Saruj

“Stell dir vor, es gibt kein Geld mehr”, lautet der erste Teil des Projekts, der in Paris geborenen Künstlerin Bilbo Calvez, das mir vor ein paar Monaten angeboten wurde und das mich, weil ich mich ja mit diesem Thema sehr beschäftige und schon einmal ein Buch mit einem ähnlichen Titel besprochen habe, was in den Kommentaren auch eine heftige Diskusson auslöste sehr interessierte.

Jetzt habe ich mich etwa eine Woche in es durchgelesen, denn es ist sehr kompliziert und auch sehr theoretish geschrieben, obwohl es eine <liebesgeschichte beinhaltet und eine eigene Sprache verwendet der auch eine eigene Grammatik angeschlossen ist.

Der Inhalt ist eigentlich sehr trivial und wird am Buchrücken auch beschrieben:

“Stell dir vor, es gibt kein Geld mehr, begleitet den Leser in eine Zukunft, in der es weder Geld noch Tausch gibt, keine Regierungen, keine Grenzen und keinen Polizeiapparat – dafür Vertrauen, Liebe und Heilung”.

Die Zukunft ist auch ein interessantes Thema, das mich wieder zu mir und meinen Schreiben zurückführt, habe ich mich vor kurzem ja auch mit einem Zukunftsroman probiert, um die Pandemie zu erklären und einen ebensolchen gelesen. Ja und “Dave” ,von Raphaela Edelbauer der letzten österr. Buchpreisträgerin, gibt es auch und daran erinnert oder knüpft die Serie der Bilbo Calvez auch an.

Das Buch scheint Mitte des einundzwanzigsten Jahrhunderts zu spielen und da treffen die Heldin Saruj , ein junges Mädchen, und der “Zeitreisende” genannte Kevalam, der gerade aus seiner Blase entkommen ist, zusammen. ihre Fortbewegungsmittel prellen aneinander. Sie hängen an einem Baum fest, was wieder an Karin Peschka erinnert, müßen gerettet werden und die Reise in das Leben ohne Geld beginnt. Denn Saruj hat sich auf eine Wallfahrt begeben, um ihre Sannyasini Didi betreffen und Kevalam begleitet sie und weil er aus der Vergangeheit kommt, ist ihm das System fremd und er stellt viele Fragen, wie beispielsweise, die, wie es gehen kann, daß eine Gesellschaft ohne Zwang funktioniert?

Wer putzt beispielsweise da die Klos?, ist da die Frage. Wir leben aber bereits im Zeitaltert der künstlichen Intelligenz, wo “Androiden” bereits Gefühle lernen und so begeben wir uns mit den Beiden auf eine Pilgerfahrt und interessant ist auch, daß die in Berlin gelandet sind. Dann wird aber lange eine Wüstenlandschaft beschrieben. Sie besuchen eine Art Ashram, dann ein ehemaliges Gefängnis, weil Bestrafung und Gefangene gibt es ja nicht mehr und auch eine Art Club in Berlin, der an das berühmte Berghain erinnert.

Überall werden Fragen gestellt, um das neue System zu erfassen. Wo ich nur sagen kann, daß der Kommunismus ja einmal ähnliche hehre Ziele verfolgte und elendig scheiterte, was mit Balbu Calvez idealen Zukunftssystem höchstwahrscheinlich ebenfalls passieren würde und interessant ist auch, daß etwa in der Mitte des Buches erklärt wirde, wieso es zu dem neuen System gekommen ist?

Die Pandemie war natürlich schuld. Zuerst die Zwangsimpfung, dann der Chip “ABC, Allzweckbodychip” genannt, der allen eingepflanzt wurde. Das hat dann Widerstand erzeugt, so daß sich das neue System gegründet hat.

Das Ganze ist, wie beschrieben, als eine Serie geplant. So steht “Fortsetzung folgt…” auf der letzten Seite des Romans. Dann kommt noch der Grammatikerklärungsteil und das Glossar. Fußnoten gibt es auch, Bilbo Calvez hat da sehr sorgfältig gearbeitet und der erste Teil endet damit, daß sich die Beiden trennen, weil Saruj ihren Opa besuchen will. Also seien wir auf die Fortsetzung gespannt.

Tahiti Utopia

Am Cover ist eine Südeeinsulanerin mit Hawaikranz in den Haaren vor einer etwas kitschigen Meer- Bergkulisse zu sehen und der 1976 geborene Michal Hvorecky ist, glaube ich, ein sehr origineller Autor, den ich während meiner Bratislava-Wien Schifffahrt im Jahre 2011, die die “Alte Schmiede” organisierte, kennenlernte.

