Sempre Susan

Von der 1951 geborenen amerikanischen Schriftstellerin Sigrid Nunez von der ich mir erst vor kurem ihren Besteseller “Der Freund” in Bad Radkersdburg um einen Euro gekauft habe, habe ich auch ihr Buch über die 2004 verstorbene Schriftstellerin und Essayistin Susan Sontag, die ich gerade mit Erica Jong verwechselt habe, auf das mich “Aufbau” aufmerksam machte und es mir dann von dem Gutschein der Schwiegermutter zu Weihnachten von “Thalia” holen lassen. Jetzt ist sich das Lesen ausgegangen, denn von Sigrid Nunez und ihren Büchern hört man in der letzten Zeit sehr viel und da schreibt die Autorin locker, daß sie Susan Sonntag 1976 in New York kennengelernt hat.

Da war sie gerade mit ihrem Studium fertig, träumte davon Schriftstellerin zu werden, arbeitete bei der “Review of books” und wurde als eine Art Sekretärin zu ihr vermittelt. Denn Susan Sonntag hatte gerade ihren Brustkrebs überwunden, sah schlecht aus, hatte einiges aufzuarbeiten und überraschte Sigrid Nunez gleich durch ihre Freundlichkeit und, daß sie sie gleichwertig behandelte, obwohl sie ja eigentlich der Müttergeneration angehörte. Sigrid Nuenz verliebte sich in ihren Sohn David mit dem sie dann zusammen in das Haus von Susan Sonntag zog und beschreibt, daß dort nie gekocht wurde, sondern Suppe aus der Dose oder auswärts gegessen wurde.

Susan Sontag hatte damals eine Affaire mit dem Schriftsteller Joseph Brodsky und in Paris eine Freundin, die wenn sie nach Amerika kam, Susan Sontag bekochte, aber die Beziehung der Beiden war, als Sigrid Nunez sie kennenlernte, schon sehr schlecht.

Das Buch wird am Klappentext als das beste Buch über Susan Sontag gelobt und ich kann wieder einmal nicht umhin zu bemerken, wie gut andere Schriftstellerkarrieren klappen, denn ich habe 1976 ja in Wien Psychologie studiert und auch von einer schriftstellerischen Karriere geträumt, bzw. die ersten diesbezüglichen Versuche gemacht.

Sigrid Nunez führt dann die Vorbildwirkung an, die Susan Sontag für sie hatte und führt die Widersprüchlichkeit der bisexeuellen Essayistin und Filmemacherin auf. Susan Sontag war offenbar sehr snobistisch, Sigrid Nunez bestreitet das, meint dann aber, daß sie immer Taxi gefahren ist und führt das Beispiel an, daß sie mit ihrem grünen Mantel aufder Straße stand und die Hand hob, um nach dem Taxi zu rufen, wo man dann ein Lochunter der Achsel sah, daß nie beseitigt wurde. Ihre Wohnung sah immer, auch als sie schon sehr erfolgreich war, sehr studentisch aus. Sie hatte viele Bücher und empfahl sie ihren Freunden. Sie war eine sehr gastfreundliche Person, haßte es aber auf der Uni schreiben zu unterrichtete, wie das ja in Amerika sehr üblichist, daß man das dort lernt, machte es wenn nur des Geldes weges und verabscheute auch die Schriftsteller die davon lebten.

Ihre Idole warenBecket, Italo Calvin, Bohumil Hrabal, Peter Handke und Stanislaw Lem, während sie von Philip Roth und John Updike nicht so viel hielt.

Sigrid Nunez Beziehung zu David Rieff ging bald auseinander. Siebeschreibt auch die enge fast inzestiöse Beziehung, die Susan Sontag zu ihren Sohn hatte und meinte auch, daß ihre Romane und Kurzgeschichten nicht so gut waren, wie ihre Essas, daß sie aber darunter litt. Nach ihrem Tod 2004, stie starb an Leukämie, ließ ihr Sohn sie in Paris beerdigen und die persönlichen Einnerungen Sigrid Nunez sind sehr interessant und widersprüchiges. Man erführt sehr viel Persönliches und nicht so viel über ihre Werke darin, so daß ich wieder schreibe, lesen, lesen.

Ich habe, glaube ich, noch nichts von ihr gelesen. Aber wahrscheinlich einige Bücher in meinen Regalen und auf dieseArt und Weise einen kurzen prägnanten interessanten Eindruck der höchstwahrscheinlich sehr widersprüchigen Ikone bekommen.

Gewisse Momente

Jetzt kommt eine Art Bekenntnisbuch, die Lebenserinnerungen, beziehungsweise die an gewisse Personen und Begegnungen des 1925 geborenen sizilinischen Krimiautors Andrea Camilleri, von dem ich einige Bücher gelesen, einige in meinen Regalen stehen habe und der, glaube ich, auch ein Lieblingsautor meiner Schwiegermutter war.

