernen und außerdem war das Tanzen angesichts, der nach, wie vor existierenden Flüchtlingsproblematik und der höchsten Arbeitslosigkeit im Land, gar nicht so wichtig und sie würde, auch hier, eine  unkonventionelle Präsidentin sein, wie sie es im Wahlkampf versprochen hatte.

Hinein in das Ballvergnügen, das lila Abendkleid, das aus einem Secondhandshop stammte, würde sie doch auch sehr sparsam sein, hatte sie schon angezogen, dazu trug sie bequeme Schuhe, sie sollte vom vielen Stehen keine Hühneraugen bekommen und die runde weiße Brille, die sie sich extra für den Wahlkampf besorgt hatte, hatte sie auch aufgesetzt.

Jetzt mußte sie nur noch, die rotweißrote Staatsschärpe überstülpen, um einen würdigen Eindruck zu machen und dann ging es los und weil sie im Wahlkampf und  bei ihrer Antrittsrede versichert hatte, daß sie eine  umweltbewußte Präsidentin werden wolle, würde sie mit dem Fahrrad zur Oper radeln.

Mit dem langen Kleid würde das zwar vielleicht ein bißchen mühsam werden, aber sie hatte schon andere Hürden genommen, dachte sie voll Zuversicht, fuhr sich mit dem Kamm über ihre kurgeschnittenen Haare und lächelte sich selber an.

“El Awadalla for president!”, hatte es vor einem Jahr geheißen.

Wer hätte das gedacht, daß Österreich 2016  so kritisch war und statt der  konservativen alten Herrn und einer Dame, die außer ihr angetreten waren, eine kritische linke Frau zur Präsidentin wollten?

Niemand wahrscheinlich, in einem Land, wo sich lebenslustige Baumeister und pensionierte Richterinnen neben ihr beworben hatten und einige der Kanditaten sehr freiheitlich dachten.

Natürlich niemand und es war doch geschehen. So radelte sie mit dem hochgeschnallten Abendkleid auf die Oper zu. Sprang vom Rad, um es einem salutierenden Polizisten zu übergeben, den sie noch von ihrer Zeit als Demonstrantin kannte und solche waren auch schon angetreten, weil es noch viel zu erkämpfen gab.

Die Flüchtlinge kamen weiter, das Grundeinkommen war noch nicht erreicht und Arbeitslose gab es ebenfalls in rauhen Massen, nur, daß sie nichts gegen die Demonstranten hatte, sondern ihnen zuwinkte, war der Unterschied und das mußte sie auch bei den Luxuslimonsinen tut, die auf den Eingang zurollten.

So sprang sie  zur Seite, rief “Griaß euch, ich bins, die Präsidentin und wünsche einen schönen Abend!”, denn sie war und blieb Dialektautorin. Hatte die Stiege erkommen und schritt auf die Staatsloge zu.

Links und rechts von dieser hatten einige ihrer ehemaligen Mitbewerber Platz genommen. So lächelte sie staatstragend, den Herren Khol und Hundstorfer zu, die in ihrem schwarzen Smokings versuchten, sich nicht über sie zu ärgern und sie sicher nicht leiden konnten, wie das auch Baumeister Lugner tat, der mit seinen weiblichen Begleiterinnen, gerade die Stiege erklomm und sie schief anlächelte.

“Grüß Sie, Frau Präsidentin, sind Sie auch gekommen?”, fragte er säuerlich. Sie nickte und  gab ihm die Hand.

Begrüßte auch die Staatsoberhäupter, die etwas pikiert auf ihr lila Abendkleid, den roten und den blauen Schuh, ihrem Markenzeichen, in denen sie zu Zeiten von schwarz-blau am Ballhausplatz gewesen war, um mit roter Farbe gegen blau anzutreten, blickten.

“Alles Walzer!”, rief unten gerade der Zeremonienmeister und das Jungdamen- und Jungherrenkommitee war mit der Eröffnungspolonaise eingezogen. Die Kellner servierten Sacherwürstel mit Senf und Kren und die Sektkorken knallten, wie ehedem.

Alles war wie immer, trotz ihres roten und des blauen Schuhs, dem lila Abendkleid aus dem Secondhandladen und der runden weißen Brille, ihrem zweiten Markenzeichen, als selbstbewußte linke Frau.

