Dystopische Romane sind ja derzeit en vogue und ich kann mich erinnern, daß ich eigentlich das erste Mal beim deutschen Buchpreislesen bei Heinz Helle darauf gekommen bin. Ja richtig, 1984 habe ich schon als Studentin gelesen und später die “Schöne neue Welt” und da dachte ich, das wäre es.
Dann habe ich mit Stephan Teichgräber das “Utopie-Workshop” gemacht und bewußt einige solcher Romane gelesen und ab März 2020 bin ich dann in die dystopische Realität gestoßen und versuche seither aus der Corona-Krise einen dystopischen Roman zu machen. Was derzeit wahrscheinlich nicht geht, denn es ja die Realität in der wir leben, auch wenn vieles sehr skurril erscheint.
In der “Alten Schmiede” hat es vor kurzem eine Veranstaltung über den politischen Roman gegeben. Da wurde Josef Haslinger, Elias Hirschl und Cordula Simon vorgestellt und die hat einen dystopischen Roman geschrieben, der wegen des Titels, den Pripyat ist ja eine ukrainische Stadt, wo die Kämpfe derzeit stattfrinden, die vorher warscheinlich niemand kannte, jetzt ebenfalls eine besondere Aktualität erleben kann. Die 1986 in Graz geborene Cordula Simon hat aber einige Jahre in Odesso gelebt. Sie hat beim “Bachmann-Preis” gelesen, war für den “Alpha” nominiert, da bin ich oder schon vorher im Literaturhaus mit ihr in Kontakt gekommen. Den “Neubauer” habe ich gelesen und jetzt hat mich das Buch natürlich interessiert.
Vielleicht lerne ich da, wie man einen dystoposchen Roman über Corona, schreibt habe ich vielleicht gedacht und das in dem Buch vielleicht ein bißchen gefunden bin im Großen und Ganzen aber ratlos zurückgeblieben, habe vieles nicht verstanden, denn Cordula Simon hat wieder einmal sehr sehr viel in den Roman gepackt, wo man einige Ebene und zwei Erzählstränge erkennen kann.
Einerseits wird man sofort an “1984” erinnert und da denke ich, daß das, was in dem Buch steht inzwischen, wenn auch natürlich anders, inzwischen Realität geworden ist. Wir haben jetzt die technischen Möglichkeiten dazu und die werden offenbar auch sehr ausgenützt und so steht am Buchrücken auch, daß das Buch eigentlich in der Realität spielt oder dieser erstaunlich ähnlich ist.
Es gibt zwei Erzählstränge. Einer spielt im “Jahr des Konsuls” und der andere sechzehn Jahre später und im Teil eins geht es um einen Wettermann namens Sandor Karol, der mit seiner Frau Kata, Tante Brause, der Märchenerzählerin, die Tochter Lyrie hat und da werden jetzt alle gechipt oder geloggt und dieser fragt ständig, ob er etwas speichern soll und schlägt einem zum Wohle aller, ständig etwas vor. Ablehnen kann man nicht und Sandor gerät in Mißgekredit indem er einmal über das Wetter die Wahrheit erzählt, nämlich, daß dieses schon manipuliert werden kann.
Da kommt er dann ins Umerziehungslager, “Oase” genannt, verschwindet schließlich und der andere Strang, die Beiden werden abwechselnd erzählt, geht es um einige Jugendliche, die in den Ferien in ein Umerziehungslager geschickt werden und dort ausbrechen, um die “Goldene Stadt” und den Konsul zu suchen. Nach und nach erfährt man, daß dieser Sandor Karol ist, wie der von seinen Umerziehungslagern und Log-Kontrollen dorthin gekommen ist, habe ich nicht ganz verstanden. Am Schluß erfährt man aber, daß es ihn ohnehin nicht gegeben hat und seine Frau wurde irgendwo Präsidentin, was ich auch nicht ganz nachvollziehen konnte
Da gibt es eine Emma, die in der Märchenwelt der Tante Brause lebt und da muß ich schreiben, daß Cordula Simon, einerseits sehr dystopisch ist und höchst aktuelle Dinge, wie die Ungleichheit der Sprache ,die abgeschafft werden soll, erzählt.
“Schokolade”, sagt man nicht mehr, heißt es da beispielsweise, dann aber wieder sehr märchenhaft altmodisch ist. So heißt der Ort, wo das Lager stattfindet “Untermürbwies”, was mich an die Ortsbenenneungen in Barbara Frischmuths Kinderbücher denken ließ und eines der Märchen, an die sich Emma, die von ihren Eltern ja bei Tante Brause vor dem Fernsehapparat abgestellt wurde, sind die “Wölfe von Pripyat. Die sind aber gleichzeitig eine Terrorgruppe, die das System brechen wollen und Potz, ein anderer Jungendlicher ist ein solcher. Der such also mit Emma die “Goldene Stadt”, was ja auch ein bißchen altmodisch klingt, während Jacky in einem Lager sitzt und Briefe an ihren “Liebsten” schreibt und Gruber sucht nach Jacky und glaubt ,er wäre dieser. Jacky wurde auch von Tante Brause aufgezogen oder bei ihr abgegeben, nachdem sich ihre Mutter umgebracht hat und so geht es auf fast vierhundert Seiten dahin und ich denke wieder, man könnte drei bis fünf ganz verschiedene Romane daraus machen und bin ich mir über das Ende auch nicht ganz klar. Aber trotzdem war es interessant das Buch zu lesen, um zu sehen, wie andere dystopische Romane schreiben und habe auch sehr lang dazu gebraucht.