Vati

Monika Helfers Vati” ist das elfte deutsche Buchpreisbuch, das dritte auf der öst List ,das ich gelesen habe, beim deutschen Buchpreis ist es auf die Shortlist gekommen, beim Öst kann ich mir das auch gut vorstellen und sogar als das Preisbuch denken.

Mal sehen, mit “Bagage” dem Vorläuferbuch ist die 1947 geboreneschon im Vorjahr auf der Öst gestanden auf der dBp mit “Schau mich an wenn ich mit dir rede” und kennengelernt habe ich die Frau von Michael Köhlmeier und Mutter der Paula, glaube ich, bei einer langen Hörspielnacht, wo eines ihrer Hörspiele vorgestellt wurde. Ich war einmal in der “AS” bei einer Buchpräsentation und hatte da wie ich mich erinnern kann mit dem vorgestellten Buch Schwierigkeiten, über “Bagage” habe ich, glaube ich, auch drübergelesen und wenn ich die Blogger davon schwärmen hörte, habe ich das nicht ganz verstanden.

Jetzt verstehe ich es, denn es wäre neben den “Kameradinnen” und dem “Dracula-Buch” das dritte Shortlist Buch, vielleicht weil es darin über Bücher geht, denn der Vati, Sohn aus ärmlichen Verhältnissen war wahrscheinlich ein ähnicher Büchernarr , wie ich und hat einmal ein Buch abgeschrieben, was ich, wie ich mich erinnern kann, bei einem Jugenbuch vielleicht war es “Kleine Damengröße” von Erika Mitterer in meiner Hauptschulzeit auch einmal versuchte, bin aber,glaube ich, nicht so weit wie der Vati von Monika Helfer damit gekommen, der sich Vati nennen ließ, weil er das für modern hielt und das war es damals auch, denn so haben wir zu unseren Eltern auch gesagt und Monika Helfers Buch fällt meiner Meinung nach durch ihre Sprache auf, die nur vordergründlig einfach ist, weil hier der Dialekt, glaube ich, kunstvoll eingeflochten ist, obwohl das, was sie da erzählt, ja vordergründig schlicht ist, was auch die Blogger bemerkten und meinten, daß es ein gut lesbares Buch für alle wäre und daher auf die Buchpreisliste gehört, da habe ich noch gewundert, daß die Familiengeschichte, der Monika Helfer wirklich alle Schwiergermütter unter dem Christbaum haben wollen, obwohl es, glaube ich, viel und gut besprochen wurde.

Da ist also, der Vati im Lungau aufgewachsen, Sohn einer sehr armen Magd, die nicht einmal den Sonntagsstaat besaß, der Vati war der illegitime Sohn des Bauern und hat schon frühzeitig aus einer alten Zeitung lesen gelernt, das heißt, sich selber beigebracht. In der Schule war er Vorzugschüler und eine Bibliothek hat es bei einem Baumeister gegeben mit dessen Sohn er in die einklassige Volksschule ging. Dort ist er immer lesen gegangen, der Baumeister förderte das, bis er darauf kam, daß er Scotts “Ivanhoe” in geklaute Schulhefte abschrieb. Da graute ihm dann vor dem Josef, das heißt, er schenkte ihm das Buch und hat ihm nie mehr eingeladen. Ins Gymnasium ist der Josef trotzdem gekommen.Durch Vermittlung des Priesters. Das sollte er dann auch werden. Kam aber nicht so weit, weil er ähnlich, wie mein Schwiegervater, noch vor der Matura einrücken mußte und dann im Rußland ein Bein verlor. Monika Helfers Mutter hat er in einem Lazarett kennengelernt, wo sie Krankenschwester war und ,die kennen wir schon von der “Bagage,” weil da ja die mütterliche Familie beschrieben wurde.

Nach dem Krieg wurde der Vater, der eigentlich studieren wollte, Verwalter eines Kriegsversehrtenheims auf der Tschengla, das einem deutschen Verein gehörte. Da kamen nur ein paar Monate des Jahres die Kriegsversehrten hin. Einen, den der Krieg das halbe Hirn weggeschoßen hatte und der, der Sohn eines Geisteswissenschaftlers war, hat er ein ganzes Jahr dort behalten und für ihn Leseabende veranstaltet. Dafür hat der Vater, dem Heim eine Bibliothek mit Kant-, Hegel- Schillerbänden und was auch immer in schönen Lederbänden vermacht und als das Heim in ein Hotel verwandelt wrerden sollte, das keine solche brauchen würde, hat der Vater, der inzwischen zu studieren angefangen hat, einen Teil der Bücher abgezwickt, sich aber, als einer vom Verein kam, der das Inventar überprüfen sollte, einen Selbstmordversuch in seinem Labaratorium, er wollte Chemie studieren, gemacht.

