Was der Fall ist

Jetzt kommt ein Debut das auch auf Longlist des Bloggerdebuts steht, dessen Shortlist bald bekannt gegeben wird und das dritte oder zweite Buch der heurigen Schweizer Buchpreisliste an dem der 1967 in Bern geborene Thomas Duarte zehn Jahre schrieben hat.

Er hat vorher im Büro gearbeitet von da seine Inspiration für den Text, der als “Skurilles Erzähfeuereuerwerk, eine melacncholisch-humoristische Poetik des Scheitern. Es wird bevölkert von kauzigen Figuren, die auf vielfältige Weise die Absurdität der Lebens- und Arbeitsbedingungen in unserer kapitalistischen Leistungsgesellschaft spielgelt, ” beschrieben wird, geholt.

Eine vordergründig vielleicht bekannt klingende Geschichte, die manchmal an Kafkas Skurilität erinnernt und aus kurzen Kapitel besteht, die <namen wie “dasitzen”, “sich ernähren” ,”sich streiten”, etcetera tragen.

Ein Mann kommt in einer regnerischen Augustnacht auf eine Polizeistelle und erzählt dem dort diensthabenden Polizisten seine Geschichte. Er ist Geschäftsführer oder Assistent des Chefs eines Wohltätigkeitsvereins, der Gelder an verschiedene Außereuropaische <länder verteilt, die vorher ein Gesuch geschrieben haben, das etwas seltsam klingt.

Hinter seinem Büro ist ein Zimmer in dem er nicht ganz abgesprochen wohnt und seit einiger Zeit auch die illegale Putzfrau Mira, für die er Samstags kocht und die Gesuche vorliest.

Silvana, die einen Storchenhals hat und wie ein Gnu geht und die er als seine Chefin bezeichnet, der Chef heißt Franz, ist vor einiger zeit in sein Büro gekommen, um sich die Unterlagen für die Jahresversammlung zu besorgen, weil sie Unregelmäßigkeiten vermutet.

Die Jahresversammlung hat stattgefunden, als der sogenannte Antiheld die Polizeistation betritt und er entlarvt, daß er die Gesuche selbst erfunden hat und entlassen wurde.

Seinen Vater hat er gerade aus der Psychiatrei abgeholt und die letzte Zeit in seiner Wohnung geschlafen, denn die Putzfrau logiert inzwischen mit einem Ramon in seinem Hinterzimmer, so daß er keine Wohnung mehr hat.

Das Resoltat seiner Geschichte, die er der Polizei erzählt ist, daß die nach einigen Wochen in das Hinterzimmer kommt und Mira abholt. Er ist inzwischen von seinem Büro in das Büro des Chefs gezogen und macht dort eigentlich weiter wie bisher. Das heißt sie verteilen weiter Geld und versenken auch eine Pistole, die sich beim Chef angesammelt hat und tanzen dann miteinander.

Die Nacht mit dem Polizeigespräch wird von einigen Zigarettenpausen unterbrochen. Der Polizist , der geduldig zuhört, Kaffee und auch etwas zu essen bringt, fordert ihn auch einige Male auf, zu gehen, bevor er das Erzählte in das System einspeichern muß, weil der Frühdienst erscheint.

Eine skurille Geschichte, ein wenig altmodisch und durchaus sympathisch oder schon bekannt erzählt, gelegentlich blitzen moderne oder ungewöhnliche Details auf, etwa seine Suxualität mit Mira, die Beschreibung von Silvana oder die Nudeln mit Zitronensauce, die er Mira kocht.

Ungewöhnlich ist auch, daß sich die Zeitebenen verschieben. Er erzählt sein Leben dem Polizisten, ein paar Zelen weiter Franz, dem Chef und dazwischen spult sich auch die Handlung ab und der Sinn des Buches ist wahrscheinlich die Erkenntnis, daß des mit der Wahrheit nicht so einfach ist und das Wichtigste an allem das Geschichtenerzählen ist.

Den Schweizer Buchpreis hat das Buch, das auch schon andere Preise gewonnen hat, nicht bekommen, ich habe aber wieder einen interessanten Autor kennengelernt und die Absudridtät des kapitalistischen Lebens, das er da durch den Kakao zieht, hat mich, das wird meine Leser vielleicht nicht verwundern an unsere momentante Corona-Skurriltät erinnert.

Was möglich ist

Jetzt geht es in die Schweiz, zwar noch nicht zu den heurigen Buchpreisbüchern, sondern zu einem das nicht auf der Liste gestanden ist, “Lenos”, den ich, glaube ich, durch den dBp kennenlernte, hat es mir zugeschickt, der zweite Roman des 1975 geborenen Werner Rohner de rin Biel studierte und von dem ich noch nichts gehört habe.

Roman ist wieder einmal übertrieben, denn es sind drei Frauengeschichten, die wohl durch die Klammer “Liebe” zusammengehalten werden, da gibt es ja auch Erzählbände, die durch solche Klammern auch als Romane interpretiert werden können. Aber Romane verkaufen sich besser, glauben wohl die Verlage, obwohl diese Bezeichnung durch ihre inflationäre Verwendung wohl nicht mehr immer glaubhaft ist.

