Die Gegenstimme

Jetzt kommt schon das fünfte Buch der Bloggerdebutshortliste, und es ist eines über dessen Wahl ich, wie bei “Adas Raum” sehr froh bin, denn ich lese mich ja gerne durch die österreichische Gegenwartsliteratur, habe da auch eine Lesung gestreamt und hätte es mir wahrscheinlich bestellt, wenn ich nicht so eine elendslange Leseliste hätte. Jetzt habe ich es gelesen und, daß es ein politisches Buch ist, das auf die Liste gekommen ist, freut mich auch, denn ich lese ja gerne politische Bücher und das Thema “Anschluß” interessiert mich ja auch sehr.

Der 1983 in OÖ geborene Thomas Arzt, ist, wie Ferdinand Schmalz Dramatiker und das merkt man seinem Text auch an. Verwendet er doch eine Art Kunstsprache, in der die Sätze nicht zu Ende geschrieben werden und bei den Worten oft das “e” fehlt. Das habe ich bei meiner “Mimi” auch gemacht. Hier wird dadurch der oberösterreichische Dialekt, glaube ich, erhöht, denn die Geschichte, die in einem oberösterreichischen Dorf, am zehnten April 1938 spielt, der Tag, wo man für den Anschluß stimmen konnte oder mußte, hat, glaube ich, autobiografischen Hintergrund.

War es doch der Großonkel des Autors, der damals als einziger im Ort mit “Nein” gestimmt hat. Meine Mutter hat das in Wien, glaube ich, auch getan und Thomas Arzt macht nun aus dem Tag ein literarisches Szenario, denn es gibt eigentlich keine Handlung und auch keinen Spannungsbogen, deshalb tut man sich, speziell im deutschen Raum mit dem Lesen Anfangs wahrscheinlich ein wenig schwer, denn Thomas Arzt reit in seinem Buch die Stimmen der Dorfbewohner aneinander.

Da gibt es den zweiundzwanzigjährigen Karl Bleimfeldner, den Schustersohn, der in Innsbruck Geschichte studiert. Der kommt zur Abstimmung heim ins Dorf und hat die einzige Gegenstimme abgegeben. Die anderen wollen das zum Teil vielleicht auch, traun sich oder können das dann aber nicht. Denn es gab zwar eine Wahlkabine, aber da sollte man eigentlich nicht hinein und die nationalsozialistische Dorfjugend ist auch von Haus zu Haus gegangen und hat die Leute zur Abstimmuing getrieben, beziehungsweise markiert, wenn sie noch nicht dort waren.

Da gibt es die Cilli, die Bürgermeistertochter, die ist ein nationalsozialistisches Mädel oder doch nicht so ganz, denn sie schminkt sich und raucht und das sollte, glaube ich, die “Deutsche Frau” nicht tun. Ihr Freund Oskar ist ein strammer Nazi und so zieht sie mit ihren Geschwistern in die Berge hinauf, um nach dem Karl zu suchen, denn der ist mit seinen Eltern und Geschwistern nach der Abstimmung zu einer Jausenstation gezogen und dann im Wald verschwunden. Vorher hat er sich noch mit seinem Vater überworfen, weil der ein “Ja-Sager” war und gefragt ob er in Zukunft sein Geschäft aufmöbeln will, in dem er Soldatenstiefel schustert?”

Aber der hat den Patres im Koster die Schue kostenlos gemacht, damit der Sohn studieren durfte und die Mutter hat dort die Wäsche geflickt.

Man sieht, es ist nicht so einfach mit dem “ja” oder “nein” sagen und das kann man auch an der heutigen Situation merken.

Ein interessantes Buch und ich bin froh, es jetzt gelesen zu haben und schon sehr gespannt, was die Bloggerjurie dazu sagen wird?”

Junge mit schwarzen Hahn

Jetzt kommt schon Buch drei der diesjährigen Bloggerdebuts tund es ist eines das mir bisher unbekannt war. Das Debut der 1974 in Hanover geborenen Stefanie vor Schule und da ist es interessant welchem Genre es zuzuordnen ist? Ist es ein Märchen, eine Parabel, ein Entwicklungsroman?

“Eine außergewöhnlicher Debutroman und eine literarische entdeckung”, steht am Buchrücken.

