Ein Gegenkanon

Auf die Anthologie in der der Literaturkritiker Anton Thuswaldner eine Reihe von Autoren und literarischen Persönlichkeiten eingeladen hat, ihre Meinung kundzugeben, wer in der Literatur über- oder unterschätzt werden, bin ich durch den “Papierstau-Podcast” aufmerksam geworden, den ich ja vor allem zu den Buchpreis-Zeiten, weil sie ja den dBp genau besprechen, beorzugt lesen, habe das Buch angefragt und bekommen, mußte aber erst mit den dreimaligen Buchpreislesen fertig werden und jetzt ist auch noch die Bloggerdebutshortlist dazu gekommen.

Ein interessantes Buch, das die “Papierstau-Podcastleute”, deren Meinung bezüglich der Buchpreisbücher ich nicht immer teile, sehr gelobt haben und es ist auch sehr spannend sozusagen in zweiter Hand in den Literaturkanon einzutauchen und seine Meinung darüber zu ergänzen.

Interessant auch, daß der 1956 geborene Anton Thuswaldner, den ich zuletzt auf der “Buch-Wien” im Gespräch mit Gustav Ernst getroffen habe. Sein Buch damit beginnt, wie er beschreibt, daß er in den Siebzigerjahren in den Bibliotheken Salzburgs Bücher einordnen sollte und da auf Albert Drach gestoßen ist und hätte er nicht in das Buch hineingeschaut, hätte es der Trivialliteratur zugeordnet.

Sehr interessant, denn, ich denke, so ist es in der Literatur. Die hehren Kritiker, die meist weiße alte Männer sind, ein Ausdruck den ich gar nicht liebe, streifen über die Bücher drüber, schreien “was eine Frau, ist die vielleicht eine Emanze!” und das Buch ist schon weggeschmissen. Das wurde mir einmal von Brigitte Gutenbrunner über Marcel Reich Ranicki berichtet, als sie in Klagenfurt gelesen hat.

Ein Kanon, die wichtigsten hundert Büchert, die man gelesen haben solle und die anderen nicht. Die andere lohnen sich nicht, denn es reichen, die paar Sätze, wie man über Bücher sprechen kann, die man nicht gelesen hat oder überhaupt, steht es auf den Kanon? Dann interessiert es mich nicht, dafür habe ich keine Zeit!

Ich bin da ein Gegenbeispiel, sowohl beim Lesen als auch beim Schreiben, denn ich gelte ja laut Uli nicht als Profi, obwohl ich mich über fünfzig Jahre mit der Literatur beschäftige, meine Bücher aber selber drucken lasse, also für den Kanon keine Chance.

Das Buch ist vielleicht ein Gegenbeispiel und ein Aufruf sich jeseits des Tellerrandes mit der Literatur, Bücher und Autoren zu beschäftigen und das ist ja auch, was ich immer schreibe, ich lese alles, nicht nur das was auf den Buchpreislisten steht und wenn mich ein Selfpublisher oder BoD-Autor anschreibt, lese ich ihn auch und würde mir das auch für mich wünschen !

Es beginnt also mit den 1965 in Sofia geborenen Ilia Trojanow,, den ich ganz ehrlich, ebenfalls, wie Vladimir Vertib nicht in meinen Kanon einreihen würde und er nennt zwei mir bisher völlig unbekannte Autoren, den Kubaner Lezama Lima und Kojo Laing aus Ghana, nie gehört die Namen, aber vielleicht finde ich ihre Bücher mal in den Schränken, dann werde ich danach greifen.

Michael Krüger hat seine Aufgabe mit einem Alphabet erfüllt. Also H. C. Artmann unterschätzt. Das, glaube ich, eigentlich nicht, ebenso ist mir Rose Ausländer sehr bekannt und ob Günther Andersch wirklich überschätzt ist, würde ich auch bezweifeln.

Sabine Scholl beschäftigt sich mit der Frauenliteratur und die ist ja wahrscheinlich immer noch unterschätzt, obwohl sich da in den letzten Jahren sicher viel verändert hat und auf der heurigen Bloggerdebutshort beispielsweise nur fünf Frauen stehen, obwohl sehr für “Freudenberg” plädiert hätte.

Gottfried Benn ist geschätzt und Christina Bustan manchmal geliebt, schreibt der Exverleger und Lyriker Michael Krüger unter dem Bchstaben B und Vladimir Vertlib von dem ich schon einige Bücher gelesen habe und ihn auch öfter bei Veranstaltungen sehe, hat sich der türkisch stämmigen in Deutschland lebenden Autorin Zehra Cirak, von der ich auch noch nichts gehört habe, angenommen. Zitiert ihre Gedichte und hält sowohl Houllebecq als auch Hemingways “Alter Mann und das Meer” für überschätzt.