Monika Helfer hatte, glaube ich, eine ältere Schwester und einen kleineren Bruder. Die zweite Schwester Renate, die später in Berlin lebte, wurde auch geboren und die Mutter starb bald darauf an Kriebs, was den Vater sehr verstörte. Die Kinder wurden auseinandergerissen, zu verschiedenen Verwandten gebracht. Er lebte einige Zeit in einem Kloster, bis ihm eine zweite Frau, die Stiefmutter, vermittelt wurde, die die Knder wieder zusammenbrachte. Der Vater arbeitete im Finanzamt, bekam noch zwei Kinder und später, in seiner Pension, wurde er Leiter einer Leihbbliothek, wo er sich die Bücher aussuchen durfte und von denen wurde er dann in seinem siebenundsechzigsten Jahr fast erschlagen, etwas was mir der Alfred auch schon propezeite.

Ein interessantess Buch, das mir packender als die “Bagage” erscheint, dssen Inhalt, ich gestehen muß, schon fast vergessen habe. Monika Helfer kommt immer wieder in die Gegenwart, erwähnt die Tochter Paula, ihren Mann, der seltsamerweise keinen Namen hat und die Armut ihrer Kindheit wird immer wieder thematisiert. Ihr literarischer Aufstieg nicht, nur daß sie dem Vati ihre ersten zwei Bücher brachte, die er dann, glaube ich, in seiner Bibliothek neben Heine reihte.

Velleicht wird das im nächsten Buch thematisiert und seien wir gespannt, ob und welche Buchpreisträgerin sie werden wird.

Interessant ist auch, daß dem Buch, das mir “Hanser” freundlicherweise in Printform schickte, eine Karte beilag, in dem mir viel Freunde am Bloggen und mit dem Buchpreis gewünscht wurde und die habe ich auch.

Fremde Seele, dunkler Wald

Jetzt kommt Buch fünfzehn des dBP, das dort auch auf der Shortlist steht und das erste des öst Buchpreises.

“Fremde Seele, dunkler Wald”, des 1982 geborenen Reinhard Kaiser-Mühleckers, des jungen österreichischen Superstars, der mit seiner “neuen Heimatromantik”, etwas, das der Autor, glaube ich, nicht so gerne hören will, wie er auf der Lesung in der “Gesellschaft für Literatur” vor zwei Wochen sagte, großes Furore machte.

Der titel ist ein Turgenjew-Zitat, das auf der ersten Seite steht:

“Du weißt ja eine fremde Seele ist, wie ein dunkler Wald” und von Peter Handke steht am Klappentext “Zwischen Stifter und Hamsum  sind Sie ein Dritter!, etwas, was der junge Autor vielleicht auch nicht so gerne hören will und ich habe mir mit dem “Langen Gang über die Stationen”, glaube ich, ein bißchen schwer getan, “Wiedersehen in Fiumicino”, hat mich, glaube  ich, auch nicht so beeindruckt, von der Lesung vor zwei Wochen war ich es aber, denn der junge Mann hat einen wirklich sehr dichten Stil.

Er übertreibt auch nicht so sehr, wie die anderen großen Namen, die auf der deutschen Liste stehen und wirkt dadurch authentischer und das Thema ist auch sehr interessant.

Ich weiß, Kaiser- Mühlecker mag den Vergleich mit Rosegger nicht und der letztere wurde ja von einigen Literaturwissenschaftler inzwischen auch vom Kanon gestrichen, aber “Jakob der letzte”, das ich vor einigen Jahren gelesen habe, hat mich sehr beeindruckt.

Und warum darf man “Heimat” nicht mehr sagen oder über sie schreiben, nur weil die Freiheitlichen diesesn Begriff verwenden, gibt es ja trotzdem Leute, die am Land leben und wenn die noch verächtlich gemacht oder übersehen werden und sich die große Literatur nur, um die Midlifekrisen oder das Älterwerden der großen Dichter oder die Experimente der Literaturinstitutabgänger handelt, hilft das glaube ich auch nicht sehr.

