Jesuitenwiese

Jetzt kommt wieder eine kleine Unterbrechung beim Longlistenlesen, nämlich das “Volksstimmefest”, die Lesung beim “Linken Wort” und damit auch das Buch “Jesuitenwiese” von Fanny Blissett oder einem Autorenkollektiv aus dem Wissenschaftsbereich, das voriges Jahr dort vorgestellt wurde, mir der Alfred kaufte, ich es auf die 2015 Leseliste setze und passend zum Fest, lese, das für mich ja auch eine Bedeutung hat, da ich es seit den Siebzigerjahren mehr oder weniger regelmäßig besuche.

Meine Freundin Elfi hat mich in den späten Siebzigern, als wir studierten, dorthin gebracht, 1980 haben wir mit dem Arbeitskreis dort gelesen und ich dann mehr oder weniger regelmäßig ab 1989, das war das jahr der Wende, das kommt bald beim LL an die Reihe, aber damals sind wir gerade aus Amerika zurückgekommen, Arthur West hat lächelnde behauptet, der Kommunismus wäre nicht in Gefahr, natürlich nicht und Turrini, Jelinek, Kerschbaumer, haben das letzte Mal dort gelesen und Peter Turrini hat sich sogar nach meinem Roman, den “Hierarchien”, die ich dort vorstellte, erkundigt.

Es gehen aber auch andere Leute auf das Volksstimmefest, natürlich und viel mehr als es Kommunisten in Wien gibt, auch wenn sich manche darauf ausreden, denn es ist ja das schönste Fest Wiens und so stolperte auch der etwas unbeholfene Theologiestudent Reinald, der nach Wien zum Studieren kommt darüber, als er sich die Jesuitenwiese anschauen will, denn er studiert ja gerade das “Heilige Experiment”, von Fritz Hochwälder.

Dort betrinkt er sich dann ein bißchen und lernt Karin und Christian kennen und die drei beschließeneinen Roman über Wien, über die Musikszene, das Volksstimmefest, etcetera zu schreiben.

“Ein leicht revolutionärer Poproman”, ist es geworden, wie schon am Cover steht und, was ich mich auch beim Lesen ein bißchen störte, eine Mischung zwischen Theorie und Literatur.

Das merkt man am Stil und wahrscheinlich auch, daß die Autoren Wissenschaftler sind, manches wirkt sehr theoretisch und dann denkt sich die gut geschulte Schreibseminarbesucherin, die im Hirn eingetrichtert hat, daß ja alles so spannend sein soll “Hoppla was ist da los?” oder ganz frech “Dann bin ich vielleicht doch ein bißchen besser!

Aber Kunststück, ich schreib ja schon über vierzig Jahre und somit wahrscheinlich länger, als die Autoren au der Welt sind.

Die Protagonisten sind jedenfalls Mitte Dreißig, Christian ist Historikker und forscht für sein Institut, beziehungsweise für das historische Museum über einen Kongreß, der in Wien 1932 im Prater Stadion stattfand, wo unter anderen Alice Rühle-Gerstl referierte, dafür fliegt er sogar nach Moskau, während Karin, die Journalistin aus der Steiermark beim ORF schlecht bezahlt arbeitet und an einer Sendung über das Volksstimmefest schreibt.

Dafür interviewt sie einen über neunhzigjährigen KPÖ Funktionär, der dort die Finanzen verwaltete und das Fest veranstaltet hat und die Insider werden jetzt schon wissen, da gibt es ja die Sache mit den Millionen, die die KPÖ an die DDR nach der Wende verloren hat, die aber leider verschwunden sind.

Der sogenannte KPÖ-Schatz, der das Fest fast zum Kippen brachte und den wollen natürlich alle finden und so wurde voriges Jahr, ein Plan verteilt mit neun Stationen und einem Audio Guide mit dem man eine Tour machen, Kapitel aus dem Buch hören und den Schatz vielleicht finden konnte.

Das wurde auch heuer wiederholt und eine Handlung gibt es natürlich auch. Zwei sogar, so einen Excurs über die Popmusik, der wie gesagt sehr theoretisch ist, im Anhang gibt es Quellen, die verwendet wurde, Rolf Schwendters Buch über die Subkultur ist dabei und dann natürlich auch den Versuch einer spannenderen Handlung und so beginnt es, daß Pavel  am Anfang Franz im Gefängnis anruft, wo sich der in Untersuchungshaft befindet und ihm mitteilt, daß Joe gestorben ist, während sich Reinard und Karin in Griechenland befinden, um dort die Insel aufzukaufen, denn der Chilene Pavel, der ein Poplokal betrieb, in dem er auch Kokain verkaufte, wollte den Schatz dafür haben, um die Welt zu retten, aber “Den Kommunismus kann man nicht zu zweit machen”, wie Christian in Mosklau in den Akten herausfand, während ihm seine Freundin Maja verlassen hat.

