Gedichte 2020-2021. Ich bin ja keine dieGedichte schreibt, lese aber gelegentlich welche und gehe auch regelmäßig zu den Tagen der Lyrik, den Lyrik–Festivals etcetera und jetzt das dritte Buch und der zweite Gedichtband in diesem Jahr, des 1939 in Haslach geborenen Peter Paul Wiplinger, bei dessen achtzigen Geburtstagsfest ich war und der mir seit einiger Zeit so getreulich mit handschriftlicher Beilage, seine Werke schickt und ich muß schreiben, wieder eine Überraschung, habe ich bei den Nominierten des Leipziger Buchpreises mein Lieblingsprosabuch gefunden, dann ist das der beste Gedichtband den ich seit langen gelesen habe, obwohl ich mir ja erst gestern Lyrischen von Dirk Peterdorff vorgenommen habe und da ist es meist so, daß man schöne Sprache gedichtet dargeboten bekommt, “Poesie in gestiefelten Schuhen” und vom Leben meist keine Spur, so daß man oft zweimal lesen muß, um die Gedankensprünge des Dichters zu erfassen.
Daß es auch anders gehen kann, hat der Zweiunaachtzigjährige eindrücklich bewiesen und thematisiert das auch selbst “Dichtung auf ihre Alltagstauglichkeit/ überprüfen dieses Satzfragment/ fiel mir dabei lächerlicherweise ein.”
Und das ist es, Peter Paul Wiplingers Gedichte sprechen von Krankheit, von der Angst vor dem Tod, etcetera und er stellt auch gleich die Frage vom “Regelwerk” der Kunst, etwas was ich meinen kritischen Freund Uli ins Gedächtnis legen will: “solch klugscheißersprüche darf man/ in einem Gedicht nicht verwenden/ sagst du und ich entgegne/ wer zum teufel stellt denn/ solche regeln auf und verbietet mir/ klugscheißersprüche in einem gedicht/ zu verwenden / – na ja sagst du noch von deinem krebs/ solltest du auch nicht sprechen/ jedenfalls nicht so offen und nicht im gedicht/darauf ich wütend und zugleich unsicher/ ich soll also das jetzt wichtigste in meinem leben/aus meinem schreiben ausklammern weil unfein/ ich soll diesen scheißkrebs und die scheißsprüche,/nicht so nennen wie ich das im wirklichen leben tue/ weil das dem regelwerk der ästhetik nicht entspricht/ weil die wahrheit nicht fein genug ist für die poesie/”
Nein, das ist es nicht, obwohl es wahrscheinlich viele Dichter bisher so taten, aber allzu zu privat und persönlich soll es natürlich auch nicht sein “es ist nicht so/daß ich nicht weine/ja natürlich bin ich/auch sentimental/ aber das ist meine/ privatangelgen heit/ das hat nichts verloren/ in einem gedicht”
Und da sind wir schon bei den Schreibanleitungen, wie man zum dichten kommt. Aber zurück zum Anfang zu den Gedichten, die zwischen 2020 und 2021 geschrieben wurden und dabei, glaube ich, alle persönliche Befindlichkeiten des Autors umfassen. Philosophie ist natürlich auch dabei, wenn es um die Lebensaussichten geht: “aussicht gibt es / keine mehr sagt er/ überall ist nur nebel /aber das hinaufsteigen / und das hinuntersteigen/ das lohnt sich/ denn das ist ein erlebnis”.
Da haben wir schom im ersten Gedicht den Sinn des Lebens lapidar zusammengefaßt und dann kommt die “Einberufung” zur Krebsoperation ins AKH. Etwas was den Dichter sehr beschäftigt. Das Gespräch mit dem Professor und das Gespräch mit der Krankenschwester nachher, die sein Bett frisch überziehen soll und er zu schwach ist, ihr zu sagen, daß er das nicht merh braucht.
