Wieder neue Bücher aus dem “Otto Müller-Verlag”

Im Literaturhaus werden ja öfter Bücher aus dem “Otto Müller-Verlag” vorgestellt. Diesmal moderierte Nadine Fejzuli statt Arno Kleibel und stellte die beiden Autorinnen vor.

Die Erste, die 1959 in Klagenfurt geborene und jetzt in Innsbruck lebende Minu Ghedina war mir bisher unbekannt.

“Die Korrektur des Horizonts” ist das Debut der Autorin, die sowohl Germanistik, als auch Schauspiel und Bildhauerei studierte und das Buch handelt von einem Kind namens Ada, das bei seiner Großmutter, einer Schneiderin, aufwächst und sich dort mit ihren Stoffen und Zwirnen sehr wohl fühlt. Die in ihre Pupppenkiste packt und für die Puppen daraus Kleider näht. Die Eltern, beziehungsweise, die Mutter, kommt auf Besuch, aber Ada fühlt sich fremd mit ihr und erlebt sie als kalt. Dann geht sie aufs Gymnasium und wird von der Direktorin zur Rede gestellt, weil sie ein Mädchen, als ihre Schwester bezeichnet, die das offenbar gar nicht ist. Trotzdem geht Ada aus ihrer Kindheit erstärkt hervor, fährt mit ihren Eltern nach Italien und erlebt Venedig, als vollkommene Stadt und beschließt “Schönheit zu gestalten”. Auch bei einem Theaterbesuch hat sie ein berauschendes Erlebnis und wird dann Kostümbildnerin.

Dann kam und die habe ich schon öfter gehört, die 1957 in Freiburg in Breisgau geborene Hanna Sukare, die den dritten Teil ihrer “Trilogie der Suche”- “Rechermacher” vorstellte.

“Staubzunge” habe ich mir ja einmal bei einem Flohmarkt gekauft, aber noch nicht gelesen, ich komme ja nicht dazu, weil immer neues kommt.

“Schwedenreiter” habe ich bei einer Lesung kennengelernt. Und “Rechermacher” ist der Protagonist beziehungsweise der Großvater der Protagonistin Nelli, der bei der deutschen Wehrmacht war und viele Fragen aufwirft, ob der jetzt ein Opfer oder ein Täter war?

Hanna Sukare betonte als Erstes, daß sie sich freut, diesen Abend in Frieden zu beginnen. Ja, man hört jetzt sehr viel davon, daß der dritte Weltkrieg beginnt und die Atombomben fallen werden, weil Putin jetzt mobil macht, den Westen beschimpft und wie es genannt wird, Scheinbefragungen in der Ukraine durchführte und die dann noch schneller in die Nato aufgenommen werden wollen, was wahrscheinlich wirklich gefährlich ist.

Dann erwähnte sie einige Leute, die ihr bei dem Buch geholfen haben und stellte, die Figuren ihrer Bücher mit kleinen Puppen vor, was ich sehr originell fand und auch zum ersten Buch passt.

Pferde spielen in dem Buch eine große Rolle und der kleine August Rechermacher wächst mit ihnen auf und lernt, wie Hanna Sukare es nennt, “Pferdisch”.

Eine der Protagonistinnen, die wie Hanna Sukare erzählte übereinander sprechen, ist Nellis Tochter Maja, die ebenfalls nach August Rechermacher und den Krieg forscht und diese Stelle hat die Autorin auch noch gelesen und erzählte dann in Gespräch, wie sie zu dem Buch gekommen ist und was ihr beim Schreiben dabei wichtig war.

Gegenstimme mit Musik

Bei der diesjährigen “Hörspielgala” ist das Hörspiel des1983 in Schlierbach OÖ geborenen Thomas Arzt “Laue Nächte” auf Platz zwei der Publikumsauswahl gekommen, gleichzeigtig wurde auf seinen bei “Residenz” gerade erschienenen Debutroman “Die Gegenstimme” hingewiesen, der heute im Literaturhaus präsentiert wurde und Daniela Strigl, die moderierte, wies in ihrer Einleitung darauf hin, daß Thomas Arzt zu den bedeutensten jüngeren Autoren Österreichs gehört dessen Stück “Grillenparz” das nicht mit Grillparzer zu tun hat, sondern der Name eines oberösterreichischen Berges darstellt, 2011 im Schauspielhaus uraufgeführt und vorher in der dortigen Theaterwerkstatdt erarbeitet wurde.

