Das Fest des Windrades

Weiter geht es mit den älteren Büchern auf der Leseliste, Isabella Straubs zweiten Roman, ein Fund aus dem Bücherschrank, den es im Vorjahr einmal dort gab, als ich mit dem noch nicht so gut verheilten Knöchel von irgendeiner Veranstaltung nach Hause gefahren bzw. gehumpelt bin und dvon der 1968 in Wien geborenen, in Klagenfurt lebenden Autorin habe ich durch den FM4 Wettbewerb, den sie einmal gewonnen hat, etwas gehört, das Buch hat das einiges Aufsehen erregt, Isabella straub hat auch bei einem Literaturhausfest daraus gelesen und jetzt habe ich mich mit Begeisterung darauf gestürzt, um so mehr da ich ja den dritten Straub-Roman gelesen habe.

“Das Fest des Windrads” könnte man grob als Kapitalismuskritik bezeichnen, ein sich Lustig machen über die prekären oder sehr elitären Arbeitsverhältnisse von Heute.

Am Buchrücken steht etwas vom Leben am Land und von der Selbstfindung, das habe ich nicht so sehr empfunden und wirklich neu ist das alles wahrscheinlich auch nicht, wenn auch sicher originell.

Da ist Greta, eine Managerin in der Medizintechnikbranche. Sie fährt im Zug von Wien nach St. Marino, zu einer Fachmesse, träumt da von einem Abendessen mit einem ihrer Vorgesetzten und einer möglichen Beförderung. Sie ist die Hype-Frau von heute, die sich nur mit verheirateten Männern einläßt, Markenkostüme trägt, Champagner oder Cocktails trinkt, etcetera. Der Zug bleibt im Oed am tiefen Graben stehen. Das Zugspersonal verschwindet, sie springt aus dem Fenster und in das Taxi von Jurek Bach hinein, der eigentlich einen Botendienst hat. Er liefert in Oed, das der Beschreibung nach mehr eine Stadt, als ein Dorf ist und Ziffern statt Straßennamen hat, an seine Klienten Pakete ab.

Da gibt es beispielsweise einen dicken Diabetiker, den seine thailändische Frau verlassen hat, einen Doktor, der alle untersuchen will, auch wenn man nur Pakete von ihm holt, etcetera.

Jurek hat eine Tochter und eine gescheiterte Ehe hinter sich und hat das Elternschlafzimmer in dem Haus, das er bewohnt, versperrt. Dort erscheint nun seine Tochter Lynn mit ihrem Freund Alfred und will sich bei ihm einquartieren. Der Freund ist ein Versicherungsfachmann und hinterläßt, während er Jurek bei seinen Botengängen begleitet, überall seine Flyer, denn er versichert Emotionen, nicht nur Wasserschäden,

Greta will eigentlich aus dem Dorf hinaus, kann aber nicht, denn zuerst ist sie nach dem Schock zu betrunken, dann muß sie Joe, den Diabetiker in die Burnout-Klinik begleitet, schließĺich erleidet sie einen schwächeanfall, so bleibt sie zum Fest des Windrades, das ist das Wahrzeichen, das die Amerikaner nach dem Krieg dem Dorf hinterlassen haben, das soll jetzt verbrannt werden und alles wird wieder gut.

Denn Greta, die erfährt, daß sie nicht befördert, sondern gefeuert werden sollte, wird Versicherungsmaklerin und Jurek gewinnt beim Tombola, ihre Zugsfahrkarte, die sie nicht benützen konnte und kommt daher vielleicht aus dem Dorf hinaus, während sie dort bleiben und ihre Schulung machen wird.

Pandemische Zeiten

Jetzt kommt eine Neuerscheinung, die Büchersendungen aus Deutschland kommen wieder an, hipp hurrah, da ist ja offenbar einiges verlorengegangen und wurde über PDFs oder österreischische Auslieferer nachgeholt und die “Pandemische Zeiten – Corona, Kapitalismus, Krise und was wir dagegen tun können”, aus dem marxistischen “Manifest-Verlag”, ist ein brandaktuelles Buch, denn wahrscheinlich nicht nur Ende Mai erschienen, sondern in diesem wahrscheinlich auch geschrieben und hergestellt und das Thema “Corona”, meine Leser wissen es, interessiert mich sehr.

