Hoch der erste Mai

Nach zwei Jahren endlich wieder Maiaufmarsch, das heißt das stimmt nicht nicht ganz, die SPÖ hat die letzten zwei Veranstaltungen Online gemacht, aber im Mai 2020 begannen ja die Lockerungen und das Ende der ersten Ausgangssperren und so sind wir zur Albertina gegangen, haben dort Gerald Grassl und ein paar bekannte Gesichter zum Teil wegen der Maske nicht so leicht zu erkennen, gesehen und sind dann aber nicht wie erwartet zum Parlament, sondern zum Ballhausplatz gegangen, denn es war offenbar eine Grassl-Veranstaltung und keine der KPÖ und am Nachmittag hats dann eine Demonstration gegen die Einsparungen von Kunst und Kultur am Heldenplatz gegeben.

Dazwischen sind wir nach Hause gegangen, weil alle Restaurants ja zu und im Vorjahr waren wir, glaube ich, in Harland und haben gegrillt und heuer habe ich eigentlich auch hinfahren wollen. Der Alfred hat aber vor ein paar Wochen ein paar Leute von “links” getroffen, die ihm auf den Maiaufmarsch aufmerksam machte, den der KPÖ oder .links bei der Albertina. Der beim Rathausplatz hat heuer auch wieder stattgefunden, weil alles wieder normal und nur mehr Maskenpflicht im Supermarkt oder in den Öffis. Also bin ich um zehn zur Albertina marschiert. Der Alfred ist schon um neun hingegangen, weil er Leute treffen wollte.

Mir ist der Maiaufmarsch eigentlich nicht so wichtig, obwohl als Kind, weil aus einer sozialistischen ,Familie stammend bin ich mit meinem Vater und meiner Schwester, glaube ich, immer hingegangen. Die Mutter war zu Hause und hat gekocht. Später bin ich nicht mehr bei der SPÖ mitgegangen und noch später so seit etwa zwanzig Jahren bei dem der KPÖ bei der Albertina und das heute nocheinmal Eigentlich viele Leute am Albertinaplatz, aber eigentlich nur wenig bekannte. Dann über dem Ring zum Parlament marschiert. Beim Heldenplatz gab es eine Absperrung, weil eine Demo der Rechten.

“Wie blöd, daß denen das erlaubt wird!”, hat die Renate Saßmann empört zu uns gesagt und ich habe eigentlich nichts gesehen und nur gewusst, um eins gibt eine Anticorona-Großdemonstration, ob die gemeint war? Die habe ich aber ausgelassen, weil derzeit ohnehin alles normal. Mal sehen, ob wir das im Herbst, wenn das neue Virus und die Impfpflicht wieder kommt, wieder brauchen.

Vor dem Parlament, wo wegen den Umbauten noch alles abgedeckt war, gab es paar Reden und die erste Strophe der International, die ein paar Leute hinter mir auf Spanisch mitgesunden haben und dann sind wir um die Ecke, zum Schmerlingplatz zum obersten Gerichtshof gezogen. Auch das war neu, weil es da eine Aktion gegen Rassismus gegeben hat, beziehungsweise die Aufforderung, daß alle Flüchtlinge in Österreich willkommen sind. Da gab es einen Rap und nochmals Reden. Zum Beispiel eine der Elementarpädagoginnen und der Organisation der 24 Stunden Betreuerinnen und eine Aufforderungen zum Frieden und ja, ich bin auch dagegen, daß Deutschland scharfe Waffe in die Ukraine liefert und habe auch ein bißchen Angst, daß es da zum dritten Weltkrieg kommen könnte und auch nicht zur dritten Strophe der Internationale, denn da war ich schon hungrig und so sind wir zum Burgtheater, wo die SPÖ ja Freßzelte aufgebaut hatte, wo alle Granden aufmarschierten und sich fotografieren ließen. So habe ich Ex-Bürgermeister Häupl gesehen, als wir uns noch um die Würstl und das Hot dog anstellten und, als wir das dann gegessen haben und dem Gespräch zweier Genossen zuhörten und sich der Conny zu uns gesellte, der bedauerte, daß Richard Weihs seine “Wilden Worte” einstellte und mich fragte, ob ich die weiterführen will, will ich nicht, kam Bürgermeister Ludwig zu uns und gab uns zweimal die Hand und hörte sich geduldig an, als wir ihm sagten, daß wir seine Crona-Maßnahmen für übertrieben hielten. Dann gings, das Wetter war eher schlecht, es war kalt und regnete leicht, zum Votivpark, wo es ein lateinamerikanisches Fest mit einer Musikband gab, die der Alfred hören wollte.

