Aussichten

Gedichte 2020-2021. Ich bin ja keine dieGedichte schreibt, lese aber gelegentlich welche und gehe auch regelmäßig zu den Tagen der Lyrik, den LyrikFestivals etcetera und jetzt das dritte Buch und der zweite Gedichtband in diesem Jahr, des 1939 in Haslach geborenen Peter Paul Wiplinger, bei dessen achtzigen Geburtstagsfest ich war und der mir seit einiger Zeit so getreulich mit handschriftlicher Beilage, seine Werke schickt und ich muß schreiben, wieder eine Überraschung, habe ich bei den Nominierten des Leipziger Buchpreises mein Lieblingsprosabuch gefunden, dann ist das der beste Gedichtband den ich seit langen gelesen habe, obwohl ich mir ja erst gestern Lyrischen von Dirk Peterdorff vorgenommen habe und da ist es meist so, daß man schöne Sprache gedichtet dargeboten bekommt, “Poesie in gestiefelten Schuhen” und vom Leben meist keine Spur, so daß man oft zweimal lesen muß, um die Gedankensprünge des Dichters zu erfassen.

Daß es auch anders gehen kann, hat der Zweiunaachtzigjährige eindrücklich bewiesen und thematisiert das auch selbst “Dichtung auf ihre Alltagstauglichkeit/ überprüfen dieses Satzfragment/ fiel mir dabei lächerlicherweise ein.”

Und das ist es, Peter Paul Wiplingers Gedichte sprechen von Krankheit, von der Angst vor dem Tod, etcetera und er stellt auch gleich die Frage vom “Regelwerk” der Kunst, etwas was ich meinen kritischen Freund Uli ins Gedächtnis legen will: “solch klugscheißersprüche darf man/ in einem Gedicht nicht verwenden/ sagst du und ich entgegne/ wer zum teufel stellt denn/ solche regeln auf und verbietet mir/ klugscheißersprüche in einem gedicht/ zu verwenden / – na ja sagst du noch von deinem krebs/ solltest du auch nicht sprechen/ jedenfalls nicht so offen und nicht im gedicht/darauf ich wütend und zugleich unsicher/ ich soll also das jetzt wichtigste in meinem leben/aus meinem schreiben ausklammern weil unfein/ ich soll diesen scheißkrebs und die scheißsprüche,/nicht so nennen wie ich das im wirklichen leben tue/ weil das dem regelwerk der ästhetik nicht entspricht/ weil die wahrheit nicht fein genug ist für die poesie/”

Nein, das ist es nicht, obwohl es wahrscheinlich viele Dichter bisher so taten, aber allzu zu privat und persönlich soll es natürlich auch nicht sein “es ist nicht so/daß ich nicht weine/ja natürlich bin ich/auch sentimental/ aber das ist meine/ privatangelgen heit/ das hat nichts verloren/ in einem gedicht”

Und da sind wir schon bei den Schreibanleitungen, wie man zum dichten kommt. Aber zurück zum Anfang zu den Gedichten, die zwischen 2020 und 2021 geschrieben wurden und dabei, glaube ich, alle persönliche Befindlichkeiten des Autors umfassen. Philosophie ist natürlich auch dabei, wenn es um die Lebensaussichten geht: “aussicht gibt es / keine mehr sagt er/ überall ist nur nebel /aber das hinaufsteigen / und das hinuntersteigen/ das lohnt sich/ denn das ist ein erlebnis”.

Da haben wir schom im ersten Gedicht den Sinn des Lebens lapidar zusammengefaßt und dann kommt die “Einberufung” zur Krebsoperation ins AKH. Etwas was den Dichter sehr beschäftigt. Das Gespräch mit dem Professor und das Gespräch mit der Krankenschwester nachher, die sein Bett frisch überziehen soll und er zu schwach ist, ihr zu sagen, daß er das nicht merh braucht.

Die Angst vor dem Tod und dem Sterben kommt auch immer wieder vor und da würde ich Peter Paul Wiplinger gerne einen Satz mitgeben, den ich bei einem Vortrag von Professor Musalik einmal hörte, wo es um das Sterben ging.

“Wo wir sind, ist der tod nicht und wo der Tod ist, sind wir nicht!”

Also braucht man sicht da vor nicht fürchten, hat er gelautet. Lieber sein Leben genießen bis zu den letzten Stunden, so gut es geht. Einen Baum pflanzen, ein Gedicht schreiben. In diesem Fall viele schöne Gedichte, die ehrlich sind und keinem Regelwerk folgen müßen, würde ich empfehlen.

