Das Verhängnis

Weiter geht es mit dem Lesen mit John Knittel und einem beziehungsweise drei Bücher, aus dem Bücherkasten meiner Eltern.

“Via Mala” ein berühmter Titel, der in den Ohren klingt und wahrscheinlich längst vergriffen, aber öfter in den Bücherschränken zu finden ist, für die Schwiegermutter habe ich einmal einen Band herausgeholt und mich nun selber an die drei Leinenbände, der “Büchergilde Gutenberg” von 1937 herangemacht.

“Das Verhängnis”, “Das Schicksal”,”Die Erlösung”, es war gar nicht so einfach, die richtige Reihenfolge der Trilogie herauszufinden. Auf meiner Leseliste steht es auch falsch angeschrieben, denn in den Büchern steht “Via Mala” Roman und auf der nächsten Seite dann einer der oben genannten Titel und das I II II kann man nur ganz klein in den Fußnoten entdecken.

So war das bei den Büchern des vorigen  Jahrhunderts, keine Inhaltsangabe, keine Biographie, etc und nachgooglen konnte man auch nichts. Wie haben das die Leser damals gemacht, könnte man fragen, während sich heute die Blogger darüber streiten, ob ein seriöser Blog, den Übersetzer eines Buches angeben muß?

Wenn man bei “Wikipedia” nachschaut, erfährt man auch nichts von der richtigen Reihenfolge der Bände, nicht einmal, daß es ein Roman in drei Teilen ist und über John Knittel ist auch nicht sehr viel zu finden, aber doch soviel, daß er ein 1891 in Indien geborener schweizer Autor ist, 1979 in Graubünden gestorben, der seine Werke in Englisch schrieb und offenbar mit “Via Mala” berühmt wurde.

Erstaunlich global könnte man meinen und nun hineingesprungen, nachdem ich  herausbekommen habe, daß, die “Erlösung” offenbar doch nicht der Romanbeginn ist.

Leicht ist das Lesen über das Schicksal der ” schlechten Straße”, die von der Stadt Andruss bis zum Yzolla-Hospitz, beziehungsweise der Familie Lauretz, trotzdem nicht, denn John Knittel springt hinein in das Geschehen und man denkt, die ganze Zeit man kennt sich nicht aus oder liest vielleicht doch den falschen Band.

Das ist also der Sägewerkbeseitzer Lauretz, ein schlechter verkommener Mensch, ein Trinker, der ständig mit der Peitsche um sich schlägt, Frau und Kinder verprügelt, die sich vor ihm fürchten, dann aber doch widersprechen, ziemlich widersprüchig. Den Sohn Niklaus hat er zum Krüppel geprügelt, als dieser die Mutter schützen wollte, weshalb er wehruntauglich ist und sich dafür schämt, dann gibt es den behinderten “Mannli”, weil offenbar im Suff gezeugt, die Schwestern Hanna und Silvelie und der Vater hat in der Stadt noch andere Kinder von anderen Frauen und kommt nur gelegentlich in die Sägemühle, um zu prügeln oder in seinem verstaubten Büro nach Plänen für eine Brücke zu suchen, die er bauen soll.

Es herrscht Armut in der Familie, die sich hauptsächlich von Brot und Kartoffeln ernährt und der Vater darf nicht wissen, daß sich Silvelie im Hospitz verdingt, um der Mutter Geld zu bringen. Es gibt auch einen berühmten alten Maler zu dem Silvelie ein besonderes Verhältnis hat und einen Tagelöhner, der den Tyrannen am liebsten erschlagen will, gibt es auch.

Der Alte wird dann verhaftet und wegen “Gotteslästerlichkeit, Sittenlosigkeit, Trunksucht, sowie Ehebruch und Konkubinat”, zu vier Monaten Gefängnis verurteilt.

Silvelie erbt von dem Maler, der an einem Herzschlag stirbt, sein Haus und fünftausend Franken, da sie aber noch nicht volljährlig ist, nimmt der Vater, der inzwischen aus dem Gefängnis entlassen wurde, das Sparbuch an sich und fährt nach Zürich, das Geld abzuheben.