Ich hätte es eher für das Außenseiterbuch gehalten, das meistens auf den Bloggershortlists gibt. Das ist es wohl nicht und erinnert auch ein bißchen an den “Halbbart”., der ja auch dei “Diogenes” erschienen ist. Es spielt in der Vergangenheit und in Zeiten während oder nach einem Krieg. Mittelalter habe ich irgendwo gelesen. Ich würde eher an den dreißigjährigen Krieg tippen und es spielt in einem Dorf, in das ein Maler kommen soll, um die Kirche auszumalen. Der wird von den drei Dorfältesten, den Seidel, den Sattler, und den Henning dorthin geführt, aber sie finden den Schlüßel nicht. So schicken sie den elfjährigen Martin, das ist der Junge mit dem schwarzen Hahn, den alle für den Teufel halten, ins Nachbardorf, um den Pfarrer danach zu fragen, denn das Dorf hat keinen eigenen.

Der Martin ist ein aufgewecktes Kind, aber auch irgendwie ein Ausgestoßener, denn sein Vater der einmal bei den “Schlafspielen” teilnehmen wollte und darob verrückt wurde und darauf seine Frau und seine Kinder erschlug. Jetzt lebt Martin im Dorf, ist ein bißchen in die Franzi verliebt, die im Gasthaus hilft und weil er ein kluges Kind ist, errät er auch das Geheimnis, wo der Schlüßel ist, verrät es den drein, die recht derb und brutal zu ihm sind, nicht, sondern schlägt ihnen vor eine kleine Tür einzubauen.

Der Maler malt nun den Christus mit dem Martingesicht und die Maria mit dem der Franzi, was die Dorfbewohner nicht goutieren. Der Martin soll nun mit der Godel auf den Markt und wird dabei Zeuge, wie ein Reiter ihr Baby raubt. Das ist schon früher so vorgekommen und so beschließt der kluge Martin mit dem Maler fortzugehen und die Babies zu retten.

Er verläßt aber dann den Maler, weil der ein bißchen liderlich ist. Er trifft auf den Reiter, rettet ihn und kommt in ein Schloß, wo der Maler eine Familie malen soll. Das war, glaube ich, schon vorher und das Makabre an der Sache ist, daß der Junge, der mitgemalt werden soll, schon tot ist. Ein Diener zündet dann auch noch das Schloß an, so daß alle flüchten mußen.

Der Junge mit dem Hahn, den er oberhalb oder auch unterhalb seines Hemdes trägt und der sprechen kann, trfft dann auf einen Spaßmachen und kommt mit ihm in das Schloß der Fürstin, die eine recht grausame Person ist. So finden sie zum Beispiel vor dem Schloß, die Leiche einer ihrer Hofdamen, denn die Fürstin verträgt, wie die Königin im Schneewittchen nicht, wenn jemand jünger, als sie ist. Die Fürstin, die die Kinder rauben läßt, stellt sich heraus, ist schon recht alt und die Knder werden auch immer wieder ausgetauscht und um einen Wunsch an die Fürstin zu haben, muß Martin, wie sein Vater auch an den “Schlafspielen” teilnehmen. Da darf man nicht schlafen. Martin gewinnt und sagt der Fürstin, er will die Knder zurückbringen. Die bekommt er aber erst, nachdem sie stirbt. So bringt er den Jungen und das Mädchen wieder an ihr Elternhaus zurück.

Ihn treibt es dann in sein Heimatdorf, obwohl der Maler mit dem er wieder zusammen ist, davon abrät. Aber er hat Sehnsucht nach der Franzi, um die die drei Ältesten würfeln. Aber Martin verrät nun das Geheimnis, um den Schlüßel. Den hatte der verrückte Organist, der inzwischen tot aufgefunden wurde, in seiner Tasche. Franzi und Martin bekommen sich und die drei Ältesten würfeln weiter.

Eine interessante Geschichte, deren Sinn und roten Faden ich nicht ganz verstanden habe und auch nicht so genau weiß, was die einzelnen Metaphern und die Fingerzeige, die darin vorkommen, bedeuten sollen, beziehungsweise nicht ganz weiß, was die Parabel ausdrücken will?

Die Sprache ist schön. Martin und die Dorfbewohner sind arm. Der Krieg wütend und alles stinkt und ist ungepflegt, wie im “Hammer”, und die Welt ist wie man wohl auch schon in anderen Büchern gelesen hat und wahrscheinlich auch so festgestellt hat, unendlich grausam, nur Martin schön und gut und weiß auch was er will, was ich ebenfalls nicht ganz verstanden habe.

