Kilometer 123

Mit den Krimis geht es weiter, die sich in Zeiten von Corona ganz zufällig, bei mir in besonderer Menge angesammelt haben, mit einem kleinen Büchlein des 1925 geborenen und im Sommer 2019 verstorbenen itlaienischen Autors Andrea Camilleri, dem Liebling meiner Schwiegermutter, die sich in Zeiten, als sie noch gelesen hat, seine Bücher gerne schenken ließ und, ich glaube, fast alle von ihm besitzt.

Ich habe auch einige von ihm in den den Schränken gefunden, einige davon gelesen, aber mit seiner Art zu schreiben einige Schwierigkeiten gehabt, ich glaube, seinen Stil als eher altmodisch und umständlich empfunden.

In den letzten Jahren habe ich seine Erinnerungen und den “Brief an Mathilda” gelesen und jetzt wieder einen Art Krimi, der in Italien2019 erschienen ist, wie es überhaupt offenbar noch einige nicht übersetzte Camilleri Bücher gibt, also vielleicht noch etwas folgen wird, über das ich berichten kann.

Das Buch ist, wie schon beschrieben sehr dünn, an die hundertfünzig Seiten und es überrascht durch seinen Stil, den man auf dem ersten Blick als sehr ungewöhnlich bezeichnen könnte, denn es besteht hautsächlich aus Telefonnotizen, Dialogen, Briefen und Zeitungsartikeln.

Ein Anfängerstil könnte man sagen,  vielleicht auch ein Alterwerk und diesen Umständen geschuldet. Ich glaube Camilleri war am Schluß schon blind und hat seine Werke diktiert. Es liest sich aber durchaus spannend und interessant, wenn man sich an den Stil erst gewöhnt hat und das typisch Italienische, das ich beispielsweise auch bei Michela Murgia oder Alberto Moravia sehr gut zu bemerken ist, ist auch hier wieder vorhanden, denn es geht eigentlich um eine banale Eifersuchts und Ehebetrugsgeschichte, die am Schluß eine  vielleicht zu erwartende Wendung nimmt.

Es beginnt mit den SMS einer Ester an ihren Giuilo. Sie will ihn erreichen, kann es aber nicht. Es stellt sich heraus, daß er einen  Unfall und zwar an dem titelgebenden Kilometer 123 auf der Autobahn nach Rom hatte, im Spital liegt, der Frau wird sein Handy und sein Geld ausgeliefert. Ein Krankenpfleger ermittelt und jener Giuilo ist ein Bauunternehmer, der mehrere Frauengeschichten, aber auch sonst viel Dreck am Stecken hat, so zeigt ihm seine Frau bei der Finanzpolizei an. Er versucht zu fliehen, wird an der Grenze zur Schweiz verhaftet und Ester, die über die Geschenisse an ihre Freundin Maria schreibt, macht sich, um ihn große Sorgen und auch darüber, daß ihr Ehemann Stefano nichts mitbekommt.

Marias Ehemann kommt auch ums Leben und schließlich verunglückt Ester auch genau an jenem Kilometer 123 und wir erfahren sehr viel darüber aus den Gesprächen oder Briefe eines Polizisten an seinen Vorgesetzten.

Die Briefe sind übrigens und das finde ich sehr interessant auf einer alten Schreibmaschine mit schlechten Farbband geschrieben und gedruckt, so daß das Lesen dieser Stellen etwas schwierig ist, obwohl das Ganze 2008 spielt, vielleicht Camilleris Schreibmaschine, die Polizei wird damals ja wahrscheinlich schon Computer benützt haben.

Der Kommissar hat einen Verdacht, der Vorgesetzte befiehlt ihm seine Briefe zu vernichten und am Schluß spoilere ich noch an, können sich dann die Übergebliebenen in die Arme fallen und sich über den gelungenen Coup freuen und ich habe gelernt, daß Andrea Camilleri vielleicht doch ganz interessant ist und, daß man einen Krimi auch ganz anders schreiben kann.