Silverlie fährt auch hin, der Rechtsanwalt und guter Freund des Malers, der sie betreut, kann aber nicht viel ausrichten, so waren in den Neunzehnhundertdreißigerjahren, wo das Buch zu spielen scheint, es gibt Automobile und Silvelie geht in Zürich ins Kino, die Gesetze.

Der Taglöhner  Jöry und Niklaus werden, als der Alte in der Nacht betrunken mit dem Geld zurückkommt aktiv und erschlagen ihn im Beisein der Mutter und der Schwester Hanna,  vergraben seine Leiche. Silvelie wollen sie sagen, er wäre, als er sie nicht angetroffen hat, wütend geworden, hätte fünfhundert Franken auf den Tisch geworfen und geschworen, nie mehr zurückzukommen.

Schließlich erfährt sie das Geheimnis doch, Niolaus stellt sie vor die Wahl, den Mund zu halten oder zum Richter zu gehen und sie alle anzuzeigen. So nimmt sie am nächten Tag ihren Korb und einen Teil des Geldes und verläßt das Haus.

Damit endet der erste Teil.

Hier im Regen

Darf man ein zweites Buch nach dem ersten lesen oder sollte man angesichts der Bücherflut nicht überhaupt bei dem einen Buch pro Autor bleiben und wie ist das mit den Rezensionsexemplaren bei Bloggern? Das ist eine Frage, die “Buzzaldrin” kürzlich wieder stellte, scheinen, die doch Neid zu erregen und da schwirren dann Sätze wie die vom “Bücher abstauben” oder “Ich würde auch all das lesen, wenn ich die Bücher nachgeschmissen kriege!”, durch die Runde und es gibt Blogs, die schreiben groß darauf, daß sie keine solchen nehmen.

Nun  “Bei 30 Grad im Schatten” ist ein Rezensionsexemplar, Anna Jung hat es mir im letzten Jahr freundlicherweise zur Verfügung gestellt und Lorenz Langeneggers Erstling “Hier im Regen” ist das auch oder eher ein Leseexemplar, mit dem Aufdruck, daß man es nicht vor dem 24. 2. 2009 besprechen sollte und in dem Buch, ob gelesen oder ungelesen,  konnte ich nicht herausfinden, lag ein Brief und eine Karte von “Jung und Jung” an die Buchhändlerin Anna Jeller in der Margaretenstraße, mit der Vermutung, daß sie das Buch interessieren und sie es bestellen könnte.

Ob sie das gemacht hat, wieder keine Ahnung, ich bin zu dem Buch jedenfalls durch den “Augustin-Flohmarkt” gekommen, das mir dieses und noch einige schöne andere, die alle vor einigen Jahren auf der dBP Liste standen oder in Klagenfurt gelesen wurden, bescherte, die ich jetzt der Reihe nach hinunterlesen will, denn von Lorenz Langenegger habe ich das erste Mal etwas gehört, als er 2009 in Klagenfurt gelesen hat, sein Text, der mir gut gefallen hat, ist, glaube ich nicht sehr gut angekommen und als dann im Vorjahr das zweite Buch herauskam, war ich neugierig und habe bei “Jung und Jung” angefragt, das erste habe ich 2012 auf die 2015 Leseliste gesetzt, denn ich habe ja leider oder glücklicherweise eine elendslange Leseliste, die einmal die “Deuticke-Pressedame” irriterte, ich aber sehr ernst nehme, denn ich will ja möglichst alle Bücher lesen, obwohl ich inzwischen zu begreifen anfange, daß das nicht gehen wird.

Und um die Frage vom ersten oder zweiten Buch zu beantworten, das habe ich ja auch bei Grace Metalious einmal so gemacht.

Man soll nicht, ist die Antwort die ich mir wieder gebe, denn ich denke, obwohl ich mich an die Eindrücke von “Bei 30 Grad im Schatten” nicht mehr so genau erinnern kann und ich den Autor kurz darauf in Göttweig und in Krems persönlich kennenlernte, denke ich  mit “Hier im Regen” ist dem 1980 in Zürich geborenen Autor etwas Besonderes gelungen und ich würde sogar so weit gehen, ihn mit John Updikes “Rabbit” zu vergleichen.