Schatten über den Brettern

Buch fünf der Bloggerdebutshortlist und ich bleibe wieder etwas ratlos zurück und weiß nicht so recht, was ich von David Mischs “Schatten über den Dächern” halten soll? Ein gutes Buch? Ein schlechtes Buch?, literarisch anspruchsvoll und deshalb schwer verständlich oder doch ein Einheitsbrei mit literarischen Mängel? Jedenfalls sehr monologhaft und das ist ja etwas, was ich auch gern betreibe. Dann kommt noch ein häufiger Perspektivenwechsel hinzu, keine oder wenige Namen, sondern “ihn” oder “er”, so daß man nur schwer in die Handlung hineinkommt und erst nach hundert oder mehr Seiten etwas von der Dystopoe mitbekommt, die schon am Buchrücken beschrieben wird.

“Ein Theaterspieler in Zeiten zunehmender Repression. Er ist hin und hergerissen zwischen gesellschaftlichen Anforderungen und dem Streben nach Selbstverwirklichung. Seine Figuren und Rollen, die er nicht spielen muß, weil sie in ihm Realität geworden sind, bedeuten ihm alles. Eine Kulturverordnung droht sie ihm zu nehmen und der Kampf gegen die neue Autorität im Lande stellt Beziehungen und sein eigenes Ich mehr denn je in Frage.”

Beginnen tut es aber mit einem alten Mann, der auf einer Bank sitzt und Briefe an sein Kind schreibt oder kommt das auch erst später?

Jedenfalls wird da ein Leben beschrieben, ein Aufwachsen in der Kleinfamilie und dann und das ist ein bißchen ähnlich wie in “Hawai”, man könnte auch in der Thematik Paralellen finden, vermittelt der Vater einen Job in einer Folienfabrik, aber eigentlich will er nur lesen. Bücher werden zitiert. Er steigt aber in die Firma ein und wieder aus, weil dann kommt ihm das “Theater der Unterdrückten” von Augusto Boal in die Quere und er beginnt für oder um sein Leben in dem oben beschrieben Sinn zu spielen und vernachläßigt seine Arbeit in der Firma immer mehr.

Vorher fährt er aber auf Urlaub und lernt die Frau seines Lebens, eine Zeichnerin, die aber auch in der Pyschiatrie arbeitet, kennen und bekommt von ihr ein Kind. Die Tochter, wie man in späteren, die Perspektive gewechselten Kapiteln erfährt, sich umbringt.

Der Widersacher oder der Populist, der der dann später die Macht in dem “Kleinen Land in Mitteleuropa” an sich reißt, wird auch thematisiert. Der geht in einigen Kapiteln nach China und hat einen Vater, der offenbar an Krebs gestorben ist, was ich lange mit dem Vater des Erzählers verwechselte. Das Ganze scheint in der Zukunft zu spielen. Das erfährt man auch erst nach und nach oder aus den Rezensionen. Die Kultur und die Geschichte ist schon abgeschafft und der alte Mann auf der Bank, der Seite um Seite, in wechselnden Dialogen beschreibt, wird von einer jungen Frau besucht, die sich um ihn kümmert. Später erfährt man, das ist eine Pflegerin und eine alte Stationsleiterin gibt es auch. Der alte Mann, der in seiner Jugend Schauspieler im “Theater der Unterdrückten” war und da drei Rollen, die von Darko der Katze, Paul und von Tareusz, dem Polen, der aber auch sein Stellvertreter in der Folienfirma war, verkörperte, lebt schon längst in der Psychiatrie, der Freund, der ihn lange besuchte kommt, schon längst nicht mehr, auch die Frau nicht. Nur die alte Stationsleiterin taucht auf, nimmt sich der Papiere an und sucht den Freund auf, der dann die letzten Details erklärt, so daß man der Handlung vielleicht doch folgen kann.

