Lachen und Sterben

Buch fünf des öst Bps ist wieder eine Essay- oder Textsortensammlung, ja das ist beim österreichischen Buchpreis möglich, zumindest ist Franz Schuh 2017 schon mit seinem “Fortuna.Aus dem Magazin des Glücks” auf der Longlist ,gestanden und ich habe als ich 2005 bei dem Literaturwettbewerb in der Pannaschgasse einen “Thalia Gutschein” gewonnen habe, mir sein “Schwere Vorwürfe, schmutzige Wäsche” ausgesucht, das ich zugegeben, nicht verstanden habe. Denn der 1947 Geborene, der Philosophie, Geschichte und Germanistik studierte, ist in seinem Denken sehr theoretisch und springt in seinen Essays leider vom hundertsten ins tausendsten, was es mir, die ich ja immer die Struktur und den Inhalt suche, sehr schwer macht.

Dabei kenne ich ihn schon sehr lange und von seiner literarischen Seite, war der doch vor meiner Zeit 1976-1980 Generalsekretär der GAV, hat da “Wespennest” mitbegründet und ich habe ihn auch bei den verschiedenen Vorträgen gehört. In “Ex Libris” hatte er eine Kolumnse und jetzt ein Buch über “Lachen und Sterben” geschrieben.

Zuerst habe ich, als ich die Liste gesehen habe, “Uje!”, gedacht, dann, als ich im Auszug aus dem Leseprobenbüchlein, das Wort “Corona” und “Risikopatient” gelesen habe, gedacht, das ist vielleicht ein Corona-Buch dann könnte man es ja auch für ein Buch passend zu Allerseelen halten.

Als ich aber, um mich auf meine Besprechung vorzubereiten, bei “Wikipedia” nachgesehen habe, habe ich den Satz “Seit 2020 verbringt Franz Schuh krankheitsbedingt viel Zeit in Krankenhäusern als “Pflegefall”, sehr interessant gefunden, und das Buch von dem ich bis dahin ein Viertel gelesen hatte, besser verstanden, denn es beginnt mit dem Gedicht:

“In diesem Winter und in dem Winter davor habe ich kein einziges Mal meinen Wintermantel getragen. /Das war vielleicht ein Glück! Denn ich bin wieder einmal dicker geworden, dicker, als ich damals war, in dem Jahr, in dem ich den Mantel kaufte. /Vielleicht hätte er mir nicht mehr gepasst, obwohl ich jeden Mantel größer kaufe, als gerade angemessen wäre. “In weiser Voraussicht”, wie man sagt./ Die Frage ist in diesem Frühling ohnedies überholt. Es kursiert die Nachricht, dass manche leute zur “Risikogruppe” gehören. Die muss man entweder schützen oder ihrem Schicksal überlassen.”

Und da war ich schon mal hingerissen und dann kam die Anekdote vom “Tod in Wien” wo aus einem Auto, das eine Leiche vom Krankenhaus auf den Friedhof bringen soll, hinausgefallen ist und dann noch ein Gedicht, das vom Tod handelt und die Erklärung, daß es schon vor Corona geschrieben wurde. Dann kommen Essays, die vom Wiener Schmäh, von Canetti und Karl Kraus handeln, den Schuh für sein größtes Idol hält, dann geht es zu Sebastian Kurz, das Buch ist im Frühling erschienen, enthält also nicht die letzten Ereignisse, zu Wolfgang Schüßel, also wieder vom Hundersten zum Tausendsten und ich dachte wieder, wie soll ich das zusammenfassen, habe nachgegoogelt und bin auf ein Gespräch zwischen Armin Thurnher und Franz Schuh im “Kreisky-Forum” gekommen, wo er über die Entstehung des Buches erzählte, das offenbar im Krankenhaus oder danach entstanden ist und wo er sich ähnlich oder auch ganz anders, als Peter Paul Wiplinger mit seiner Krankheit und sich in dem Gespräch auch darüber lustig machte, daß man jetzt, wenn man genesen ist, sogar in ein Restaurant darf, während Nietzsche etwas anderes darunter verstanden hat.

