Literaturhaus-Tamdem

Die Leipziger Buchmesse, die diesmal Ende April stattfinden wird, mit dem Gastland Österreich naht und da tut sich ja schon einiges.

Katja Gasser arbeitet schon lange daran und ich war auch schon bei einigen Veranstaltungen und Presseauftritten und dann gibt es auch noch die “Mit Sprache unterwegs- Literaturhausveranstaltungen”, wo es heuer “Inkulusiv Exklusiv” heißt und da haben sich offenbar immer zwei Literaturhäuser zusammengetan und machen gegenseitige Veranstaltungen und das heute gleich zweimal, ist da doch die “Gesellschaft” per Stream nach Innsbruck gegangen und im Literaturhaus Wien moderierte der Salzburger Lteraturhausleiter Tomas Friedman, Margret Kreidl und Jaroslav Rudisund da wird es noch komplizierter.

Ist Margret Kreidl doch in Salzburg geboren und über Graz nach Wien gekommen, wo sie schon lange lebt und heute nicht Slowenien mit Katja Gasser, das ja in Frankfurt Gastland ist, sondern der Tscheche Jaroslav Rudis, der in Berlin lebt und Tschechien war ja 2019 das Gastland in Leipzig, als ich mir den Knöchel gebrochen hatte und daher nicht nach Leipzig kommen konnte

Dann kam Corona und seither keine Buchmesse mehr und Robert Huez, der einleitete, erklärte, daß die Beiden mit den beiden Leitern morgen nach Salzburg fahren werden und dort die Veranstaltung, die den Titel “Lost and Found in Motion” hat, wiederholen und auch im Zug darüber sprechen werden.

“Mehr als wir,” das Gastlandlandauftrittmotto von Thomas Stangl und Tomas Friedmann fragte dann gleich Margret Kreidl nach seiner Einleitung, was das “mehr als wir” für sie bedeutete und sie meinte, daß sie damit Probleme hat, weil sie der Dialekt und das “Wir san wir” stört, obwohl der Titel ja wie Tomas Friedman einwarf, hinausführt, nach Leipzig oder nach Salzburg, wo ich ja auch schon auf Lesereise war oder nach Innsbruck, bzw. zurück in mein Schlafzimmer, da ich diese Veranstaltung, weil ich eine sechs Uhr Veranstaltung hatte, streamte.

Nach Innsbruck habe ich mich auch angemeldet, bin aber jetztj im Wiener Literaturhaus hängengeblieben wo Jaroslav Rudis auch erklärte, was er von diesem Titel hält.

Dann kamen sie zu dem Tandem-Titel und da haben die beiden Autoren einen Auftrag bekommen, einen Text zu “Lost und Found ” zu schreiben und der Untertitel war “Die dunkle Seite Österreichs” und da mußte die 1964 geborene Margret Kreidl natürlich an die Nazizeit denken und hat einen Montagetext darüber geschrieben, was Heimat ist und heute für uns bedeutet und da geht es natürlich über den ÖVP Innenminister Gerhard Karner mit seinem Dollfuß-Museum und “kurz kürzer Korruption” kommt sie dann auch noch vor, sowie ein veganer Krampus, der ja das Motto, der Tiroler Fremdenverkehrswerbung sein sollte.

Tomas Friedman hat dann Jaroslav Rudi gefragt, ob die Politik wegen Klimakrise und Corona wieder politischer wird? Was er, glaube ich, nicht ganz so sah und dann kam er zu den großen Tschechen, Franz Kafka und Jaroslav Hasek mit dem “Schwejk” und in seinem Text geht es um eine Zugfahrt, weil er ja seit seinem “Winterberg” oder schon früher, ein Spezialist oder ein “Eisenbahnmensch”, wie er es nannte, darin ist.

