Jacob beschließt zu lieben

Den Bestseller, wie am Cover steht, des 1967 in Timisoara geborenen Catalin Dorian Florescu, der heute als Psychiater und freier Schriftsteller in Zürich lebt, habe ich, glaube ich, im Bücherschrank bei der Josefstädterstraße gefunden, als ich von GAV-Veranstaltung zu der mich Judith Gruber-Rizy eingeladen hatte, zu Sommeranfang, noch ein wenig hupelnd, nach Hause ging.

Als ich mich auf meine Schweiz-Urlaube und den “Schweizer-Buchpreis” vorbereitete, habe ich herausgekommen, daß er 2011, den  sogar gewonnen hat, so daß es keine Frage war, daß ich das Buch nach Locarno mitnahm, obwohl es mit der Schweiz eigentlich gar nichts zu tun hat, ganz im Gegenteil handelt Florescu darin, auf eine sehr gekonnte Art und Weise, ja die Geschichte der Deutschen in Temeswar ab und noch ein Detail am Rande, dem Buch war ein Kassenbon beigelegt, dem ich entnehmen konnte, daß es am 26. 10. 2012 in der Schalterhalle Ost, beim Eingang Kirchenallee, in Hamburg gekauft wurde, was ja auch sehr interessant ist, den Verlauf der Bücher und welche Reisen sie im Verlauf ihres Lebens machen, nachzuverfolgen.

Genauso interessant, wiem die, der Menschen, denke ich und genau davon handelt ja der Roman, der  im Juli 1924 beginnt, als der sehr ambivalent geschilderte Vater des erzählenden Protagonisten, Jacob mit “c” und nicht mit “k”, wie der Vater das schwäbische Dorf  Triebswetter im rumänischen Banat betritt.

Der tut das nicht gewaltfrei, bedroht er doch einen Apotheker dabei, um sich seine Braut, die “Amerikanerin” genannte Elsa zu holen und sich in dem Dorf breitzumachen.

Dazwischen kommen immer wieder Kapitel in denen Jacob, die Geschichte seiner Vorfahren bis  zum dreißigjährigen Krieg erzählen. Aber er wurde 1924 oder wahrscheinlich etwas später geboren und auch darüber ranken sich die Geschichten durchaus ambivalent und es ist nicht so genau herauszufinden, wie das damals wirklich geschah, auf einem Mistwagen, sagen die einen, die anderen erzählen es anders.

Der Vater, der inzwischen Elsas Vaters von seinem Hof verdrängt hat, hält nicht sehr viel von seinem schwächlichen oft kranken Sohn, so daß es den sehr oft zu der Zigeunerin zieht, die ihm bei seiner Geburt Hilfe leistete. Die hat auch einen Sohn und ihren Mann verjagt. Sie ist sehr dick und unförmig, erzählt dem Kind aber sehr schöne Geschichten und in den weiteren Kapiteln ist der Sohn ein schwächlicher junger Mann und muß sich auf dem Friedhof verstecken, weil in dem Dorf ja zuerst die Deutschen und dann die Russen einziehen, um die jungen Männer wegzuholen.

Sarelo, der Sohn der Zigeunerin, den der Vater inzwischen als seinen adoptiert hat, weil er stärker ist und wahrscheinlich auch von seinen Samen herstammt, will dessen Abtransport verhindern und so muß Jacob statt ihm nach sibirien ziehen, die Mutter und der Großvater schweigen dazu. Jakob kann aber aus dem Viehwqggon flüchten und verbringt einige Zeit achtzig Kilometer von Temeswar entfernt, bei einem Popen, der ihn aufpäppelt und ihm dafür zu seinem Gehilfen macht, sammelt er doch Leichenteile zusammen, um die Toten würdevoll am Friedhof zu bestatten.

Man sieht Catalin Dorian Florescu ist in seinem Stil sowohl makaer, als auch surrealistisch.

Später wird Jakob noch der Gehilfe eines Bettlers ohne Beine, bis er in sein Heimatdorf zurückkehrt und erfährt, daß sich Sarelo nun am Hof, der ja eigentlich ihm gehört, breit gemacht hat und den Vater und die Mutter ins Gesindehaus verbannte.

So beschließt Jakob sich den Deutschen im Dorf anzuschließen, die nach Lothringen, ihren ursprünglichen Herkunfsort zurückkehren wollen, der Vater verhindert es aber und ganz am Schluß kommen, glaube ich, wieder die Russen und transportieren Vater und Sohn in ein Niemandsland ab, wo sie ihnen eine Parzelle auf einer Wiese mit einem Stück Holz und einem Stück Glas geben und ihnen erklären, daß das nun ihre neue Heimat ist.

“Ein großer Roman über Liebe und Freundschaft, Flucht und Verrat – und darüber, wie die Fähigkeit eines Menschens zu lieben und ihn über alles hinwegretten kann”, steht am Buchrücken.

Das habe ich, der das Buch sehr gut gefallen hat, gar nicht so empfunden, denn ein Liebender ist der Jacob eigentlich nicht, eher ein Getriebener, der vom Schicksal, wie wahrscheinlich, die Deutschen im rumänischen Banat und auch alle anderen, die Syrier vielleicht, die sich in Deutschland niederließen und nun von den Rechten und den Patrioten, als “die üblichen Verdächtigen” bezeichnet und beschimpft werden, durcheinander gebeutelt wird und versucht mit mehr oder weniger Glück seinen Weg zu gehen und Catalin Dorian Floresco der ja auch seine Heimat verlassen hat, auf eine sehr schelmische Art beschrieben hat und dabei auch seinen Helden, so wie die Menschen halt sind, durchaus ambivalent und widersprüchig beschrieben hat.