Da habe ich nur den ersten Band gelesen, würde aber vermuten, die Serienbände reichen nicht daran heran und “30 Grad im Schatten” wahrscheinlich auch nicht, aber wie gesagt, das ist Spekulation, denn jetzt stehe ich ja unter dem Eindruck von Lorenz Langeneggers ersten Roman, der mir in seiner genauen Sprache, in der er die Alltäglichkeiten des Lebens erzählt, sehr sympathisch ist und ich ja selber auch so schreiben will, obwohl ich dann oft höre, “Da passiert ja nichts!” “Oder das ist viel zu banal!” und Literatur, das habe ich ja unlängst erst bei Sigrun Höllriegl wieder gelesen muß überhöht sein und übertreiben, denn sonst ist sie nicht gut.

Ich glaube, das nicht, habe das nie geglaubt und nach der Langenegger Lektüre, bin ich erst recht davon überzeugt, daß man auch das Banale erzählen kann und das wird im Klappentext auch so angesprochen.

“Unspekulärer kann das Setting eines Romans kaum sein, um nicht zu sagen langweiliger.”

Lorenz Langenegger ist das nicht, wie der Klappentexter gleich weiter ausführt und ich fange mit dem Nacherzählen, beziehungsweise dem Spoilern, das ja eine Spezialtät meiner Rezensionen oder Besprechungen ist, an.

Da ist wieder Jakob Walter, ich kenne ihn ja schon, Steuerbeamter, seit fünf Jahren verheiratet, in Bern wohnend und der wacht eines Morgens auf und fragt sich, warum er in Bern wohnt und was er dort macht?

Seine Frau Edith weiß das auch nicht und als er zum Zeitungsfach geht, wundert er sich, die Zeitung ist nicht da, der Nachbar erklärt es ihm gleich, es ist ja heute der erste August, der Schweizer Nationalfeiertag und Freitag ist es auch, warum ist Walter dann so früh aufgestanden?

Das weiß seine Frau, denn sie will ihre Eltern in Winterthur besuchen und am Abend zurückkommen, so geht Walter aus dem Haus, kauft ein Erstverkaufsabzeichen, bekommt eine Autogrammkarte zugesteckt, will seinen Freund Rolf besuchen, ein Kneipenwirt, mit dem ihm eine Freunschaft verbindet, obwohl er ihn schon länger nicht gesehen hat. Aber der ist nicht da, die Kneipe zu und Ruth, eine Alkoholikerin und Stammgästin erklärt ihm, er ist seit einer Woche verschwunden und wahrscheinlich in der Aare ertrunken.

Walter geht zum Bahnhof, bekommt von einer älteren Frau erklärt, wie man den Fahrscheinautomaten bedient, will sich ein Halbpreisabo kaufen und fährt dann zum ganzen Preis nach Locarno, dort geht er in eine Wirtschaft, mietet sich in ein Zimmer ein, das früher wohl vom Großvater des Wirtes bewohnt war, jedenfalls liegen noch seine Kleider im Kasten. Er will noch eine zweite Nacht bleiben, wird von einem ehemaligen Arbeitskollegen angesprochen, der ihn in sein Sommerhaus mitnimmt und ihm dort das Gastzimmer anbietet.

Und weil ein Roman wahrscheinlich trotzdem ein wenig abgehoben sein muß um “Jung und Jung” zu überzeugen, geht Walter in sein Zimmer, um sein Gepäck zu holen, obwohl er keines hat und packt des Großvaters Hemd und ein italienisches Buch in eine Plastiktüte, gut, das ist ein bißchen unlogisch, wie auch Walters plötzliche Krankheit, als er statt in dem Gastzimmer zu übernachten, wieder nach Bern zurückfährt, denn im Fernsehen, sieht er die Aare ist übergegangen, offenbar der Fluß in Bern und er  bildet sich ein, Rolfs Leiche zu sehen.

So will er zurück, der Kollege bringt ihn zum Zug und dort ist er plötzlich krank, weil er in die Aare gesprungen ist. Habe ich etwas überlesen? Aber ich streiche mir ja ohnehin immer alles an.

Er fährt jedenfalls zurück, geht zu Barbara, die mit Rolf befreundet war, erfährt, der war mit einer Anna verheiratet und Walter hat das nicht gewußt.

