Noch ein hundertster Geburtstag

Das Jahr 2023 ist offenbar eines, wo viele schriftstellerische Geburtstage gefeiert werden.

Der der Erika Danneberg ist zwar schon der hunderterste und am vorigen Sonntag bin ich erst am Abend daraufgekommen, hui heute ist doch der zwölfte Februar

und da war doch was und das ist offenbar den ganzen Tag an mir vorbeigegangen.

Nicht nur der Todestag von Thomas Bernhard, sondern der des Februaraufstandes und da ist offenbar heuer gar kein Gedenken, dann hat mich am Montag Christian Teissl mit seinem Gedenken an Vera Ferra Mikura, meine Kinderbuchautorin, deren Bücher meist Geschenke der “Kinderfreunde” ich mit Begeisterung gelesen habe, bin ich doch die Tochter eines Sozialisten, der 1912 in Ottakring geboren wurde, wo der am zwölften Februar 1934, wo er schon fast zweiundzwanzig war, gewesen ist, weiß ich nicht.

Ich habe ihn nie danach gefragt, denn damals hat man ja über solche Dinge nicht gesprochen, obwohl ich mich ja eigentlich schon sehr früh für die Politik und die Geschichte interessiert habe und ich kann mich auch erinnern, daß ich einmal, das wird wohl in den Siebzigerjahren oder etwas später gewesen sein, im Bellaria-Kino war und dort eine alte Wochenschau gesehen habe, wo die Panzer über die Schutzbündler gefahren sind und ich habe mich über die Berichterstattung gewundert. Hatte ich doch eine andere Darstellungsweise im Kopf und war damals auch noch naiv.

Heute sehe ich auch Dank der Corona-Krise, die Dinge wahrscheinlich anders und als ich meinen Wochenveranstaltungsplan erstellte, habe ich gesehen, in der “Gesellschaft” wird die Neuauflage von Reinhard Federmanns “Himmelreich der Lügner” vorgestellt und diesen Namen kenne ich, hat mir doch mein Vater neben seinen Bücherkasten auch eine Mappe mit Ausschnitten aus alten “BüchergildeGutenberg-Ausgaben” hinterlassen oder ich habe mir sie schon früher mitgenommen und da ist der Name des am zwölften Februar 1923 geborenen und am neunundzwanzigsten Jänner 1976 verstorbenen Reinhard Federmann öfter vorgekommen.

Im Jänner 1976 habe ich schon Psychologie studiert und noch in der Wattgasse, bei eben diesen berühmten Bücherkasten, der mich geprägt hat, gelebt und wann ich auf den Namen Reinhard Federmann gestoßen bin, der von 1972 bis 1975 die Zeitschrift “Die Pestsäule” herausgegeben hat.

Da habe ich sicher einige Ausgaben in den Harlander Regalen, die jetzt auch die Bibliothek meiner Eltern birgt, habe ich doch schon 1973 literarisch zu schreiben begonnen,. aber damals habe ich noch nichts herumgeschickt, sondern sehr einsam an meinen ersten Texten geschrieben.

Der “Picus Verlag” hat seine Bücher in den Neunzigerjahren von denen er einige mit dem ebenfalls 1923 geborenen und 2005 verstorbenen Milo Dor herausgegeben und den habe ich besser gekannt bin ich da ja schon regeläßig zu Literaturveranstaltungen gegangen. Kann mich an ein Fest zu wahrscheinlich einem runden Gebrutstag erinnern und habe ihn als ich ebenfalls in den Neunzigerjahren das erste Mal in Leipzig war, auch den Weg zum Österreich Cafe gezeigt.

