Patricia Highsmiths Tage- und Notizbücher

Von einem hundertsten Geburtstag zum anderen könne man so schreiben. So wurde ja H. C Artmann am neunzehnten Juni 1921 geboren, Ise Aichinger am ersten November und die Krimiautorin Patricia Highsmith in Texas am neunzehnten Jänner von der ich am wenigstens weiß, denn so eine besondere Krimleserin bin ich ja nicht, obwohl, wie ich gerade in meinem Bibliothekskatalog nachgeschaut habe, ich einige ihrer meist bei “Diogenes” erscheinenen Bücher besitze. Und natürlich den “Talentierten Mr. Ripley”. Des ist mir zumindestens vom Hörensagen bekannt. Eine amerikanische Krimiautorin also, die von Alfred Hitchcock verfilmt wurde und 1995 in Locarno starb.

Das war, ich gebe es, zu mein Wissen über die berühmte Krimiautorin, als ich wieder zu einem “Diogenes Talk” über ihre Tage- und Notizbücher eingeladen wurde und ich bin ja eine, die sich, wie ich immer schreibe, über den Tellerrand beschäftigt und eigentlich alles liest.

Alles nicht natürlich. Das geht sich nicht aus. Aber ich schaue nach links und rechts und so greife ich nach Patrica Highsmith, wenn ich sie im Bücherschrank finde, habe jetzt, während ich ja immer noch Buchpreis lese auch einige Krimis auf meinen Badezimmerstapel liegen und derzeit geht es ja neben dem Lesen sehr viel um Ilse Aichinger, die ja am Montag ihren hundertsten Geburtsag gehabt hätte und da gibt es am Abend auch Veranstaltungen in der “AS” und in der “Gesellschaft” und zu Mjttag beim Gedenkort “Winterantwort” auf der Schwedenbrücke, trotzdem bin ich von der Präsentation des Lektürebuchs von Thomas Wild weggestreamt und mich wahrscheinlich nach Zürich zu “Diogenes” begeben, wo die Highsmith Expertin Anna von Planta gemeinsam mit einigen anderen die Tage- und Notizbücher der Autorin herausgegeben hat.

Wir kennen das Bildnis der alten etwas verbitterten aussehenden alten Frau, hieß es bei dem Talk und danns wurde das Bildnis auf dem Buch einer schönen jungen Frau gezeigt und man wurde nach New York der Neunzehnvierziger entführt, wo sie studierte, dann als Comiczeichnerin tätig war und offenbar ein sehr exzessives Leben führte. Also am Tag rauchend im Kostüm im Verlag, wo sie auch einige berühmte Kollegen kennenlernte, dann nach Hause im Herrenhemd zu ihren Texten und am Abend in die Bars nach Greenwich Village, wo sie sie nur sehr wenig geschlafen und sehr viel getrunken hat und sich in Zeiten, wo man schon verhaftet werden konnte, wenn man flache Schuhe, Hosen und Herrenhemden trug, wie ich im Talk lernte und auch viele Frauenbeziehungen hatte. Sie war allerdings auch verlobt und ist dann irgendwann verbittert und die Tagebuchnotizen, die aus achttausend Seiten bestanden, aus denen ausgewählt wurde, scheinen sich zumindestens, was ich gesehen und gehört habe, die vierziger Jahre betreffen.

Patricia Highsmith, die viele Sprachen mehr oder weniger gut gesprochen hat, hat sich am Ende ihres Lebens ins Tessin zurückgezogen. “Diogenes” war ihr Verlag. So ist Anna von Platen 1984 ihr vorgestellt worden, hat mit ihr zusammengearbeitet und nach ihrem Tod sollten, die Tagebücher herausgegeben werden. Der Verlag war der Nachlaßverwalter, die Tagebücher mußten aber erst gesucht werden. Anna von Planta fand sie, wie sie sie erzählte, im Wäscheschrank.

Jetzt sind sie da und ich habe wieder viel von meinem kleinen Ausflug nach Zürich und ins Krimifach wieder viel gelernt. Werde höchstwahrscheinlich die Highsmith-Krimis sobald nicht lesen, habe mich jetzt aber durch die Buchvorschau gestreamt und mich den Rest der Woche wieder mit Ilse Aichinger beschäftigen, bevor am Montag der Öst bekanntgegeben wird, danach mein Geburtstag ist und ich schauen werde, ob und wieviel ich von der Buch-Wien mitbekommen werde? Das Programm liegt schon seit einiger Zeit auf meinen Schlafzimmertischchen.

Man darf nicht leben wie man will

Buch zwei von den Empfehlungen der letzten Lese.Auslese, die Gerhard Fritsch-Tagebücher zwischen 1957 und 1964 geschrieben hat und die jetzt im “Residenz-Verlag” von Klaus Kastberger und Stefan Alker-Windbichler herausgegeben hat und habe mich, weil ich mich ja für die österreichische Nachkriegsliteratur interessiere, auch ein bißchen mit dem Dichter, der 1924 in Wien geboren wurde und sich 1969 dort das Leben nahm, beschäftigt.

Das heißt, ich bin bei einer oder zwei Lesetheateraufführungen gewesen und habe mir einmal bei “Libro” im Abverkauf “Katzenmusik” gekauft und gelesen,

Sonst habe ich gewußt, daß er bei den städtischen Büchereien, als Bibliothekar gearbeitet hat, sein Sohn in der Schönlaterngasse neben der “AS” ein Antiquariat besitzt und glaube ich auch “Literatur und Kritik”, eine Zeitlang herausgegeben hat und auch sonst im Kulturbetrieb der fünfziger und sechziger Jahre sehr tätig war.