Die Leiche wird dann auch gefunden und Walter geht wieder in seine Wohnung zurück, um Edith zu erwarten, die einen Tag länger bei ihren Eltern geblieben ist.

Die wundert sich über das Ersttagsabzeichen und die schmutzige Jacke. Walter lügt ihr auch vor, die Wohnung die drei Tage nicht verlassen zu haben und das Leben geht weiter. Die Midlifekrise mit Dreißig ist vorbei. Walter wird am nächsten Morgen wieder ins Steueramt gehen und ein paar Jahre später, statt zu einer Tagung zu fahren, einen anderen Ausflug machen, von dem ich im vorigen Jahr gelesen habe und in zwei drei Jahren wieder ein anderes Abenteuer bis zu seiner Pensionierung erleben, aber das ist jetzt wieder Spekulation. Das weiß ich nicht so genau, denn es gibt ja erst zwei Langenegger- Romane, obwohl ich den Autor, glaube ich, heuer wieder in Krems und Göttweig gesehen habe.

Agnes

Auf Peter Stamms ersten Roman “Agnes” bin ich  durch das “Literaturcafe” aufmerksam geworden, denn da gab es ja 2012 in Deutschland diese Aktion zum “Tag des Buches”, wo man dreißig ausgesuchte Bücher verschenken durfte.

“Agnes” war dabei und Wolfgang Tischer hat sich mit dem Buch und einer Reporterin auf einen Dorf- oder Kleinstadtplatz gestellt und dann eine Glosse darüber geschrieben, daß sich Bücher angeblich nicht verschenken lassen, weil die Leute abwehrend vorbeigegangen sind.

Da habe ich andere Erfahrungen, aber vielleicht ist “Agnes” in einer Einkaufspassage, Samstag um zwölf nicht das richtige Buch. Ich hätte es jedenfalls sehr gern genommen, habe von Peter Stamm dann den Erzählband  “Wir fliegen” gelesen und von dem 1963 geborenen Schweizer Autor schon etwas gehört gehabt.

Dann lag “Agnes” auf dem “Thalia” 3.99 Stapel und bevor ich ich zum Lesen gekommen bin, wurde das Buch, das auf der Leseliste deutscher Gymnasien steht von Malte Bremer im Literaturcafe verrissen.

Ein Verriß, den ich, obwohl ich nicht das Buch, nur den Autor kannte, nicht nachvollziehen,  für höchst subjektiv und vielliechtein bißchen überheblich und von oben herabgehalten habe.

Herr Bremer hat sich dann bei mir gemeldet und ich habe ich vorigen Jahr in Leipzig auch persönlich kennengelernt. Was mich an der Diskussion vielleicht noch etwas störte, waren die Lesermeinungen, die sich gleich anschlossen, inzwischen gibt es aber auch einige differenziertere und es ist wahrscheinlich gut über ein Buch zu sprechen, so daß man es danach lesen und sich selber ein Urteil bilden kann.

Das habe ich jetzt getan, auch in ein paar Stunden und der Badewanne und ich kann mich ein ganz kleines Bißchen Malte Bremers Meinung anschließen, zwar nicht, daß das Buch Schüler zum Langweilen bringt und auch nicht, daß Peter Stamm kein anerkannter Autor ist, nur, daß ich den Stil vielleicht auch ein bißchen hölzern und dstanziert empfunden habe.

Ich kann aber, glaube ich, auch nachvollziehen warum das so ist.

Und die Idee, die meiner Meinung nach, dahinter steckt, finde ich  höchst interessant und sie hat mich zum Nachdenken gebracht.

Geht es da ja um das Schreiben übers Schreiben oder um den Roman im Roman, bzw. kann man, glaube ich, sehr bildhaft nachvollziehen, was das Leben von der Literatur unterscheidet.

Da ist also der Ich-Erzähler, ein Sachbuchautor, der über Luxuslokomotiven ein Buch schreiben soll und deshalb in einer Bibliothek in Chicago sitzt, da kommt Agnes, eine fünfundzwanzigjährige Studentin, bezüglich Männer noch recht unerfahren hinzu, geht mit dem Autor zuerst Kaffee trinken und dann mit ihm chinesisch oder indisch essen und da wäre gleich mein erster Kritikpunkt, wo die Schreibidee vielleicht ein bißchen hölzern wirken könnte.