Dann gibt es noch ein von Daniela Strigl erwähnte Stück namens “Alpenvorland” sowie eine “Else (ohne Fräulein)” und noch ein paar andere Sücke. Und jetzt der Debutroman und richtig Musik gab es auch, die von den 1994 geborenen Paul Schuberth, der zwischendurch improvisierte und auch ein Stück zu dem Buch geschrieben hat und dann noch einen Walzer spielte.

In dem Buch geht es u, den 10. April 1938 in dem es die Abstimmung zum Anschluß Österreichs an Deutschland gab und da ist ein Karl Bleimfeldner, der , in Innsbruck studierte in seinen Heimatdorf Schlierbach zurückgekommen, um mitzustimmen und das war. wie Daniela Strigl schon verraten hatte, der Großonkel des Autors und offenbar der einzige von den Dorfbewohnern, der gegen den Anschluß gestimmt hat und diesen Tag beschreibt Thomas Arzt in seinem Roman mit einer, wie Daniela Strigl auch erwähnte, besonderen, nämlich gehetzten hastigen Sprache. Ich denke, sie war ein wenig Dialekt gefärbt und die Dorftyen, die zur Wahl schritten, beziehungsweise davon zurückkamen und ergründen wollten, wer denn der eine Abtrünnige war, der Bürgermeister, seine Gattin, seine Tochter, das deutsche Mädel, der besoffene Schuster, Karls Vater, glaube ich, den Dorftrottel, der auch dagegen stimmen will, sich das dann aber nicht traute, beziehungsweise “Grüß Gott!”, stotterte, als er zum Hitlergruß aufgefordert wurde und das Besondere an der Lesung, Thomas Arzt hat sehr gut gelesen, füge ich hinzu, waren auch Bildauffnahmen, die einen Waldweg offenbar von dem Dorf Schlierenbach zeigte, denn es gab dort schon eine szenische Lesung. Der Roman war damals, wie Thomas Arzt später im Gespräch mit Daniela Strigl erwähnte, noch nicht fertig, sondern nur drei Kapitel stark und er war sich auch nicht sicher, ob er je fertig werden würde und Daniela Strigl wolllte dann noch wissen, ob Thomas Arzt nie daran gedacht hatte, ein Stück daraus zu machen? Was er vermeinte. Er hätte angst davor gehabt, daß es verheitzt wurde und es sich auch in den Vertrag schreiben lassen, daß das ein anderes tun würde.

“Ist Thomas Bernhards “Heldenplatz” verheitzt worden?”, hat Daniela Strigl dann noch promt gefragt, was wohl insofern zu verneinen ist, weil Thomas Bernhard so berühmt war, daß er sich wahrscheinlich alles leisten konnte.

Interessant und spannend wieder ein historischer Roman über die NS-Zeit und ein Stück Zeitgeschehen und die Diskussion führte dann auch in die Gegenwart zurück oder endete mit ihr und ich werde mir das Buch, ob meiner langen Leseliste wohl nicht anfragen, bin aber sehr gespannt, ob ich es einmal finden werde und was ich noch von dem jüngeren Dramatiker höre, weil ich ja nicht so oft ins Theater gehe und das ja derzeit gar nicht möglich ist.

Trojanische Pferde

Jetzt kommt wieder ein historischer Krimi und wieder, diesmal ein elektronisches Leseexemplar mit der Sperrfrist vom heutigen Datum, ich bin also beim Lesen sehr aktuell, obwohl ich, ich gebe es zu mit dem dreizehnten Band der Bernie Gunther-Reihe, des vor zwei Jahren verstorbenen schottischen Autors Philip Kerr meine Schwierigkeiten hatte und eigentlich auch empfehlen kann, das Buch, das in der Originalausgabe 2018 erscheinen ist, nur zu lesen, wenn man auch die vorigen Bände kennt, hat man doch sonst Verständnisschwierigkeiten.