Ich hatte mit seinen Krimis gewisse Schwierigkeiten, habe sie als eher altmodisch oder langatmig empfunden, kann mich aber erinnern, daß ich bei “Rund um die Burg” einmal bei “Buchkultur” eines seiner Bücher gewonnen und das erste Kapitel, das von einem Sandler der einmal Arzt war, handelte, gelesen habe und dann, als ich daraufgekommen bin, daß das Buch kein Roman, sondern ein Erzählband ist, dieses enttäuscht abgebrochen habe, was ich auch einmal bei einem Buch der Pearl S. Buck machte, obwohl ich ja sonst eine Fertigleserin bin.

Andrea Camilleri also, der alte Mann, das Buch wurde, glaube ich, 2015 auf Italienisch geschrieben und ist jetzt auf Deutsch herausgekommen, der in seiner Jugend den Faschismus erlebte , sich von diesem abwandte und durch Bücher, wie einew von Andre Malraux zum Kommunisten wurde, schreibt in seinem Erinnerungsbuch von den Begegnungen, die er mit sowohl berühmten als auch gewöhnlichen Menschen hatte und beginnt  mit einem lesenden jungen Mann, den er 1942, da war er, glaube ich, noch Schüler und wurde sowohl von jungen Lehrerinnen als auch alten Lehrern unterrichtet, in einem Cafehaus hatte, der ihn sehr beeindruckte, weil, er es verstanden hatte, zehn Tage nachdem er in den Militärdienst einberufen wurde, von dort wieder entlassen zu werden.

Dann kommt einge Geschichte die viel später spielt, nämlich als er katholisch heiraten wollte, aber keine Firmung hatte, da mußte er, um diese zu bekommen, vorher beichten. Das hat er aber vor zwanzig Jahren das letzte Mal getan. Der alte Bischof, der sie ihm aber abnehmen wollte, verwickelte ihn in ein dreistündiges Gespräch und das war es dann.

Es kommt dann eine Geschichte, in der er im Krieg eine Zeitschrift gründen wollte, aber verhaftet wurde, weil in seiner Reaktion Waffen versteckt waren. Er hat aber auch Pier Paulo Pasolini mit dem er sich nicht so besonders verstanden hat und Antonio Tabucci kennengelernt, den letzteren allerdings nie persönlich, sondern nur telefonisch oder durch Postkarten, der von ihm bekommen hat.

Andrea Camilleri hat in Rom an der Theaterakademie studiert und, was ich nicht wußte als Regisseur gearbeitet, da folgen einige Begegnungen mit merkwürdige Künstlernpersönlichkeiten.

So hat er in Genua für den Autor  Roberto Morsucci ein Stück inszeniert, das diesen nicht zu gefallen schien, nach der Premiere hat er dann erfahren, daß er sich umgebracht hat.

Das selben Schicksal hatte der  absurde Autor Arthur Aadamo, während er in Silvano Falleni einen genialen Bühnenbildner hatte, der seine Bühnenbilder nie zu Ende brachte und am Ende in einer psychiatrischen Klinik starb und einen seltsamen Kommilitonen hatter er in Rom auch, den er, während er ihm die Regiekunst beibtachte, beim Fliegenessen beobachtete.

Es gibt Begegnungen mit Schriftstellern wie Stefano D`Arrigo, Emilo Gadda, Elio Vittorino oder Primo Levi mit denen er spazierenging oder sich durch ein Theater führen ließ. Eine junge Ilatienischlehrerin, die seine ersten Gedichte las, hat ihm die Liebe zu den zeitgenössischen Lyrikern beigebracht.

Es gibt auch ein Kapitel, das seine Liebe zu Büchern und seine Lesebiografie beschreibt, von seinem ihm sehr beeindruckenden Italienischchlehrer der auf seine Art und Weise dem Faschismus widerstand wird berichtet und einer Begegnung mit einem kommunistischen Ingenieuer mit dem er und seine Freunde in im Mai 1942 im Schwimmbad über Literatur diskutierte.

Der Abschied von einem jüdischen Schüler, dessen unbekanntes Schicksal ihn in seine Träume verfolgte und den er später im Theater widertraf und eine sehr eindrucksvolle Begegnung mit einer Prostituierten, die sich nach dem Tod ihrer zwei Kinder, das Leben nahm, um frei zu sein, werden auch beschrieben.

Eine sehr eindrucksvolle Art in das Leben oder in die Erinnerungsmomente eines großen Autors den ich eigentlich nur  durch seine Krimis, die manchmal historisch waren, im Gedächtnis hatte.

“Ein Buch zum Staunen, Lachen, Weinen  – und ein wertvolles Stück Zeitgeschichte”, steht am Buchrücken und man erfährt, füge ich hinzu, auch wenn es dem nicht in der italienischen Literatur Geübten ein wenig schwer fallen mag, alles zu verstehen, einiges über das intellektuelle italienische Leben ab 1942 und Sizilien beziehungsweise Rom und eigentlich nur wenig über seine Krimis, die meine Schwiegermutter, glaube ich, in ihrer Gesamtausgabe früher in der Küche liegen hatte und das finde ich auch sehr interessant.