Fremde Geografien

Jetzt geht es gleich wieder zur “Edition Exil” und zu der 1990 in Bulgarien geborenen Antina Zlatkova, die seit 2009 in Wien lebt und 2012 den “Exil-Preis” für Lyrik gewonnen hat, ein Preis, der nicht jedes Jahr vergeben wird.

Das Buch wurde im vorigen Jahr bei der “Edition-Exil entdeckt-Veranstaltung” vorgestellt und ist zweisprachig erschienen.

“Jedes Gedicht ist ein Mensch, jedes Gedicht ist ein Übersetzungsversuch des Selbst durch eine fremde Kultur, eine poetische Körperstudie über die Anatomie der Welt”, steht am Buchrücken.

Anton Thuswald hat das Buch rezensiert, das in mehrere Teile gegliedert ist.

So gibt es die “Mystifikationen der Stadt”, “Topographie des Körpers” und den namensgebenden Titel “Fremde Geografien.”

Im ersten Teil können wir ein bißchen Bulgarisch lernen. Werden da doch einige Namen vorgestellt und wir erfahren, daß Ida “Ich komme” heißt, Valya “ich regne”, Goran kommt vom Wald, Sharzad beideuted Sherazade, etcetera und Zacharina bedeutet natürlich Zucker:

“So verkostet man das leben  buchteln bücher streusel und glasur doch manchmal fehlen mir der feuchte blätterteig die dicken nüsse und der sirup die die zunge einzuschläfern wissen”

Zum “Bäcker” geht es dann auch “dann schlüpft die sonne aus dem dotter und zerfließt im roggenteig die nacht rinnt dünn und flüssig im gärschrank hebt sich der tag”

Man sieht in Antina Zlatkovas Gedichten, die sich auch immer wieder an ihre Familie erinnert, kulinarisch sinnlich zu.

Und wenn im “kaffeehaus” “um elf zugesperrt wir””betrachtet die kellnerin lange alle reste zeichnet in den sud das portrait eines gastes und leckt den löffel ab”, ob es in den wirklichen Kaffeehäusern wirklich so poetisch zugeht?

Ebenfalls sehr poetisch das Gedicht vom “tabakverkäufer” “mein vater gestern angekommen asche und ein stück papier”

In der “topographie des körpers” geht es durch den Körper. Es gibt “schulterblatt”, “beckenkamm” und “atlas-Gedichte”.

Der Süße des “baklava” entkommen wir trotzdem nicht “in ihrem mund zerbröckeln halbwache erinnerungen wie baklava” und “handlesen” wendet sich den kochenden Frauen zu “frauen die kochen haben andere hände hügelig salzig und feucht”

In “fremde geografien” geht es  in die weiten dieser Welt, wir kommen nach Java, Uzbekistan, Istanbul und eine “rückkehr” gibt es auch “in der hemdtasche schwitzt der zettel jetzt bin ich endlich in wien”

Sehr poetische Gedichte einer sehr jungen Frau, von der wir noch mehr und öfter hören sollten.

Christa Stippinger sucht ja für Werkstattautorinnen, wie sie bei Veranstaltungen immer sagt, größere Verlage nach dem in der Edition Exil erschienenen Debutbändchen. Mal sehen wie es hier gelingt.

“Deuticke” und “Droschl” machen wahrscheinlich keine Lyrikbände, in Österreich sind im letzten Jahr aber einige Lyrikreihen entstanden, in denen Antia Zlatkovas Gedichte sicher passen.

Makabre und ernste Lyrik

Jetzt kommen zwei in österreichischen Klein- oder Mittelverlagen erschienene Gedichtbändchen, die mir zwei liebe GAV-Kollegen übergeben haben, die ich zu einer “Mittleren-Reihe” einladen könnte, wenn ich eine solche für Männer machen würde.

