Was über Frauen geredet wird

Jeetzt kommt, bevor ich die österreichische Liste mit Monika Helfers “Bettgeschichten” abschließe, der neue Roman von Mieze Medusa oder der 1975 geborenen Doris Mitterbacher, die ich, glaube ich, seit 2008 kenne. Denn da ist sie mit “Freischnorcheln”, ein Buch das ich inzwischen gefunden, aber noch nicht gelesen habe, bei “Rund um die Burg” aufgetreten, dann habe ich se auf der “Buch-Wien” beim “Milena-Stand” gesehen und seither immer wieder, bei ihren Poetry Slams oder den Moderationenin der “Alten Schmiede”

2021 hat mich ihr letzter Roman inspiriert einen Roman über alte Frauen in der Literatur zu schreiben, ein Buch über drei Generationen Feminismus in der Pandemie .ist daraus geworden. Jetzt habe ich während des “Nanos” über die Depression einer Fünfundsiebzigjährigen geschrieben und Mieze Medusa hat sich in “Was über Frauen geredet wird” auch mit dem Feminismus beschäftigt oder über das Leben der Frauen in der Gesellschaft von heute, von den Müttern, Töchtern, Schwestern, die meist Träume haben, die sich mehr oder weniger erfüllen und ansonsten in prekären Verhältnissen obben und in Bars vor sich hinchillen.

Die Handlung könnte man vielleicht sagen, fehlt in dem Buch. Der Spannende Plot und das was hier passiert. Es passiert natürlich etwas mit Fred, Laura, Marlies und den anderen Heldinnen des Romans, die in zwei Städten leben. Innsbruck und Wien hat sich Mieze Medusa dafür ausgewählt und das Verbindungsglied ist natürlich, es kann offenbar nicht anders sein, ein Mann namens Hubert, der ist in Innsbruck Rechtsanwalt hat, eine Kanzlei und heiratet im Laufe des Buchs Isi, deren Schwester Laura hat offenbar gerade maturiert und soll studieren, bis es soweit ist jobbt sie in Huberts Kanzlei und bereitet seine Hochzeit vor. Huberts Schwester ist eine Marlies, die einmal nach Wien in die Wohnung ihrer Großtante gezogen ist.

Da lebt sie jetzt mit der vierzigjährigen Fred, die mit ihrem Auto Umzüge organisiert, in einer Bar Freundninnen hat oder dort aushilft, einen AMS-Kurs macht sie auch. Dort lernt sie die Rapperin Milla Yollobitsch kennen und für die Mieze Medusa bei der Präsentation in der “AS” ihren Soundtrack präsentierte.

Fred verliebt sich in Milla und chauffiert sie zu ihren Auftritten. Marlies wird schwanger und will eigentlich, daß sich Fred, um das Kind kümmert. Bei der Hochzeit in Innsbruck schmeißt Marlies Fred dann hinaus, bzw. gibt sie ihr ein paar Tage Zeit ihre Sachen zu packen und in ein neues Leben aufzubrechen. Das ist eine Substandstardwohnung am Gürtel bei der Hauptbücherei” deshalb schmeißt sie als erstes ihre Bücher hinaus, denn “Wer braucht Bücher, wenn die Hauptbücherei ein paar U-Bahn Stationen entfernt ist”, bricht dann nach Venedig während des Hochwassers dort auf und kommt wieder nach Wien zurück, um ihr leben weiter selbstbestimmt in die Hand zu nehmen, denn wie steht am Buchrücken “Und wenn auch nicht alle Wünsche in Erfüllung gehen, so legt Mieze Medusa hier doch ein flammendes Plädoyer dafür, daß Frauen alles sein, werden und wollen dürfen”

Wünschen werden sie wohl, die Realität ist momentan wahrscheinlich immer noch ein bisschen prekär und konventionell, auch wenn die “Buberlpartie”, die man bekämpfen muß in dem Buch vorkommt und die Demonstrationen dagegen und geredet wird eigentlich gar nicht so viel über die Frauen.

Sie ziehen eher durch Wien und Umgebung und eigentlich könnte man das Buch als einen herrlichen Wien-Führer der Szene betrachten.

Mieze Medusa hat auch eine Sprache von der ich nicht alles verstanden habe, was ist beispielsweise ein “Gig” oder ein “Dude”? und ich der man ja auch manchmal vorwirft, daß nichts passiert, daß die Handllung fehlt oder man sich für den tristen Alltag nicht so sehr interessiert, bleibe etwas ratlos zurück. Der Umschlag ist jedenfalls sehr fetzig bunt und einen Soundtrack gibt es auch. Dafür müßte man wahrscheinlich ein Handy haben, aber ein Textbeispiel kann ich hier geben:

“Ich sag dir,, was ich will, was i wirklich wirklich will

ja, sag mir, was du willst, was du wirklich wirklich willst

Was will i? Was will i? Was will i? Was will i?

I will halt wirklich richtig will ich, was ich wirklich will.”

1929 – Frauen im Jahr Babylon

Die Neunzehnhundertzwanzigerjahre waren ja sehr aufbruchsbereit und brachten viel revolutionre fortschrittliche Veränderungen, bis es einige Jahre später zum Rückschritt und zum Zusammenbruch kam, was sich neben dem Bubikopf und anderen, in der Literatur ausdrückte.

