Das letzte Land

Eigentlich habe ich ja als letztes Buch von meiner Backlist-Liste bevor der “Deutsche Buchpreis” kommt, Marjana Gapaoneko “Der Dorfgescheite”, ein Fund aus dem “Bücherschrank” lesen wollten und habe es schon vorige Woche nach Harland mitgenommen.

Dann war ich nicht so schnell mit dem “Yemen-Cafe” und wollte es nicht wieder nach Wien zurückbringen, so habe ich halt Svenja Leibers “Das letzte Land” auch ein “Bücherschrank-Buch”, das ich mir wahrscheinlich dem Namen nach, den ich wohl irgendwo hörte, genommen habe, geworden und habe von der 1975 in Hamburg geborenen Autorin, die in Berlin lebt, auch noch nichts gelesen.

Das Buch wird im Klappentext und am Buchrücken, als “Kapitaler Bildungsroman” bezeichnet, der ein dreiviertel Jahrhundert oder vielleicht noch etwas weniger umfaßt und sich auch mit der Musik beschäftigt.

Wieder ein Roman, der sich mit der deutschen Kriegsgeschichte auseinandersetzt, könnte man vielleicht weniger hochtrabend sagen und das Besondere ist vielleicht dabei, daß er in einem norddeutschen Dorf spielt, wo die Leute Ruven, Gesche oder Gosche heißen und der Held, Ruven Preuk, Sohn eines Stellmachers ist, wurde wohl 1900 geboren und hat ein musikalisches Gehör. Zuerst will ihm der Vater die Musikalität hinausprügeln, dann sucht er ihm einen Lehrer, der ihm das Geigenspiel beibringt.

Der Erste gibt ihm eine kleine Geige und sagt, mehr kann er ihm nicht beibringen. Der Zweite ist der Jude Goldbaum in dessen Enkelochter Rahel Ruven sich verliebt. Die verschwindet aber und die Nazis kommen auch bald an die Macht, der Jugendfreund wird ein solcher und Ruven, der auf Dorffesten und bei Weihnachtsfeiern spielt, heiratet bald eine Lene. Er wird von einigen jüdischen Familien gefördert, muß dann aber in den Krieg, während Leni mit der Tochter Marie in Hamburg ein jüdisches Paar versteckt.

Rahel und ihren Mann und der Dorffreund Fritz Dordel, jetzt ein Nazipolizist, durchsucht die Wohnung und Lene kann die Versteckten nur retten, in dem sie sich Fritz hingibt. Sie wird schwanger, das Kind läßt sich nicht abtreiben, so schluckt sie Medikamente, bringt aber einen Buben zur Welt, an dem sie dann stirbt.

Ruven kommt zurück, heiratet noch einmal eine stramme Maid, die nicht gut zu Marie ist und Fritz Dordel verschafft Rahel falsche Papiere, wenn sie aus Ruvens Leben, der sie ja liebt, verschwindet. Das tut sie auch und im letzten Kapitel, die sind immer in verschiedene Zeitspannen untergeteilt, also zwischen 1966 und 1975 kommt Ruven, der trotz seiner Begabung keine Solistenkarriere machte, in das Dorf zu seiner Tochter, die inzwischen drei Kinder hat, zurück und söhnt sich mit seinen Rivalen aus, beziehungsweise spielt er ihm mit seinen drei Geigen etwas vor.

Fritz Dordel stirbt an seinem Krebs, vorher läßt er Ruven aber den neuen Namen Rahel zukommen, der ruft dort an, um zu erfahren, Gertrud Meidner ist drei Tage zuvor gestorben.

Nun ja, nun ja, ein bißchen kitschig die Handlung und sehr konstruiert vielleicht, der Sprache ist ungewöhnlich rauh, schöne Wortwendungen sind auch dabei. Ungewöhnlich auch, daß Ruven keine Karriere machte und auch, daß er ein Landkind ist, ungewöhnlich auch die Namen. Den Titel habe ich nicht verstanden.

Aber natürlich ist es wichtig sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen und das Ganze einmal von einer etwas anderen Seite zu sehen.

Ob es wirklich realistisch ist, weiß ich nicht und sehr sympathisch ist dieser Ruven mit seinen Frauengeschichten und seiner geheimnisvollen Liebe eigentlich auch nicht.