Dietmar Füssels “eigentartige Gedichte – Menschenfleisch”, wie er sie selber nennt, 2014 in der “Edition Roesner” erschienen, wo auch Anita C. Schaubs Frauenbuch erschienen ist, in dem ich ein Portrait habe und Axel Karners “Der weisse Zorn”, von beiden Autoren, habe ich schon Bücher gelesen und besprochen und Dietmar Füssel, auf dessen Website, man Monat für Monat eines seiner Werke gewinnen kann, nennt sich selbst, glaube ich, humoristischer oder satirischer Schreiber und ist als solcher auch höchst vielseitig, gibt es doch von ihm Romane, Satiren, Erzählungen, Gedichtbände, seinen ersten Krimi habe ich vor kurzem besprochen, der neueste Gedichtband fehlt noch in meiner Sammlung, aber “Menschenfleisch” hat mich positiv überrascht, dachte ich doch, nach der Einleitung des Herausgebers, Erich Schirhuber, der ihn sogar, wenn auch etwas zögernd mit Morgenstern vergleicht, an eher platte Witzchen und es geht auch sehr viel um, wie schon der Titel besagt, um Kannibalentum. Die Sozialkritik läßt sich dabei aber nicht übersehen und, daß er eine originelle Weise hat, den Reim auf höchst moderne Art wiederzubeleben, hat auch Erich Schirhuber herausgearbeitet.

Ein paar Beispiel gefällig?

“Immer wenn ich Flöhe sehe, wird mir ums Herz so wehe. Sie gemahnen mich daran, daß der Mensch von Anfang an Bis zum Tod vergeblich lebt und nach Eitlem stets nur strebt.

“Er ging zu Fuß nach Tulipan von Wardehoh nach Tulipan. Er kam nach Tulipan bei Nacht und lernte es nicht lieben und klagte laut, ach wär ich doch in Wadeloh geblieben!”

“Wirum warum wand, bist ein Asylant. Deine Haut ist schwarz oh Graus! Schubhaft und zurück nach Haus”

“Er hatte Glück im Spiele stets, nicht in der Liebe, er hatte AIDS”

“Was macht ihr da? So fragte er. Ich fürchte fast Geschlechtsverkehr! Erraten sagte seine Frau, mein Kompliment, du bist sehr schlau!”

“Sie ging in den Keller. Sie trug einen Teller. Sie ging zu der Truh und sah und sah: Leichenteile von einer Kuh und ein zerstückeltes Schwein. Oh ja!”

“Warum gehn in deinem Haus Kinder ein und nicht mehr aus? Das kann ich dir schon erklären: Kinder sind mein Lieblingsschmaus”

Und so weiter und so fort, manches klingt vielleicht wirklich etwas platt, aber vieles, vieles regt zum Nachdenken an und ist dennoch scheinbar lustig, so daß man, wenn man will und es einem nicht im Halse stecken bleibt, auch darüber lachen kann.

Wie passt da, der 1955 in Zlan geborene Axel Karner hinzu, der in Wien als Religionslehrer tätig ist, werden da die österreichischen Literaturexperten vielleicht fragen.

Und die Antwort ist zuerst pragmatisch, lassen sich in der Badewanne ja oft zwei oder mehr Gedichtbändchen auf einmal lesen und Axel Karners “Weißer Zorn” hat nur siebenunddreißig Seiten und etwa zwanzig Gedichte, die von einem Prolog bis zum Epilog gehen. Die Sprache ist zugegeben ganz anders. Erhöht, abgehoben nicht so einfach makaber und dennoch, trotzdem, die Themen bleiben gleich und sind ja immerfort dieselben, weil sich das ganze Leben, um die Liebe und den Tod, Verrat und Eifersucht, etcetera dreht und man kann, wie es die beiden Gedichtbände beweisen so oder so sagen und wenn man beides mischt oder hintereinander liest, hat man über den Tellerrand hinausgeschaut und ein schönes Stück österreichischer Gegenwartslyrik mitbekommen.

“kanns fast so schön wie messers faust da oben töne machen der engel läuft die ganze Nacht sehen kann ich ihn”

“Den Allmächtigen kann ich schweigen hören am Ort der Wahrheit. Vor dem Haus des Großmauls. Der Lobpreis verebbt. Feixen Leute. Auf geht das Tor.”

“Schlug mit dem Schädel auf Eis. Da erzitterte der Spiegel. Sein Grinsen. Barst. Die Augen blitzen.”

“Der Wächter klopft die Hosen zu, richtet sein Geschlecht, danach das Holster. Schöne duftende Frau.”

“Lieber Gott, danke für die zehn gestrigen Gebote und den heutigen Ziewback.”

Man sieht der Kärtner Religionslehrer kann nicht weniger zynisch als der oberösterreichische Bibliothekar Dietmar Füssel sein, der sich, wie er mir immer wieder durch seine You Tube Filmchen beweist, auch politisch betätigt.