Eine Linke bin ich auch, aber nicht unbedingt eine Theoretikerin, so war ich mir gar nicht so sicher, ob ich marxistische Analysen, die ja oft nur schwer verständlich sind, wirklich lesen möchte?

Vielleicht hat mich auch der Name eines der Herausgegeber,, Sascha Stanicic, veranlaßt das Buch zu bestellen, ich glaube, zwar nicht nur, das Thema war schon das ausschlaggebende und über allzu Theoretisches kann man ja wie bei Arno Schmidt auch schnell darüber gelesen. Dann kam das Buch und ich wurde wieder an den Sascha Stanisic erinnert, dachte, wußte gar nicht, daß der so politisch ist, aber schreibt sich der nicht zweimal nur mit “s”, statt mit “sch” und “c”? Tut er auch, denn der Sascha Stanicic ist ein linker Gewerkschafter und das Buch ist viel viel interessanter, als erwartet und offenbar auch nicht so schwer zu lesen, stellt es ja schon im Vorwort die Frage, die ich mir bei meinem Corona-Text immer noch stelle, kann man mitten in der Krise darüber schreiben?

Kann man natürlich nicht, wissen auch die Herausgeber, nur eine aktuelle Bestandaufnahe geben und das Ganze dann später, wenn alles vorbei ist, beurteilen.

Es ist eine Antholigie in fünf Teile gegliedert und der erste beschäftigt sich mit den Veränderungen, die sei Ende Februar oder Anfang März in Deutschland oder auch in Österreich passierten und da ist ja interessant, daß Österreich ein wenig strenger und viel restriktiver, als die Deutschen war, so haben sie, glaube ich, eine viel größere Arbeitslosikeit als die Deutschen und die deutschen Infektionszahlen sind, glaube ich, sogar ein bißchen besser, aber das nur am Rande.

In den vier Artikeln des ersten Teiles, wo der erste von dem jetzt schon zweimal zitierten Sascha Stanicic ist, werden die Veränderungen, die Maßnahmen und Lockdowns diskutiert.

Winfried Wolf beschäftigt sich in “Eine Erschütterung des Weltkapitalismus mit offenem Ausgang” mit den Börsen und der Autoindustrie, Inge Höger mit dem “Demokratieabbau in Krisenzeiten”.

Da muß man aufpassen, daß der Entzug der Freiheitsrechte, die angeblich nötig waren, nicht nachher bleiben, weil man damit ja viel bequemer alle überwachen kann.

Aber wie kann man das, wenn man nicht demonstrieren darf? Das ist zwar seit Anfang Mai ohnehin vorbei und in Deutschland sind die Leute ja noch früher als in Österreich auf die Straße gegangen, das sind zum Teil aber keine Linken, sondern die sogeannten Verschwörungstheoretiker und in Österreich auch die FPÖ und die Identitärren, als auch nicht das, was man sich vielleicht wünschen sollte und dann wird es besonders interessant, denn ein Andreas Pittler vergleicht die Krise mit Sarajewo, da war ich schon auf den falschen Stanicic draufgekommen und dachte, ich schau mir an, was das für ein linker Gewerkschaftler ist?

War aber schon der österreichische Historiker und Krimischreiber, der ja auch eine Gusenbauer-Biografie geschrieben hat, die ich mal gefunden habe und der zeichnet ein sehr scharfes Bild über die Regierungsbeteiligung der Grünen und meint, was ich eigentlich nicht so scharf gesehen habe, daß das ja eigentlich immer eine eher bürgerliche Partei war, wenn er schreibt: “Der neue Parteichef, (gemeint ist der Herr Kogler) hatte eine Clique machtgeiler, prinzipienloser Spießer um sich geschaft, deren Loyalität er sich zu huntert Prozent sicher sein konnte”, Seite 61 und damit schließt “Und wenn es in Österreich gelingt, ein breites und tragfähiges Bündnis zu schmieden, das dem kapitalistischen Raubzug einen ernsten Kampf ansagen kann, dann hat die “Corona-Krise” wenigstens einen positiven Aspekt gehabt”. Da wäre ich zwar ein wenig skeptisch, war aber im Jänner bei der Grünung einer neuen Linkspartei, die ich allerdings auch nicht auf den Demos bei denen ich war, gesehen habe.