“Richtung Wien” heißt sein Text. Und da geht es, wenn auch anders als bei Margret Kreidl, auch sehr turbulent zu. Kein Kampf zwischen Sachertorte und Mozartkugeln, wie es Tomas Friedman vorher nannte und solche verteilte und Jaroslav Rudis kommt zu den Linzer Augen, die zu Weihnachten in Prag gern gegessen werden und den Kaffee mit Schlagobers, den in Prag angeblich keiner kennt und “Servus” ist schöner als “Ahoj”, der Gruß der Tschechen, der an die Matrosen erinnert, während das “Servus” für den Großvater besser klang.

In der Diskussion ging es dann um “Wien als Sehnsuchtsort”, was Margret Kreidl erwähnte und meinte, daß die Deutschtümelei in Österreich lächerlich sei und damit wieder zur aktuellen politischen Situation kam, soll ja jetzt Deutsch in den Pausen in den NÖ-Schulhöfen durch blau schwarz verordnet werden. Dann ging es zu “Wien als Wasserkopf” und Thomas Bernhard und ob die autoren auch einen Schreibauftrag über Prag und Tschechien annehmen würden, was Jaroslav Rudis natürlich bejahte und sich auch Margret Kreidl vorstellen konnte, daß sie sich da auf einen Literaturstreifzugbegeben würde.

Die letzte Frage war dann was man im Sinne von “Lost an d Found” am Bahnhof nehmen und zurückgeben würde. “Den Railjet von Wien nach Prag im Stundentempo!”, antwortete Jaroslav Rudis auf diese schwere Frage und Margret Kreidl überlegte lange, was man in Österreich nicht mehr braucht und dachte da an die beiden Parteien, alos wieder schwarz blau und würde sich das österreichische-Deutsch mitnehmen.

Und dann kam wieder der Aufruf “Fahren Sie mit dem Zug nach Salzburg und hören Sie morgen Robert Huez zu, aber da fahre ich wahrscheinlich mit dem Auto nach St. Pölten und werde wieder etwas streamen.

Die Stille in Prag

Weiter geht es mit dem Backlistlesen, nämlich mit Jaroslav Rudis “Die Stille in Prag”, 2007, geschrieben, gekauft vor einigen Jahren bei einem dieser Literaturhausflohmärkte.

Es ist ein Sommerbuch könnte man anmerken, denn es spielt in diesem oder am Ende, lautet doch der letzte Satz “Der Sommer ist vorbei” und es ist auch eines in dem man Prag kennenlernen könnte, leben die handeldnden Protagonisten doch dort und ziehen mehr oder weniger erfolgreich in der Stadt herum.

Da ist einmal Petr, er hat sein Studium abgebrochen und arbeitet jetzt als Straßenbahnfahrer. Dazu nimmt er, was eigentlich streng verboten ist, seine Hündin Malmö mit, er ist auch sonst ziemlich unangepasst.

So beginnt das Buch, daß er mit Vanda die Nacht verbrachte, die ist knapp achtzehn, einePunkerin oder Sängerin der Band “Kill the Barbie”, da soll sie am Abend als Vorprogramm auftreten. Einer der Bandmitglieder hat sie betrogen, so ist sie auf einer Bank vor einer Straßenbahnhaltestelle gesessen und Petr hat sie mitgenommen.

Sie hat auch Schwierigkeiten mit ihren Eltern, der Vater hat die Mutter betrogen und ist eigentlich ein Arschloch, seither lebt sie von Wein und Alkohol und der Vater gibt Vanda nicht das von ihr gewünschte Geld für einen Computer. Da soll sie erst ihr Abi machen, aber sie ist ja schon lange ausgestiegen.

Wayne heißt Wayne nach dem berühmten Schauspieler, weil sein Vater einen Cowboyhelden als Sohn haben wollte, er ist Amerikaner aus dem berühmten Delaware, lebt aber jetzt als erfolgreicher Anwalt in Prag und hat die “Kleine” als Freundin.