“Tod auf der Donau”, hat das Buch geheißen, das da vorgestellt wurde und hat mich auf den Autor aufmerksam gemacht, ihn dann ein paar Mal, glaube ich, in Leipzig oder auch auf der “Buch Wien” gehört und im Centrope Workshop das ich ja bis der Lockdown kam mit Stephan Teichgräber machte, hat der ein weiteres Buch von ihm gesprochen, das irgendwie untergegangen oder noch nicht auf Deutsch erschienen ist.

Auf Deutsch, glaube ich, schon, denn seit damals ist mir der Name des Übersetzers Mirko Kraetsch bekannt. Dann kam “Troll” heraus.

“Klingt gut!”, habe ich gedacht, den Autor auch auf der “Buch Wien” gesehen, wo es im Literaturcafe vorgestellt wurde, hat mir aber nicht so gut gefallen und bei meinem letztjährigen Frankfurt Surfing gab es ein Video vom Goethe Institut aus Bratislava, glaube ich, wo Micha Hvoretzky sein “Tahiti Utopia” vorstellte. Da habe ich mir das Buch bestellt, mir aber keine großen Erwartungen gemacht, wahrscheinlich sogar “Seltsam!”, gedacht und wurde wieder einmal, wie so oft überrascht. Obwohl manchmal etwas schwer zu lesen, da Michal Hvorecky mit der Vermischung zwischen Fantasie und Realität sehr spielt.

Den ersten Weltkrieg gab es wirklich und auch den slowakischen General Milan Rastislav Stefanik, der offensichtlich oder tatsächlich ein slowakischer nationalheld ist, der war offenbar auch in Tahiti, isjt aber nicht dort, sondern 1919 in der Slowakei gestorben, der war Astronom, Politiker und Militärpilot und das Buch switscht zwischen 1911 und 2020 hin und her. Aber keine Angst, die Pandemie, kommt darin nicht vor nur Michal Hvorecky bedauert in einem Video, das ich gesehen habe, daß er wegen Corona keine Lesereise machen konnten, es wurde aber, glaube ich, auf der letzten “Buch-Wien” vorgestellt und wenn man das Buch aufschlägt, gerät man vielleicht in Versuchung, es gleich wegzulegen. Sieht man da doch zuerst einen halbnackten Mann unter eine Palme. Dann kann man den “Traditinellen hymnischen Nationalgesang” lesen und es beginnt auch gleich mit “Der Himmel ist eine Schale. Auch der Mann ist eine Schale”.

Nun ja, nun ja, habe ich gedacht und ursprüglich geglaubt Michal Hvorvecky ist ein origineller Dichter, der die Literatur auf den Kopf stellt. Ist er auch, man muß nur weiterlesen, denn eigentlich ist es ja sehr interessant, wie da die Wirklichkeit mit der Fiktion vermischt wird und man lernt auch viel dabei.

Also zuerst beginnt es 1923. Da sind die Slowaken in Tahiti, haben dort eine nationale Minderheit gebildet und streiten sich mit den Franzosen und den Einheimischen herum. Denn die Ungarn, die sie in der Slowakei unterdrückten, haben sie vertrieben. So vögeln sie sich dort herum, das heißt das tut hauptsächlich der General und dann sind wir schon im Jahr 2020 und da schreibt die Ururenkeltochter einen Roman über den Opa. Dann wieder zurück in die Neunzehnzwanzigerjahre.

Also wieder ein Buch, das die 1920 beleuchtet. Da gibt es in Paris die Friedensverhandlungen, wo Stefanik mitmischt und dann erfahren wir, wie die Slowaken von den Ungarn unterdrückt werden. Ihre Sprache wurde ihnen weggenommen, etcetera, so daß ihnen nichts anderes überblieb, als geführt von dem General, auszuwandern.

Das heißt, sie marschieren wochen- oder monatelang unter erbärmlichen Umständen herum, bevor sie in München gepflegt und behandelt werden, dann kommen sie nach Tahiti und vermischen sich. Die Urenkeltochter reist später nach Ungarn, um dort ihr Buch vorzustellen und erlebt den unagarischen Nationalismus, ist aber von der Landschaft begeistert, obwoh Tahiti ihr Heimatland bleibt.

“In Ungarn hat mir trotz des Erlebnisses auf der Konferenz außerordentlich gut gefallen. Doch als ich auf der Anhöhe beim Strand die vier Obelisken des Grabmals erblickte, begriff ich, wo ich Hause war.”

So sehen wir am Schluß eine nackte Frau, offenbar die Uroma an einem Baumstamm lehnen und die “Pflichtlektüre, 4. Klass Grundschule, slowakische Sprache und Literatur in französich Polynesien” kann man auch finden.