Der Autor steht auf Seite 22, lädt sie in ein chinesisches Restaurant ein, da liegt dann vorher noch eine tote Frau auf der Straße, auch eine Metapher, die ich für etwas unnötig empfinden würde. Es wird zwischen Agnes und dem Protagonisten aber viel über das Sterben und die Furcht davor diskutiert, dann geht Agnes mit ihm in seine Wohnung und da zeigt er ihr einen Erzählband, den er geschrieben hat.

Er hat sich es also schon mit der schönen Literatur probiert und da hat Agnes die Idee, daß er über sie, bzw. ihre Beziehung schreiben könnte.

Vorher probiert sie es noch selbst und er verreißt es, so daß sie den Versuch dann zerreißt, obwohl er zugibt, daß es vielleicht besser, als das seine war und dann beginnt er über ihre Beziehung zu schreiben.

Da kommt es auch zu Fehleinschätzungen der Wirklichkeit der Beiden, so behauptet sie, sie wären in einem indischen Restaurant, das erste Mal gewesen und irgendwo weiter hinter im Buch steht dann, es war ein indisches Restaurant.

Nun gut, das kann ich nachvollziehen, daß das Gedankenexeperimente sind, die dann auf dem Papier nicht so gut ankommen, aber den Unterschied zwischen Literatur und Leben kann man hier, glaube ich, sehr gut begreifen und mir wird ja auch immer vorgeworfen, bei mir passiert nichts und ich schreibe zu wenig abgehoben.

In einer normalen Beziehung passiert wahrscheinlich üblicherweise auch nicht so viel, daß man einen spannenden Plot daraus machen könnte und so steht der Autor bei der Beschreibung des Textes über Agnes auch bald an, beziehungseise muß er sich was ausdenken und dann passiert doch etwas, nämlich Agnes wird schwanger.

Er reagiert blöd, patzig, gemein, sagt, er will kein Kind und trifft sich auch mit einer anderen Frau, die er inzwischen kennengelernt hat. Als er zurückkommt ist Agnes, die inzwischen bei ihm wohnt, weg, ausgezogen, hinterläßt sie Nachricht, sie wird das Kind bekommen und damit zu einem anderen Mann gehen.

Da wird er wieder reurig, rennt ihr nach und eines Tages kommt auch ein Anruf einer Freundin, Agnes geht es sehr schlecht, sie hatte eine Fehlgeburt, das Kind ist also weg und sie kann wieder bei ihm einziehen.

Jetzt schreibt er über das Kind, gibt ihm den Namen Margret, weil die Kellnerin in dem Kaffee, in dem er das schreibt, diesen Namen auf ihrem Schildchen hat. Agnes geht mit ihm auch einkaufen, kauft eine Puppe, einen Teddybären und auch Kleider für das nicht geborene Kind, über das er inzwischen eine Geschichte geschrieben hat.

Wirft das dann heulend weg, er geht wieder zu der anderen Frau, feiert mit ihr Sylvester und als er zurückkommt ist Agnes weg, verschwunden und so heißt auch der erste Satz des Buches, um den Bogen wieder zurückzuspannen:

“Agnes ist tot. Eine Geschichte hat sie getötet.”, aber das weiß man eigentlich nicht. Beziehungsweise habe ich das nicht so empfunden oder so interpretiert und habe eine sehr spannende Geschichte eines anerkannten Autors gelesen, vom dem ich inzwischen auch “Sieben Jahre” gelesen habe, “Seerücken” habe ich beim vorigen “Tag es Buches” im “Wortschatz” gefunden und bei einigen Lesungen habe ich den Autor inzwischen auch erlebt.

Liebesnacht

Der 1938 in Basel geborene und vorigen April in Zürich verstorbene Urs Widmer ist ein Meistererzähler, ein Schelm und ein Fabulierer könnte man noch anfügen, zumindestens habe ich den Eindruck, nachdem ich mich jetzt in der Badewanne in dem verzweifelten Versuch den Inhalt zu erfassen, durch seine Erzählung “Liebesnacht”, ein Fund aus dem Bücherschrank und vom Vorleser an einigen Stellen angestrichen, durchgelesen habe.