“Fremde Seele, dunkler Wald”, spielt in der Gegend, um den Magdalenenberg, in ÖO vermutlich, wo auch der Autor herkommt und “Magdalenenberg” heißt ja auch sein zweiter Roman und es geht, um eine Familie, beziehungsweise um das Leben und die Suche von zwei Brüdern, Alexander und Jakob, etwa dreißig der eine, ein Alter in dem ja auch der Autor ist, der zweite viel jünger, so zwischen sechzehn und achtzehn.

Jakob lebt noch am Hof und führt ihn auch, weil er zu Beginn des Buches zu jung für eine Lehrstelle ist, da gibt es noch den Vater, einen Taugenichts, der die Felder verkauft und immer von seinen großen Plänen spricht, eine schweigende und kochende Mutter, einen Großvater mit Geld, das er dem Sohn nicht gibt und dem Enkel nur verspricht und eine Großmutter, die alles erbt und das Geld schließlich den “Freiheitlichen” vermacht.

Man sieht, es ist auch ein Buch mit kleinen Anpielungen und das Zeitgeschehen, die Besetzung der Krim durch die Russen oder die Mordfälle in der Gegend kommen auch vor.

Alexander, der ältere, der einmal Priester werden wollte, dann zum Militär und in den Kovovo ging, kommt zu Beginn zu einem Urlaub oder einen Krankenstand heim. Er hat irgendwie den Sinn verloren, verbringt seine Zeit in Gasthäusern und bemerkt ein seltsames Kreuz am Magdalenenberg.

Der Bruder erzählt ihm, das hätten wahrscheinlich die “neuen Christen” aufgestellt, eine seltsame Vereinigung, um eine Elvira, mit der Alexander einmal eine Beziehung hatte, weshalb er auch das Priesterseminar verlassen hat.

Der Großvater stirbt, Alexander läßt sich nach Wien ins Verteidigungsministerium versetzen, Jakob fängt eine Beziehung zu einer Nina an, die ein Kind erwartet, das, wie sich später herausstellt, nicht das seine, sondern von seinem Freund Markus ist.

Der bringt sich um, Jakob verläßt Nina und das Kind, weil er ihren Geruch, eine  der  beeindruckensten Schilderungen, der Sprache unserer Seele, die ja nach Arthur Schnitzler ein “weites Land” ist, die ich in letzter Zeit gelesen habe und verliert seine Stelle als Leiharbeiter, wo er seit einiger Zeit tätig war, weil ihm die Großmutter keinen Hof kaufen will, wegen Gerüchte, es hätte neben Markus einen zweiten Strick gegeben und sein Motorrad wäre am Tatort gesehen worden.

Am Schluß meldet  er sich auch zum Heer, während Alexander in eine Krise wegen seiner Geliebten, die die Frau eines seiner Vorgesetzten ist, gerät.

Beinahe zusammenhanglos in schlichter Sprache wird das, was in mehr oder weniger Intenistät wahrscheinlich in jedem Dorf passiert, von Reinhard Kaiser-Mühlecker erzählt.

“Ein mit biblischer Wucht erzählter Roman um Familientragödien und Befreiungsversuche”, schreibt Paul Jandl in der “Literarischen Welt” und am Buchrücken.

Ob die Befreiiungsversuche gelingen, ist fraglich, ebenso, ob Reinhard Kaiser Mühlecker damit auch auf die öst List kommt.

Das heißt am nächsten Dienstag werden wir es wissen. Ich hette dafür ja schon sieben bis acht andere Kanditaten, kann mich dem allgemeinen Lob aber nur anschließen, nach soviel Midlifekrises selbstverliebter älterer Männer,   Sprachverspieltheit und soviel literarische Konstruktion, ein erstaunlich schlichtes Buch mit hautnahen Themen, wie sie wahrscheinlich nicht nur am Land passieren.

Also  vielleicht doch ein Buch, das auf meine persönliche deutsche Shortlist kommt, wo ja auch erst zwei Titel stehen und Jochen Kienbaum, der offizielle Bücherblogger heuer von dieser Longlist auch enttäuscht wurde.

Dem will ich mich nicht unbedingt anschließen, aber ein bißchen konstruiert und ausgesucht ist es schon, was uns da, als das angelblich Beste im deutschsprachigen Leseherbst erwartet. Spannend ist diese Bandbreite aber unbedingt und wenn man so viel am Stück und auf Zeitdruck liest, wird man vielleicht auch anspruchsvoll und mäkelt herum, was auch nicht gut ist, denn es ist ja ein sehr hohes Niveau auf dem wir uns befinden.