Die Gegenstimme

Jetzt kommt schon das fünfte Buch der Bloggerdebutshortliste, und es ist eines über dessen Wahl ich, wie bei “Adas Raum” sehr froh bin, denn ich lese mich ja gerne durch die österreichische Gegenwartsliteratur, habe da auch eine Lesung gestreamt und hätte es mir wahrscheinlich bestellt, wenn ich nicht so eine elendslange Leseliste hätte. Jetzt habe ich es gelesen und, daß es ein politisches Buch ist, das auf die Liste gekommen ist, freut mich auch, denn ich lese ja gerne politische Bücher und das Thema “Anschluß” interessiert mich ja auch sehr.

Der 1983 in OÖ geborene Thomas Arzt, ist, wie Ferdinand Schmalz Dramatiker und das merkt man seinem Text auch an. Verwendet er doch eine Art Kunstsprache, in der die Sätze nicht zu Ende geschrieben werden und bei den Worten oft das “e” fehlt. Das habe ich bei meiner “Mimi” auch gemacht. Hier wird dadurch der oberösterreichische Dialekt, glaube ich, erhöht, denn die Geschichte, die in einem oberösterreichischen Dorf, am zehnten April 1938 spielt, der Tag, wo man für den Anschluß stimmen konnte oder mußte, hat, glaube ich, autobiografischen Hintergrund.

War es doch der Großonkel des Autors, der damals als einziger im Ort mit “Nein” gestimmt hat. Meine Mutter hat das in Wien, glaube ich, auch getan und Thomas Arzt macht nun aus dem Tag ein literarisches Szenario, denn es gibt eigentlich keine Handlung und auch keinen Spannungsbogen, deshalb tut man sich, speziell im deutschen Raum mit dem Lesen Anfangs wahrscheinlich ein wenig schwer, denn Thomas Arzt reit in seinem Buch die Stimmen der Dorfbewohner aneinander.

Da gibt es den zweiundzwanzigjährigen Karl Bleimfeldner, den Schustersohn, der in Innsbruck Geschichte studiert. Der kommt zur Abstimmung heim ins Dorf und hat die einzige Gegenstimme abgegeben. Die anderen wollen das zum Teil vielleicht auch, traun sich oder können das dann aber nicht. Denn es gab zwar eine Wahlkabine, aber da sollte man eigentlich nicht hinein und die nationalsozialistische Dorfjugend ist auch von Haus zu Haus gegangen und hat die Leute zur Abstimmuing getrieben, beziehungsweise markiert, wenn sie noch nicht dort waren.

Da gibt es die Cilli, die Bürgermeistertochter, die ist ein nationalsozialistisches Mädel oder doch nicht so ganz, denn sie schminkt sich und raucht und das sollte, glaube ich, die “Deutsche Frau” nicht tun. Ihr Freund Oskar ist ein strammer Nazi und so zieht sie mit ihren Geschwistern in die Berge hinauf, um nach dem Karl zu suchen, denn der ist mit seinen Eltern und Geschwistern nach der Abstimmung zu einer Jausenstation gezogen und dann im Wald verschwunden. Vorher hat er sich noch mit seinem Vater überworfen, weil der ein “Ja-Sager” war und gefragt ob er in Zukunft sein Geschäft aufmöbeln will, in dem er Soldatenstiefel schustert?”

Aber der hat den Patres im Koster die Schue kostenlos gemacht, damit der Sohn studieren durfte und die Mutter hat dort die Wäsche geflickt.

Man sieht, es ist nicht so einfach mit dem “ja” oder “nein” sagen und das kann man auch an der heutigen Situation merken.

Ein interessantes Buch und ich bin froh, es jetzt gelesen zu haben und schon sehr gespannt, was die Bloggerjurie dazu sagen wird?”