Einen komischen Brigadier vom Verteidigungsministerium, der das “Linke Gesindel” haßt und ihnen die Millionen abjagen will gibt, es auch, so werden Pavel und Franz, das ist dessen Kompagnon wegen Rauschgiftschmuggels verhaftet, während der Neunzigjährige, der sich wahrscheinlich ein bißchen in Karin verliebte, einen Schlaganfall erleidet, ihr seine Finanzunterlagen zuspielt und auch verrät, daß das Geld unter der großen Rutsche vergraben ist. Das verrät er ihr natürlich verschlüßelt und für alle, die jetzt hinjagen wollen, Karin hat das Geld gefunden, während ihr Freund den Geheimdienstler von ihr ablenkte und Reinard, der sein Theologiestudieum aufgegeben hat und nun ein neues “Heiliges Experiment” starten will, bringt es ins Ausland.

So sitzen Karin und Reinard auch auf der Insel, haben oder werden Griechenland aufkaufen, aber das war  schon vor einem Jahr und inzwischen hat sich viel geändert, wie man in den Nachrichten über die Griechenlandkrise hören konnte. Es ist also zu befürchten, daß auch dieses Experiment  nicht klappt.

Das Buch wurdeauch heuer wieder auf der Jesuitenwiese beworben, es gab eine Audiotour, gemeinsam um drei am Samstag vorm Bücherstand, weil man ja, wie es schön heißt, den Kommunismus nicht allein beginnen kann oder doch vielleicht, auch das ist nicht ganz sicher, während es bei “Amazon”, was ich sehr interessant fand, zwei Rezensionen gibt, eine mit fünf und eine mit einem Stern, in dem genau das gegensätzlich behauptet wird.

“Wer Wien und seine Szene mag wird das Buch (nicht) mögen, etc. Kurz wiedereinmal ein Buch das niemand braucht”, ecetera.

Dem schließe ich mich natürlich nicht an, obwohl ich es auch ein bißchen hölzern empfunden habe, aber wahrscheinlich denen zuzuorden bin, wo es heißt “Wer schon einmal am Volksstimmefest war, wird sich wundern was hier abgesondert wird”, ein bißchen anders habe ich das Volksstimmefest schon empfunden, trotzdem ein interessantes Buch.

Was mich persönlich ein wenig störte, daß aus dem neuen Institutsgebäude, dem NIG ein NUG geworden ist und aus dem kommunistischen Globus-Verlag, in dem glaube ich, die Anthologie, noch immer gedruckt wird, ein Global-Verlag und noch andere Veränderungen, die mich ein wenig verwirrten, ebenso wie ich den Gender * ein bißchen konstruiert und unnötig fand. Auch war der Wechsel zwischen Erzähler und Romanfigur ein bißchen schwierig zu verstehen, sowie das Switchen von den verschiedenen Zeiten, in denen die Handlung spielt.

Volksstimmefest mit Kälteeinbruch

Ruth Aspöck

Ruth Aspöck

Richard Schuberth

Richard Schuberth

Und wieder ging es in das Volksstimmefest, ein bißchen später als gewohnt, denn heuer fängt die Schule eine Woche später an und und einen Wetterumsturz hat es inzwischen auch gegeben, von der extremen Sommerhitze hat es gleich einmal um zwanzig Grad abgekühlt, ansonsten hat es am Samstag auch ein bißchen geregnet, was an sich nichts Neues ist, weil das am Samstag meistens passiert, aber ich bin ja ein sehr ungeduldiger Mensch und habe es gerne hinter mir und das Thema war heuer “Lebenszeichen”, ein sehr allgemeines und allumfassendes, wo man wieder alles hineinbringen kann und so habe ich mich für den Anfang vom “Miranda Schutzengelchen” entschieden, ich hätte aber auch die “Fatma-Szene” aus dem “Sommernanowrimo” lesen können, das wäre vielleicht aktueller gewesen, aber das ist mir erst eingefallen, als Christoph Kepplinger schon einleitete, und sich fragte, was wohl das letzte Lebenszeichen, der einundsiebzig Flüchtlinge gewesen war, die da vorige Woche in einem Schlepperwagen umkamen?