Sie trat an die Empore, hob die Hand und dachte an das bedingungslose Grundeinkommen, das sie Österreich versprochen hatte. Dachte an die immer noch sehr hohe Zahl der Arbeitslosen, die auch ihr Mitbewerber, Rudolf Hundstorfer, der einmal Sozialminister gewesen war, nicht verhindern hatte können, wie sie das beim Opernball nicht zusammenbrachte und mit dem lila Abendkleid, dem roten und blauen Schuh,  die Festgäste begrüßen und vielleicht auch mit Herrn Khol, Herrn Hundstorfer, Präsidentengatten Clinton und anderen Staatsoberhäuptern tanzen würde müßen.

Mit Herrn Mörtel-Lugner wahrscheinlich nicht, denn der würde sie nicht auffordern, war sie ihm mit ihren fast einundsechzig Jahren sicherlich zu alt, während die Stars und Bunnies an seiner Seite, ständig jünger wurden und die Abendkleider, die sie trugen, immer teurer.

“Da wäre ich mit Sicherheit ein besserer Präsident geworden!”, sagte er sicher gerade bedauernd zu seinem Hasi, Spatzi oder Mausi, nahm den Zylinder von seinem Kopf und ließ sich ein Glas Champagner servieren.

“Die Geschäfte gehen aber weiter, Schatzi, auch wenn wir jetzt eine linke Präsidentin haben und auch unser Opernball!”

“Hip, hop, Opernball!”,  hieß es  in einem ihrer Dialektgedichte. Richard Heuberger hatte in seiner gleichnamigen Operette ins “Chambre Separee!”, gebeten und Josef Haslinger  einen  Roman darüber geschrieben, daß sich Terroristen des Balls der Bälle bemächtigt hatten.

Das war Fiktion gewesen, aber sie war heute hier mit ihrer weißen Brille,  dem roten und dem blauen Schuh, sowie dem lila Abendkleid aus dem Secondhandgeschäft über das die rotweiße Staatsschärpe genauso, wie über einen Frack, passte.

Und das war gut, war wunderbar und sehr viel besser, als wenn statt ihrer vielleicht der blaue Kanditat gewonnen hätte oder die Wahl wegen Fehler beziehungsweise Pickprobleme gar nicht stattfinden hätte können.

 

Schreibgruppe und Opernball

Am Donnerstag war wieder einmal Schreibgruppe, sowie der Opernball und, daß der ein dafür geeignetes Thema ist, habe ich mir schon auf dem Hinweg gedacht, hatte ich ja sonst keine besonderen Ambitionen, ist der Rohtext von “Paul und Paula”, den ich das letzte Mal begonnen habe,  schon eigentlich fertig, Klaus Khittl alias Gloria G. hat mir vorvorgestern seine Anmerkungen geschickt, so daß ich den Text diesbezüglich durchgegangen bin und den Paul vielleicht noch etwas erweitern sollte.

Also noch nicht so weit für mein Kurzgeschichtenprojekt, das ich als nächstes plane, themenlos in die Gruppe gegangen.  Peter Czak hat  “Opernball” vorgeschlagen und nun ja, warum nicht?

Demo gibt es offenbar keine mehr, die war ja schon eine Woche früher bezüglich des Akademikerballs, in den Medien habe ich heuer auch noch nicht so viel darüber gehört, da ist die Flüchtlingsproblematik und die Verschärfung der Gesetze wohl aktueller.

Ich bin  keine Tänzerin und war in meinen Leben wohl nur auf zwei Bällen, das erste Mal etwas verunglückt in der Tanzschule Hernals und das zweite Mal mit dem Willi in den Sophiensälen, auf der Opernballdemo war ich früher, ich glaube, 2000, als der Hubsi Kramar als Hitler aufgetreten ist und wegen Wiederbetätigung festgenommen wurde und in “Zwischen Hütteldorf und Heiligenstadt” habe ich über eine früher stattgefundene Demo geschrieben und darauf beim “Wiener Dichter Fasching” in der “Gesellschaft für Literatur” gelesen und als ich das Wort Marianne. so heißt ja eine Protagonistin, die dort tanzt, aussprach, finden alle an zu lachen, was mich irritierte,  weil sie es wohl mit Marianne Gruber in Verbindung brachten.