Gegenstimme mit Musik

Bei der diesjährigen “Hörspielgala” ist das Hörspiel des1983 in Schlierbach OÖ geborenen Thomas Arzt “Laue Nächte” auf Platz zwei der Publikumsauswahl gekommen, gleichzeigtig wurde auf seinen bei “Residenz” gerade erschienenen Debutroman “Die Gegenstimme” hingewiesen, der heute im Literaturhaus präsentiert wurde und Daniela Strigl, die moderierte, wies in ihrer Einleitung darauf hin, daß Thomas Arzt zu den bedeutensten jüngeren Autoren Österreichs gehört dessen Stück “Grillenparz” das nicht mit Grillparzer zu tun hat, sondern der Name eines oberösterreichischen Berges darstellt, 2011 im Schauspielhaus uraufgeführt und vorher in der dortigen Theaterwerkstatdt erarbeitet wurde.

Dann gibt es noch ein von Daniela Strigl erwähnte Stück namens “Alpenvorland” sowie eine “Else (ohne Fräulein)” und noch ein paar andere Sücke. Und jetzt der Debutroman und richtig Musik gab es auch, die von den 1994 geborenen Paul Schuberth, der zwischendurch improvisierte und auch ein Stück zu dem Buch geschrieben hat und dann noch einen Walzer spielte.

In dem Buch geht es u, den 10. April 1938 in dem es die Abstimmung zum Anschluß Österreichs an Deutschland gab und da ist ein Karl Bleimfeldner, der , in Innsbruck studierte in seinen Heimatdorf Schlierbach zurückgekommen, um mitzustimmen und das war. wie Daniela Strigl schon verraten hatte, der Großonkel des Autors und offenbar der einzige von den Dorfbewohnern, der gegen den Anschluß gestimmt hat und diesen Tag beschreibt Thomas Arzt in seinem Roman mit einer, wie Daniela Strigl auch erwähnte, besonderen, nämlich gehetzten hastigen Sprache. Ich denke, sie war ein wenig Dialekt gefärbt und die Dorftyen, die zur Wahl schritten, beziehungsweise davon zurückkamen und ergründen wollten, wer denn der eine Abtrünnige war, der Bürgermeister, seine Gattin, seine Tochter, das deutsche Mädel, der besoffene Schuster, Karls Vater, glaube ich, den Dorftrottel, der auch dagegen stimmen will, sich das dann aber nicht traute, beziehungsweise “Grüß Gott!”, stotterte, als er zum Hitlergruß aufgefordert wurde und das Besondere an der Lesung, Thomas Arzt hat sehr gut gelesen, füge ich hinzu, waren auch Bildauffnahmen, die einen Waldweg offenbar von dem Dorf Schlierenbach zeigte, denn es gab dort schon eine szenische Lesung. Der Roman war damals, wie Thomas Arzt später im Gespräch mit Daniela Strigl erwähnte, noch nicht fertig, sondern nur drei Kapitel stark und er war sich auch nicht sicher, ob er je fertig werden würde und Daniela Strigl wolllte dann noch wissen, ob Thomas Arzt nie daran gedacht hatte, ein Stück daraus zu machen? Was er vermeinte. Er hätte angst davor gehabt, daß es verheitzt wurde und es sich auch in den Vertrag schreiben lassen, daß das ein anderes tun würde.

“Ist Thomas Bernhards “Heldenplatz” verheitzt worden?”, hat Daniela Strigl dann noch promt gefragt, was wohl insofern zu verneinen ist, weil Thomas Bernhard so berühmt war, daß er sich wahrscheinlich alles leisten konnte.

Interessant und spannend wieder ein historischer Roman über die NS-Zeit und ein Stück Zeitgeschehen und die Diskussion führte dann auch in die Gegenwart zurück oder endete mit ihr und ich werde mir das Buch, ob meiner langen Leseliste wohl nicht anfragen, bin aber sehr gespannt, ob ich es einmal finden werde und was ich noch von dem jüngeren Dramatiker höre, weil ich ja nicht so oft ins Theater gehe und das ja derzeit gar nicht möglich ist.