“ich bin jener/ der im 81. lebensjahr ist/ ich bin jener/ der krebs hat /ich bin jener/ der gedichte schreibt/ ich bin jener /der am liebsten einfach nur so dahinleben möchte /ich bin jener/ der weiß, daß alles einmal sein ende haben wird”

Das Thema Corona, das Peter Paul Wiplinger bedrohlicher, als ich zu erleben scheint, kommt auch natürlich vor:

“Corona 2020 Berichterstattung/ wirtschaft/wirtschaft/wirtschaft/kein Wort von/sterben sterben/sterben sterben/kein händehalten/in der todesstunde/15 minuten- abschied/ dann sterben/tox/welch erbärmliche/unmenschlichkeit” und für mich zum erstenmal poetisch thematisiert, die Corona-Impfung:

“wir fahren mitder u1/nach der corona-impfung/von jenseits der donau heim/zum stephansplatz und dann/ mit der u3 zum rochusmarkt”

“TODESGEDANKEN” sind es, die Peter paulWiplinger, manchmal quälen und sie in eindrucksvollen pragmatischen Sätze verpackt:

“ich ziehen meine/ schwarzen socken an und denke an den tod/ ich ziehe meine schwarze hose an/ und denke an den tod/ ich ziehe meine weißen bosxershorts an und denkeplötzlichach/ verdammt noch mal/war das leben schön/ wenn man sie auszog/

Da kann kam Peter Paul Wiplinger vielleicht auch verzieihen, daß er nach dem er im Krankenhaus den Besuch des Priesters verweigerte und man ihm stattdessen eine Psychologin schickte, bedauerte, daß sie “völlig unerotisch” aussah und er dann dazu kommt es als “unsinnig” zu empfinden, daß er sein Leben für den Nachlaß schön ordentlich in bene-ordner verpackte. Das muß sein denke, ich damit Spuren bleiben, damit man alles nachlesen kann, die ich, das im Blog, statt in Ordner mache und auch die Nationalbibliothek nicht anfrage, ob sie von mir vielleicht etwas haben will?

Sehr beeindrucken die “Aussichten des alten Dichters, der auch, wie schon erwähnt Schreibanleitungen gibt “entweder teilt mir das gedicht etwas neues mit oder eben nicht” “eine einzige wortlkauberei/ ist das sagst du abfällig zu mir/ dashat doch mit einem gedicht/ nicht das geringste zu tun/” und sehr viel Lebensweisheit bringt, manchmal etwas melancholisch ist und vielleicht auch trauig, so daß ich mit einem Liebesgedicht schließen will:

“ETWAS WIE LIEBE

wie ist mein herz so müd nach dir/ /verflogen ist die gier/ der jungen leidenschaft/ jetzt sitze ich verloren/ in meiner dunkehaft/ wie ist mein herz/ so müd nach dir/ im kerzenschein/ da bin ich dein /obwohl wir längst/verloren sind”

Also auch ein wenig melancholisch, obwohl Peter Paul Wiplinger, der sich in den diversen IGs auch sehr für seine Kollegen, vor allem für die aus Osteuropa einsetzte, auf ein langes erfülltes dichterisches Schaffen zurückblicken kann und ich mir auch noch viele schöne Gedichtbände von ihm wünsche.

Und schön finde ich auch noch ,daß Peter Paul Wiplinger “daß” mit scharfen” ß”schreibt.

ausgestoßen

Noch einmal Peter Paul Wiplinger, dessen neuen Gedichtband ich ja vor kurzem gelesen habe und der mir, als ich ihm um das Buch anfragte, gleich drei geschickt hat, ist der 1939 in OÖ geborene Dichter, Photograph und IG-Aktivist ja literarisch sehr produktiv und so haben sich auch bei mir schon einige seiner Bücher angesammelt. So habe ich nicht nur die “Lebenszeichen”, die er mir auch schickte, sondern auch “unterwegs”,”Positionen 1960- 2012″ und die “Tagtraumnotizen” in meinen Bibliothekskatalog, beziehungsweise in meinen Regalen stehen.