Die heißt eigentlich Hana, hat Kulturwissenschaften studiert, in Berlin, Genf und sonstwo gelebt und befindet sich gerade auf einen Rückflug von Lissabon, wo sie auf einem Kongreß war. Dort hat sie mit einem Thomas gevögelt, den sie zwar nicht mehr wiedersehen wird, trotzdem aber Wayne  verlassen möchte und der hat auch Probleme, beziehungsweise Panikanfälle, hat er doch im Fernsehen einen Soldaten auf einer Bahre gesehen und denkt, daß es sein Bruder Mike sein könnte, der ja gerade im Irak stationiert ist.

Dann gibt es noch Vladimir, einen ehemaligen Musiker, der seine Frau verloren hat und deshalb am Durchdrehen ist, er haßt den Lärm, die vier anderen sind ja eher laut, so hat er eine Lärmzerstörungsmaschine gebaut, weshalb ihn seine Kinder in die Klapse bringen wollen. Er läuft auch mit Scheren in den Straßenbahnen herum und zerschneidet Passanten, wie beispielsweise Hana, das Kabel ihres Walkmans.

Dann will er sich nur heimdrehen, kauft eine Flasche Wodka, zermörsert sämtliche Tabletten, die er zu Hause hat und trinkt das Gemisch dann trotzdem nicht, stattdessen besucht er das Konzert auf dem sich sämtliche Protagonisten und auch der Hund Malmö, obwohl er das eigentlich nicht darf, befinden, dreht den Strom ab, um die gewünschte Stille zu erzeugen, eine Schlägerei beginnt. Vanda kommt in ein Krankenhaus, Wayne wird auf die  Polizei gebracht. Vladimir ist umgefallen und Petr geht mit Hana nach Hause, beschließt aber Vanda am nächsten Tag im Kankenhaus zu besuchen.

Ein spannender Roman über den man sicher geteilter Meinung sein kann, manchen wird er nicht genug literarisch sein, es ist aber wieder das, was mir auch zu schreiben vorschwebt und was ich auch schon seit einigen Jahrzehnten tue.

Jaroslav Rudis wurde 1972 geboren, ich habe ihn, glaube ich, beim ersten “Literatur und Wein” in Krems kennengelernt, heuer hat er wieder dort gelesen, war auch mit seinem “Winterbergs letzte Reise”, das ich erst lesen muß, in Leipzig prominent und “Grand Hotel” habe ich im letzten Jahr gelesen, weil “Wagenbach” da eine Hotel-Serie herausgebracht hat.

Grandhotel

So nun habe ich die dritte Nacht im Hotel verbracht, denn “Wagenbach” hat ja sozusagen eine Sommerreihe, wo er sechs ältere oder neuere Bücher, die alle irgendwie im Hotel spielen, wieder aufgelegt oder neu herausgebracht und so bin ich mit Vicki Baum in den letzten Tagen des Krieges im Hotel Berlin gewesen, da wußte ich noch nichts von der Reihe, war nur erfreut, daß ich endlich an das Buch kommen kann, als ich es bei “Anna Jeller” in der Auslage liegen sehe, dann habe ich mit Christoph Meckels Sussanne und ihrem neugeborenen Bruder eine irrwitzige Reise durch ganz Europa unternommen und Hotels ja, natürlich, kommen auch ab und an darin welche vor, während Jaroslav Rudis, der heuer den “Preis der Literaturhäuser” bekommen hat, zweiten auf deutsch erschienen  Roman, wie schon der Name sagt, wieder in einem Hotel spielt.

Nämlich in dem futoristischen Grand Hotel hoch auf einem Berg in Liberec, vormals Reichenberg gelegen, dasm glaube ich,  eine Raketenform hat und hoch in den Himmel ragt und Jegr, der Besitzer hat es auch in ein postkommunstisches Museum verwandelt, denn das Buch spielt 2003 und Held ist Fleischman, ein junger Mann mit scharfer Zunge, ein Außenseiter, der da seine Geschichte erzählt.