Peter Czak, Ruth Aspöck Klaus Khittl, Doris Kloimstein und ich waren gekommen, Doris Kloimstein las über ihre negativen Ballerfahrungen,  Ruth erwähnte Josef Haslingers “Opernball” und, daß sie gerne mal dorthin gegangen wäre, Peter Czak schrieb von den negativen Veränderungen, die die Ballkultur seiner Meinung nach machte, jetzt kann man keine Leute mehr dort kennenlernen, weil die Paare zusammen hingehen und Klaus Khittl reimte “Operball, Opernball, Hochmut kommt vor dem Fall (Knall)” und dann gab es natürlich meinen diesbezüglichen Rundumschlag:

“Heute ist Opernball erfahre ich gerade aus der Zeitung. Hip, hop, Opernball, wie schön und aufregend. Gibt es wieder eine Demo, wie in den Achtzigerjahren oder zu Zeiten von  Schwarz-Blau? Aber nein, die hat gerade vor einer Woche vor der Hofburg,  beziehungsweise am Heldenplatz stattgefunden, weil dort die FPÖ ihre Akademiker feierte. Die ganze Innenstadt war abgesperrt und es war unmöglich, wie ich erfahren sollte, ins Literaturhaus zu kommen, weil der 49er nicht mehr fuhr.

Aber zurück zum Opernball, hip hop, Opernball, dieses großwirtschaftliche Ereignis, wo der Herr Bundespräsident mit Frack und Orden auffährt und der Herr Lugner seine Stars und Sternchen in seine Loge lädt.

“Lugner for president!”, heißt es doch auf einem Video, wo alle zwölf Präsidentschaftskanditaten, die abseits der glorreichen fünf, Griss, Hofer, Huntsdorfer, van der Bellen und Khol, antreten wollen, sofern sie sechstausend Unterschriften zusammenbekommen, präsentiert wurden.

El Awadalla will  auch in die Hofburg als Präsidentin und im Fall der Fälle im Abendkleid auch auf den Ball, um die Wirtschaftsbosse und die Staatsoberhäupter in ihren Logen zu begrüßen. Dann nicht mehr als Demonstrantin gegen den Akademikerball. Eine wunderschöne Vorstellung, wie die Präsidentin mit der weißen runden Brille, einem blauen oder roten Abendkleid und der Präsidentschaftsschleife am Ballhausplatz demonstriert.

Was werden da die Polizisten und die Staatsschützer machen?

Aber halt, zurück zum Thema, wir waren doch oder gehen auf den Opernball. Auf die Tribüne beispielsweise, auf die alle dürfen und wo das Glas Sekt und die Würsteln eine Menge Euro kosten oder zu den Debutanten, die im schwarzen Anzug oder weißen Abendkleid mit dem Krönchen auf  den auftoupierten Haaren zu der Polonaise tanzen.

“Alles Walzer!”, sagt der Zernmonienmeister, klopft mit seinem Stock den Takt und Herr und Frau Österreicher sind begeistert, sitzen vor der Klotzkiste und gehen Prominente schauen.

Wozu brauchen wir einen Opernball? Wenn das Volk dagegen ist, können wir ihn auch abschaffen, hat Kanzler Kreisky, glaube ich, einmal gesagt.

Das ist lange her, sicher dreißig, vierzig Jahre und heute denkt wahrscheinlich niemand mehr daran. Denn heute geht es um das Geschäft. Die Geschäfte, die angeblich in den Logen abgeschlossen werden. Die Polizisten, die draußen auf der Straße den Staat beschützen, bekommen eine Sonderzulage. die Friseure verdienen an den feinen Damen, die sich schnell einmal die Haare richten lassen. Herr und Frau Österreicher haben was zu schauen und die Demonstranten, wenn es noch welche geben sollte, zu demonstrieren.

Aber vielleicht sind die jetzt mit den Flüchtlingen beschäftigt. Mit den Flüchtlingsober- oder Untergrenzen. Ich schweife schon wieder vom Thema ab, denn dieses war ja Opernball und da gibt es  eine inzwischen nicht mehr sehr oft gespielte Operette von Richard Heuberger, dieses Namens.

“Komm mit ins Chambre Separee!”

Sie wissen schon oder können es sich vorstellen und da kommt, glaube ich, der Held aus Sankt Pölten angefahren, um sich ins  Geschehen zu stürzen und alles geht natürlich nach zwei Stunden Intrigen happy aus.

Ob das heute auch geschehen wird? Herr Lugner mit seinen Stars und Sternchen Freude am Geschehen hat? Herr und Frau Österreicher auf der Tribüne oder vor dem Fernsehkastel ihre teuren Würstel essen und den Sekt trinken und sich nicht daran verschlucken? Und, die Polizisten, sowie die Staatsschützer,  die vielen Flüchtlinge, die inzwischen die Festung Europa stürmen wollen, von dort zurückhalten können?

Aber das weicht schon wieder vom Thema ab, denn dieses war ja, hip, hop, Opernball. Alles Walzer, also, good luck and good night und es ist nur zu hoffen, daß wir uns an all den abgeschlossenen Geschäften, nicht den Magen verderben werden.