Das zweite Buch, das ich von ihm habe, “Im Kongo”, das demnächst folgen wird, habe ich einmal von einer Psychotherapeutenkollegin auf einem meiner Geburtstagsfeste geschenkt bekommen und zweimal habe ich den Meister auch in der “Alten Schmiede” gehört, beim zweiten Mal, seinem Portrait, habe ich dann seine Bücher auf meine Leseliste gesetzt und keine Ahnung gehabt, daß ich den Dichter des letzte Mal gesehen habe.

Es gibt auch eine umfangreiche Bibliographie von der ich glaube ich den Herrn Adamson, während eines Frankfurt-Surfing bin ich darauf gekommen, am liebsten lesen würde, habe das Buch auch schon in einer Abverkaufskiste gefunden, allerdings haben mich die fünf oder sieben Euro dann doch abgeschreckt.Ich bin ja sehr sparsam.

2013 war er auch auf der Longlist des dBp.

Zur 1982 erschienenen Liebesnacht, die es zu “25 Jahre detebe” um zehn Mark gegeben hat.

“Im Elsaß  sitzen die Freunde zusammen”, habe ich als ich mit dem Buch schon fertig war, dem Rücken entnommen, wenn ich das vorher schon gewußt hätte, hätte ich das Buch im Vorjahr auf meinen Elsaß-Urlaub mitnehmen können, so bin ich, ganz ehrlich während des Lesens nicht daraufgekommen, daß es im Elsaß spielt und hätte, das ehemalige Wirtshaus in dem Dörfchen eher der Schweiz zugeordnet.

Aber vielleicht habe ich etwas überlesen, denn es passiert in dem Buch, in der Nacht, ja sehr viel, obwohl ich einer Rezension entnehme, daß nichts passieren würde, als daß einige Freunde beim Wein zusammen sitzen und über ihre ersten Lieben erzählen.

Es beginnt jedenfalls mit Joseph Conrad und hat auch sonst  viele literarische Anspielungen, von denen ich sicher nicht alle verstanden habe und dann kommt nach einer längeren Einleitung, der Freund Egon über die Felder, mit einem Rucksack und vielleicht einem Koffer, da ist sich der Erzähler, der offenbar Schriftsteller ist, nicht sicher, er kommt aus Argentinien zurück, wo er, wie auch sonst auf der Welt viele Kinder und auch Frauen hat und dann setzen sich die Freunde, ein alterer Versicherungsmann, der Erzähler mit seiner Frau und noch ein Paar zum Wein und erzählen, während die Kinder mit Bausteinen, einer Schaukel und dem Hund spielen und schon sind wir mitten drin in den Geschichten oder den Fabuleien, von denen manche einfach hängen bleiben, manche eher mühseliger zu erfassen waren. Zumindest ist das mir so ergangen.

Egon und sein Freund waren jedenfalls viel auf Reisen, sprechen sowohl Französisch, wie auch Deutsch ziemlich fließend und der Ich-Erzähler und das ist die Geschichte, die mir am eindringlichsten erschienen ist, reist einmal mit einem Schiff auf eine griechische Insel. Da liegen die Griechen seekrank herum, nur ein zwölfjähriges Mädchen kommt zu ihm und spricht ihn auf Französisch an, dann wird es von seinem Bruder abgeholt, das ist der Wirtsohn des einzigen Hotels, dort wird er einquartiert. Das Hotel hat vier Zimmer und wenn er in seines will, muß er durch die drei anderen gehen, die von einem Franzlsen, einem englischen Paar und einer Italienerin bewohnt werden. Er klopft vorher immer an und die Italienerin zieht sich erschreckt die Decke über den Kopf.

Dann gibt es den Wirten, den Sohn, noch eine ältere Tochter und einen Angestellten, ob auch eine Mutter dabei ist habe ich jetzt vergessen, die Kleine sieht er jedenfalls nur noch einmal während einer Hochzeit.Er darf dann auch auf ein Luxusschiff und bei dessen Besitzerin übernachten, das heißt er erwacht morgens in ihrer Kajüte. Da reist er dann verschreckt ab und bekommt von der älteren Schwester einen Brief, daß sie sich als seine ewige Braut betrachten würde, weil sie einmal seine Hand gehalten hat. Er antwortet nicht.