Eva Woska-Nimmervoll

Eva Woska-Nimmervoll

Erwin Riess

Erwin Riess

Ein sehr aktuelles Thema also und einige haben sich auch daran gehalten, andere haben andere Lebenszeichen von sich gegeben und Ruth Aspöck hat ein Stückchen aus ihrer neuesten Arbeit vorgestellt, wo es um den Ehrgeiz, um weibliche Karrieren und das typische weibliche Hinanstellen der eigenen Fäghigkeiten geht und dann wird man als schreibende Frau von seinen Freundinnen nicht wahrgenommen.

Helmuth Rizy

Helmuth Rizy

Eva Jancak

Eva Jancak

Richard Schuberth folgte und hatte einen Essay, der offenbar  in der “Hanser-Box” erschienen ist “Athen muß vernichtet werden” ein  scharfer politischer Text und eine klare Analyse der gegenwärtigen politischen Situation und Eva Woska-Nimmervoll, die schon im Vorjahr gelesen hat, ging wieder in das Private und schilderte die Situation, wenn man in der Geburtsurkunde der Mutter, bei Namen des Vaters nur vierundsechzig Leerzeichen findet und dann ist es verdammt schwierig an das Familiengeheimnis heranzukommen und das Blöde ist auch, man gibt das dann noch an die eigenen Kinder weiter.

Erwin Riess wurde wieder politisch und las aus seiner “Groll-Kolumne”, die im nächsten “Augustin” erscheinen wird, dann folgte Helmut Rizy und erzählte von den Lebenszeichen, die man von sich gibt, wenn man aus der Narkose erwacht und wieder in dieses Leben zurückkommt.

Hansjörg Liebscher

Hansjörg Liebscher

Elfie Resch

Elfie Resch

Dann folgte schon ich mit der “Miranda” und Hansjörg Liebscher erinnerte uns daran, daß “Europa aus Syrien” kommt, gut zu Wissen, in Zeiten wie diesen und wie ist es, wenn die Innenministerin abgeschoben werden soll?

Dieter Braeg

Dieter Braeg

Gabriela Hütter, Magdalena Knapp-Menzel

Gabriela Hütter, Magdalena Knapp-Menzel

Der 19439 in Ravensburg geborene Dieter Breaeg gab uns eine Vorstellung davon, während Gabriele Hütter und Magdalena Knapp Menzel im Duett Gedichte lasen, die zum Teil Brecht nachempfunden schienen.

Peter Clar

Peter Clar

Susanne Ayoub

Susanne Ayoub

Jetzt hätte ich fast Elfie Resch vergessen, die hatte auch Gecdichte, wo es um das Fremdsein, die Liebe und Gastarbeiter ging.

Peter Clar hatte, wie er meinte, nur einen Text zum Thema, weil ihm die gegenwärtige Situation sprachlos machte, was ich gut nachempfinden kann und Susanne Ayoub ging zu Käthe Leichter und erinnerte an ihr Leben und an ihre Texte, die in den Zwanziger und Dreißigerjahren in der AZ und in der “Unzufriedenenen” erschienen sind.

Karin Marinho da Silva

Karin Marinho da Silva

Reinhard Kräuter

Reinhard Kräuter

Dann gab es wieder Kaffee, Kuchen, Gespräche und  am Sonntag ging es bei etwas besseren Wetter mit der 1963 in Wien geborenen Karin Marinho de Silva weiter, die die “Leondinger Akdademie” besuchte und einen Text namens “Ski Heil”, wo es um die Kindheit, den Kindergarten, die Schule mit den Schulbänken und den Ausparungen für die Bleistifte und das Tintenfäßchen und den Schulschikurs ging, wo die Schüler die Schi aufstellen mußten, der Lehrer “Ski!” und die Kinder “Heil!”, schreien mußte. Bei “Bergheil!”, habe ich das bei der Wandergruppe auch einige Male erlebt, was mir immer mißfiel.

Petra Piuk

Petra Piuk

Gerald Jatzek

Gerald Jatzek

Den in Voralberg geborenen Reinhard Kräuter kannte ich ebenfalls nicht. Sein Text “Die Katze” bezog sich wie viele andere auf die Flüchtlingssituation “auf den mittleren Westen ohne arabischen Frühling und IS”, wie er betonte.

Dann kam die 1975 in Güssing geborene Petra Piuk, die ebenfalls zum ersten Mal las und ebenfalls die “Leondinger Akademie” besucht hat.