Das kann ich nicht so ganz beurteilen und was den Buchstaben B betriff und da zurückzugreifen, glaube ich, zum Beispiel nicht, daß Thomas Bernhard, als Dichter unterschätzt ist und würde ihn, der meiner Meinung nach ja viel zu viel schimpft, nicht dafür halten. Hätte er weniger geschimpft, wäre er aber vielleicht nicht so berühmt geworden.

Die Literaturwissenschaftlerin Konstanze Fliedl, die auch einmal “Bachmann-Moderatorin” war, fühlt dann “Zwei Kultbüchern”, nämlich dem “Struwwelpeter” und dem “Kleinen Prinzen” auf den Zahn.

Brigitte Schwens-Harranth, die kürzlich sowohl in der “Alten Schmiede” als auch in Ö1- bei den “Gedanken für den Tag” hörte, beschäftigt sich mit den “Blümchen “, der Jane Austen, die wird ja von vielen hochgelobt und ich habe von ihr auch schon etwas gelesen, während sich der “Guggolz-Verleger” Sebastian Guggolz mit dem 1894 geborenen Hans Henny Jahnn und seinem “Fluss ohne Ufer” beschäftigt. “Giovannis Zimmer” von James Baldwin hat ihm, als er es gelesen hat, dagegen nicht so begeistert.

Die Graz geborene Gabriele Kögl hat auch eine interessante Auswahl getroffen und zwar lobt sie sehr einen Roman von Ursula Wiegele, mit der ich mich noch nicht sehr beschäftigt hate, während sie mit Robert Seethalers “Trafikanten” nicht so viel anfangen konnte und sein Buch zwar nochmals kaufte, es dann aber entsorgen wollte und da kann ich ihr zustimmen.

Zwar nicht so sehr was den “Trafikanten” betrifft, da habe ich nur einen Film gesehen, aber das “Ganze Leben” wurde meiner Meinung nach, obwohl ich es noch nicht gelesen habe, zu sehr gelobt, während mit sein “Mahler-Roman” sehr gefallen hat, Wolfgang Tischer vom Literaturcafe aber nicht.

Der 1953 in Korneuburgt geborene Ferdinand Schmatz lobt natürlch Reinhard Priessnitz und seine “Vierundvierzig Gedichte”, ist er ja auch sein Nachlaßverwalter und hat dafür zwei eindrucksvolle Sätze gewäht: “Er ist der Kilometerstein, der stets mitfliegt. Die Einbetonier der Autobahnen nehmen das nicht zur Kenntnis.”

Und Ernst Wiechert, 1952 im rumänischen Banat geboren, dessen “Mai und morgen”, in der letzten “Lese-Auslese” sehr gelobt wurde, beschäftigt sich in seinem Beitrag mit “Einem verborgenen gebliebenen Kanon”, nämlich dem in dem die jüdisch stämmigen Autoren Alexandru Vona, Max Blecher, Bruno Schulz und Franz Kafka vorkommen.

Die freie Kulturjournalistin Katrin Hillgruber hält ein Plädoyer für die 1893 geborene Mela Hartwig und ihren Büroroman, den Katrin Hillgruber für besser als das “Kunstseidene Mädchen” hält.

“Das Weib ist ein Nichts” ist ein anderer und “Droschl” hat sich verdienstvoll ihrem Werk angenommen, das auch von Julia Danielczyk geehrt wurde und spannend, daß sich die “Raab-Spezialistin”, seine Erzählung “Hastenbeck” für “ebenso wunderich wie erschöpfend” hält.

Interessant ist auch die Bewertung des Übersetzers und Literaturkritiker Cornelius Hell, den ich immer wieder auf Veranstaltungen treffe und den ich das nächste Mal nach einem aktuellen politischen ungarischen Roman, für meine “Drei Frauen-Recherche”, fragen werde, Robert Schindels “Der Kalte” für überschätzt hält und ihn als zu weitschweifig und auch fehlerhaft scharf kiritisert. Ich kann mich ganz ehrlich an den Roman nicht mehr so erinnern, war aber, an das kann ich mich erinnern von “Gebürtig” sehr begeistert und auch von manchen seiner Gedichte.

Franzobel oder Stefan Griebl, der überraschende “Bachmann-Preisträger” von 1995, der mit “Mickey Maus und Sherlock Holmes” aufgewachsen ist, der auch einmal in der “Ohrenschmaus-Jury” war, schwärmt von einem Roman von Ramiro Pinello, der mir gänzlich unbekannt ist und wettert ein bißchen übe den Bestsellerautor T. C. Boyle von dem ich ihn erinnern kann, daß ich ihn mal bei “Thalia” in der Landstraße gesehen habe und auch O. P. Zier im Publikum war.

Der 1947 geborene Franz Schuh, ein Jahrlanggenosse von der Ruth und von Thomas Northoff zitiert Walter E.Richartz Büroroman unter dem Titel “Die große Mopserei”.