Die erste Frauengeschichte trägt den Titel “Edith” und geht, um eine einundsechzigjährige Kellnerin, die nie Zürich verlassen hat, wohl auch nicht besonders gebildet ist, dann aber plötzlich mit einem Gast, Christoph, der immer kommt und Apfelstrudel bestellt und ihr dabei erzählt, wie er als Rettungsschwimmer einmal eine Frau beatmete, obwohl sie schon längst gestorben war, nach Marokko folgte, dort ein Haus kaufte und eine Penison aufmachte.

Nach einem Jahr bekommt die Freundin ihres Sohnes ein Kind und sie kehrt zurück, obwohl der kleine Miguel zu allen sehr distanziert war und Chris ihre oder sie seine große Liebe war, bricht sie den Kontakt ab und zieht schließlich in ein Altenheim.

Das Interessante an der Geschichte war für mich nicht ihr Inhalt, sondern die Schreibweise, nämlich der Perspektivenwechsel im Fließtext, ich wechsel da ja szenenweise ab. Aber da beginnt es zuerst mit Christoph, den großen Reisenden, der einen Winter in Zürich verbringt, dort zum Bademeister umgeschult wird, das erfährt man während er die Frau beatmet. Dann geht die Perspektive zu Edith und schließlich zu ihrem Sohn Martin über, zwischendurch wird da noch einige Male gewechselt.

Als ich das Buch bekommen, das Cover, den Klappentext und die Rezensionen dazu gesehen habe, habe ich mich gewundert, daß “Lenos” ein so konventionelles Buch mit einem so konventionellen Thema und einer so konventionellen Sprachweise verlegt, aber man muß wohl hinter die Kulisse und in den Text hineinblicken, um herauszubekommen, was alles möglich oder unmöglich ist und dann ist in der zweiten “Vera” genannten Geschichte auch viel “unmögliches” oder bisher nicht gesagtes dabei und der Clou ist vielleicht auch, wofür Werner Rohner nichts kann, daß ich in der “Nika” und in den “Dreizehn Kapitel” auch so eine Geschichte habe, wo zwei Frauen zusammenleben, eine bekommt ein Kind und will partout nicht, daß sich der Vater darum kümmert und der besondere Clou ist, daß die Frau Vera heißt.

Die “Dreizehn Kapitel” wurden 2013, glaube ich, geschrieben, die “Nika” 2015 und bei Rohner ist Vera eine Bibliothekarin verheiratet mit einem Gregor, einen überkorrekten perfekten Historiker und im fünften Monat schwanger, als sie sich in Nathalie, die gerade weil geschieden und zwei Kinder, endlich ihre Studium abschließen will. Vera und sie haben sich, glaube ich, schon länger gekannt und auch die Schwester Marion, die auf die Kinder aufpasst, kannte Vera, glaube ich, schon und es hat, Bezug zu der ersten Geschichte, da kommt, obwohl die Geschichte zwei ja in Berlin spielt auch einmal das Cafe vor in dem Edith arbeitete und in der Pension in Marokko waren sie auch einmal, auch eine Totgeburt gegeben und eine postnatale Depression. Jetzt küßt Nathalie Vera, die schläft zwar und das ist etwas bizaarr, dabei ein, verliebt sich aber dennoch. Die beiden Frauen reisen nach New York spritzen den Kongreß und Vera schafft es dann nicht es ihrem Gregor zu sagen. Das Kind kommt zur Welt, wird ein Bub, statt des erwarteten Mädchens. Nathalie vergißt ihren Bh in Veras Zimmer. Marion droht auf die Kinder nicht mehr aufzupassen und Gregor ruft bei Nathalie an, um zu fragen, ob sie nicht die Patentante des kleinen Albert werden will? Dann sieht er ganz am Schluß an Nathalies Tränen, um was es da geht und was im letzten Jahr geschehen ist. Ein genialer Schlußsatz denke ich, über den ich erst ein paar Minuten nachdenken mußte.

Bei “Lena” ist es ähnlich, Perspektivenwechsel, Bezüge zu den vorigen Geschichen, der Held ist eigentlich Michael, ein Schriftsteller, der schon mal als Bademeister arbeitet und einen Roman unter dem Pseudonym Andrea Dietsche geschrieben hat, erinnern wir uns, das ist die Frau die in der ersten Geschichte ertrank und er ist der beste Freund von Lena, frisch getrennt und noch sehr verstört von Sophie, eine Isabel gibt es auch und Lena ist mit Lorenz verheiratet, es gibt zwei Kinder. Da fährt sie nach Neapel zu einem Carlos und Lorenz kommt in der Nacht zu Michael, erzählt ihm das und bittet ihm ihr nachzufahren. Die weiß gar nicht genau warum sie Lorenz verlassen hat oder doch, um sich vorzustellen, wie sie das bei ihren Kinder täte. Dann kommt sie zurück, aber noch nicht zu Lorenz, sondern zu erst zu Michael, bis alles wieder seinen normalen Gang nehmen wird, oder auch nicht. Das wissen wir nicht, denn der “Roman” ist damit aus.

Meistens sind es Erzählbände, die solche Klammern haben umd “Einfühlsam und unaufgeregt erzählt Werner Rohner von Sehnsucht und Begehren von Aufbruch und Verlust”, steht noch am Klappentext und ich füge hinzu, daß ich auf jeden Fall eine interessante Begegnung mit einem mir bisher unbekannten Schriftsteller machte, der seine Themen wirklich ungewönlich wählte und auch eine ungewöhnliche Erzählweise hat.