Das Buch beginnt in München 1957 und da ist der ehemalige Berliner Kriminalkomminar Bernhard Gunther Leichenwäscher und nennt sich Christof Ganz und auf den folgenden fünfhundert Seiten bekommt man  nach und nach mit, was in den vorigen zwölf Bänden geschehen sein könnte oder eigentlich nur, daß Bernie Gunther nie ein Nazi war, aber für die SS arbeiten mußte und deshalb wohl seinen Namen gewechselt hat.

Dann wird es gleich turbulent, denn es kommt ein Kriminalsekretär Schramma auf ihn zu und zwingt ihn mit ihm in eine Villa zu gehen, wo er einen ehemaligen Nazi ermordet, Gunther oder Ganz sperrt ihn in einen Weinkeller ein und wendet sich an einen Anwalt, den er auch von früher kennt und der findet auch Leichenwäscher ist kein schöner Beruf für ihn und vermittelt ihn als Schadensüberprüfer an eine Versicherung.

Da klärt er gleich einen Versicherungsbetrug auf, so daß er von den Chefs und da ist interessant, daß einer der höheren Chargen Alois Alzheimer heißt und mir, die es ja mit den sprechenden Namen hat, war nicht ganz klar, ist das jetzt eine Anspielung an die Amnesie vielleicht, die 1957 in Deutschland herrschte oder eine zufällige Namensgleicheit von der ich ja immer höre, daß man die nicht machen soll.

Auch sonst ist mir vieles nicht klar geworden, nur daß der 1956 geborene Autor, der Krimis und Fantasy geschrieben hat.

“Das Wittgensteinprogramm” habe ich gelesen und ihn auch einmal in der Hauptbücherei gehört, offenbar ein Failbe für den zweiten Weltkrieg hatte und sich in diesem und in Deutschland offenbar auch gut auszukennen schien.

Es geht aber, wie schon der Name sagt und, wie man laut der Buchbeschreibung schon hundert Seiten wartet, nach Griechenland, um den Fall, um ein sinkendes Schiff aufzuklären.

Der Besitzer des Schiffes, ein Filmer, der mit Antiquitäten gehandelt hat, wird ermordet, mit einem Schuß zwischen den Augen. Bernie Gunther findet die Leiche und der griechische Polizist, erkennt auch gleich den ehemaligen Kommisar in ihm und zwingt ihm, weil er ihn offenbar sonst verhaften würde, den Fall aufzuklären.

Das erscheint mir sehr unglaubwürdig und wenn Alois Alzheimer auch ein Zufall ist, der ehemalige SS- Haupsturmführer  Alois Brunner ist es nicht, der ist laut “Wikipedia” 2001 2009  oder 20190 in Syrien gestorben und hatte offenbar auch einen solchen Schuß bekommen, beziehunsbweise ein Auge verloren.

Aber in Philip Kerr Roman ist er  lebendig, denn er trifft den ehemaligen Kommissar mit falschen Namen in seinem Hotel und den soll er nun fangen und dann wird es noch ein paar hundert Seiten lang verwirrend, beziehungsweise spielen die Geschehnisse, der ersten hundert Seiten, die in Deutschland spileen und anscheinend mit dem Fall nichts zu tun hatten, hinein.

So taucht der Rechtsanwalt, der Gunther, den Job verschaffte, wieder auch. Er verliebt sich auch in eine schöne Griechin und es geht natürlich um die Aufarbeitung der Vergangenheit, aber wie schon geschrieben, wenn man die vorigen zwölf Bände nicht gelesen hat und daher nicht genau weiß, wie das jetzt mit  Bernie Gunthers Vergangenenheit war, tut man sich beim lesen etwas schwer.