Da war ich ja einmal, als das noch ging, bei einem diesbezüglichen Vortrag von Evelyne Polt-Heinzl in der Wien-Bibliothek, habe auch schon einiges von Vicki Baum, etcetera gelesen und vor kurzem ein Mail bekommen, daß “ebersbach & simon” fünf Bücher herausgebracht hat, die sich mit diesem Thema beschäftigen.

Zwei habe ich schon bekommen und beginne mit dem der 1961 geborenen Germanistin Unda Hörner “1929 Frauen im Jahr Babylon”. Sie hat, glaube ich, schon eines über “1919” herausgebracht, wo sie Monat für Monat in die damals wichtige Frauenwelt einführt und dabei mit Erika Mann beginnt, die mit ihrem Bruder Klaus im Oktober 1927 ein halbes jahr auf Amerika-Fahrt gegangen ist, dort Vorträge, etcetera hielt und nun ein Reisebuch darüber schreiben will und ihre Scheidung von Gustav Gründgens ist gerade auch erfolgt. Die Geschwister sind von dem fortschrittlichen Amerika begeistert, empören sich über die Rassenunterschiede, die dort herrschen und Erika Mann möchte auch nach ihrem Vorbild der Auto begeisterten Clärenore Stinnes, die gerade mit einem Fotografen und zwei Technikern von Argeninien nach Chile fährt, den Pilotenschein machen, während Marlene Dietrich im Tonfilm sich zu “Ich küße ihre Hand Madame!”, zeigt und der Roman “Im Westen nichts Neues” erschienen ist.

Im Februar soll dann der berühmte Alexander Platz umgestaltet werden, da spielt das Architekten und Designerpaar Peter Behrens und Else Oppler-Legband eine Rolle und aus Amerika kommt Luise Brooks angereist, um in G. W. Papst “Lulu” eine sehr laszive Rolle zu spiele, während Vicki Baum im Hotel Excelsior putzt, um dort ihre Recherchen für die “Menschen im Hotel” zu machen.

Die “Stud. chem. Helene Willfüer” ist schon erschienen, Vicki Baum hat der Harfe abgesagt und sitzt jetzt in der “Ullsstein-Redaktion” und die Verlegerin Edith Jacobsohn hat im März in Erich Kästner einen Kinderbuchautor gefunden und der schreibt im Cafe Josty seinen “Emil und die Detektive”.

Brecht führt seine “Dreigroschenoper” mit Lotte Lenya auf, die auch vorher in den “Pionieren in Ingoldstadt” von Marieluise Fleißer auf und heiratet Helene Weigel, obwohl er viele Freundinnen hat. Die Fotografin Lotte Jakobi fotografiert die Berliner Prominzenz und Lotte Lenya möchte in die kommunistische Partei eintreten.

Am ersten Mai 1929 kam es in den Berliner Arbeiterbezirken zu heftigen Ausschreitungen, während Lotte Jakobi die Bauhausmöbel fotografiert. Später kauft sie sich eine Leica, während der Rundfunk und der Tonfilm die Welt eroberten und die schon erwähnten Stars ihre Rollen spielen.

Im Sommer geht es aufs Land oder an Nord- bzw. Ostsee, Thomas Mann entdeckt sein Häuschen in Nidden, bei dem ich schon war. Gerhard Hauptmann logiert, glaube ich in Hiddensee. Behrens gewinnt die Ausschreibung am Alexanderplatz, wo seine Frau mitarbeitete und um die übersehenen Frauen an der Seite der großen Männer, die unbemerkt einen großen Teil der Arbeit machen, geht es auch.

Joachim Ringelnatz und Kurt Tucholsky dichten, Cläirenore Stinnes kommt von ihrer Weltreise zurück, wo ihr Ford sein Museum vom Traum des freien Mannes, wo jeder sein eigenes Haus, Auto und Urlaub hat und nicht mehr denken muß, zeigte und sie vom Präsidenten Hoover empfangen wurde und macht auch einen Film daraus und im August findet in Nürnberg im fränkischen Saal der vierte Reichsparteitag der NSDAP statt.

Im September geht es in Theater, da wird Friedrich Wolfs “Cyankali”aufgegeführt und Josef von Sternheim sucht für den “Blauen Engel”, die “Professor Unrat” Verfilmung, die Darstellerin der Hauptrolle, die er schließlich in Marlene Dietrich findet.

Im Oktober kommt der Börsenkrach in den USA und in Berlin gibt es die Angst, daß das Alexanderplatz-Projekt nicht fertig werden kann. Dafür erscheint aber Döblins berühmter Roman und mit diesen und dem “Emil” oder den “Menschen im Hotel” kann man sich ein genaues Bild Deutschland Ende Neunzehnhundertzwanzig machen.

Im November bringt die kleine Elisabeth Mann ihrem Vater ein Telegramm, das aus Stockholm kommt. Die Geschwister Mann wollen wieder auf Reisen gehen und es gibt Ausstellungen über die modernen Frauen.

Aber die Abtreibungen sollen verboten werden. Die Nazis werden durch die unzufriedenen Arbeiter an die Macht gebracht, die die Frauen wieder an den Herd zurückbringen wollen und so sind wir in dem Buch durch ds Jahr1929 gekommen, haben nicht nur von den berühmten Frauen, sondern vom aktuellen Zeitgeschehen gehört.

Unda Hörner schreibt vielleicht schon an einem Buch über 1939. Seien wir gespannt und das dritte Buch aus der Neunzehnzwanziger-Reihe ist auch schon zu mir gekommen.