Die Angst vor dem Tod und dem Sterben kommt auch immer wieder vor und da würde ich Peter Paul Wiplinger gerne einen Satz mitgeben, den ich bei einem Vortrag von Professor Musalik einmal hörte, wo es um das Sterben ging.
“Wo wir sind, ist der tod nicht und wo der Tod ist, sind wir nicht!”
Also braucht man sicht da vor nicht fürchten, hat er gelautet. Lieber sein Leben genießen bis zu den letzten Stunden, so gut es geht. Einen Baum pflanzen, ein Gedicht schreiben. In diesem Fall viele schöne Gedichte, die ehrlich sind und keinem Regelwerk folgen müßen, würde ich empfehlen.
“ich bin jener/ der im 81. lebensjahr ist/ ich bin jener/ der krebs hat /ich bin jener/ der gedichte schreibt/ ich bin jener /der am liebsten einfach nur so dahinleben möchte /ich bin jener/ der weiß, daß alles einmal sein ende haben wird”
Das Thema Corona, das Peter Paul Wiplinger bedrohlicher, als ich zu erleben scheint, kommt auch natürlich vor:
“Corona 2020 Berichterstattung/ wirtschaft/wirtschaft/wirtschaft/kein Wort von/sterben sterben/sterben sterben/kein händehalten/in der todesstunde/15 minuten- abschied/ dann sterben/tox/welch erbärmliche/unmenschlichkeit” und für mich zum erstenmal poetisch thematisiert, die Corona-Impfung:
“wir fahren mitder u1/nach der corona-impfung/von jenseits der donau heim/zum stephansplatz und dann/ mit der u3 zum rochusmarkt”
“TODESGEDANKEN” sind es, die Peter paulWiplinger, manchmal quälen und sie in eindrucksvollen pragmatischen Sätze verpackt:
“ich ziehen meine/ schwarzen socken an und denke an den tod/ ich ziehe meine schwarze hose an/ und denke an den tod/ ich ziehe meine weißen bosxershorts an und denkeplötzlichach/ verdammt noch mal/war das leben schön/ wenn man sie auszog/
Da kann kam Peter Paul Wiplinger vielleicht auch verzieihen, daß er nach dem er im Krankenhaus den Besuch des Priesters verweigerte und man ihm stattdessen eine Psychologin schickte, bedauerte, daß sie “völlig unerotisch” aussah und er dann dazu kommt es als “unsinnig” zu empfinden, daß er sein Leben für den Nachlaß schön ordentlich in bene-ordner verpackte. Das muß sein denke, ich damit Spuren bleiben, damit man alles nachlesen kann, die ich, das im Blog, statt in Ordner mache und auch die Nationalbibliothek nicht anfrage, ob sie von mir vielleicht etwas haben will?
Sehr beeindrucken die “Aussichten des alten Dichters, der auch, wie schon erwähnt Schreibanleitungen gibt “entweder teilt mir das gedicht etwas neues mit oder eben nicht” “eine einzige wortlkauberei/ ist das sagst du abfällig zu mir/ dashat doch mit einem gedicht/ nicht das geringste zu tun/” und sehr viel Lebensweisheit bringt, manchmal etwas melancholisch ist und vielleicht auch trauig, so daß ich mit einem Liebesgedicht schließen will:
“ETWAS WIE LIEBE
wie ist mein herz so müd nach dir/ /verflogen ist die gier/ der jungen leidenschaft/ jetzt sitze ich verloren/ in meiner dunkehaft/ wie ist mein herz/ so müd nach dir/ im kerzenschein/ da bin ich dein /obwohl wir längst/verloren sind”
Also auch ein wenig melancholisch, obwohl Peter Paul Wiplinger, der sich in den diversen IGs auch sehr für seine Kollegen, vor allem für die aus Osteuropa einsetzte, auf ein langes erfülltes dichterisches Schaffen zurückblicken kann und ich mir auch noch viele schöne Gedichtbände von ihm wünsche.
Und schön finde ich auch noch ,daß Peter Paul Wiplinger “daß” mit scharfen” ß”schreibt.