Und weil ichs ja mit den Namen habe, mit meiner ersten Kritikern darüber diskutierte, ob ich eine meiner Protgonistinnen Sophie Hunger nennen kann, mit Elfriede Haslehner schon darüber, ob eine meiner Geschichten “Thea Leitners verrückter Traum”, heißen darf, weil es  ja eine Journalistin gleichen Namens gibt und mir auch einige Leute sagten, daß meine Transgeschichte wegen Ulrich Plenzdorf oder sonst noch jemanden, nicht “Paul und Paula” heißen darf. Den letzten Bloggerdebutpreis hat Nadine Schneider mit “Drei Kilometer” gewonnen. Gut, da fehlen hundertzwanzig und, daß es einige Bücher mit gleichen oder ähnlichen Titel trotz des berühmten Tiitelschutzes gibt, fällt mir  auch immer wieder auf.

Brief an Mathilda

Ich bin ja keine so besondere Freundin der Krimis des 1925 in Sizilien geborenen und im letzten Sommer in Rom verstorbenen Autors Andrea Camilleri, den meine Schwiegermutter sehr mochte.

Ein paar von ihnen habe ich gelesen, die ich aber als eher langatmig fand, ein paar weitere liegen in meinen Regalen und ungefähr vor einem Jahr gab es auch ein Camilleri Buch “Gewisse Momente” wo er von seinen Freunden und seinen Begegnungen schrieb und 2017 hat er in einem Brief an seine jüngste Urenkeltochter, damals keine vier, er über neunzig und fast blind geschrieben, in dem er ihr “Ein italinischen Leben” erklärte.

Was die Vierjährige mit dem Buch anfangen kann, weißich nicht.

“Kindler” hat es herausgegeben und mir geschickt und es ist ein schneller Durchgang durch sein Leben, er ist im Faschismus Mussolinis aufgewachsen, war mit zehn ein glühender Faschist und hat dem Duce sogar einen Brief geschrieben. Später hat er sich davon abgewendet, ist Kommunist geworden und in die Schule ist er seltsamerweise auch nicht gerne gegangen.

Obwohl er schon frühzeitig Bücher las, später in Rom Regie studierte, die Liebe seines Lebens Rosetta heiratete, von ihr drei Töchter und vier Enkelkinder hatte und als Schriftsteller nicht sehr schnell, aber mit seinen Krimis, die er eigentlich selber nicht leiden konnte, sehr berühmt geworden.

Er war auch immer ein politischer Mensch, ist aber nicht in die <politik gegangen und äußert der Keinen oder auch seinen erwachsenen <lesern, das, was er von der EU, der Korruption und der Migration hält.

Ein  interessantes Beispiel führt er diesbezüglich an, wie er vor einigen Jahren mit seiner Frau und einer seiner Töchter in Wien, das kunsthistorische Museum besuchte und dort plötzlich Nasenbluten bekam. Die Frau und die Tochter suchten ein Taxi, er saß offenbar im Freien herum, die lieben Wiener oder andere Personen rannten an ihm vorbei, nur ein Araber hat ihm geholfen, ihn als seinen Freund bezeichnet und den ihm offerierten Geldschein auch noch abgelehnt.

Später steht dann noch, daß keine Angst vor dem Tod hat, nur die seine Freunde und Familie zu verlieren und am Schluß fordert er die kleine Matilda noch auf, ihm von seinem Leben zu erzählen.

Eine interessante Idee so seine Memoiren zu veröffentlichen, da er aber viele Leser und wahrscheinlich noch mehr Leserinnen hat und das hundertfünfundzwanzig Büchlein auch leicht und schnell zu lesen ist, wird es auch erfolgreich werden.

Gewisse Momente

Jetzt kommt eine Art Bekenntnisbuch, die Lebenserinnerungen, beziehungsweise die an gewisse Personen und Begegnungen des 1925 geborenen sizilinischen Krimiautors Andrea Camilleri, von dem ich einige Bücher gelesen, einige in meinen Regalen stehen habe und der, glaube ich, auch ein Lieblingsautor meiner Schwiegermutter war.

Ich hatte mit seinen Krimis gewisse Schwierigkeiten, habe sie als eher altmodisch oder langatmig empfunden, kann mich aber erinnern, daß ich bei “Rund um die Burg” einmal bei “Buchkultur” eines seiner Bücher gewonnen und das erste Kapitel, das von einem Sandler der einmal Arzt war, handelte, gelesen habe und dann, als ich daraufgekommen bin, daß das Buch kein Roman, sondern ein Erzählband ist, dieses enttäuscht abgebrochen habe, was ich auch einmal bei einem Buch der Pearl S. Buck machte, obwohl ich ja sonst eine Fertigleserin bin.