Es haben dann andere Leute gespielt. Wir haben aber die Ruth getroffen und mit ihr zuerst Kaffee und später Wein getrunken und uns endlich wieder ein bißchen unterhalten und so war es ein schöner erster Mai.

Ob eine bessere Welt möglich ist und, die die KPÖ schaffen kann, bin ich zwar ein wenig skeptisch. Aber gehen wir es an und in einen schönen Sommer. Hoffen wir nur, daß das Wetter besser wird und die Preise nicht zu sehr explodieren und auch nicht der dritte Weltkrieg und auch im Herbst nicht das schon angekündigte neue Killervirus wiederkommt und als wir zurückgegangen sind, haben wir am Ring auch die letzten Züge der Corona-Demo getroffen und da bin ich gespannt, ob ich da im Herbst oder schon im Sommer wieder mitmarschieren werde.

Erster Mai und hundertfünfzig Jahre Wiener Ringstraße

Daß der Ring heuer sein hundertfünfzigjähriges Jubiläum feiert, kann man nicht verfehlen, wenn man nur ein bißchen Radio hört, denn in Ö1 ist dieser Tage sehr oft zu hören, daß die Prachtstraße, die die Wiener Innenstadt mit den äußeren Bezirken, den ehemaligen Vorstädten verbindet und auf der es das Parlament, die Oper, das Burgtheater, das Rathaus, die Universität und viele andere wichtige Gebäude gibt, Geburtstag hat. Das erste Mal bin ich auf dieses Ereignis glaube ich vor einem Jahr bei der “Rund um die Burg-Veranstaltung” aufmerksam geworden, da wurde ein entsprechender Bildband präsentiert und es gab auch ein Gewinnspiel, wo man die Frage beantworten mußte, wie alt die Ringstraße demnächst werden wird? Da habe ich, glaube ich, noch auf hundert getippt, denn, wenn man in Wien aufgewachsen ist, ist einer das eigentlich egal, in der Schule hat man davon gelernt, vom Maler Makart, dem Theophil Hansen und den anderen Architekten, die diese schönen Bauten errichteten. Es gibt auch die Ringstraßenpalais, wo die Aristrokratie, beziehungsweise die Oberschicht wohnte, heute sind die meistens in Hotels umgewandelt und Robert Streibel hat außer über den April in Stein, auch noch ein Buch über die “Arisierung der Beletage” eines solchen Palais geschrieben, da hat die Wien-Bibliothek im März oder April zur Buchprsentation eingeladen, ich habe auch überlegt hinzugehen, dann aber eine andere Veranstaltung vorgezogen, denn wie schon geschrieben, so wichtig ist mir diese Wiener Prachtstraße nicht, obwohl ich den Ring überquere, wenn ich von der Krongasse in die “Alte Schmiede” oder in die “Gesellschaft für Literatur” gehe und als Studentin bin ich auch sehr viel in die Oper gegangen, ich habe auf der Universiät studiert, war manchmal im Burgtheater etc und mit dem Ringwagen, wo man früher die Innenstadt umrunden konnte, bin ich auch öfter gefahren. Jezt gibt es das nicht mehr, denn jetzt führen die Wege, wie ich auch im Radio hören konnte, von der Innenstadt in die Peripherie heraus, es gab heute auch eine Sendung in Ö1, daß zum Ring auch der Vorort Bezirk Ottakring gehört, wo mein Vater ja in einem der sogenannten “Jubiläumsbauten” zu irgendeinem Ehrentag des Kaiser Franz Josefs erbaut, aufgewachsen ist. Daß die Ringstraße dieser Tage ihren würdigen Geburtstag hat, habe ich also erst vorigen Donnerstag am “Tag des Buches” so richtig geschnallt, denn da gab es im “Von Tag zu Tag” eine Sendung, die etwas mit “Lesen” im Titel hatte, dann ein Interview mit der Schauspielerin Petra Morze war, die am darauffolgenden Sonntag beim “Klangteppich- des Literatursalons des Cafe Landtmanns” auftrat, das ist die Bel Etage oder der ehemalige Salon der Berta Zuckerkandl, wo es beim ersten Mal “Rund um die Burg-Neu” Lesungen gab, da wurden, konnte ich hören Texte von Eva Menasse, Marlene Streeruwitz und vielleicht auch ältere aus der Ringstraßenzeit gelesen, was mich aber auch nicht richtig interessierte, da wir das vorige Wochenende in Harland verbrachten