Blaue Frau

Buch achtzehn des dBps, das letzte der Shortlist und das Siegerbuch, außerdem gehört es noch zu den der fünf aufmüpfigen diversen Frauen, ist auf meiner Shortlist und ich denke auch, daß es meinen bisherigen Favoritentip nämlich “Identit” verdrängt. Ferdinand Schmalz habe ich noch nicht gelesen, mal sehen ob er auf meine Shortlist kommt?

Und die 1974 in Potsdam geborene Antje Ravic Strubel, die wahrscheinlich auch einmal in Klagenfurt gelesen kann, kenne ich, weil ich einmal ein paar ihrer Bücher aus der “Buchlandungs-Averkaufsliste” fand, sie gelesen oder überflogen habe. Sehr beeindruckt haben sie mich, glaube ich, nicht. Dann hat sie in Leipzig als ich gerade “Paul und Paula” geschrieben habe, aus den “Wäldern des menschlichen Herzen” gelesen und vor kurzem war sie in der “Gesellschaft” und hat dort über die “Blaue Frau” gesprochen.

Weil das Buch erst spät zu mir gekommen ist, habe ich vorher schon einiges darüber gehört. Einigen Bloggern hat es gefallen, anderen glaube ih auch nicht. Ich habe es eher für ein Transbuch gehalten, weil sich Antje Ravic Strubel ja, glaube ich, auch dazu bekennt, es ist aber ein Buch über die Gewalt an Frauen und da wird das Thema sicher literarischer, als bei Bettina Wilpert und es spricht sich auch gegen die Diskriminierung aus.

Vor allem ist es, glaube ich, hervorragend geschrieben, poetisch und literarisch und die Hauptperson Adina, eine junge Tschechin ist schon in “Unter Schnee” vorgekommen. Die ist als die letzte oder einzige Jugendlichen in einem kleinen tschechischen Ort im Riesengebirge aufgewachsen. Nennt sich in Chats “Der letzte Mohikaner” und geht dann nach Deutschland, um zu studieren. Lernt dort eine Fotografin kenne und macht ein Praktikum in der Uckermarck. Dort erlebt sie sexuelle Gewalt, flüchtet damit, weil das niemand ernst nimmt, nach Helinski ,verkriecht sich dort in einen Plattenbau und die Geschichte beginnt.

Sie wird also von hinten nach vorne aufgewickelt und dazwischen gibt es immer wieder die “Blaue Frau-Passagen”, wo sich eine Schriftstellerin, ich interpretiere sie als die Autorin über das Schreiben unterhält, also so etwas wie das “Kaffeetrinken mit der Poesie” der Simone Hirth.

Es gibt auch noch einen Leonides, einen estnischen Europaabgeordneten, mit dem Adina ein Verhältnis hat und der will an ihren Peiniger einen Menschenrechtspreis vergeben, worauf sie ihn verläßt, das führt wieder zu der Frage, ob man das Werk von der Person trennen darf?

Bei einem Menschenrechtspreis würde ich sagen, der gehört vielleicht nicht an einem Grapscher, aber da haben sich schon mehrer “weiße ältere Politiker” an jungen Frauen vergriffen oder die sind vielleicht fünf jahre später kurz vor der Wahl daraufgekommen, daß sie das thematisieren könnten. Man sieht das Thema ist vielschichtig und ich denke immer noch, daß die Weinheber-Gedicht trotzdem großartig bleiben, auch wenn er ein überzeugter Nazi war und generell denke ich, wenn sich alle an den Hausverstand oder die zehn Gebote halten, wäre die Welt viel besser.

Dann gäbe es aber vielleicht auch keine Bücher, wie dieses und Andina kreist auch um die Frage, ob sie das zur Anzeige bringen soll? Die Anwältin rät ab, weil die Aussichten, daß ihr geglaubt wird, sehr gering und Antje Ravic Strubel hat, glaube ich, bei der Preisverleihung auch gesagt, daß sie während des Schreibens, sie hat acht jahre für das Buch gebraucht, daraufgekommen ist, wie häufig Gewalt an Frauen passiert.

Also auch ein sehr politisches Buch, wo ich wieder schreiben werde, daß es mir das literarischer, als bei Olga Flor ausgedrückt, vorkommt.

In den Wäldern des menschlichen Herzens

Der 1974 in Potsdam geborenen Antje Ravic Strubel, die 2001 beim Bachmannpreis gewonnen hat, hat mit dem, wie am Cover steht, Episodenroman “In den Wäldern des menschlichen Herzens” einen Reigen des einundzwanzigsten Jahrhunderts geschrieben, wo es hauptsächlich um Frauenbeziehungen geht, aber auch eine Transgender Person, was der Grund auch war, weshalb ich das Buch anfragte und gelegentlich ein Mann, spielen eine Rolle.

