Der Feuerturm

Jetzt kommt eine Neuerscheinung, der siebente oder achte Roman des 1967 in Temeswar geborenen Catalin Dorian Florescu, der seit 1982 in Zürich lebt und dort Psychologie studierte.

Sein “Jacob beschließt zu lieben” habe ich 2019 gelesen, als wir den Sommer in Locarno verbrachten und ich mich da mit der Schweizer Literatur beschäftigte. Da ist es genausowenig um die Schweiz gegangen, wie im “Feuerturm” wo das letzte Jahrhundert in Bukarest beschrieben wird oder fünf Generationen einer Feuerwehrfamilie.

Der Erzähler, der durch das Buch führt, ist der 1932 geborene Victor Stoica, der nicht so recht an die Wende glaubt, wo das Buch endet und von dem Feuertrum schwärmt, der einmal das größte Gebäude von Bukarest war, bis ihm die Plattenbauten der Kommunisten überragten. Sein Großvater Darie ist als Kind mit seinen Eltern und der Großmutter Ekatarina einer sehr gläubigen Frau dorthin gezogen. Den Ururgroßvater, den ersten Feuerwehrmann haben sie zurück gelassen und Victor, den ein Gefängnisaufenthalt sehr traumatisert hat, ist der erste der kein Feuerwehrmann, sondern Schneidergehilfe und Arbeiter in einer Streicholzfabrik wurde.

In abwechselnden Kapitel wird durch das Buch bis zum Jahr 1989 erzählt und beginnen tut es mit der “Legende vom Mann der warnen wollte”.

Das war im fünfzehnten Jahrhundert. Da ist der spätere Heilige durch die Stadt gelaufen und hat immer “Vin!” gerufen, was sowohl Wein als auch “Sie kommen!” bedeuten kann.

Dann geht es ins Jahr 1876, wo der Großvater Darie zum Feuerturm zieht. Die gläubige Urgroßmutter, besucht dabei alle Kirchen und sammelt dabei einige verlorene Kinder auf, die sie bei sich wohnen läßt. Da sind Rosi und Dorn und deren Sohn wird der Freund des Großvaters und ein Kommunist, als das noch verpönt war und verschwindet immer wieder.

Der Gefängnisaufenthalt und die Folterung dorrt Victors im Jahr 1956 füllt einige Kapitel. Es gibt auch das wo der Urgroßvater in den ersten Weltkrieg zieht.

Victor, der in den Sechzigerjahren entlassen wird, heiratet dann die Lehrerin Magda, bekommt die Tochter Iana, tauscht die Streichhölzer gegen verschiedene Lebensmittel oder stellt sich in Ceaucescus -Zeiten vor den Läden an. Dafür mietet er sich ein Knd, weil man dann mehr Fleisch bekommt, das er dann zu dem Feuerturm zeigen will, weil man dort die schönste Aussicht hat, was diesen aber nicht beeindruckt.

Als die Wende naht, hören alle den Feindsender im Radio und der Securitate kommt, um Schokolade zu verteilen, um von seinen “Schützlingen” eine gute Nachrede zu bekommen. Eine sehr beeindruckende Stelle, wie auch die, als der Friedhof, wo die Ahnen begraben sind, aufgelassen wird und am Schluß, weichen die Kommunisten, wie auch einmal die Faschisten wichen, aber der Turm bleibt.

Ein sehr beeindruckendes Buch in dem man sich in die Geschichte Bukarest einlesen kann und spannend, Dracula kommt auch darin vor und darüber hat ja die ebenfalls in der Schweiz lebende Dana Grigorcia einen Roman geschrieben, mit dem sie auf der deutschen Buchpreisliste gestanden ist, während Catalin Dorian Florescu mit “Jacob beschließt zu lieben” den “Schweizer Buchpreis” gewonnen hat.

Jacob beschließt zu lieben

Den Bestseller, wie am Cover steht, des 1967 in Timisoara geborenen Catalin Dorian Florescu, der heute als Psychiater und freier Schriftsteller in Zürich lebt, habe ich, glaube ich, im Bücherschrank bei der Josefstädterstraße gefunden, als ich von GAV-Veranstaltung zu der mich Judith Gruber-Rizy eingeladen hatte, zu Sommeranfang, noch ein wenig hupelnd, nach Hause ging.

Als ich mich auf meine Schweiz-Urlaube und den “Schweizer-Buchpreis” vorbereitete, habe ich herausgekommen, daß er 2011, den  sogar gewonnen hat, so daß es keine Frage war, daß ich das Buch nach Locarno mitnahm, obwohl es mit der Schweiz eigentlich gar nichts zu tun hat, ganz im Gegenteil handelt Florescu darin, auf eine sehr gekonnte Art und Weise, ja die Geschichte der Deutschen in Temeswar ab und noch ein Detail am Rande, dem Buch war ein Kassenbon beigelegt, dem ich entnehmen konnte, daß es am 26. 10. 2012 in der Schalterhalle Ost, beim Eingang Kirchenallee, in Hamburg gekauft wurde, was ja auch sehr interessant ist, den Verlauf der Bücher und welche Reisen sie im Verlauf ihres Lebens machen, nachzuverfolgen.