Es gibt die Fragmente der Eitelkeit und die der Einsamkeit und in diesen kommt Franz Schuh zur Eigenverantwortlichkeit, wobei er sowohl den Philosophhen Max Stirner als auch die Philosophin Liz Hirn zitiert und mitten im Corona-Thema ist. Er zitiert den Unterschied zwischen allein und einsam und weist darauf hin, daß man allein geboren wird und auch alleine stirbt.Und dann gibt es noch aus der Stifterschen Erzählung den “Hagestolz”, als Paradetypus für den einsamen Mann.

Es gibt ein Gedicht, das sich mit dem “Tod des Vaters” beschäftigt und den Versuch über den Radioliebling Heinz Conrad, dessen Radiosendung sich bei Franz Schuh sehr eingeprägt hat.

Ein zweites Idol scheint Franz Schuh in dem 1986 verstorbenen Schauspieler und Kabarettisten Helmut Qualtinger zu haben, der mit Carl März den “Herrn Karl” geschrieben hat, diesem österreichischen Typen ist auch ein ausführliches Kapitel gewidmet. Qualtinger den Schuh für sehr österreichisch hält, hat aber auch “Mein Kampf” vorgetragen, “Der Papa wird schon richten”. gesungen und hat glaube ich. als Schauspieler in einen Krimi gespielt, den ich einmal gesehen habe. Er war darüber hinaus noch, glaube ich, ein begnadeter Stimmenimitator, der manche Poltiiker, wie ich gehört habe, sehr verwirrte.

Franz Schuh kommt indessen zur Schauspielkunst und meint, daß auch der Autor oder Philosoph in der Verwandlung zur Kunst kommt. Das soll auch Friederike Mayröcker so gesagt haben. Sie hat einen Einfall, dann transformiert sie ihn und so wird Kunst daraus.

Jetzt habe ich das Kapitel über den Kabarettisten Lukas Resetarits, der im gleichen Jahr, wie Schuh geboren ist und mit fünf Jahren vom burgendländischen Ort Stinaz, wo kroatisch gesprochen wurde, nach Wien Favoriten gekommen ist, vergessen und Der Arzt Georg Ringswandl, der aus diesem Beruf ausgestiegen ist, um Kabarettist zu werden, wird auch erwähnt.

Der Tod kommt, wie schon der Titel sagt immer wieder vor und auch das Lachen, der Witz, der Humor und die politische oder unpolitische Korrectnessen, wird nach dem Schmäh noch in einem eigenen Kapitel erwähnt und das Thema Corona scheint den Intensivpatienten auch sehr beschäftigt zu haben, obwohl er da wahrscheinlich nicht so kritisch, wie ich ist, setzt er sich, manchmal auch sehr humorvoll, damit auseinander und am Schluß gibt es noch ein Drama das bezeichnenderweise “Todesengel” heißt. Lesetheater wird es genannt und setzt sich sowohl mit der Covid-Situation als auch mit den “Todesengeln von Lainz” in den Achtizgern auseinander, wo damals, die Stationsgehilfen wie sie damals noch hießen und über die Pflegehelfer heute politsch korrekter zu Pfegeassistenten wurden, ihre Überforderung in “Mundpflege” ausdrücken und Franz Schuh hat, wie man liest, das Covidjahr 2020, das er größtenteils im Spital und in Pflelgestationen verbrachte, sehr beschäftigt und so ist das Buch eine, wie ich finde sehr gelungene Mischung zwischen persönlicher Betroffenheit und intellektuellen Spitzfindigkeiten.

Am Schluß wird noch erwähnt, daß einige Artikel, wie beispielweise, die über Heinz Conrad oder Helmut Qualtinger schon früher geschrieben und erschienen sind und ebenfalls am Schluß ist sich Fran Schuh nicht sicher, ob Freud recht hat, wenn er den Witz an das Unbewußte bindet.

Der hat ihn, glaube ich, als Abwehrmechanismus bezeichnet, mit dem ich, die ich ja nicht so viel lustig findei, am Anfang meines Studiums und vielleicht immer noch Schwierigkeiten habe, jetzt aber damit umgehen kann.

Ein interessantes Buch also, das ,das Covid und Spitalsjahr des Franz Schuh sowohl persönlich als auch höchst intellektuell beschreibt, also lesen, lesen, kann ich nur empfehlen. Schade, daß es nicht auf die Shortlist gekommen ist und was die und die restlichen noch nicht gelesenen österreichischen Buchpreisbücher betrifft, bin ich gespannt.