Daß er gerne Frauenkleider getragen hat und sich mit solchen an seine Werke setzte, habe ich nicht gewußt.

Klaus Kastberger hat das nun in seinem Vorwort enthüllt und auch sonst ein bißchen in die Biografie des Autors, der dreimal verheiratet war und auch mehrere Kinder hatte, eingeführt.

Der Titel dürfte auch auf die transsexuellen Vorliebe zurückzuführen sein und Gerhard Fritsch hat sich auch in seinen Werken öfter mit diesem Thema beschäftigt.

In den Tagebüchern werden die Künster dieser Zeit, Hans Weigel, Hermann Hakel, der sein Werk auch sehr gerügt hat, Rudolf Felmayer, etcetera, sehr erwähnt.

Einen Briefwechsel mit Thomas Bernhard hat es auch gegeben, da war ich, glaube ich, auch mal bei einer Veranstaltung und, daß das Buch sehr viele Infos über das Wiener Leben der Sechziger- und fünfzigerjahre gibt, wurde in der “Gesellschaft für Literatur” auch erwähnt.

Nach dem Vorwort von Klaus Kastberger, beginnt es mit den Tagebüchern, die in einigen Heften niedergeschrieben wurden, beginnend mit dem Juni 1957 bis zu Heft IV im Mai 1964.

Im Anhang gibt es  sehr genaue und ausführliche Kommentare von Stefan Alker-Windbichler, der Tag für Tag über die erwähnten Personen, Cafehäuser und Orte Auskunft gibt, so daß man sehr genau in das Leben in Wien oder die Kärntnersommerfrische, in die er sich mit Frau und Kind etcetera, begab, bekommt, wobei man natürlich wieder die Frage stellen kann, wie weit es die Öffentlichkeit angeht, in welcher Kleidung Gerhard Fritsch seine Romane “Moos auf Steine” oder “Fasching” schrieb und, wie er den Busen von Sofia Loren nannte?

Man kann jetzt aber nachlesen, wann und wo sich Fritsch seine BHs und Frauenkleider kaufte, seine Frau Annemarie wußte, um seine Leidenschaften und dann geht es hinein in die Reisen nach Salzburg, ins Burgenland und nach Venedig mit seiner Lryriker und Büchereikollegin Christine Busta, mit der er gemeinsam die Lyrikstipendien gewinnt und beklagt, daß da die Frauen wie Christine Busta, Christine Lavant und Doris Mühringer vor ihm gereiht wurden, der Busta und der Lavant gönnt er das, während er bei der Mühringer nicht so sicher ist, wie ihm auch ein Text von Walter Buchebner nicht gefiel.

Anton Wildgans Frau Lilly hielt Vorträge über ihren Mann Anton oder Toni, was ihm auch nicht so gefiel, ansonsten klagt er über seine Wohnung, in der er seine Bücher nicht so richtig aufstellen und auch seine Schriftstellerkollegen nicht empfangen kann.

Er kommt in eine bessere Gehaltsgruppe, muß dafür aber die sogenannte B-Prüfung machen, wo er einige Kurse schwänzt und dafür gerügt wird und so beklagt er auch, daß er nebenbei arbeiten muß und nichtnur als Schriftsteller tätig sein kann.

Politisch kommt 1956 die Ungarnkrise und die Flüchtlinge über den Neusiedlersee, den Austritt aus der KPÖ,  Fritsch wendet sich  vom Sozialismus ab und dem Katholizismus zu.

In Heft II, im Jänner 1959, beginnt Fritsch seine Sachen aus der damaligen Hautbücherei in der Schmidgasse im achten Bezirk, in die ich auch noch öfter gegangen bin, auszuräumen und in die freie Schriftstellerschaft hinüberzuwechseln.

Seine Ehe mit Annemarie wird in dieser Zeit auch geschieden und eine Bärbl geheiratet. Mit dem Sohn Michael geht er aber ins historische Museum der Stadt oder Wien Museum, wie es, glaube ich, jetzt heißt und schaut sich das Grillparzerzimmer an, das es jetzt im Literaturmuseum gibt.

Reisen beispielsweise nach Kroatien, werden weiter gemacht und Vorträge gehalten.

1961, das ist dann wahrscheinlich schon in Heft III bekommt Ivo Andric, den Nobelpreis und Fritsch bedauert, daß den nicht Miroslav Krleza erhält, dessen Werke er bearbeitet.

Der Papst stirbt dann in Heft IV oder am 3. 7. 1963 an einem Krebsleiden. Schriftstellerkollegen, wie Reinhard Federmann oder Hermann Friedl von dem ich mir auch ein paar Romane aus den Libro-Abverkaufskisten gezogen habe, wie auch die junge Barbara Frischmuth, deren siebenundzwanzigsten Geburtstagsfest er besucht, werden weiter getroffen.

In der Mitte des Buches gibt es einen umfangreichen Bildteil, wo man sich Gerhard Fritsch, seine Frauen, Kinder und sonstige Verwandte, aber auch die Cover seiner Bücher und ein paar handgeschriebene Tagebuchseiten ansehen kann und man hat ein sehr informatives Buch gelesen, das ich denen, die sich für die österreichische Nachkriegsliteratur interessiert, abgesehen von der Vorliebe von Frauenkleidern, bei der ich nach, wie vor skeptisch bin, ob man das wissen muß, wenn man sich für Literatur interessiert, sehr empfehlen kann.