 

Dicht-Fest auf Deutsch und Slowenisch

Das Kurz-Poesie-Festival “Dichterloh” von Michael Hammerschied veranstaltet, der schöne Folder mit dem am Bleistift sich entzündendten Zigaretteschachtel und dem Jandl-Zitat ” Mops rotzt Otto soso” von Ilse Kilic und Fritz Widhalm, ist mit einem “Dicht-Fest”, dieser von Christine Huber veranstalteten Reihe, die glaube ich, so vier mal im Jahr stattfindet, zu Ende gegangen.

Und weil es in Kooperation mit dem Lyrik-Festival stattfand, war es etwas Besonderes und auf jedenf Fall einmal sehr voll.Herbert J. Wimmer, Cornelius Hell, Günter Vallaster, Ilse Kilic, Fritz Widhalm, Monika Vasik, die sich zwischendurch nach Klagenfurt  begeben hat und dort sehr prominent im Fernsehen oder live stream zu sehen war, Nadine Kegele, Nika Judith Pfeifer, und und und und gelesen haben wieder zwei mal drei Auoren mit einer kurzen Pause.

Christine Huber hat eingeleitet und die Autoren bzw. Autorinnen vorgestellt, das Kärntne rFernsehen hat gefilmt, denn es lasenzwei slowenische Autorinnen und begonnen hat es mit der in Salzburg lebenden Kärntener Slowenin Cvetka Lipus, die einen bei “Drava” Erschienenen Gedichtband “Belagerung des Glücks”und einen noch nicht auf Deutsch übersetzten Gedichtband hatte.

Dreizehn Minuten pro Autor, pro Autorin und Reinhold Aumaier folgte mit Haikus.

“Schöpfe Leere aus dem Vollen” 99 Verse bei “Klever” erschienen. Von Reinhold Aumaer habe ich  im Schrank einmal ein Büchlein gefunden und ein Fußball Büchlein, habe ich, von ihm, glaube ich auch noch und gelesen haben wir zusammen wahrscheinlich bei einer dieser Faschings Lesungen in der “Gesellschaft für Literatur”, wo jeder lesen durfte, dafür aber kein Honorar bekam.

Sehr schön diese Haikus, obwohl sie meiner Nachbarin, glaube ich, nicht gefallen haben.

“Lege Erdbeeren auf dein Haupt und warte, bis der Mond sie hinwegschnmelzt!, beispielsweise und noch achtundneunzig andere.

Dann folgte Klaus Haberl, der glaube ich, einmal auf einer von mir organisierten “Tag der Freihieit des Wortes-Veranstaltung” gelesen hat mit dem Ex-Liszt Band “Auf den Treppen der Erde” und nach der kurzen Pause E.A. Richter, mit seinem bei Korrespondezen erschienenen Band “Der zarte Leib”, wo es unter anderem um seine Kindheit und Kindheitserinnerungen geht.

Die Sprachkunstabsolventin und Stadt Wien prämierte Irmgard Fuchs, Jahrgang 1984, folgte mit zwei Zyklen, von denen einer unveröffentlicht war, der zweite in der “Kolik” erschienen ist und als Letzte, die Slowenin Anja Golob, die ich glaube ich, schon einmal zusammen mit Karin Rick mit einem bei “Milena” erschienenen Lesbenbuch in der “Alten schmiede” hörte, jetzt haben mich ihre Gedichte stark beeindruckt.

“Die Hölle kommt von unten, neben dir der Krüppel schläft”  beispielsweise, dann gabs wieder Wein und was zu Knabbern und vorher hat noch Kurt Neumann die vierzigste Saison beendet, obwohl es morgen da noch mit einer Gesprächsreihe Lydia Mischkulnig mit Thomas Stangl weitergeht und am Donnerstag gibt es eine Veranstaltung der “Podium-Sommerlesereihe”, aber dann ist es aus und die einundvierzigste Saison beginnt am sechzehnten September mit einer sechzehntägigien Veranstaltungsreihe zum Thema “WAs ist gute Literatur?”

,Das ist sicher spannend, obwohl meine dabei höchstwahrscheinlich nicht gemeint ist,trotzdem ich sie dafür halte und jetzt auf in einen schönen langen Sommer und nach dem Diensttägigen Praxistag wieder in die Sommerfrische und am Montag habe ich auch ein Stückchen an meinem Sommertext weitergeschrieben, obwohl ich damit nicht ganz zufrieden war.