Ich kann aber noch verraten, daß es noch einen vierzehnten Bernie Gunther-Band gibt, der 2019 in London erschienen ist, aber offenbar noch nicht auf Deutsch übersetzt wurde und richtig, es gibt noch etwas, was mir an dem Buch sehr mißfällt, nämlich das Frauenbild.

Dieser ehemalige Kommissar ist nämlich noch ein solcher der alten Schule, der sich die Frauen nimmt wie  sich ihm in den Weg stellen oder legen. So gibt es einige sehr frauenfeindliche Passagen in dem Buch, die man wohl 1957 in einen Krimi geschrieben hätte, 2018 oder 2020 sollte das aber, denke ich, wirklich nicht sein.

Ein mögliches Leben

Jetzt kommt das Buch über die deutschen Kriegsgefangenlager in Amerika, der Gruppe 47 Begründer, Hans Werner Richter, war offenbar in einem solchen und hat darüber ein Buch geschrieben, wie mich “Ullstein” wissen ließ und jetzt tat das auch der 1982 in Hamburg geborene Hannes Köhler, der dafür eine Amerikareise machte und einen fiktiven Roman darüber schrieb, obwohl ihm, wie er in seiner Danksagenung anmerkte, viel durch seine Mutter und seine Tante von den Erlebnissen seines Großonkels dort, hörte.

“Ein mögliches Leben”, heißt das Buch, ein Titel den man nicht gleich versteht. Erst gegen Schluß kommt die Erklärung und es ist eine Verbinung der Großeltern mit der Enkelgeneration.

So wird das Buch auch gehandelt, als Familiengeschichte, denn der Enkel Martin, ein über den Sommer freigestellter Lehrer, der von seiner Freundin ein Kind hat, mit der er aber nicht zusammenlebt, macht mit dem Großvater Franz, den er gar nicht so besonders kennt, eine Reise nach Amerika. Weil sich der Neunzigjährige wünscht, die Orte, wo er von 1943 in Kriegsgefangenschaft war, nochmals aufzusuchen.

Das Buch ist in zwei Strängen oder Perspektiven geschrieben. Die, die in den Vierzigerjahren handeln und die in der Jetztzeit.

Denn Franz überkommen, steht, glaube ich, im Klappentext, als er die ehemaligen Lager besucht, die Erinnerungen, an seine Jugend und auch an das, was später war. Er kommt aus dem Ruhrgebiet, aus Essen, war ein Bergmann, hatte einen überzeugten Nazi-Vater und einen kritischeren Bruder, der den Krieg nicht überlebte.

In dem amerikanischen Lager in Texas lernt er einen in Amerika aufgewachsenen Deutschen namens Paul kennen, der sich von der Kriegsbegeisterung anstecken ließ und von Amerika aus sich bei den Nazis und in die Armee meldete. Der wird im Lager ermordet. Was Franz, der durch ihn Englisch lernte und auch Hemingway las, sehr traf.

Er lernte seine Schwester Wilma kennen, es gibt einen Briefwechsel und nach dem Krieg, als Franz schon mit Johanna zusammen war und die Tochter Barbara hatte, kam der Wunsch zu ihr nach Amerika zurückzukehren. Johanna wollte nicht, so ist er dageblieben und der Briefwechsel hörte einmal auf.

Als die Tochter Barbara, die Amerikanistisk studierte, einen kommunistischen Studenten heiratete, verstieß Franz sie und warf ihre Kleider aus dem Fenster, das Buch hat manchmnal etwas heftige Passagen, so ermorden auch die Gefangenen gegen Kriegsende einen glühenden Nazikameraden, wobei Franz einen Finger verliert und es kam erst wieder nach der Amerikareise zu Kontakt. Da schickt Franz ihr eine Schachtel mit Briefen und Bildern. Vater und Tochter nähern sich an, mit dem Enkel hat er es schon in Amerika getan und ich habe viel über die Kriegsgefangenlager in Amerika erfahren, von denen ich vorher keine Ahnung hatte, daß es solche gegeben hat.

Noch ein Detail am Rande, bei der Rückreise nach Deutschland 1945 kommt ein Hans Werner vor.