Eva Scheufler

Eva Scheufler

Rudolf Lasselsberger

Rudolf Lasselsberger

“Ihr Text das Wetter und die Katasthropen”, in dem sie eine Urlaubsreise, mit Bikini und Sommersachen im Koffer, den Flüchtlingskathastropen, “schon wieder, dreiunddreißig, vierundvierzig Personen” ertrunken, auf den Straßen umgekommen, etc, hat mir sehr gut gefallen.

“Österreich ist schön, wir wollen Sie verwöhnen!”, steht im Fremdenverkehrskatalog, in Traiskirchen gibt es dann kein Essen, keine abgetrennten Duschen!”, etc.

Gerhard Jatzek habe ich natürlich gekannt. Er hat im letzten Jahr von den Flüchtlingen, die im Kastenwagen erstickten, gesungen, jetzt hatte er kurze Prosatexte zu “Geburt”, “Urlaub” und “Tod”, die auch ganz schön die Brutalität des Lebens und des Alltags aufzeigten.

Eva Scheuffler kenne ich, glaube ich, um den Kilic-Kreis und vom Amerlinghaus.

Sie las Gedichte und der liebe Rudi Lasselsberger, ein guter Bekannter, hatte sieben Gedichte, wobei drei hauptsächlich aus Schreien bestanden.

Verena Mermer

Verena Mermer

Gerald Grassl

Gerald Grassl

Verena Mermer hat auch das erste Mal gelesen, sie gehört ebenfalls zu den jungen Talenten, die Chrstoph Kepplinger immer auf das Fest bringt. Ich habe sie aber schon in der “Gesellschaft für Literatur” gehört und hätte auch gerne ihren neuen “Die Stimme über den Dächern” gelesen. Jetzt las sie Ausschnitte aus einer Erzählung, der von der beruflichen Sozialisierung einer jungen Frau handelte.

Dann folgte Gerhard Grassl, der wahrscheinlich schon beim ersten Volksstimmefest gelesen hat, noch bevor Arthur West das “Linke Wort”, das heuer offensichtlich vierzig wurde, gegründet hat.

Er wurde auch einmal aus- oder nicht eingeladen, das war dann in der “AZ” angekündigt, Arthur West war das peinlich, so daß er ihn wieder einlud und die Lesung jede Stunde per Megaphon angekündigt wurde. Jetzt betreut Gerald Grassl ja die “Tarantl”, eine Zeitschrift beziehungsweise, ein Verlag vom “Werkkreis Literatur der Arbeitswelt”.

Er betreute auch den Büchertisch, wo die Publikationen der Autoren, die Anthologien und die Tarantl-Publikationen, zum Beispiel das neue Lutz Holzinger-Buch lagen, das am Donnerstag im “Werkl im Goethehof” vorgestellt wird und das er mir beziehungsweise meinem Blog freundlicherweise zur Verfügung stellte.

Eva Schörkhuber

Eva Schörkhuber

Sophie Reyer

Sophie Reyer

Eva Schörkhuber ist ein junges Talent, das schon beim Volksstimmefest gelesen hat, sie liest auch, glaube ich, bei den “Edition Atelier Festen” im Museumsquartier und hatte auch einen Text zur Flüchtlingsproblematik, der “Über das Meer” hieß und von zwei Prostituierten, ihrer Liebe und ihren Erfahrungen handelte und Sophie Reyer, zum ersten Mal beim Volksstimmefest, schloß sich ihr an und brachte Ausschnitte aus einem Hörspiel, wo es auch um das Meer und die Flüchtlingsproblematik ging.

Dann ging es weg davon  zu “Schreibi” Christian Schreibmüller, dem Petry Slamer, der einen Text zur Namensproblematik und dann noch einen zu Veränderungen hatte.

Christian Schreibmüller

Christian Schreibmüller

Diesmal sind wir nach der Lesung und dem Kaffeetrink-Treffen noch länger geblieben, haben auf Jura Soyfer-Bühne, eine adaptierte Form der “Proleten-Passion” mit Gustav gehört und dann noch ein bißchen “Fatima Spar und die Freedom Fries”, die ich das erste Mal während eines Adventrundgangs im “Mica” kennenlernte.

Und nun ist das heurige Volksstimmefest zu Ende. Thematisch bleibe ich aber noch ein bißchen beim Thema, denn es geht gleich weiter mit der “Jesuitenwiese”, dem Buch über das Volksstimmefest, den “leicht revolutionären Poproman”, der im letzten Jahr dort vorgestellt wurde, aber auch heuer wieder zu kaufen, beziehungsweise, die Audiotour zu den Originalschauplätzen machen war, die ich aber am Samstag versäumte.