Der Schausplatz ist die moderne globalisierte Welt, wo wir ja so leicht von einem Kontintent in den anderen fliegen und auch unsere Wohnort wechseln, also von Berlin nach Amerika oder nach Schweden ziehen, weshalb die Umwelt verschmutzt, so daß man sich dann auch in die modernen Naturoasen,  wie in die Wüsten bei L.A oder in die schwedischen und norwegischen Fjorde zum Kanufahren und Marathonlaufen begibt, wo man sich vor den Mückenschwärmen schützen muß.

Katja, Rene, Leigh, Faye, Emily, Helen, Sara etcetera spielen eine Rolle und flattern in wechselnden Beziehungen durch die Kapiteln, in denen man nach und nach eine Handlung erkennt.

Ich habe das ja in den “Dreizehn Kapitel”, wo es nicht um Sex geht, auch einmal versucht, jetzt weiß ich, daß das “Episodenroman” heißt und Sex spielt in den Episoden eine große Rolle. Es geht um Sex und um menschliche Beziehungen, allerdings in einer viel moderenen Art (no na), als bei Arthur Schnitzer, obwohl es ein Weihnachtskapitel gibt, das mich an seinen “Anatol” erinnerte.

Also, Katja und Rene fahren zum Kanaufahren nach Schweden und Katja gesteht der Journalistin, die ein Crossover zwischen einem Reiseführer und einem Reiseroman mit fiktiven Elementen schreiben will, daß ihr die Beziehung mit ihr keinen Spaß mehr macht, so läßt sie “Katjuscha” zurück und im nächsten Kapitel sind wir in Kalifornien, wo Emily, mit Leigh, der einmal ein Mädchen war, in die Wüste fährt und dort verschwindet.

Sie taucht dann etwas später in Hiddensee, in Deutschland auf, wo sie kellnert und noch nicht so gut Deutsch spricht, daß sie Kinder, die Quallen quälen zurechtweisen könnte.

Sie ist die Tochter von reichen Eltern, die ihr Geld mit dem Verkauf an Wasserrechten verdienen, als sie das anprangert, wird sie entführt und in der Wüste ausgesetzt. In der Bar in der sie in Deutschland arbeitet, lernt sie Rene kennen, übersetzt ihr Buch und stellt es mit ihr in Manhatten bei einem Übersetzerkongreß vor.

Es soll auch groß, allerdings in einer anderen Übersetzung, herauskommten, was zur Beziehungskrise zwischen ihr und Rene führt und die gibt es bei zwischen Faith, Emilys Freundin, die einmal mit Leigh in die Wüste fuhr, um nach Emily zu suchen, sich jetzt aber in Schweden in einer Dreierbeziehung vorfindet, auch und am eindrucksvoll- skurillsten fand ich die Sznene, wo Helen, das ist eine Frau aus dieser Dreierbeziehung, nach Berlin fliegen will, am Flughafen aber eine Frau sieht, die nach Münschen will. Sie ändert ihren Plan, folgt ihr ins Hotel, das sie sich eigentlich nicht leisten kann und wird von der Rezeptionistin angerufen, die ihr sagt, daß sie die Polzei rufen will, weil unten in der Lobby eine verrückte Alte eine Party feiern will. Sie geht dann hinunter, um sich an den Freigetränken zu bedienen.

Am Schluß wird es ein wenig unverständlich, denn da fährt eine “sie” mit einem Katt durch Mecklenburg, Vorpommern, ein alter Mann rennt in ihr Auto, niemand der Alten in dem Dorf hilft ihm, denn in der DDR hat man die Unbequemen dorthin ausgesetzt und die Erzählerin entdeckt in Katts Aufzeichnungen, den Namen “Katjuscha” und die Beschreibung “Es ging um Sex. Sex in Hotels, auf Felsen, in Bars, nüchtern, drastisch, verliebt” und der Reigen hat sich geschlossen.

Ich habe Antje Ravic Strubel, wie schon erwähnt durch ihren Text beim Bachmannpreis kennengelernt, die ich mir damals, glaube ic,h noch ausdruckte und nachlas und dann 2003 oder vier oder fünf, als es in der “Buchlandung” die Ein-Euro Bücher gab, einiges von ihr entdeckt und auch gelesen, aber wie ich mich erinnern kann, eher unverständlich gefunden.

Jetzt habe ich vor ein paar Tagen “Tupolew 134” von ihr im Schrank gefunden.

“Kältere Schichten” war 2007 für den “Leipziger Buchpreis” nominiert, mit “Sturz der Tage in der Nacht” ist sie 2011 auf der  LL des “Deutschen Buchpreises” gestanden.

Jetzt habe ich sie in Leipzig auf dem “blauen Sofa gehört, wo sie sagte, daß wir immer noch sehr wenig Ahnung über die verschiednenen Beziehungsformen haben und beispielsweise, Transsex mit Transgender verwechseln, was aber, wenn ich  John Irving richtig verstanden habe, eine Veränderung der Sprache ist, so daß man heute zu dem, was früher Transsex war, heute politisch korrekt Transgender sagt.

Und verändert hat sich, wie das Buch deutlich zeigt, auch sonst sehr viel.