Er war dann noch lange in Frankreich und hatte eine Bezihung zu einer neunzehnjährigen Hebamme, die ihn zu ihren Freundinnen mitnahm, die sich Sachen erzählten, die “ich glaube nicht, daß ein Klassentreffen emeritierter Gynäkoligen wissendere Witze erzählen kann”, während Egon auf seinen Aufenthalten in Arabien, Amerika, etc, mit einem kraushaarigen Kind durch die Highways reitet, in der Nacht in Motels übernachtete und Zwischenstops einlegen mußte, weil das Pferd nicht mehr mitkann.

Eine der Geschichten ist auch, wie der Ich-Erzähler seine Frau kennenlernte, dazu braucht er mehrere Ansätze und sie gerät dann auch sehr phantastisch und das Bild, wo er in die Dorfschule kommt, wo die Lehrerin so aussieht, als würde sie noch den Laib Brot in der Hand halten, den sie vorher an die Kinder verteilte, erinnerte mich an Werthers Lotte.

Inzwischen fällt die Decke von dem ehemaligen Gasthaus, die Kinder sind schon eingeschlafen, die Frauen haben sie aber nicht zu Bett gebracht, nur versucht den größten Schutt wegzuräumen, damit man weitererzählen kann.

Am Morgen nimmt dann Egon seinen Koffer, den er nun doch bei sich hat und verschwindet wieder durch die Felder und das Kind fragt nach ihm.

“Es stand vor mir am Bett, ein zuckerbestäubter Zwerg mit großen runden Augen, und fragte mich, wo der Mann mit dem Schnauz und den Zähnen hin sei, als ich es ihm sagte, weinte es.”

“Angesichts der auch schon literarisch erfaßten geschwätzig-kaputten Sprachlosigkeit heutiger Paarbeziehungen, ist die Poesie dieser Geschichte, ist die Wärme und Bestimmtheit dieser Liebe ein Hoffnungsschimmer, ein unaufdringliches Plädoyer für Gefühle in einer Welt geregelter Partnerschaften, die ihren Gefühlsanalphabetismus hinter Barrikaden von Alltagsslang verstecken”, schreibt Barbatra von Becker, vom Norddeutschen Rundfundk, Hannover, am Buchrücken ein wenig unverständlich.

Ein interessantes Buch und ein Nachruf auf den großen Sprachmeister, der auch einmal das Klagenfurter Wettlesen eröffnet hat.

Mordswein

Der Titel von Paul Lascauxs fünften Gourmet-Krimi, Pseudonym für den 1955, in der Schweiz geborenen Autors, Germanisten und Kunsthistoriker, ist meiner Meinung nach schlecht gewählt “Glausers” oder “Studers” Achterl würde wohl besser passen und dazu paßt auch, daß ich wohl intuitiv, das Cover des “Gemeiner-Krimis” ein wenig abgekupfert habe, ziert das doch ein Glas und eine Flasche, der Krimi stammt von einem “Thalia-Abverkauf”, das “3.99-Aktionspreisschildchen” liegt noch im Buch und ich habe eigentlich gedacht, es passt gut zu dem demnächst stattfindenden “Literatur und Wein-Festival”, das wir besuchen werden.

Aber es spielt in der Schweiz, zwischen Neuchatel und dem Bieler See, wahrscheinlich in Weinbaugebieten und das kommt auch immer wieder vor, wie man auch in den “Amazon-Rezensionen” nachlesen kann, aber eigentlich geht es um Literatur, die ja  auch dem Genuß zuzuzählen wären,  wahrscheinlich ist es ein satirischer Krimi und der Autor wird sich mit seinen literarischen Anspielungen seinen Spaß gemacht haben und da habe ich doch gedacht, man dürfe keine Schlüßelromane schreiben und keine sprechenden Namen verwenden.