Ob und wieviel ich davon gelesen habe, kann ich jetzt nicht so genau sagen, bin ich ja auch eine Sammlerin, die gerne alles von alles Autoren bei sich haben will. Den 2006 bei “arovell” erschienenen, aber offenbar schon in den Neunhzigerjahren geschriebenen und erstmals erschienen Prosaband “ausgestoßen”, habe ich, obwohl “unverlangt” zugesandt, jetzt gleich gelesen und ich muß wieder schreiben, es war ein Gewinn, habe ich Peter Paul Wiplinger ja bisher eher als engagierte IG oder sogar PEN-Mitglied, das sich sehr für seine nicht so priveligierten Kollegen vor allem aus Osteuropa oder aus dem “Writer in prisons-Programmen” einsetzt, kennengelernt, war aber auch bei seiner Lesung im “Arabisch österreichischen Haus” und bei seinem achtzigsten Geburtstagsfest im Presseclub Concoria und bei der “Goldenen Margarete” in der Bücherei Pannaschgasse habe ich ihn auch einmal lesen gehört

Jetzt habe ich ihn aber auch gelesen und ich wiederhole mich, das war ein Gewinn Peter Paul Wiplingers Schreiben besser kennenzulernen. Denn dieser fast in Thomas Bernhard-Manier geschriebene Monolog eines Trinkenden, ein nächtlicher Spaziergan durch Wien und die damit verbundenen Schimpfereinen oder Refektionen über den aufgezwungenen Katholizismus, das Versagen, das Scheitern und den wachsenden Rechtsextremismus mit dem Aufstieg Jörg Haiders, der ja in den Neunzigerjahren das politische Bild bestimmte, sind ebenso beeindruckend, wie der Gedichtband, wo sich Peter Paul Wiplinger ja sehr mit seiner Gebrechlichkeit beschäftigte.

In den Neunzigerjahren war er noch jünger. Am Buchrücken ist sein Foto mit schwarzen Rollkragenpulli und schwarzen Käppchen, sowie Schnurrbart, so wie ich ihn von den IG-GVs kenne, zu sehen und auf der Iimpressumseite steht zu lesen, daß eine “Hauptpassage dieses Textes wurde 1997 mit dem Luitpold-Stern-Preises des ÖGBs ausgezeichnet”.

Da habe ich mich ja auch ein paarmal beteiligt und auch ein paarmal was gewonnen, als es diesen Preis noch gab und, das finde ich sehr schön und macht das Buch besonders wertvoll, gibt es wieder eine handschriftlich beschriebene erste Seite, wo Peter Paul Wiiplinger unter den Buchtitel “ausgestoßen”- “aber nicht verloren sein” geschrieben hat. Weiter oben hat er die Kaffeehäuser aufgeschrieben, die die Orte des Geschehens darstellen oder dort geschrieben wurde, wie beispielsweise das Cafe Sport, Cafe Savoy und das Caf Alt Wien und dann hinein in den Monolog, der wenn ich es recht verstanden habe, im Göttweiger Stiftskeller beginnt.

Richtig, am Anfang liest sich das Buch etwas sperrig und ich brauchte ein wenig um in den Stil hineinzukommen, bis ich es dann sehr berührend fand, von diesem “Ausgestoßenen”, “Ich hasse mich-” lautet der erste Satz, zu lesen, der in einer Winternacht durch Wien taumelt und über sein leben resumiert. Es beginnt wie schon geschrieben, im Göttweiger Stiftkeller, da wird dann auch das Stift Göttweig erwähnt, wo ich ja auch einige male bei der “Literatur und Wein” war. Der namenlose Ich- Erzähler ist, erfahren wir, Sohn aus guten ländlichen Hauses, hat studiert, der Kellner verweigert etwas später dem betrunkenen “Herrn Doktor” das bestellte viertel Wein und hat sich immer hinter seinen Brüdern zurückgesetzt fühlt. Er war dann zwar auf der Uni Assistent oder Dozent, hat aber gerade seinen Job wegen seiner Trinkerei verloren und sitzt dann einige zeit im Stephansdom, bis der geschoßen wird und hier ist wieder interessant, daß ihm der Glauben, obwohl er auf die Kirche schimpft, offenbar doch nicht so ganz abgegangen ist.