Von den “Picus-Büchern” den Kriminalromanen, aber auch das jetzt aufgelegte, das 1959 in München erschienen ist, 1993 von “Picus “wiederaufgelegt worden, hat doch seine Tochter Dorothea Löcker 1984 mit Alexander Potyka den “Picus-Verlag” gegründet und ich habe mir das Buch, wie auch die mit Milo Dor geschriebenen Krimis “Internationale Zone”, “Und einer folgt den anderen” ,”Und wenn sie nicht gestorben sind”, wahrscheinlich von meinen Vater zu Weihnachten schenken lassen, ob ich sie gelesen habe, kann ich mich nicht mehr daran erinnern, glaube es aber schon, obwohl nicht viel hängen geblieben ist.

Dann habe ich in meinen Bibliothekskatalog noch einige andere der Federmann Bücher gefunden, nämlich das 1963 erschienene Stiansy Buch “Der schielende Engel”, ja diese Ausgaben habe ich auch aufgekauft, “Die Chronik einer Nacht” ist auch eine “Picus-Neuauflage” von 1988 und eines seiner Solobücher, “Die Abenteuer des Herrn Rafaeljan” auch mit Milo Dor geschrieben, habe ich wohl im Bücherschrank gefunden, also acht Treffer und jetzt zum hundersten Geburtstag hat “Picus”, das “Himmelreich der Lügner” neu herausgegeben und als ich das gesehen habe, habe ich das “DichtFest” zum dem ich sonst wahrscheinlich in die “Alte Schmiede” gegangen wäre und zu dem ich auch eingeladen wurde, fallengelassen, bin in die “Gesellschaft” gegangen und habe mir gedacht, daß ich jetzt schon lange nichts mehr von Reinhard Federmann gehört habe.

Daß er vor zwei Tagen seinen hundersten Geburtstag hatte, habe ich da noch gar nicht gewusst und auch nicht, daß Milo Dor im März den seinen feiern würde und interessanter Weise war die “Gesellschaft” im Gegensatz zu den letzten drei Veranstaltungen, wo ich dort war, sehr voll, so daß ich schon fast befürchtete keinen Platz bekommen.

Dann habe ich mich, weil ich seit Corona ja auf Abstand halte, in die erste Reihe gesetzt. Es waren aber so viele Leute da, daß die sehr gefüllt wurde, so bin ich dann neben Alexander Potyka“, gesessen und habe ein bisschen seinem Gespräch mit wahrscheinlich auch einem Federmann- Experten belauschen können. So habe ich erfahren, daß es auch einen französisch amerikanischen Schriftsteller namens Raymond Ferman gibt und die 1948 geborene Dorothea Löcker ist am Podium neben dem Germanisten und Federmann-Experten Günther Stocker gesessen und hat ein Gespräch mit ihr über die Herausgabe und ihren Vater geführt.

Bettina Roßbacher hat zwei Textstellen gelesen und die waren wirklich sehr interessant und sehr beeindruckend. Vorher hat Günther Stocker etwas über Buch und Inhalt erzählt und auch ein sehr bekanntes Bild von der “Gruppe 47” gezeigt, wo man Milo Dor, Ingeborg Bachmann, Paul Celan und dann noch eine Hand mit einer Zigarette sehen kann. Die stammt, erraten, von Reinhard Federmann, der oauch dort eingeladen war und gelesen hat, sich aber eher im Hintergrund gehalten hat oder gehalten wurde, denn er hat mit Milo Dor sehr politische Romane geschrieben, während die jungen Dichter um Hans Weigel oder auch die “Wiener Gruppe” ganz anders geschrieben haben.

Ob das die Kriegsverleugner waren, wie der Germanist andeutete, weiß ich gar nicht so genau und würde es nicht behaupten, denn ich habe in der Bibliothek meiner Eltern auch sehr früh geschriebene Kriegsromane gefunden, so zum Beispiel das von Paula Wallisch, die über ihren Mann der nach dem Februaraufstand hingerichtet wurde “Ein Held stirbt” geschrieben hat und dann habe ich auch die “Büchergilde Gutenberg-Bücher” meines Vaters gelesen.

