Ich ist ein anderer

Jetzt hatte ich ein deja vue beim Lesen, beziehungsweise den zweiten Teil von Jon Fosses Heptalogie “Ich ist ein Anderer”, das sind die Teile drei bis fünf und eins und zwei “Der anderer Name” habe ich um Weihnachten vor ein paar Jahren gelesen. Ein erstaunliches Buch in dem nichts passiert, das in einen einzigen Satz geschrieben ist, was sich im zweiten Buch auch fortsetzt und im ersten ist der Maler Asle ja nach Bjorgvin in die Galeri Beyer gefahren, um dort seine Bilder für die Weihnachtsausstellung zu bringen. Es lag Schnee in den Straßen und er hat den anderen Asle ins Krankenhaus gebracht.

Das habe ich in Teil drei wieder gelesen und gedacht, das kenne ich doch schon. Das heißt, stimmt nicht ganz, denn es geht und das sind sehr starke Stellen, die auch viel lebendiger als das andere sind, in die Kindheit des Malers. Da hatte er lange Haare und wollte alles anders machen. Das ist das Moderne in dem Buch, hatte Schwierigkeiten mit der nörgelnden Mutter und dem schweigsamen Vater, sowie drei Kronen zuviel in der Hose.

“Die hast du gestohlen!”, sagt die Mutter. Hat er nicht. Er hat sie von der “Glatze” bekommen, die irgendwie sexuell übergriffig war. Auch sehr modern für die Sechzigerjahre, in denen wir uns da befinden müßen und Asle ist vierzehn oder sechzehn und will auf die Kunstschule. Er hat schon viele Bilder mit Häusern gemalt, die alle Nachbarn haben wollten. Jetzt malt er abstrakt und das gefällt der Mutter und auch den anderen nicht und, um auf die Kunsthochschule zu kommen, muß er vorher aufs Gymnasium. Da mietet er sich in einer Schusterwerkstatt ein, trifft einen Sigve, der Außenseiter ist und der fälscht seine Identifikationskarte, damit er im Hotel und im Gemeinschaftsladen ein Bier bekommt und dazwischen ist Asle wieder in der Stadt, will den anderen im Krankenhaus besuchen, was er aber nicht darf und als er in sein Haus zurückkommt, beschließt er das Malen aufzugeben. Er hatte eine Frau namens Ales, die ist gestorben. Jetzt ist der Stuhl auf dem sie immer saß, leer und kein anderer darf sich darauf setzen, auch der Nachbar nicht.

In die Kunstschule kann man auch ohne Gymnasium aufgenommen werden, wenn man gut genug ist. Das betrifft die beiden Aslen, wo nicht so klar ist, ob das jetzt Doppelgänger oder ein und dieselbe Person ist, Ales aber nicht, die muß das schon fertig machen und für Asle ist das gut. Denn der ist sehr schüchtern, stottert und hat Angst vorm Aufgerufen werden und öffentlichen Lesen. Etwas was mir sehr bekannt ist und ich früher auch mal hatte und, daß ich mit dem Schreiben aufhören will, weil ich ausgeschrieben bin und dann einen Roman in zwei Tagen hinunterschreibe oder konzipiere, ist auch bekannt.

Die beiden Aslen waren auch tüchtige Trinker, haben aber damit aufgehört. Der Ich-Erzähler hat es jedenfalls und jetzt sitzt er in seinem Haus in der norwegischen Kälte, sinniert über das Leben, denkt an seine tote Frau und vor allem findet er Trost in der Religion und im Glauben. So wird öfter das “Vater unser” zitiert und kann wieder feststellen, ich habe ein gutes Buch gelesen, freue mich schon auf den letzten Teil, das wahrscheinlich wieder von Hinrich Schmidt-Henkel übersetzt wurde und der hat auch die “Vögel” und das “Eischloß” zu mir gebracht.

“Der zweite Teil des Opum magnum von Jon Fosse – über das Erwachsenenwerden und die große Liebe, über Kunst, Glauben und den Lauf der Zeit”, steht am Buchrücken.

Was nehme ich mit? Daß die Norweger ein starke ungewöhnliche Sprache haben, mit der man sich öfter beschäftigen sollte und der 1959 geborene Jon Fosse hat auch in Hainburg an der Donau einen Zweitwohnsitz.