Es beginnt, für einen Krimi untypisch, sehr kompliziert, vor allem wenn man die Romane eins bis vier nicht gelesen hat, denn da kennt man sich nicht aus, wer wer ist und ich bin wie die “Amazon-Rezensenten” auch erst in der Mitte des Buches daraufgekommen, daß es hinten ein Personenverzeichnis und eine Zusammenfassung der ersten vier Folgen gibt, so daß ich lange nicht wußte, wer Baron Biber ist, für die die es leichter haben wollen, verrate ich, das ist der Kater von Heinrich Müller und der gehört zum Ermittlerteam und ist Privatdetektiv, zu dem auch Nicole Himmel und der Stöhrfahnder der Berner Kantonspolizei  Bernhard Spring zählen.

Um was es geht?

Da wird zuerst ein Mann in eine Wolfsfalle gehetzt, dann einer auf der Terrasse des “Dürenmatts-Centre” erschossen und schon geht es los mit den literarischen Anspielungen, denn Friedrich Dürenmatt hat auch Krimis geschrieben und zählt mit Friedrich Glauser zu denVätern der Schweizer Kriminalliteratur, gibt es nicht Neuere, wird, glaube ich, Nicole Himmel fragen und ein Stück von einem Paul Lascaux wird in einem Wirtshuas auch aufgeführt.

Aber das ist erst später, erst kommt nan darauf, die beiden Toten waren Politiker der “Staatserhahltenden BürgerPartei” und eine Liste, wo noch weitere Namen von Parteimitgliedern, die an die Reihe kommen könnten, stehen, gibt es bald auch.

Und einen alten Lehrer, der den Ermittlern von der “Vierbande” erzählt, den Blutsbrüdern, die er einmal zu unterrichten hatte, zu denen auch Andre Huber und Claude Eckstein zählen, die sich gegenseitig in ihren Lebensversicherungen begünstigten und ihre Gesichter auch als Kinder in eine Blutbuche ritzen.

Das fünfte Rad am Wagen, den Parteisekretär, Ernst Glauser, die sprechenden Namen-Gegener werden jetztaufheulen, gibt es auch und der alte Lehrer hat auch noch auf ein altes Stück Literatur aufmerksam gemacht, was weiter helfen könnte, denn da wird gegen die Verderbtheit der Berner in einem vorigen Jahrhundert, die huren und saufen, etc hingeweisen und die beiden anderen, noch lebenden Politiker, haben einerseits Damen aus dem Osten in ihre Bordelle importiert, andererseits einen illegalen Kunsthandel betrieben, das nur als Anspielung zu der Pfählung in der Wolfsgrube. Bekennerbriefe gibt es auch, der Mitläufer beginnt sich der Polizei zu outen und am Schluß der Handlung wird Heinrich Müller ihn an der Blutbuche erschießen.

Wie ich “Wikipedia” entnehme, gibt es inzwischen weitere Genußkrimis von Paul Lascaux und ich kann meinen Bücherbeschränkungsplänen, zum Trotz, nur hoffen, daß ich die mal finde, denn es war trotz der Anfangsschwierigkeiten, eine interessante Lektüre, vor allem, wenn man, wie ich ein paar der Dürenmatt-Krimis schon gelesen hat.

Und ich hätte, kann ich verraten, was ich ohnehin schon ahnte, etwas versäumt, wenn ich  mein Recht “Bücher abbzubrechen” wahrgenommen hätte, denn am Anfang habe ich schon gedacht “Was für ein fader Krimi!,  untypisch für seine Genre und ich kenne mich gar nicht in ihm aus!”

Kursiv eingesetzte Zitate aus einem Jeremias Gotthelf-Werk 1797-1854, gibt es überall auch, von denen der Autor meint, daß sie “im ersten Aufgenblick, aber wirklich nur im ersten, ertwas veraltet tönen” könnten, das Ganze spielt im Sommer 2010 und ist durch die genauen Daten des Geschehens als Kapitelüberschriften, markiert, dem Jahr in dem ich mit Anni Bürkl, die auch bei “Gmeiner” verlegt, die Auseinandersetzung wegen “Schwarztee” bzw. “Ausgetanzt” hatte.

Und ich füge noch hinzu, um mein literarisches Wissen zu dokumentieren, daß Biel der Sitz des Schweizer Literaturinstituts ist.