Reinhard Federmann wurde, obwohl der jüdischer Abstammung war, 1942 zur Wehrmacht eingezogen und an die Ostfront geschickt.Von da kam er mit einem Leberleiden, an dem er wahrscheinlich auch sehr jung gestorben ist, nach Wien zurck. Er war mit Milo Dor befreundet und seine Tochter hat die Beiden, wie sie im Gespräch erklärte, beim Schreiben ihrer Bücher beobachten können. Reinhard Federmann war Mitglied des PENs und schließlich auch dessen Generalsekretär, hat die bewusste Literaturzeitschrift gegründet und viele Bücher, darunter auch Unterhaltungsromane und Witzbcher geschrieben, darunter auch den “Grotsken Witz”, das ich offenbar auch einmal gefunden habe, denn er mußte eine vierköpfige Familie ernähren und Dorothea Löcker meinte, daß ihr Vater gar nicht so konservativ gewesen wäre, wie man vielleicht unterstellt.

Milo Dor ist aber auch, glaube ich, beim PEN gewesen und 1972 mit Gerhard Ruiss die IG-Autoren dessen Präsident er lange war, gegründet, 1973 hat sich die GAV gegründet. Da ist Reinhard Federmann nicht mitgegangen, hat aber geschrieben und geschrieben, den PEN verwaltet und seine Literaturzeitschrift herausgebracht und die zwei Stellen aus dem Roman, der mit dem 12. Februar 1934 beginnt, mit beim Ungarnaufstand von 1956 endet und von fünf sozialistischen Jugendlichen und ihren Weg durch den Krieg handelt, die Bettina Rossbacher gelesen hat, begannen am eben jenen 12. Februar. Da hat sich der Protagonist bei einem Rechtsanwalt versteckt und bedauert, daß der Aufstand an ihm vorbeigegangen ist. Später ist er nach Moskau geflüchtet und dann 1945 als Soldat der roten Armee in das zerbombte Wien zurückgekommen und die Wohnung besucht, wo er drei Jahre als Untermieter gelebt hat und sich nach seinen Jugendfreunden und ihren Schicksal erkundigt.

Ein sehr interessantes Buch, das ich mir diesmal nicht zu kaufen brauchte. Ich müßte es vielleicht wieder lesen. Aber angesichts meiner überlangen Leseliste werde ich das nicht ganz schaffen und lese derzeit auch ein sehr interessantes Buch, das von einem inzwischen Hundertsechzehnjährigen handelt, der in Wien geboren wurde und den es nach oder vor dem Krieg nach Istanbul verschlagen hat.

Zum hundersten Geburtstag von Vera Ferra Mikura

Ich bin ja, wie ich immer schreibe, in einem der alten Zwischenkriegsgemeindebauten aufgewachsen, der Vater ein aktiver Sozialist, Krankenkassenangestellter, der in seiner Freizeit in der Tanzschule Hernals, die der SPÖ gehörte arbeitete, die Bücher der “Büchergilde Gutenberg” vertrieb, etcetera, was zur Folge hatte, daß ich von den “Kinderfreunden” jedes Jahr ein Buch zu Weihnachten bekam.

So bin ich zu der am vierzehnten Februar 1923 geborenen Vera Ferra Mikura beziehungsweise ihren Büchern gekommen, die damals in den Neunzehnsechzigerjahren zumindestens in den sozialistschen Kreisen en vogue war.

Die “Drei Stanisläuse”, “Zwölf Leute sind kein Dutzend”, “Peppi und die doppelte Welt”, “Meine Freundin Rosine”, Titel, die heute noch bekannt sind, obwohl die Autorin, die zu meinen Erstaunen erst 1997 gestorben ist, inzwischen ziemlich vergessen ist oder vielleicht richtiger, wird sie inzwischen wieder entdeckt.