und ich am Sonntag mit dem Alfred nach Nußdorf an der Traisen zum Weinfrühling des Weingut Herzingers geradelt bin, dann sind wir am Montag nach Wien zurückgefahren und da konnte ich im Radio hören, daß sich das Radio Kolleg die ganze Woche mit der Ringstraße ihrem Bau vor hundertfünzig Jahren, an der Stelle wo sich die ehemalige Stadtmauer, das Glacis etc befunden hat, beschäftigt und das war interessant, denn da gab es auch von sozialen Elend der Ziegelarbeiter und der Bettgeher, die beim Bau beschäftigt waren, zu hören und die Sozialreportagen von Max Winter, Alfons Petzoldt etc stammen auch aus dieser Zeit und so habe ich die ganze Woche mit halben Ohr, immer wenn ich zufällig das Radio aufgedreht habe, etwas über das Großereignis gehört, interessant gedacht und irgendwann ist mir eingefallen, vielleicht am Donnerstagmorgen, als ich, um in die Tuchlauben zum Frühstück und zur Buchpräsentaionzu kommen, den Ring überquerte und da an den Touristenmassen, bei der Albertina vorrüberging, daß ich ja am ersten Mai, auch ein Stückchen den Ring entlangmarschieren werde, denn da ist ja der “Tag der Arbeit” und ein Feiertag und der traditionelle Maiaufmarsch der Sozialisten, mit dem ich im Hernalser Gemeindebau ein bißchen sozialisiert wurde, findet am Rathausplatz statt und da bin ich als Kind mit meinem Vater  immer mitgegangen. Einmal hat mir jemand ein Maiglöckchensträußchen in die Hand gedrückt, daß ich dem Bürgermeister Jonas geben sollte, ein anderer Mal mit den ” Kinderfreunden” in einem weißen Kleid mit rotweißroten Streifen mit den Kinderfreunden vorbeidefilieren, beides war in der Zeitung. Meine Eltern haben es aufgehoben und später nach meiner Matura habe ich mit dem Marschieren aufgehört und erst nach 2000 wieder damit angefangen und da gehe ich eigentlich meistens von der Albertina bis zum Parlament und da muß man ein großes Stück an der Wiener Prachtstraße mit ihren Prachtbauten der Oberschicht, der Regierung und der Geschäftswelt vorbeimarschieren, diesmal mit der roten Fahne, die manche Funktionäre tragen und den Trommlern und auch ein bißchen mit den “Arbeitern von Wien”. Die Ringstraße also auch ein bißchen ein Symbol der Wiener Arbeiterschaft zumindestens am ersten Mai und einmal kann ich mich an eine große Sozialabbaudemonstration der Gewerkschaft erinnern, wo ich mitgegangen bin und da, weil sehr stark regnete, bis zu den Knöcheln im Wasser ging. Heute nicht, heute war das Wetter schön, der Maiaufmarsch mit dem anschließenden Fest im Kulturzentrum Siebenstern wo immer die Poet Nächte stattfinden, beendet und am Abend wird es im Ö1 noch eine lange Nacht der Ringstraße geben, wo, glaube ich, die Prachtbauten vorgestellt werden, wie Oper und Musikverein, die wie ich einen der Sprecher hören konnte, dem gehobenenen Kulturanspruch der Oberschicht entsprachen. Ja richtig, das Palais Eskeles, in dem sich heute das jüdische Museum befindet, gibt es auch und da haben die Vorfahren des Keramikers Edmund de Waal gelebt, der darüber, den berühmt gewordenen Roman “Der Hase mit den Bernsteinaugen” geschrieben hat, der gestern in den “Tonspuren” anläßlich des Ringstraßenschwerpunkts gesendet wurde. Interessant  den Ring, an dem man vor allem im Sommer so herrlich unter den großen Bäumen spazierengehen kann, von allen seinen Seiten zu betrachten und neben der großen Historiengeschichte, auch ein bißchen seine persönliche Geschichte dazudenken und da spielt auch der erste Mai seine Rolle und ich kann mich auch an ein Kinderbuch erinnern, das wir zu Hause hatte. “Geschichten aus Alt und Neu Wien” hat es, glaube ich, geheißen und da hat ein Onkel seiner kleinen Nichte und seinem Neffen, viel von der Stadtmauer, dem Glacis und wahrscheinlich auch dem Ringstraßenbau erzählt, das ich vor mehr als fünfzig Jahren gern gelesen habe.