“Es ist 15.10. Es ist 15.11 – nein, eine Täuschung. -Kommen Sie und sehen Sie selbst: dies ist der Ort, wo die Zeit still steht, wo sie die Zeit endgültig totgeschlagen haben.”

Der Literaturwissenschaftler und Schriftsteller Jürgen Eyptien hat einen “Stillen und einen Lauten” und höre unter den Lauten schätzt er den großen Schimpfer ein und zitert dessen “Heldenplatz”. Spannend, daß wir da einer Meinung sind und ein Plädoyer für T. B. kann ich auch halten. War ich doch einmal in einer Lesetheaterauffhrung von “Ja” -“Und da hat sie ja gesagt!”, auf die Frage nach der Selbstmordabsicht, habe ich genauso großartig gerufen, wie die “Alten Meister”, wo da einer im Kunsthistorischen Museum gsitzt und darber nachdenkt, ob er am Abend ins Burtheater gehen soll? Er tut es dann und die Vorstellung war natürlich fürchterlich!

Michael Krüger hat Ernst Jandl sehr geliebt. No na und Oswald Egger schreibt dem Herausgeber zwar, daß er den Auftrag nicht erfüllen kann. Fügt dann aber eine sehr lange Fußnote an und Karin Peschka lobt das Werk ihres ehemaligen Deutschlehrers Hermann Obermüller, das 1982 bei “Kiepenhauer und Witsch” veröffentlicht und von Helmut Neundlinger, in der “Dichter über Dichter-Reihe” ebenfalls gewürdigt wurde. Auch interessant, daß sie nicht kritisieren möchte, sondern die Bücher, die ihr nicht gefallen, nicht zu Ende liest.

Die 1990 geborene Raphaela Edelbauer, die ich bei einer “Buch Wien” kennenlernte, wo sie ihren Erstling “Entdecken – Eine Poetik” vorstellte ist ebenfalls sehr interessant. Denn ich würde sehr für “Das flüssige Land” plädieren.

“Wow!”, was für ein Roman, während ich von “Dave” weniger begeistert war. Jetzt hat sie einen neuen Roman geschrieben, der am 19. 1. im Literaturhaus vorgestellt wurde und sie schwärmt von Klaus Hoffer seinen “Bei den Bierisch”, sowie von seinen Poetikvorlesungen, die er gehalten hat, als sie noch nicht auf der Welt war.

Im Schlusskapitel beschäftigt sich Anton Thuswaldner mit der Frage “Was man mit den finsteren Kerlen der Literatur tun soll?”, die ich ebenfalls, vor allem in Zeiten, wie diesen, wo gegen den Schauspieler Florian Teichmeister meiner Meinung nach unerträglich gehetzt wird und nicht nur seine Karriere zerstört wird, sondern auch ein Film in dem er mitspielt und der, glaube ich, nichts mit Kinderpornographie zu tun hat, verboten werden soll, für sehr interessant halte und wiederhole, bevor ich auf seine Beispiele eingehe, daß ich Josef Weinheber für einen großen Dichter halte, obwohl er nationalsozialistisch war und Gedichte auf Hitler geschrieben habe und auch Peter Handkes politische Meinung von seinem Schreiben trennen will.

Da gibt es noch andere Beispiele wie Knut Hamson, Celine und Ezra Pound, die Thuswaldner anführt und dann zu Uwe Tellkamp kommt, der “Bachmannpreis Träger von 2002 und dBp-Preisträger von 2008. sein “Eisvogel” hat mir nicht gefallen und wurde glaube ich auch bei der literarischen Soiree im Radio Kulturcafe sehr kritisiert, vom “Turm” war ich überfordert und das literarische DDR Wunderkind wurde dann sehr geächtet, als es sich mit seiner Meinung zu den vielen Ausländern sehr in AfD-Nähe begab.

Das war vor einigen Jahren, jetzt höre ich im Fernsehen ständig, daß man etwas gegen, die vielen illegalen Flüchtlinge die “unsere Frauen und Kinder ermorden” tun und daher die FPÖ wählen muß und habe mir den “Schlaf in den Uhren” vom Alfred schenken lassen, das ich aber erst lesen muß.

Ein interessantes Buch. Da stimme ich den “Papierstau-Leuten” zu, man erfährt viel über den Literaturbetrieb und den subjektiven Meinungen der Autoren und da kann ich wiederholen, daß ich einmal über einen Kanon bzw. ein Buch über die “Literatur vor 1945” hörte, wo Peter Rosegger und Stefan Zweig zugunsten von Franz Michael Felder hinausgeschmissen werden sollte.

“Werch ein Illtum!”, würde da vielleicht Ernst Jandl sagen und ich bin bezüglich Stefan Zweig daraufgekommen, daß das nicht stimmt, als ich bezüglich meines Schreibens angefangen habe, Zweig zu lesen.

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