Wie geschrieben, war oder bin ich, von dem Buch hin- und hergerissen, weil es vieles enthält, das mir gefällt. Das Thema, die Dystopie, die ich ja gerade jetzt auch schreiben will oder der Meinung bin, daß wir schon in einer leben. Auch der monologhafte Stil, der sich von den Heldenreise mäßgen Plotaufbau angenehm abhebt, Bücher spielen eine Rolle, aber dann ist vieles unverständlich, das “er” und “ihn” hat mich auch verwirrt und ich habe mich lange nicht ausgekannt und kenne mich noch immmer nicht so recht aus und so weiß ich auch nicht, wie das mit dem letzten Satz und dem “Schatten” ist und ob ich dem Buch jetzt drei, einen oder gar keinen Punkt geben soll, habe ich auch noch keine Ahnung? Habe auch noch Zeit darum zu würfeln oder die Meinung, der anderen Bloggerdebutjurymitglieder zu erfahren. Am zweiten Jänner soll es ja wieder eine “Zoom-Sitzung” geben und habe in einem Interview bei Silvia Walter von den “Leckeren Keksen” erfahren, daß ich den 1985 in Wien geborenen und in der Steiermark lebenden David Misch, möglicherweise schon 2018 beim “Buchquartier” gesehen habe. Sonst war mir der Autor bisher unbekannt. Wieder ein Buch, das an mir vorbeigegangen wäre, hätten es die Debutfrauen nicht auf ihre Shortlist gesetzt und da erstaunt mich immer wieder, da ich ja den Debutpreis seit 2016 sehr verfolge und auch mitjuriere, daß, die drei Frauen da oft ein sehr ungewöhnliches unbekanntes Buch auf ihre Liste setzten über das man sich herrlich streiten und die Köpfe zerschlagen kann und so bin ich auf das Ende der Geschichte und die Einschätzung der anderen Blogger sehr gespannt.

Nichts was uns passiert

Nun kommt Buch fünf der Bloggerdebutshortlist und ich muß sagen, es ist diesmal verdammt schwer, denn lauter gute Bücher, entweder sprachlich schön oder relevante Themen, obwohl ich ja noch andere Kanditaten auf meiner Shortlist hätte und drei Favoriten hatte ich schon, habe aber gewußt, nachdem es Mark Richter von “Llesen macht glücklich” für seine Favoritin hält und die 1989 geborene Bettina Wilpert den “Aspekte-Preis” gewonnen hat und ich während meines Frankfurtsurvens auch das blaue Sofa- Video mit ihr gesehen habe, das wird schwer werden, denn ein relevantes Thema und eine schöne Sprache.

Dann noch eine blutjunge Autorin, die eine genauso junge Sprache hat, damit aber nicht in den elitären Höhen der Elfenbeintürme schwebt, die mir ja immer, obwohl ich  solche Bücher lese, ein wenig suspekt sind, sondern sich in die tieferen Gefilde des Alltagslebens begibt.

Nicht alles in dem Buchi ist mir glasklar, so habe ich zum Beispiel nicht verstanden, was das “M16” ist?  Bitte erklären, liebe Lektoren des “Verbrecher Verlags” und wer hier die Geschichte, es gibt eine gelegentlich aufscheinende Ich-Perspektive, hier erzählt, wurde mir auch nicht ganz klar.

Es geht aber in den eher kurzen Szenen, um Anna und  Jonas und es geht auch um ein brandtaktuelles Thema, das viele Fragen aufwirft und über das man in Zeiten, wie dieses wahrscheinlich lange diskutieren kann und sollte. Es geht um die Me Too- Debatte, beziehungsweise darum, was eine Vergewaltigung ist und, wie man damit umgeht, damit man nicht in solche Situationen kommt?

Das wäre beispielsweise mir ein Anliegen, denn nur mit einer Anzeige allein, ist es, glaube ich, nicht getan.

Da ist also Anna, die Geschichte spielt in Leipzig, im Sommer 2014, glaube ich, während der Fuball WM und Anna ist siebenundzwanzig, kommt ursprünglich aus der Ukraine, hat gerade ihr Dolmetschstudium abgeschlossen, jobbt aber noch in einer Kneipe und trinkt infolgedessen sehr viel.

In diesen Zustand lernt sie Jonas, den Doktoranten in einer Uni-Bibliothek kenne, geht mit ihm auch ins Bett, will vielleicht etwas von ihm, er hat sich aber gerade erst von Lisa getrennt und ist noch nicht so richtig beziehungsreif.

Das ist das Vorspiel, dann kommt es zu einer Geburtstagsparty. Da betrinken beide sich, Anna und Jonas. Sie mehr als er, sie sitzen auch auf dem Spielplatz zusammen, der an den Hof grenzt, in dem die Party grenzt. Anna ist so betrunken, daß sie nicht mehr gehen kann. So bringt Jonas sie mit Hilfe eines Freundes auf sein Zimmer und zieht ihr dann die Hose aus.