Andrea Camilleri also, der alte Mann, das Buch wurde, glaube ich, 2015 auf Italienisch geschrieben und ist jetzt auf Deutsch herausgekommen, der in seiner Jugend den Faschismus erlebte , sich von diesem abwandte und durch Bücher, wie einew von Andre Malraux zum Kommunisten wurde, schreibt in seinem Erinnerungsbuch von den Begegnungen, die er mit sowohl berühmten als auch gewöhnlichen Menschen hatte und beginnt  mit einem lesenden jungen Mann, den er 1942, da war er, glaube ich, noch Schüler und wurde sowohl von jungen Lehrerinnen als auch alten Lehrern unterrichtet, in einem Cafehaus hatte, der ihn sehr beeindruckte, weil, er es verstanden hatte, zehn Tage nachdem er in den Militärdienst einberufen wurde, von dort wieder entlassen zu werden.

Dann kommt einge Geschichte die viel später spielt, nämlich als er katholisch heiraten wollte, aber keine Firmung hatte, da mußte er, um diese zu bekommen, vorher beichten. Das hat er aber vor zwanzig Jahren das letzte Mal getan. Der alte Bischof, der sie ihm aber abnehmen wollte, verwickelte ihn in ein dreistündiges Gespräch und das war es dann.

Es kommt dann eine Geschichte, in der er im Krieg eine Zeitschrift gründen wollte, aber verhaftet wurde, weil in seiner Reaktion Waffen versteckt waren. Er hat aber auch Pier Paulo Pasolini mit dem er sich nicht so besonders verstanden hat und Antonio Tabucci kennengelernt, den letzteren allerdings nie persönlich, sondern nur telefonisch oder durch Postkarten, der von ihm bekommen hat.

Andrea Camilleri hat in Rom an der Theaterakademie studiert und, was ich nicht wußte als Regisseur gearbeitet, da folgen einige Begegnungen mit merkwürdige Künstlernpersönlichkeiten.

So hat er in Genua für den Autor  Roberto Morsucci ein Stück inszeniert, das diesen nicht zu gefallen schien, nach der Premiere hat er dann erfahren, daß er sich umgebracht hat.

Das selben Schicksal hatte der  absurde Autor Arthur Aadamo, während er in Silvano Falleni einen genialen Bühnenbildner hatte, der seine Bühnenbilder nie zu Ende brachte und am Ende in einer psychiatrischen Klinik starb und einen seltsamen Kommilitonen hatter er in Rom auch, den er, während er ihm die Regiekunst beibtachte, beim Fliegenessen beobachtete.

Es gibt Begegnungen mit Schriftstellern wie Stefano D`Arrigo, Emilo Gadda, Elio Vittorino oder Primo Levi mit denen er spazierenging oder sich durch ein Theater führen ließ. Eine junge Ilatienischlehrerin, die seine ersten Gedichte las, hat ihm die Liebe zu den zeitgenössischen Lyrikern beigebracht.

Es gibt auch ein Kapitel, das seine Liebe zu Büchern und seine Lesebiografie beschreibt, von seinem ihm sehr beeindruckenden Italienischchlehrer der auf seine Art und Weise dem Faschismus widerstand wird berichtet und einer Begegnung mit einem kommunistischen Ingenieuer mit dem er und seine Freunde in im Mai 1942 im Schwimmbad über Literatur diskutierte.

Der Abschied von einem jüdischen Schüler, dessen unbekanntes Schicksal ihn in seine Träume verfolgte und den er später im Theater widertraf und eine sehr eindrucksvolle Begegnung mit einer Prostituierten, die sich nach dem Tod ihrer zwei Kinder, das Leben nahm, um frei zu sein, werden auch beschrieben.

Eine sehr eindrucksvolle Art in das Leben oder in die Erinnerungsmomente eines großen Autors den ich eigentlich nur  durch seine Krimis, die manchmal historisch waren, im Gedächtnis hatte.

“Ein Buch zum Staunen, Lachen, Weinen  – und ein wertvolles Stück Zeitgeschichte”, steht am Buchrücken und man erfährt, füge ich hinzu, auch wenn es dem nicht in der italienischen Literatur Geübten ein wenig schwer fallen mag, alles zu verstehen, einiges über das intellektuelle italienische Leben ab 1942 und Sizilien beziehungsweise Rom und eigentlich nur wenig über seine Krimis, die meine Schwiegermutter, glaube ich, in ihrer Gesamtausgabe früher in der Küche liegen hatte und das finde ich auch sehr interessant.