Später sitzt er auf einer Bank vor dem Dom, wird angeschneit und raucht gedankenverloren einige Zigaretten. Dann schlendert er, weil er etwas Warmes braucht ins Cafe Alt Wien wo sich ja wahrscheinlich auch heute noch die”Pseudokünster”, wie einmal Hermann Schürrer, ansammeln, bestellt, um sein letztes Geld ein letztes Achterl, stellt sich zum Wärmen an die Heizung, bricht zusammen, wird von einem Zivildiener versorgt und wandert dann zum Lueger-Denkmal weiter, um die Nach im Bahnhof Landstraße zu verbringen, weil er es in seinen Zustand nicht mehr in seine Basenawohnung am Gürtel schafft. Polizisten rütteln ihn von einerParkbank auf, er schafft den Weg zum Bahnhof, verbringt die Nacht in einer Nische, obwohl er ja kein Sandler ist und geht am nächsten Morgen durch den Stadtpark, um dort die U-Bahn zu erreichen und nach Hause zu fahren, sich zu waschen und rasieren und auszuschlafen und entgegen dem Buchrücken, wo etwas von einem Gescheiteren und Ausgestoßenen steht”, endet Peter Paul Wiplinger eher versöhnlich mit “Er verspürte eine innere Dankbarkeit in sich. Und er sagte pötzlich laut vor sich hin: “Alles ist gut, alles ist gut!” Dann ging er mit schnellen Schritten aus dem Park und der Haltestelle der U-Bahn zu. Es war nicht mehr weit nicht mehr weit, dann war er endlich daheim.”

Und noch etwas ist interessant, daß dem 2006 erschienenen Buch die Verlagsanmerkung vorangestellt “Auf ausdrücklichen Wunsch des Autors wurde als Bestandteil und Ausdruck seiner literarischen Authentizität die alte Rechtschreibung beibehalten”, wurde.

Ausklang

Gedichte von 2010 – 2020 des 1939 in Haslach OÖ geborenen künstlerischen Fotografen, Schriftsteller und engagierten Mitglieds der IG Auoren Peter Paul Wiplinger. Sogenannte Lapidargedichte “ohne jeden Metaphernschmus”, wie der Schriftsteller, den ich, glaube ich, in den späten Neunzehnachtzigerjahren bei den IG-GVs kennenlernte, auf einem dem Buch beigefügten Zettel geschrieben hat und ich habe mich 1996 sehr vor Peter Paul Wiplinger gefürchtet, als wir beide in der Jury für das damalige Nachwuchsstipendium für Literatur waren, denn er war vom PEN, ich von der GAV dorthin gesandt, was in meiner Vorstellung starke gesellschaftliche Unterschiede bedeutete. Er rechts, ich links und dann hatten wir dieselben Vorschläge, kämpften für denselben Kanditaten, sprachen uns gemeinsam gegen eine Autorin aus und ich hatte wieder etwas gelernt.

Danach erlebt, wie Peter Paul Wiplinger, der vor einigen Jahren auch einen schweren Unfall hatte, vom PEN austrat und in die GAV hinüberwechselte, da gibt es immer noch diese Bestimmung, daß man nur in einer der Vereine Mitglied sein kann, an die ich mich eigentlich halte, aber ich würde, weil ja “nur” selbstgemachte Bücher wahrscheinlich ohnehin nicht in diesen Verein aufgenommen werden.

Jetzt scheint er sich wieder im PEN zu engagieren, zumindest wurde sein achtziger Geburstag, zu dem er mich eingeladen hat, glaube ich, in einem PEN-Lockal gefeiert und er hat mich, als wir uns einmal beim Empfang der Buch-Wien getroffen haben, sehr freundlich auf meinen Blog angesprochen. Er hat mich auch vor einiger Zeit bei der Krit Lit fotografiert und schickt mir jetzt immer die Einladungen zu seinen Veranstaltungen. So hat er mich auch auf sein neues Buch aufmerksam gemacht, das in der “Edition Löcker” erschien und seit Dezember, glaube ich, im Buchhandel erhältlich ist und als ich ihn fragte, ob er mir das Buch für das “Geflüster” schicken will, hatte ich einige Zeit später ein dickes Bändchen mit gleich drei Büchern im Postkasten.

Darunter die “Lebenszeichen”, die ich schon hatte, denn in meiner Bibliothek haben sich inzwischen einige Wiplinger-Bücher angesammelt und ich kann mich auch an einen Wettbewerb in der Bücherei Pannaschgasse erinnern, den Stephan Teichgräber organiserte, “Die goldene Margarete” hat er geheißen. Ich habe auch gelesen und daneben viele ost- und mitteleuropaische Autoren, die gar nicht persönlich anwesend waren, weil die Bibliothek nicht die Fahrt und Übernachtungskosten zahlen wollte oder konnte.