Das ist das Letzte, an das Anna sich nach oder vor ihren Filmriß erinnern kann. Dann bleibt sie verstört zurück, beziehungsweise flüchtet in diesem Zustand in ihre WG, sperrt sich dort tagelang ein, vernachläßigt sich selbst, verweigert jeden Kontakt. Erzählt die Geschichte  später ihrer Schwester, die zur Anzeige rät, was sie drei Monate später auch macht.

Bei Jonas kommt es zu einer Hausdurchsuchung. Er ist erstaunt, spricht von einvernehmlichen Geschlchtsverkeht. Sie, daß sie “Nein!”, gesagt und sich sich gewehrt hätte.

Er bekommt dann von jenem “M16”, ein Hausverbot, ich glaube, es ist ein politisches Plenum, wie die Anzeige aber dorthin gedrungen ist, mit allen Namen ist mir auch nicht ganz klar. Mädchen sprechen Jonas in der Mensa dann auch an und bitten ihn den Raum zu verlassen, weil sie sich in seiner Gegenwart unsicher fühlen und am Schluß wird das Verfahren eingestellt und wir können über ein wichtiges Thema, nämlich, was eine Vergewaltigung ist, diskutieren und da habe ich gerade heute erst gehört, daß es nur dann als keine solche gilt, wenn die Frau sich grundsätzlich einverstanden erklärt und vielleicht das auch noch schriftlich festlegen muß und, wie ist das, wenn beide betrunken sind?

Man sollte vielleicht grundsätzlich weniger trinken und aufpassen zu wem man ins Zimmer geht, statt später anzuzeigen, denke ich und habe es auch so gehalten, aber das Thema ist aktuell brissant und Bettina Wilperts Sprache jung und frisch, der “Weiße Mann” kommt darin vor und die “Rape Cultur” von der ich auch nicht so genau weiß, was das ist und, ich glaube, ich habe schon wieder meine Favoritin gewechselt, beziehungsweise meine endgültige Rangreihe festgelegt und lasse dabei wieder mindestens ein sehr gutes Buch zurück, was eigentlich sehr schade ist.

Oder Florida

Buch fünf der Shortlist des Bloggerdebuts eine Auswahl aus vierundsechzig Longlistbüchern ist wieder komplett anders und eigentlich in meinem Sinn, nämlich ein DDR-Roman und die lese ich doch gerne.

Da waren also drei poetisch sprachlich anspruchsvolle Bücher, die ich wie folgt reihen könnte:

  1. Immer ist alles schön
  2. Eine kurze Chronik des allmählichen Verschwindens
  3. Still halten

Dann die Biografie des Genies James William Sadis und jetzt ein “So lustiges und trauriges, ein so politisches und gefühlvolles Buch über das Deutschland nach der Wende, habe ich schon sehr lange nicht mehr gelesen!”, wie Jana Hensel am Buchrücken schreibt.

Die 1976 in Borna geborene Jounalistin und Autorin die  “Zonenkinder” geschrieben hat, meint das.

Nicht ich, denn ich habe ja erst vor kurem “Peter Holtz” gelesen und hätte dieses Buch gern auf der Shortlist des dBp haben wollen und  muß auch gestehen, daß ich nicht gleich in den Roman, des 1979 in Frankfurt an der Oder geborenen Christian Bangel hineingekommen bin.

Am Anfang erschien er mir etwas langatmig und unverständlich, aber dann habe ich mich hineingelesen und habe mir gedacht, daß das realistische Erzählen ja etwas für mich ist, obwohl es natürlich auch ironisch und komisch ist.

Natürlich ist es das und damit habe ich auch meine Schwierigkeiten und deshalb hab ich mir anfangs beim Lesen vielleicht ein bißchen schwer getan. Velleicht lag es auch am Format, denn es ist das zweite Buch das ich bei “Netgalley” öffnen konnte. Das Erste war Kerstin Preiwuß “Nach Onkalo”.

Das habe ich dann aber als Printausgebe gelesen. Als ich aber am Freitag mit diesem Buch anfangen wollte, war die noch nicht da, also habe ich das PDF oder E-Book angefangen und das ist ja ein bißchen schwieriger, obwohl man auch da hineinkommt.

Dann habe ich das Buch bekommen und habe es mir auch ins Literaturhaus mitgenommen und in den Pausen des “Fried Festtivals”, darin gelesen.