So ist vor kurzem ihr Nachkriegsroman für Erwachsene, “Die Sackgasse”, 1947, erschienen, wieder auferlegt worden und jetzt zu meinen Überraschen in den “Gedanken für den Tag”, Christian Teissl, den 1979 geborenen Lyriker, mit dem ich am Skriptorium in Seitenstetten teilnehmen sollte und der inzwischen auch Präsident oder Vorstand des Schriftstellerverbandes ist “Schreiben als literarische Luftnummer”, eine Gedenksendung zu der Autorin, die als Gertrud Mikura in Wien geboren wurde, 1948 den Statsoperntänzer Ludwig Mikura geheiratet hat und seit dieser auch Zeit als freie Schriftstellerin tätig wir.

Ihr Gedichtband “Melodie am Morgen”, den Christian Teissl zitierte, ist schon 1946 erschienen, dann kam der bisher wahrscheinlich unbekannte Roman und dann die Kinderbücher.

“Der seltsame Herr Sauerampfer”, ein Titel, der mir bekannt erscheint, ist 1957 erschienen. Ich habe aber, wie ich zu meinen Erstaunen feststellte, als ich in meinen Biblothekskatalog nachsah, nur drei ihrer Büchher, nämlich “Lustig singt die Regentonne”, die schon erwähnte “Freundin Rosine”, die mich sehr beeindruckt hat, eher ein Jugendbuch und dann noch die 1959 bei “Bergland” erschienene Erzählung “Die Lektion”.

Also nicht einmal “Die drei Stanisläuse”, an die ich mich lebhaft erinnern kann. Aber vielleicht habe ich die Bücher verschenkt. Als ich in der Otto Bauer Gasse wohnte, habe ich öfter meine Kinderbücher den jugoslawischen Nachbarkinder gegeben oder sie in der Hauptschule gelesen.

An den “Peppi und die doppelte Welt”, 1963 erschienen, wahrscheinlich aus der Hauptschulbücherlande, kann ich mich lebhaft erinnern, geht es da doch, um ein Scheidungskind, das die eine Wochenhälte bei der Mama, die andere bei dem Papa lebt. Am Sonntag Mittag ist die Übergabe und da ist da das Problem, glaube ich, daß der Peppi da Schwieigkeiten mit dem Mittagessen hat, weil er das dann zweimal bekommt und niemanden kränken will.

“Die Freundin Rosine” schildert ein Außenseiterkind mit Komplexen. Also auch sehr sozialkritisch und so hätte ich Vera Ferra Mikura, die ich für eine Vorgängerin der berühmten Christine Nöstlinger halten würde, auch eingeschätzt und lese jetzt mit Erstaunen bei “Wikipedia” daß ihre Bücher auch phantastische Elemente, also, die des magischen Realismus enthalten. Ja für Kinder ist die <phantasie sehr wichtig, da liest es sich wahrscheinlich leichter und da kann man die Realität auch sehr gut hinüberbringen.

Vera Verra Mikura also meine Kinderbucherinnerungsautorin, deren Bücher ich, wie, die von Friedrich Feld, die auch unter dem Christbaum lagen, gern gelesen habe.

In der Hauptschulbücherlade, wo man sich die Bücher ausborgen konnte, lag, glaube ich, auch ein Buch der Erika Mitterer “Kleine Damengröße”, die ja eher dem bürgerlichen Lager zuzurechnen ist. Das habe ich, glaube ich, einmal versucht abzuschreiben, bin aber wahrscheinlich über das erste Kapitel nicht hinausgekommen und jetzt eine Woche in das Werk der Vera Ferra Mikura, die mir trotz des Erzählbandes, als Kinderbuchautorin in Erinnerung ist, eintauchen.

Als das “Wiener Lesetheater” seinen Osterspaziergang, den es nicht mehr gibt, glaube ich, durch die Landstraße machte, sind wir in irgendeinen Gasthaus gesessen, wo wahrscheinlich eine Tochter der Autorin, die Werke ihrer Mutter las, die sich wahrscheinlich nicht nur als Kinderbuchautorin verstand, was man jetzt vielleicht jetzt erst oder wieder entdecken kann.