Peter Paul Wiplinger hat ziemlich zu Beginn soweit ich mich erinnern kann, sehr beeindruckende Holocaust-Gedichte gelesen, wurde dann aber aus Zeitgründen sehr bald von Stephan Teichgräber unterbrochen, was ich eigentlich als sehr unhöflich empfand. An einen Abend im arabisch-österreichischen Haus, kann ich mich erinnern und die drei Büchern darunter der, bei “Arovell” 2006 erschiener Prosaband “ausgestoßen” waren alle sehr schön und handschriftlich für mich signiert.

“Letzten Endes bleibt alles Fragment” steht beispielsweise bei dem neuen “Löcker-Band”, bei den Lapidargedichten, wo am Cover ein Foto des Autors, “Sonnenuntergang am Neusiedlersee” zu sehen ist, das Peter Paul Wiplinger mit der Kamera seines Vaters 1981 aufgenommen hat und am Büchrücken ist noch einmal das Gedicht zu sehen, mit dem der Band auch beginnt: “gehen/ gehen gehen/ gehen gehen/ einfach gehen/ was sonst”, womit man schon eine klare Definition hat, was unter Lapidargedichten zu verstehen ist.

Kurze knappe zweizeilige Gedichte, die sich mit dem Sinn des Lebens auseinandersetzen.

“WEGE GEHEN gehen/ die sich kreuzen/ wege gehen ohne ein ziel/ schnittpunkte begegnungen/berührungen beziehungen/ereignisse menschen/erinnerung vergessen” oder “DAS LEBEN” “das leben ist das märchen/ das leben ist wie es ist/ so ist es”.

Es gibt aber auch Gedichte die bestimmten Personen gewidmet sind, so ist der “Dichter” “tag für tag ein gedicht schreiben”, dem 2014 verstorbenen Politiker und Schriftsteller Hugo Schanovsky gewidmet und sehr berührend “EIN GEDICHT SCHREIBEN”, wo Peter Paul Wiplinger, den Auftrag seiner Ärztin beschreibt, daß er dieses tun soll, als er nach seinem Unfall im Spital liegt “ich soll mit der hand/ ein gedicht schreiben/ sagte heute zu mir die frau/ prof. dr. paternostro-sluga/ im donauspital in wien/ und fügte noch hinzu egal was/ sie dann schreiben ganz egal/ wichtig ist nur daß sie schreiben/ und zwar mit ihrer rechten hand/ die halbseitig nervengeschädigt ist”

So eindrucksvoll habe ich Lyrik noch selten gelesen und davon ist auch die Psycholoin in mir sehr angesprochen, die sich neben der schönen Sprache immer sehr für die psychischen Ausnahmesituationen interessiert.

Es gibt neben den kurzen sich mit dem Lauf des Lebens beschäftigenden lapidaren Gedichtzeilen auch längere Gedichte, beispielsweise die “LEBENBSAUSSICHT”, 2013 geschrieben “heute ist der erste Tag/ in meinem Leben an dem ich/in mein 75. lebensjahr trete/bloß kein Selbtmitleid sage ich” oder “MUTTERS LEBEN- nach ihrer Erzählung” geschrieben.

Kurze lapidare Gedichtzeilen, in denen es viel um das Leben geht. So schreibt er beispielsweise über einen der sich den Suicid wünscht “du kommst zu mir/und sagst du magst nicht mehr leben/ ich sage/ ganz einfach/ ich lebe gern/” oder in “GLEICHZEITIG” “aber ich lebe/in der stadt/da gibt es/keine natur”

Es geht auch zunehmend um Krankheit, Sterben und Tod.

“DAS FOTO” “soeben habe ich/das foto angesehen/das foto betrachtend denke ich/an deinen und an meinen tod” oder

“DER KOFFER” “Seit 36 Jahren steht/ der Koffer meines vaters/ nun schon ungeöffnet/ in meinen Keller./ Jetzt, da ich schon fast/genau so alt bin wie er, /als er damals fortging/mit seinem kleinen Koffer/ins Spital, werde ich/ diesen alten Koffer öffnen,/weil ich wissen will,/was ich mitnehmen soll/ins Spital,wenn es/ans Sterben geht./

Es gibt den “TAGESVERLAUF im Krankenhaus” und die “ZWISCHENBEREICHe im AKH in Wien”, in dem sich Peter Paul Wiplinger offenbar befunden hat “das grünen Bettenhaus/das rote Bettenhaus/der grüne Bodenbelag/der rote Bodenbelag” und die “ABENDSTIMMUNG im AKH Wien” Der Himmel/verbrennt/im Abendrot./Wie lange noch/werde ich leben?”