Wir gehen, womit man wieder sehen kann, daß die meisten Bücher und auch sehr viele Debuts etwas Autobiografisches haben, nach Frankfurt an der Oder und in das Jahr 1998 und da ist der zwanzigjährige Matthias Freier und der hat gerade seinen Zivildienst hinter sich, ist Redaktuer eines Magazins, das sein Freund  Fliege gegründet hat und der hat noch andere Pläne. Er will nämlich, es sind gerade Wahlkampfzeiten und Gerhard Schröder wird etwas später Helmut Kohl ablösen, einen Kapitalisten zum SPD Bürgermeister machen, der heißt Franziskus und hat sehr neobliberale Ansichten, obwohl oder gerade, weil er aus dem Osten kommt und Freier, wie Matthias genannt wird, wird zu seinem Pressesprecher.

Frankfurt (Oder) heißt der erste Teil des Buches, weil es dort spielt und 1998 ist die Stadt offenbar sehr von den Neo Nazis bevölkert, die Freier auch krankenhausreif zusammenklatschen und der der frisch gebackene Pressesprecher eines Kapitalisten, der ihm von Florida vorschwärmt, weil dort ja alles so kapitalistisch ist, deshalb heißt das Buch auch so, hat gerade genug Probleme.

Lebt er doch in einer leeren Wohnung mit einem leeren Kühlschrank, die Mama, die die Wende in ein Callcenter verpflanzt hat, schickt ihm zwar Carepakete, beiehungsweise stellt sie ihm Letschodosen in die Küche, die Freier dann hinter im Bücherradel versteckt, weil er kein Letscho mag.

Die Mama ruft ihn auch mitten in ihren Meinungsforschungsinterviews an und fragt ihm dann nach seiner Meinung und erst wenn die Luft von den Supervisorn rein ist, wie es ihm geht.

Ja, so sans die Kapitalisten und Franziskus Wahl geht gehörig schief, weil man im Osten 1998 offenbar auch schon das Dirty Campaining kannte und da wird aufgedeckt, daß Franziskus in Florida ein Geschäft aufbauen will ,um die faulen Ossis zur Schulung dorthin zu schicken.

So wird er ausgepfiffen und verliert die Wahl, macht Freier aber, der auch um seine Jugendliebe Nada trauert, die mit ihrer Mutter  in den Westen mußte, weil die im Osten keine Arbeit mehr bekam, die er aber jetzt wiedergesehen und einen Kurzausflug nach Berlin mit ihr gemacht hat, wo er aber auch von den Nazis verfolgt wurde, ein moralisches oder unmorialisches Angebot.

Er nennt ihn jedenfalls einen Rohdiamanten, den er schleifen will. Das heißt Freier soll nach Hamburg und sich im Zoofachgeschöft eines befreudeten Kapitalisten in die BWL einarbeiten, dann nach Florida fliegen, für Franziskus ein Geschäft aufbauen und bekommt dann von ihm hunderttausend Dollear.

Die Mutter rät davon ab. Freier sagt zu und muß bei dem befreundeten Kapitalisten nun Kartons falten, Dosen aussortieren, Fischbecken putzen, etcetera und wird immer wieder vertröstet und zusammengeschißen, so daß er schließlich vor der Wahl steht, ob er sich weiter verskalven lassen oder nach Berlin abhauen und mit Nadja ein schönes neues freies Leben beginnen soll?

Ein interessantes Buch, vielleicht nicht ganz so knallhart iroinisch wie  “Peter <holtz” erzählt. Aber knallhart komische Stellen hat es schon. Etwa gleich am Anfang, als Fliege mit dem Slogan “Mehr sonne für Frankfurt!”, in den Wahlkampf tzieht oder knallhart grausam, als er im zweiten Teil “(Oder ) Hamburg draufkommt, daß die Kapitalisten die Azubis aus dem Osten alle Udo nennen “unser dummer Ossi”.

Ansonsten ist Deutschland weit von Österreich weg und und das Jahr 1998 weit von 2017, wo die Neo Nazis ja nicht mehr Türken klatschen, sondern sich “Patrioten”nennen,  den Linksfaschismus bekämpfen und auf der Buchmesse “Wir alle hassen Antifa”, einem hilflos daneben stehenden messedirektor ins Gesicht schreien und ich denke mir 1998 ist lang vorbei. Die blauschwarze zweite Wende oder die “Orbanisierung” Österreichs fängt hier erst an und begann zu überlegen, ob ich für Debutpreis wirklich nur drei poetisch schöne Bücher rangreihen will und, obwohl ja eine realistische Autorin, die realistischer geschriebenen außen vorn lassen will?

Ich will, das kann ich gleich verraten, nicht und werde das noch genauer in einen eigenen Artikel begründen.