Der zweite Teil ist den “Folgen von Pandemie und Wirtschaftskrise” gewidmet und da werden so ziemlich alle Bereiche behandelt, die mich auch schon beschäftigten, beziehungsweise in den Medien zu hören waren.

Die Spitäler wurden jahrelang kaputt gespart und hatten jetzt zu wenig Schutzausrüstung, zuwenig Personal und dieses zu wenig Gehalt. Eine Ärztin beklagt in einem Brief diese Zustände genauer.

Es geht um die Probleme der Sexarbeiterinnen, die jetzt das ja nicht tun können und meistens nicht sozial abgesichert ist. Schwierigkeiten beim Schwangerschaftsabbruch werden befürchtet und füge ich hinzu, die Schwiergikeit mit Maske gebären zu müßen, daß hat Stadtrat Hacker zwar betont, muß man in den Wiener Spitälern nicht, ich habe aber ein Video gehört, wo das anders beschrieben wurde.

In den Schulen gibt es Probleme, die Obdachlosen haben sie und die Gewalt in den Familien hat wahrscheinlich auch zugenommen. Vor Ostern sind, glaube ich, in einer Woche bei uns erstaunlich viele kleine Mädchen aus den Fenstern gefallen und Ostdeutschland ist von der schlechten Wirtschaftslage und der steigenden Arbeitslosigkeit durch den Lockdown wahrscheinlich besonders stark betroffen, da nimmt dann natürlich der Einfluß der AFD zu und der Rechtsruck verstärkt sich, was man ja auch bei uns in Österreich sehr stark merken kann.

Der nächste Teil beschäftigt sich mit den Kämpfen in den Betrieben und der Rolle der Gewerkschaften, denen ja in Pandemischen Zeiten und wahrscheinlich auch danach ein großes Gewicht zukommt, ein österreichisches Beispiel kann ich auch gleich geben. Da sollte das Personal einer Fluggesellschaft ja zu Dumpingprisen unter dem Mindesteinkommen arbeiten. Die wollten das zum Teil auch, die Gewerkschaft war dagegen und es kam zu einer Demo gegen die Gewerkschaften. Ja, in Zeiten, wie diesen ist vieles äußerst seltsam und auf den Kopf gestellt.

Im vierten Teil werden dann die einzelnen Länder aufgeschlüßelt, aber wahrscheinlich kann man auch das verallgemeinern, das überall das Gesundheitswesen kaputt gespart wurde, es keine Schutzmasken und Ausrüstungen gab und in den Ländern, wo das krasser, als in anderen war, hat sich das dann auch besonders stark ausgeprägt, wie ja auch herauskommt, daß Corona eine Kranheit der Armen ist, die in Massenquartieren, wie Flüchtlingsheimen oder Schlachthöfen oder Postverteilerzentren besonders sich stark verbreitet, wo die Leute in ihren Quartieren wenig Platz haben und auch wenn sie krank sind, arbeiten müßen, weil es keine Krankenversicherung und keine <lohnweiterzahlung bei den Scheinselbständigen gibt.

In Indien und Afrika wirkt sich das noch viel krasser aus, weil man dort oft nicht einmal das Wasser hat, um sich die Hände zu waschen und nein es ist vielleicht doch nicht nur eine Krankheit der armen, wie das Beispiel Ischgl, das natürlich auch vorkommt, beweist. Da wurde um dem Profitausgall zu entgehen von den ÖVP Politikern vertuscht und dem Personal auch verboten sich testen zu lassen, damit ja nichts aufkommt und nichts vorzeitig geschlossen werden muß.

Ein Forderungskatalog der Gewerkschaft und der Linken, wie man in Zukunft solche Zustände verhindert, gibt es auch, ob der dann aber verwirklicht wird und ob Corona den Kapitalismus sinnvoll bekämpfen kann, würde ich aber sehr bezweifeln.