Stadtspaziergangsliteratur

Johannes Tröndle

Johannes Tröndle

Norbert Kröll

Norbert Kröll

“Unterwegs im Stadtraum – Lesungen und Gespräche”, zu diesem Thema diskutierte heute Johannes Tröndle mit Norbert Kröll und Bastian Schneider, die beide 1981 geboren wurden, beide am Institut für Sprachkunst studierten und beide zum Thema Stadt sehr abstrakte längere oder kürzere Texte vorgelegt haben.

Roman steht auf Norbert Krölls bei “Löcker” erschienenen “Sanften Asphalt”, dafür war er Stipendiat der Stadt Wien und hat seinen Stadtroman, wo der Mensch in Du-Form mit seinem Körper spricht und dabei seine Schritte und seine Herzschläge zählt, schon einmal im MUSA vorgestellt.

Dann habe ich ihm noch bei der “Langen Nacht im Amerlinghaus” gehört und jetzt leitete Johannes Tröndel sehr lange genau und ausgührlich in diesen Stadtroman ein.

Ein Mann geht durch die Stadt, ein Tag in Wien, am Morgen steht er auf und durchstreift dann die verschiedensten Orte, wobei er die verschiedensten Begegnungen hat. Es gibt auch eine Stimme und kursiv gesetzte Texte, sowie eine Fotostrecke und, um das ganze noch ein bißchen komplizierter zu machen, hat Norbert Kröll auch noch von hinten nach vorn gelesen und dabei, glaube ich, zum Teil auch ganz andere Texte, als im MUSA.

Es beginnt in der inneren Stadt bei den Luxusboutiquen, wo das Ich überlegt oder von der Stimme angesprochen wird, ob es sich jetzt eine Handtasche kaufen soll? Dann ging es in den Neunten und zwar in die Berggasse zum Sigmund Freud Museum und da wird es meiner Meinung nach ein wenig kitschig oder zu allgemein, wenn sich das Ich nun auf Couch plaziert, die eigentlich in London steht, darüber nachdenkt, daß hier einmal Gustav Mahler gelegen ist und dann kommt die Alma und sagt “Ich will dich und nicht den Mahler, den Werfel, den Kokoschka, etcetra.

Männerphantasien gibt es also auch in der konkreten experimentellen Literatur und dann geht es weiter in das Servitenviertel und da zu der Musikschule, wo das Kind mit den leeren Notenblättern steht und vom Protagonisten verlangt, es möge seine Notenblätter verbrennen. Diese Stelle habe ich, glaube ich, schon einmal gehört.

Dann geht es noch in eine Bäckerei, wo dem Ich die letzten Mohnzelten weggekauft wären, die befindet sich glaube ich im sechsten Bezirk und dann geht es zurück an den Morgen und zu den Körperszenen unter der Dusche, die ich, glaube ich, auch schon kenne.

Johannes Tröndle

Johannes Tröndle

Bastian Schneider

Bastian Schneider

Und Bastian Schneider hat bei Sonderzahl sein zweites Buch “Die Schrift, die Mitte der Trost”, das sind hunderteinundszwanzig Textstellen, die alle das Wort “Stück” als Betitelung haben von zwischen einer Seite und einer Zeile lang sind, herausgegeben. Kurze Prosastücke halt, Prosaminiaturen.

Aus dem Prosadebut “Vom Winterschlaf der Zugvögel” hat Bastian Schneider glaube ich in Klagenfurt gelesen oder war das Buch damals schon fertig und stammte seine Lesung aus den neuen Texten, die wieder von Johannes Tröndel genau erklärt wurden? Der dazu sagte, man möge sich einen Stadtflaneur vorstellen, der mit seinem Notizbuch in der Hand durch die Stadt geht und alles aufschreibt, was er hört sieht und ihm einfällt.

Das Ganze hat vier Teile oder Parcours mit Mottis von Robert Walser, Paul Nizon, Peter Kurzeck und Walter Benjamin und durch zwei Parcours hat Bastian Schneider auch seine Zuhörer mitgenommen. Dann gibt es noch einen Adressteil, wo den sämtlichen Stücken Adressen zugeordnet werden, eine ist davon die “Alte Schmiede”, der  Ottb Bauergasse, wo ich einmal gewohnt habe, ist auch ein solches Stück gewidmet und achtundsiebzig Stücke, klärte Johannes Tröndle, die Zuhörer noch auf, spielen in Wien, der Rest dann in deutschen Städten, Marseille, Istanbul, etcetera und im anschließenden Gespräch fragte Johannes Tröndel dann noch die Autoren nach den weiterenPlänen?

Ob Bastian Schneiders Prosastücke vielleicht einmal zur Lyrik werden könnten? Da meinte er, glaube ich, es wäre umgekehrt. Er wäre vom Gedicht zur Kurzprosa gekommen, weil er eher kopflastig wäre und Norbert Kröll will, glaube ich, nicht zu sehr in die Dramtaktik, als zum erzählenden Roman.

Man kann gespannt sein, weil das ja auch das wäre, was mir mehr gefällt und ich einen besseren Zugang hätte, obwohl ich  auch einmal einen “Stadtroman” geschrieben haben und meine früheren Texte auch eher analytisch beobachtend, als narrativ waren.