Er hat seine Eltern verloren, als sich der Vater ein Auto kaufte und mit ihm und der Mutter einen Ausflug unternehmen wollte. Am Stadtrand kam es zu einem Unfall, Fleischman in die Psychiatrie, seither hat er auch einen “Eierkopf” und die Nase rinnt ständig. Aber er wurde schon  früher in der Schule von den Mitschülern gehänselt, geprügelt und hatte, wie man so sagt, immer das Bummerl.

Jetzt erscheint eine Alte vom Sozialamt und bringt ihm zu Jegr, einem entferten Verwandten, der einen Lebensmittelladen hat, also das Kind gegen einen Sack Orangen tauscht, wie Fleischman lakonisch erzählt.

Der Verwandte kommt dann zum dem Hotel und Fleischman wird zum Mädchen für alles und plaudert nun locker über sein Leben oder seine Erlebnisse dort.

Er muß auch wöchentlich zu einer Frau Doktor, der er sein Leben erzählt und, die das Verdrängte aus ihm sichtbar machen will, denn Fleischman lebt in den Wolken. Er ist ein Wetterbeobachter, schreibt dreimal täglich auf, wie es ist, zieht seine Zusammenmhänge daraus und der schönen Fernsehmetreologin, wenn die etwas Falsches darüber sagt, den Hochdruck beispielsweise mit dem Tiefdruck verwechselt, schreibt er dann Briefe zur Richtigstellung, die alle mit der immer gleichen Autogrammkarte beantwortet wird.

Jegr erzählt ihm dagegen von seinen Liebschaften, nennt ihn “Einhandflötist” und gibt ihm den Rat fürs Leben “Ficken, ficken, ficken!” und sich außerdem für Fußball zu interessieren, wo Fleischman von beiden vorerst nichts hält. Das Erstere wird sich ändern als Ilja in dem Hotel erscheint und das Zimmerdmädchen Zuzana will schon etwas von ihm, wo er aber widersteht.

Dann gibt es noch Franz, einen Rentner, der aus Liberec nach dem Krieg vertrieben wurde, jetzt aber zurückkommt, sich lebenslang in dem Hotel einquartiert und Fleischmann einen wichtigen Auftrag gibt.

Er hat nämlich zwei Kaffeedosen im Gepäck, in diesen befindet sich die Asche von zwei Freunden, die ebenfalls aus Reichenberg vertrieben wurden. Die soll jetzt an den Ausgangsort zurück , das heißt dort verstreut werden, wo die Freunde geboren wurden.

Was nicht so einfach ist, denn nur bei einem steht das Haus noch da, bei dem anderes ist es inzwischen ein Kaufhaus geworden.  Franz Geburtshaus ist jetzt eine Spielhölle und der Betreiber einer von Fleischman einstigen Peinigern und Fleischman hat noch ein Problem. Er kann nämlich die Stadt nicht verlassen, so oft er es versucht, an der Tafel mit der Stadtgrenze, wo der Unfall passierte, macht er Halt, steigt aus und bekommt eine Panikattacke.

So versucht er es mit einem Ballon, baut sich diesen zusammen und steigt mit den zwei Flaschen in denen sich inzwischen auch Franz Asche befindet ein. Jegr, der ihn davon abhalten will, nimmt er mit und dann kann Franz zu seinem Anfang zurückkehren und Fleischman entkommt vielleicht auf den Weg zu den Wolken seiner Stadt.

“Cool witzig, kritisch, politisch, poetisch widerständig, anti-bürgerlich, berührend und verführerisch -kurzum: literarischer Rock n roll steht”, am Buchrücken.

Ich kann noch anmerken, daß Jaroslav Rudis 1972 geboren wurde und in Prag lebt.

Und ich werde mich demnächst auf eine Reise mit Giorgio Bassani wahrscheinlich nach Italien begeben. Wie weit eines oder mehrere Hotels da eine Rolle spielen, wird sich herausstellen.