Genauso interessant, wiem die, der Menschen, denke ich und genau davon handelt ja der Roman, der  im Juli 1924 beginnt, als der sehr ambivalent geschilderte Vater des erzählenden Protagonisten, Jacob mit “c” und nicht mit “k”, wie der Vater das schwäbische Dorf  Triebswetter im rumänischen Banat betritt.

Der tut das nicht gewaltfrei, bedroht er doch einen Apotheker dabei, um sich seine Braut, die “Amerikanerin” genannte Elsa zu holen und sich in dem Dorf breitzumachen.

Dazwischen kommen immer wieder Kapitel in denen Jacob, die Geschichte seiner Vorfahren bis  zum dreißigjährigen Krieg erzählen. Aber er wurde 1924 oder wahrscheinlich etwas später geboren und auch darüber ranken sich die Geschichten durchaus ambivalent und es ist nicht so genau herauszufinden, wie das damals wirklich geschah, auf einem Mistwagen, sagen die einen, die anderen erzählen es anders.

Der Vater, der inzwischen Elsas Vaters von seinem Hof verdrängt hat, hält nicht sehr viel von seinem schwächlichen oft kranken Sohn, so daß es den sehr oft zu der Zigeunerin zieht, die ihm bei seiner Geburt Hilfe leistete. Die hat auch einen Sohn und ihren Mann verjagt. Sie ist sehr dick und unförmig, erzählt dem Kind aber sehr schöne Geschichten und in den weiteren Kapiteln ist der Sohn ein schwächlicher junger Mann und muß sich auf dem Friedhof verstecken, weil in dem Dorf ja zuerst die Deutschen und dann die Russen einziehen, um die jungen Männer wegzuholen.

Sarelo, der Sohn der Zigeunerin, den der Vater inzwischen als seinen adoptiert hat, weil er stärker ist und wahrscheinlich auch von seinen Samen herstammt, will dessen Abtransport verhindern und so muß Jacob statt ihm nach sibirien ziehen, die Mutter und der Großvater schweigen dazu. Jakob kann aber aus dem Viehwqggon flüchten und verbringt einige Zeit achtzig Kilometer von Temeswar entfernt, bei einem Popen, der ihn aufpäppelt und ihm dafür zu seinem Gehilfen macht, sammelt er doch Leichenteile zusammen, um die Toten würdevoll am Friedhof zu bestatten.

Man sieht Catalin Dorian Florescu ist in seinem Stil sowohl makaer, als auch surrealistisch.

Später wird Jakob noch der Gehilfe eines Bettlers ohne Beine, bis er in sein Heimatdorf zurückkehrt und erfährt, daß sich Sarelo nun am Hof, der ja eigentlich ihm gehört, breit gemacht hat und den Vater und die Mutter ins Gesindehaus verbannte.

So beschließt Jakob sich den Deutschen im Dorf anzuschließen, die nach Lothringen, ihren ursprünglichen Herkunfsort zurückkehren wollen, der Vater verhindert es aber und ganz am Schluß kommen, glaube ich, wieder die Russen und transportieren Vater und Sohn in ein Niemandsland ab, wo sie ihnen eine Parzelle auf einer Wiese mit einem Stück Holz und einem Stück Glas geben und ihnen erklären, daß das nun ihre neue Heimat ist.

“Ein großer Roman über Liebe und Freundschaft, Flucht und Verrat – und darüber, wie die Fähigkeit eines Menschens zu lieben und ihn über alles hinwegretten kann”, steht am Buchrücken.

Das habe ich, der das Buch sehr gut gefallen hat, gar nicht so empfunden, denn ein Liebender ist der Jacob eigentlich nicht, eher ein Getriebener, der vom Schicksal, wie wahrscheinlich, die Deutschen im rumänischen Banat und auch alle anderen, die Syrier vielleicht, die sich in Deutschland niederließen und nun von den Rechten und den Patrioten, als “die üblichen Verdächtigen” bezeichnet und beschimpft werden, durcheinander gebeutelt wird und versucht mit mehr oder weniger Glück seinen Weg zu gehen und Catalin Dorian Floresco der ja auch seine Heimat verlassen hat, auf eine sehr schelmische Art beschrieben hat und dabei auch seinen Helden, so wie die Menschen halt sind, durchaus ambivalent und widersprüchig beschrieben hat.