Besonders berührend die “ENTSCHEIDUNG”

Ich breche jetzt/die Chemotherapie ab,/sagte er und tat es auch;/Wenige Wochen darauf starb er./Ich schrieb einen Nachruf auf ihn/für eine bekannte Regionalzeitung/Und setzte meine Chemotherapie/noch einige Wochen lang fort,/bis sie bei mir beendet war.”

In einer anderen “ENTSCHEIDUNG” geht es um die Bücher, die er noch lesen möchte oder noch nicht gelesen hat. Ein Problem das ich auch genau kenne und mich oft genug damit beschäftige.

Dann geht es sehr aktuell um die “CORONA-PANDEMIE 2020”, im April geschrieben. Dann gibt es noch eine NEGATIV-ASSOZIATION “Eine Negativ-Assoziation besetzt/also mein Assoziationsvermögen./Auch das hat sich so ergeben:/ein Alltagsbild als Schreckensbild!/Und das wird noch lange so bleiben.”

Spannend, spannend in die Assoziationen, Gedanken, Überlegungen eines alten Dichters einzutauchen. Spannend sich in seine “Ausklänge” einzulesen und wenn man noch ein wenig mehr von und über Peter Paul Wiplinger lesen will, sind seine “Schachteltexte” sehr zu empfehlen.

Zum achtzigsten Geburtstag von Peter Paul Wiplinger

Den am 25. Juni 1939 in Haslach geborenen Peter Paul Wiplinger kenne ich, glaube ich, von den IG-GVs, als ich 1996 als GAV- Vertreterin in der Jury des Nachwuchsstipendiums war, war er neben Barbara Neuwirth und Herbert Ohrlinger vom Zsolnay Verlag dort als PEN- Vertreter, ich habe mich vor seinen Urteilen gefürchtet, aber siehe da, wir lagen auf der selben Linie.

Bei der “Goldenen Margarete”, die es in der Szene Margareten ein paar Mal gab, hat er gelesen, ich sah ihn auch ein paar Mal bei der “Buch-Wien” Eröffnung, wo er mich immer freunlich auf das “Literaturgeflüster” ansprach.

Vor ein paar Jahren hat er einen Unfall gehabt, das heißt, er wurde von einem Radfahrer niedergefahren, als er im  Bundesministerium für Kunst  einen Antrag für einen Kollegen einbringen wollte. Jetzt scheint es ihm wieder gut zu gehen, hat er mich doch bei der letzten “KritLit” fotografiert und mich zu der Buchpräsentation und seinem Geburtstagsfest in den Concordia Presseclub eingeladen.

Weil ich ja jetzt etwas länger zum Gehen brauche, bin ich zu spät gekommen, die Musik hat schon gespielt und ich mußte etwas suchen, bis ich  doch einen Platz in der dritten Reihe fand.

die Generalsekretärin des Presseclubs und Helmuth A. Niederle vom PEN haben eröffnet, Josip Cenic hat ein kroatisches Lied gesungen, dann kam die Laudatio von Gerhard Ruiss, der Peter Paul Wiplinger für seinen unermüdlichen Einsatz für Verfolgte und Minderheiten lobte und dann kam ein kurzer Film über Peter Paul Wiplingers “Schachtelsätze”, denn dieses Buch wurde gemeisam mit den “Erinnerungen” vorgestellt.

Dann kam eine Lesung des Jubilars, der sich bei seinen Freunden bedankte und dann zwanzig Minuten sehr poetische Stellen aus seinen beiden Büchern las.

Ein paar Dankesreden und Lobeshymnen gab es auch noch, bevor das Buffet eröffnet wurde, man sich Bücher signieren oder Peter Paul Wiplinger sein Geschenk überreichen konnte.

Ich habe das mit der “Unsichtbaren Frau” getan und dann meine Einladungskarten für die Cafe Westend-Lesung an Gerald Grassl, der mir sagte, daß Christoph Kepplinger die Volksstimmefest- Lesung heuer zum letzten Mal organisieren würde, Manfred Chobot, Julia Danielcyck, Ottwald John und noch ein paar andere Interessierte verteilte.

Eine interessante Veranstaltung zu Ehren eines interessantes Autors, den ich auch auf diese Weise alles Gute zum Geburtstag und weitere Schaffensenergie wünsche!